Full text: Der Bergmannsfreund (0.1870)

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chen war arm und erbte nur etwa acht Morgen Aecker und das 
Häuschen mit der Bitz, wie der Hunsrücker seinen eingehegten 
Wiesengarten nennt. 
Als ihm aber der Kaspar erklärte, daß er, wenn er Gret⸗ 
chen nicht heirathen dürfe, niemals freien würde; da zog der 
Alte die Segel ein und ließ, wie der Hunsrücker sagt, Goties Was⸗ 
jer über Gottes Land laufen. 
Was aber dem Kaspar bei dem Gretchen mehr schadete, 
als die Kohlfuchsnatur seiner Haare und die abweichende Rich— 
tung seiner Augen, das war sein böses Herz. Den Armen, die 
an seiner Thüre Brod heischten, gab er harte Worte; brach Einer 
ein Bein, so lachte er; war er einmal gegen Jemanden im Zorne, 
so wurde er nie mehr gut und redete ihm in Spott, Hohn und 
Ernst alles Böse und Schlechte nach. Dabei ging er immer seine 
eigenen Wege und sein Kopf mußte durch. Sein Hochmuth aber 
kannte keine Grenze. Er mußte überall der Erste sein, und da 
war er denn auch gar nicht geizig, wiewohl er sonst der aͤrgste 
Filz im Reiche war.— 
Gretchen war Vater und Mutter gehorsam, drum ging sie 
mit ihm zur Musik, wenn Kirchweihe war, und saß auch Abends 
in der „Maie“ bei ihm ijnd galt im Dorf als sein Schatz, und, 
was auf Eins hinauslief, als seine künstige Frau. 
Da wurde der Stollen angelegt und der Steiger kam ins 
Dorf. Er wohnte im Oberdorse bei dem Bäcker, wo er auch die 
Kost hatte, und der Stollen lag unten; der Steiger war damals 
so seine zwanzig Jahre alt, und Jedermann sagie: Die Sonne 
am Himmel muß sich freuen, wenn sie dem bildhübschen Bur— 
schen ins Angesicht scheint. Er betrug sich still und brav; kar— 
tete nicht und trank nicht; aber wer mit ihm sprach, sagte: Das 
ist ein räsonabler Mensch, und hat auch Grütz im Kopfe, daß es 
Art hat, denn er redet wie ein Buch. 
Wenn er Sonntags in die Kirche kam mit dem schwarzen 
Wamms und den weiten Aermeln, nebst den blanken Knöpfen 
und dem kleinen Krägelein, mit der schwarzen Sammttkappe und 
dem silbernen Fäustel und Eisen dran, dem breiten glänzenden 
Ledergurt und dem Leder hinten, und vornen mit der silbernen 
Schnalle; wenn' er so kam, so schnacks, frisch und schön, wie kein 
Bursch im Dorfe, dann hätte einmal Einer die Köpfe der Wei— 
ber und Mädchen sehen sollen. Der Schulmeister mochte den 
schönsten Walzer als Vorspiel aufspielen, Keine trat den Takt 
mehr dazu; der Pfarrer mußte tüchtig auf die Kanzelbibel schla⸗ 
gen, wenn sie einmal nach ihm sehen und auf ihn hören sollten 
— kurz der Steiger verdrehte alle Köpfe im Dorf, und die Bur⸗ 
schen wünschten ihn sammt und sonders über alle Berge.“ Das 
merkte er freilich nicht. Ernst und stille horchte er auf die Pre— 
digt, und ging stille hinaus, wie er hereinkam, und grüßte und 
dankte gar höflich und ordentlich. — 
Nun mußte er jeden Tag durchs Dorf hinab, nach dem 
Stollen. Erst ging er auf der linken Seite des Baches hinab 
und ahnte nicht, daß drüben auf dem rechten Ufer des Baches 
hinter den Milchtöpfen am Fenster die schönsten blauen Augen 
nach ihm späheten. 
Am zweiten Pfingsttage war Musik bei dem Bäcker. 
Er kam auch herüber aus seiner Kammer und sah zu; aber seine 
Augen folgten nur Einer, und diese Eine war Gretchen. 
Das schmeichelte Anfangs dem Kaspar, und als der Stei— 
ger ihn bat, ihn einmal mit dem erglühenden Gretchen tanzen zu 
lassen, gab er's willig zu, und war stolz darauf. ß F 
Das war ein Tanzen! Blitz und Hagel! Die flogen herum 223 un g * — 
und alle Welt rief: Solo! Daß sie allein tanzten, und die Leute Minee b Juli. en Ei. Johann 
sahen mit heller Pläsir zu und meinten, das sei das schönste . urYen, oapr 
—* zwischen Rhein und Mosel und es sei schade, wenn der — Zenefein —* 11 Sire 6 ppf Wwr. 11 8ar. vt. 
und das Gretchen sich nicht bekämen. dutzend Eie⸗6 — —23 65— 
— 7— Drucker und Verleger: Gebrüder Hoser in Saarbrücken. Erpeduion der Ecarbrüder —— — — 
Als sie so tanzten, sagte der Steiger: „Gretchen, warum 
siehst du mich denn gar nicht an? Bin ich dir ein Abscheu?“ 
„Ach nein!“ flüsterte das Mädchen, und wollte es einmal 
probiren, ob sie ihn ansehen könne; aber sie wurde noch röther 
und konnt's nicht. 
„Ich könnte dich immer ansehen und würde gar nicht müde,“ 
sagte der Steiger, „du liebliches Kind'!“ 
Da meinte das Mädchen, es müsse in die Erde sinken vor 
lauter Scham, daß der schöne Herr Steiger mit dem armen 
Mädchen so spräche. Wer weiß, was ihr der Steiger noch ges 
sagt hätte — aber der Tanz war aus und der Kaspar hatte 
schon Grimm genug. *1* 
(Fortsetzung folgt.) 
Knappenverein Wilhelm. 
Am vergangenen Sonntag den 10. d. M. waren in Sulz⸗ 
bach die Vertreter der Vorstände von sämmtlichen lokalen Knappen⸗ 
bereinen des hiesigen Bezirkes versammelt, um über Abänderungen 
der Vereinsstatuten zu berathen. Nach eingehender Besprechung 
der einzelnen Bestimmungen wurden die neuen Generalstatuten 
endgültig festgestellt, und sollen dieselben nunmehr den Lokal⸗ 
Vereinen zur Annahme vorgelegt werden. Der Bergmannsfreund 
behält sich nähere Mittheilung über den Wortlqut der Statuten 
für eine der nächsten Nummern vor. 
Bergfest. — 
Das allgemeine Bergfest wird in diesem Jahre auf allen 
Saarbrücker Gruben am Sonntag den 18. September abgehalten 
werden. 
Allerlei. 
Ein Dorfgeistlicher fragte einst einen ihm begegnenden be— 
rauschten Bauer: „Wo kommt Ihr her?““ — Vom Nachbar 
Andres, bei dem ich gesponnen habe. — Ich merke es und 
nun has velt Ihr auf der Straße.“* 
Zur Weltgeschichte. Lehrerin: Weißt Du auch, 
Amanda, wer Karl der Große war? — Am.: Ja wohl, Karl 
der Große war der Schirmherr der Kirche. — Lehr.: Sage 
einmal, Lina, was' ist ein Schirmherr? »2VL.: Ein Paraplu— 
macher.
	        
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