Die deutschen Bergleute haben aber auch immer treu zu—
einander gestanden. Die Gemeinsamkeit der Gefahren, die Eigen—
thümlichkeit der bergmännischen Arbeit waren das dauernde
starke Band und sind es noch heute, welches alle „Knappen“
umschlingt, und welches die „Knappschaft“ zu einem festen, ka—
meradschaftlichen Vereine macht, auf den der deutsche Bergmann
mit Recht stolz sein kann.
Schon in den ältesten Urkunden, welche auf den deutschen
Bergbau Bezug haben, finden wir die Einrichtung der Knapp—
schaft erwähnt. Zuuächst waren es die Knappen eines einzigen Berg⸗
werks oder eines Dorfes, dann diejenigen einer ganzen Gegend,
die sich vereinigten, um sich gemeinsam gegen die Gefahren des
Berufes zu sichern und sich gegenseitig Freunde zu sein in gu—
len und bösen Tagen, in Freud und Leid, über und unter
Tage. Von ihrem Lohne gaben sie einen Theil in die gemein—
schaftliche „Büchse“ (daher heute noch der Namen „Büchsengeld“
ür die Beiträge zur Knappschaftskasse), aus welcher dann den
ranken und invaliden Knappen, den Wittwen und Waisen eine
Unterstützung gewährt wurde. Dieses Zusammenhalten hat den
)utschen Bergmannsstand stark gemacht und ihm die bevorzugte,
elbstständige Stellung verschafft, die er zu allen Zeiten im deut⸗
chen Vaterlande genossen hat. Er ist sich aber auch diesec
Stellung stets bewußt gewesen und hat seinen Stand in Ehlren
gehalten. Kittel und Leder waren sein Ehrenkleid, Schlägel und
Eisen an der Mütze seine Ehrenzeichen, die kein Unwürdiner tra⸗
gen durfte.
„Nur wer Schlägel und Eisen mit Ehren führt,
Ist werth, daß er unsere Knappschaft ziert!“
heißt es im alten Bergmannsliede, und darauf wurde auch stets
gehalten.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich der deutsche Bergbau
und mit ihm die Knappschaft gewaltig entwickelt. Neben dem
altehrwürdigen Erzbergbau ist der Steinkohlenbergbau ins Leben
getreten. Die Zahl der Knappen hat sich zu Tausenden und
Hunderttausenden vergrößert. Der Bergmannsstand ist allerdings
kein so scharf abgeschlossener mehr, aber er hat festgehalten an
einen altbewährten Knappschaftseinrichtungen, er hat fie weiter
fortgebildet und vermehrt; segensreich wirken heute weit über
hundert Knappschaftsvereine im deutschen Vaterlande.
Nicht die unbedeutendste Stelle unter diesen Vereinen nimmt
der Saarbrücker Knappschaftsverein sowohl in Bezug auf die
Zahl seiner Mitglieder, als mit Rücksicht auf seine Einrichtungen
ein. Seine Entwicklung, sein Wirken und Shaffen wird nun—⸗
d der „Bergmannsfreund“ Euch des Nähern auseinander⸗
eßen.
Unglücksfälle beim Bergbau.
1.
Der Bergmannsfreund hat sich die Aufgabe gestellt, die
Aufinerksamkeit seiner Leser auf die Unglücksfälle beim Bergbau
zu lenken, deren Ursachen zu ergründen und auf Grund der den
Thatsachen entspringenden Erfahrung zu warnen und zu beleh—
ten. Er hofft hierdurch einen recht segensreichen Einfluß aus-
üben zu können.
Biele von Euch, denen diese Blätter in die Hand kommen,
önnen schon eine geraume Zeit als Bergmann denken, haben
chon manchen harten Strauß mit durchgemacht, schon manche
Erfahrung gesammelt, manchen guten Kameraden in das früh—
zeitige Grab sinken oder vor der Zeit zum Invaliden werden sehen,
der Eine oder Andere von Euch weiß davon zu erzählen, wie
nahe daran auch er war, dasselbe Schicksal zu erleiden, wenn
nicht die schützende Hand Gottes über ihn ausgebreitet gewesen
märe
Der Bergmann hat einen gefahrvollen Beruf; hänufig
wird der Grubenkittel sein Sterbelleid und gar mancher, der am
frühen Morgen Vater und Mutter oder Weib und Kind gesund
verließ, wurde am Abend seiner Familie als Leiche zurückgebracht.
