Full text: Nach der Schicht (48)

Deite 564 
(13. Fortsetzung) 
Gittli hob lauschend den Kopf. 
Jon weiter unten hörte man ver- 
worrene Stimmen und dazwischen 
ia Klüätfen eines Hundes, 
Gitili stand auf und ang um die 
Scke. Sie wandte sıch gleich dürauf 
arstaunı zur Emmerenz um. 
„Emmerenz, da kommen ja &d% 
Schandarm! Gleich viere sind’s! Und 
zwei Hund haben’s dabei!“ 
„Was du net sagst!” Die Emme- 
‘'enz lief auch hinzu. „Die suchen 
‚emand!“ 
Da kam die Gruppe schon näher. 
Der erste stieg über den Zaun. Er 
‚aßte die Mädchen scharf ins Auge: 
„Ist der Florian Feichtner da her- 
ben?“ 
Das Gittli faßte angstvoll nach der 
fand der Emm renz, 
Emmerenz da ist etwas passjer!!“ 
Die Emmerenz hatte sich schon 
zefaßt und 2ab Auskunft: 
„Der Florian” Der Sohn von un- 
erm Bauern? Na, der ist net da“ 
Der erste Gendarm sah den an- 
nn einen Wink 
Sucht die Hutte aus! Aber erüund- 
ah'” Dann wandie er sıch an che 
Maucdchen. 
‚Was für eine ist denn die Gıttli 
‘on euch zwei?“ 
Ich. Herr Wachtmeister", anftwor- 
te Gittli verangsstiat, 
So. Sie? Ich mach Sie durauf 
sußftmerksam. daß Sie sich schwer 
«trafbar machen. wenn Sie etwa den 
era Felchtner verborgen halten " 
50H Anz zu weinen an. 
„Ich hab doch den Florian schon 
<:t dem Sonntag nimmer e’sehn.“ 
Arm Sonntag” Das war dach 90- 
Torm rat" 
‚Ja sestern.” Git]i hop hıttend 
1 Hacıde, „Rt gar schen. Herr 
Wuchtmeister, Was ist denn g-chehn?- 
Der Beanste erkannte wohl, daß 
Lex A odechen noch aobistatr 2 
ihnan2saıs War sie tal hop dei an 
hrer züahrenden Hilfiosicket 
Daef mn denn ar Def wissen 
a des St ya Get jooh dat 
Zmmeren 
Pain kornt ihr schen Wissen” 
wo wertete der Wuchtmeister kurz 
Der Firm ,an Fechner Fat gestern 
‚üchmnit!as den Baron von Eizen- 
em ersihhesah Er hat Ss SCHE) 
WLess tandden Is aner wuf dem Wie 
mn. Dnters uchuraseefbungrnese Ahcht:. 
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Da- Gerpili hatte zz ascehoart, al er- 
AN man Ohr eine schiurriee Ge- 
aböchte che sschr ohr sein kann, 
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IM as verstante Wesen adas Fon 
6; tern An sich hatte, +7 .n Fı- 
‚Cchrecken uber die Kleinsten Dinze, 
ME seltenen Wirte Mit uererbitt- 
scher Kruarheit erkannte „16€ daß der 
Mann vor ohr die valle Wahrnelt 
Praüch, Ihr Buck verdunkelte sich. 
„6 1aamehe-- die Emmer«enz konnte 
„ern ie noch rechtzeit,s Zufüszen. 
‚OMSt Ware se ZUsaMmensesüunken 
In d sem Ausenbick kamen die 
anderen Gendarmen wieder paız der 
Kutte., 
Nochts Zu fedaen! meldeten 16 
Kurzes Beraischlaueh, aan wand- 
“N € sich Nach rechts, stiegen uber 
licnm Alttızaun und verschwunden 
aınter dem Rasenbuckel, 
Die Enmeienz schaftte Gitih ın 
te Hatte, nette sie auf den Krei- 
Ser und wüusch ihr die Surne mıt 
basitf, Aber dam Wäre nicht Notig u6- 
Atsch Gilil: War Tanasl wieder bei 
ON War Mal ürianın, sSıch Zu 
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Ste ele AUF Decke Dann wWürf sie 
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„Nach der Schicht“ 
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VER-AG MÜNCHEN | 
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len Bergen und ließ ihre Spitzen 
vie Kristall erglänzen, Mit sachtem 
lauschen zog ein kuhler Wind vom 
Zergwald herab und ließ die Wetter- 
ahne auf dem Dach des Oberhofes 
se knäarren 
In der Stube brannten die Lichter 
\ber es war still. Die Ehehaulten 
‚atten gleich nach dem Essen die 
äube verlassen. Es war kein Wort 
nit dem Bauern zu reden. Alle fühl- 
£n es, wie schwer er an dem Un- 
ılück frug. Und alle sahen, duß er 
n diesem einer Tar um JTanre 99 
lHeorft war 
Ganz allein saß er in der Stube. 
3‘ fahlem verzerrteim Gesicht Im 
Capellenturm lautete das Abend- 
‚Joöcklein. Der Bauer zählte die 
Schlage und auch hernäch, ak es 
erstummt war und nur mehr ein 
ses Singen ın der Luft hing. be- 
veete er die Lippen noch, als sprache 
r leise mit sich selbst, Er hob kaum 
ler Kopf. uls die Bäuerin eintrat! 
ınd neben dem Ofen sich schwer 
‚uf dıe Bank niederließ. 
„Die Fünz tragen mich kaum mehr“ 
aole xe Nach einer Welle. Ihre 
vugen waren entzündet von dem 
zellen Weinen. die Angst. Wars aUS 
jem Florian geworden sein mochte 
tand deutisch in ıhrem Gesicht 
„bee dıch schiaten, Mutter”, ba! 
ler Bauer mit schwerer Zunge 
„Ach, wenn ich schlafen konnt 
Zul hasar! Es ware dang wenigsten. 
ur ein paar Stunden leichter.“ 
Es wird woni nie mehr lewhrt 
verden im Leben Barbara. Da ha- 
en wir zu tragen unter der Schand, 
Ge lune wir leben, Es wird wohl das 
esche texte sein, wir verkdafen und 
when fort. we uns kein Mensch 
yehr kennt.“ 
Tch kann net fort von da, Vater 
arucket mir)’ Herz ab“ 
Der Oberhofer Sachte 14 auch ım 
„net nicht daran, Abe: seit dem 
Nanıytae hotfen ihn chan eO viele 
je!pnken vemarter!. daB er eich! 
Behr WE Ws er 6 win un 
Sie saßen lange in Schweigen ver- 
sunken. Nur die Uhr tickte und 
manchmal knarrte ein Fensterlader 
m Wind. 
„Ob er über die Grenze gangen 
st?" hub die Bäuerin von neuem an. 
„Giaub ich net. Und wünsch ich 
such nel. Wenn er noch einen Fun- 
sen Ehr im Leib hat, stellt er sich 
ind büßt: seine Straf ab.” Nach einer 
Neile seizte der Oberhofer verzweı- 
elt hınzu: „Verloren ıst er für uns 
5 und so“ 
Die Biuerin dachte da andeıs. Sie 
vurde ıhn mit der gleichen Liebe 
vieder aufnehmen, wenn er seine 
Mrafe abgevußt hatte. Aber duß sie 
jun gar nichts wulßte, was aus ıhm 
zewurden war, das tat ihr am wehe- 
‚jen Als gegen Mittag die Gendar- 
nen kamen und ihn suchen wollten 
ınd sie dadurch erst erfuhren. daß 
"Jorian gellüchtet war, da hatte sie 
aänen Augenblick erleichtert aufge- 
ıtlmet Aber nun Dackte sie die Angst 
«rger als vorhel 
Der Bauer war zum Fenster ge- 
relen Er sah eine huschende Ge- 
alt im Obstsarten und drehte sich 
nt gr.mmiıgen Luchen zurück 
„Da draußen schleicht der Gen- 
tarm umeinacder. Solang ich den- 
zen kann. hat niemals ein Gendarm 
ıuf dem Oberhof was zu suchen ge- 
übt Und der Bub muß uns dus un- 
un’ Wie bin ich stolz zewesen auf 
ijen Burschen’ Und ’s Leben hat 
nıch gefreut ich kanns net Ssazcen 
vıe' Und jetz oh. arms Weib. do 
luuermst mich schon recht “ 
„Ex ist net arger für mich, Vuter 
ve far dich Oft hab ıch heut schon 
ımeint. es iet bloß ein echiacher 
Prasuum od wenn ich de Aussen üuuf- 
nach is aHes wiede: vorbei Aber 
vcns: uch dann druben auf dem 
Schloj) ie Traucrfühne sen‘, dann 
nein ich grad, & Jiuckt mir Herz 
‚bb. Arzer kann € far de Baronıin 
Iruben auch net sein wic & für 
ch ut“ 
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SEIT SO JAHREN 
die treue 3 "in der Hausfrau 
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Nummer 3t 
Tröstend legte er den Arm um sie 
„Es ist besser, Mutter, wir reden 
nimmer davon. Müssen uns denken, 
wir hätten nie einen Buben g'habt. 