Der Bergmann hat aber auch einen verantwortlichen Beruf,
denn wie häufig ist beim Bergbau die Sicherheit, das Leben
von hunderten von Kameraden von einem einzigen Manne
abhängig, sei es, daß er als Wächter der Sicherheit, als Beam⸗
ser oder als Arbeiter hierzu angestellt wurde, sei es, daß er
durch Unvorsichtigkeit und Vorwitz nicht nur sein eigenes, sondern
auch das Leben und die Sicherheit seiner Mitarbeuer freventlich
auf's Spiel setzt.
Denkt an die größeren Unglücksfälle im hiesigen Vezirke
auf Grube Reden und auf Grube Kronprinz, denkt an die Mas⸗
sen-Verunglückungen in Lugau und im Plauenschen Grunde im
Koönigreich Sachsen und auf Zeche Neu-Iserlohn in Westfalen.
Fürwahr, diese Gedanken und die Betrachtungen uͤber all'
das Leid, was sich an einen solchen Unglücksfall knüpft, sie die—
nen nicht zur Erheiterung des Gemüths, sie zeigen uns das
Leben von seiner ernsthaftesten Seite.
Aber der Bergmannsfreund braucht Euch nicht die Folgen
der Unglücksfälle, das häufig grenzenlose Elend der Betroffenen
zu schildern, greift zurück in Eurer Erinnerung, seht Euch um
in Eurer Nachdarschaft und vergegenwärtigt Euch die Lage der
zu Krüppeln gewordenen Berufsgenossen oder der Hinterbliebenen
derjenigen, welche bei Ausübung ihres Berufes den Tod er—
litten. Ihr wißt Alle, was es zu sagen hat, wenn einer Fa⸗
milie der Ernährer fehlt. Daun aber überlegt, was in den
meisten Fällen, deren Ihr Euch entsinnt, Veranlassung zum
Unglück war, erinnert Euch, daß bei augenscheinlich gefährlichen
Arbeiten selten etwas vorkommt, dagegen ammeisten bei Arbei—
ten, wo jeder glaubt, es tann Nich's passiren und entnehmt
daraus, daß Unvorsichtigkeit, Vorwitz, Nachlässigkeit, Ungehorsam
gegen die zu Eurer Sicherheit gegebenen Vorschriften, vorzugs⸗
weise die Schuld an vorkommenden Unglücksfällen tragen und
diese in den seltensten Fällen durch Umstände herbeigeführt wer—
den, welche von den Verunglüdten nicht in Rechnung gezogen
werden konnten. Die Zahl dieser Fälle ist aber so selten, daß
der Betreffende fast mit derselben Wahrscheinlichkeit bei einer Be—
schäftigung über Tage durch Bitzschlag, durch einen herabfallen—
den Dahziegel, durch einen unglükklichen Sturz bei Glatteis, durch
ein durchzehendes Gefährt, und was dergleichen zufällige Ur—
sachen mehr find, den Tod erleiden konnte.
Nachlässigkeit bei Beaufsichtigung, Fahrlässig—
keit, Vorwitz, Vernachlässigung der erlassenen Sicher—
heits-Vorschriften: Das sind und bleiben die Hauptursachen
der meisten Unglücksfälle beim Bergbau.
Euch das immer und immer wieder in das Gedächtniß
zurückzurufen, das soll eine Haupt-Aufgabe des Bergmanns⸗
freundes sein, vielleicht gelingt es ihm durch seinen Mahnruf,
den er an die Mittheilung vorgekommener Unglücksfälle knüpfen
wird, auf die Verminderung derselben einzuwirken. Sein Stre—
ben würde ein erfoigreiches sein, wenn durch ihn auch nur ein
Menschenleben, nur ein Sohn seinen Eltern oder ein Vater sei—
nen Kindern erhalten bliebe, sein Streben würde ein gesegnetes
sein, wenn es gelänge, in der Brust der meisten seiner Leser,
seien es Beamte oder Arbeiter, den Entschluß zur Reife zu brin—
gen, den alten Schlendrian, von dem sich der Mensch so sehr
schwer trennt, fahren zu lassen und während der Schicht auf
ttrengste Pflichterfüllung bedacht zu sein, Augen und Ohren auf—
zumachen, die Gedanken beisammen und das Herz auf dem rech—
ten Flecke zu behalten. Es würde wahrlich Vieles besser werden.