Wenn erst einmal ein paar Jahr rum 
sind, wird eich’s schon leichter tira- 
gen lassen.“ 
So saßen sie wieder und jedes 
hatte seine Gedanken für sich, bis 
die Bäuerin sagte: 
„Ich schau jetzt, ob ich net doch 
»n bißl schlafen kann “ 
Er nickte. 
„Gelt, Balthasar, bleibst halt auch 
ıummer zu lang. Schau, morgen früh 
vartet viel Arbeit auf dich.“ 
Sie verstummte, denn sie sah in 
einen brennenden Augen die Frage: 
Tür wen soll ich mich denn noch 
chinden? Für wen denn? Schwei- 
send blieb sie vor ihm stehen, strich 
hm langsam mit der Hand über das 
»rgraute Haar und wandte sich dann 
‚eufzend ab. Mit schleppendem 
Schritt stieg sie hinauf in die Kam- 
ner. Lange saß sie im Dunkeln auf 
lem Rand ihres Bettes. ehe sie sich 
"1 entkleiden begann. 
Da — was war das? Bewegte sich 
cht dort hinter dem Schrank etwas? 
Noch ehe sie zum Schreien kam, 
»reßte sich eine Hand auf ihren 
Mund und eine Stimme, ach, eine 50 
wohlbekannie Stimme flüsterte auf- 
zereg1” 
„Erschrick net, Mutter! Ich bitt 
Adıch, um Gotteswillen verrat mich 
jet 
„Florian —" sie umkiammerte laut- 
os weinend den Hals ihres Bupen 
Joch ließ er 8ıc Mcht weiterreden 
sondern stieß in tfienernder Haus! 
Jeraus: 
„Mußt mir Geld geben, Mutter 
ch hatte es ju nehmen Kuonnen, der 
Schlüssel steckt dert ım Schrunk 
Nollt aber net stenlen. Bloß dem 
3irgl sein Dienstbotenbuch, das hab 
ch mir genommen Bın schon ins 
Tau kommen beim Betiauten Und 
zsomm auch wieder naus, wenn auch 
ijer Gendarm driunten Posten s1eht 
Ich muß uver die Grenz, Multer 
Ind ıch komm auch nuber, verlat 
iich drauf Ich scecnreib dir gleich 
1ulter wenn ich in Sıcherheit bın * 
Das alles hörte z:e wie im Traum 
ılier Kummer war ım Augenblick 
ergessen Sie konnte n;chte tan. als 
mmerzu sein Gesicht streicheln und 
einen Namen thustern Aber dafin 
chlıch sie aut bioeßen Sonlen zum 
Sommeodekausten und kramıte mit 
ıtternden Fingern die Banknoter 
or Vor die Me nmer üaufßfgeheber 
yalte, wenn eine schlechte Zeit Kame 
Fe Waren Quhezu ZzWeilausend Murk 
ste hatte das Geld im Lauf der vie- 
‚on Jahre fur Butter und Eier ein- 
‚enomme:: Der Bauer wußte darum 
sicht und ©s konfite sein, dab er 
e,nmal darautkam, daß das Geid 
fehlte Aber daran dachte dıe Ober- 
aeferin ın diesem Augenblick nıcht 
Beim sparlichen Schein des Monde- 
druckie sie ıhrem Buben dus Gelc 
n die Hunde und umklammerte sei- 
nen Hals 
„Sag zu keinem Menschen was” 
5eschwor er sıe „Auch zum Vate* 
ınd zum Gitlı net!“ 
„Ich ecag nichts, Bub. Wenn nur 
alles gut zeht!“ 
Er machte sich von ihr gewüultsam 
los, Jauschte eine Weile am Fenster 
und schob sich dann lautlos zur 
Ture hinaus. 
Die Bauerin stand mit bloßen 
Fußen ınmitten der Stube und 
horchte. Nach einer Weile hörte man 
einen dumpfen Aufsprung hınter 
dem Hauus. Dann war es still. Die 
Oberhoferin legt sich wieder nieder, 
:ag mit offenen Augen und zitterie 
und zagte um ihren Buben. 
Von der Stube herauf vernahm 
se dus Ticken der Wanduhr und 
alle halbe Stunden ıhren rasseinden 
Schlag. Dazwischen horte man die 
Schritte des Bauern. der in rast- 
Iwser Wunderung die Stube durch: 
schritt. 
Dlat7)lich 7erristoön 4-
	        
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