Full text: Nach der Schicht (48)

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Nech der Schicht“ 
NUR EIN VIERTELSTÜNDCHEN 
Falsche Auftassung der Religion 
in den pantheistischen Systemen 
phen mit dem Entwicklungs- 
pantheismus zu tun, nach 
deren Auffassung Gott nicht von 
vornherein in sich voHendet ist 
sondern erst in der Welt zum ahso- 
luten Geiste wird. 
Die meisten i’antheisten der Neu- 
zeit denken also evolutionistisch, 
Jas heißt, sie sehen das Wesen der 
Nirklichkeit in einem ewigen, un- 
'ndlichen Werden und nur im Wer- 
len. Kritisch sei nur bemerkt, dafi 
as ein fundamentaler Irrtum ist 
‚on einer Mitarbeit des Menscher 
ın der Selbstverwirklichung Gotte: 
‚u sprechen. Es mag sich schön an: 
1ören. das der Mensch das Höchste 
lie Welt des Ewigen und Göttlicher 
1ervorbringen oder der Vollendung 
intgegenführen soll. Aber eine 
jelbstverwirklichung Gottes is 
chon durch das Kausa‘gesetz aus- 
teschlossen. Am Anfang der Dinge 
ann nur die reine Vollkommenheit 
tehen. Urgrund alıes Seins kann 
ıur Gott sein und kein Wesen kanr. 
ı1eben ihm sein, das seine Vollkom- 
nenheit irgendwie ergänzen könnte. 
Das Göttliche steht von Anfang an 
n sich vollendet da, nicht von den 
z3eschöpfen Hilfe erwartend. son- 
lern ihnen aus seiner Fülle Sein 
'nd Leben spendend. Dr. Th 
Streng genommen sind die pan- 
‚heistischen Systeme keine 
Zeligion, wenn sie auch noch so viel 
vom Güöttlichen reden. Sie sind im 
wahrsten Sinne des Wortes eine 
Selbstvergötterung des 
Menschen. Der Pantheis- 
mus oder die All-Gott- 
Lehre setzt die Gesamtheit alles 
Seins in eins mit Gott. Gott und 
die Welt sind ein und dasselbe. Gott 
ıst das All oder das All ist Gott. 
Demnach ist Gott nicht das von der 
Welt verschiedene, weltüberlegene, 
Tür sich seiende. persönliche Geist- 
wesen, sondern er ist die unpersön- 
‚iche Urkraft der Welt, die All- 
scele. die das All durchdringt, Das 
Ich des Menschen steht ‚keinem 
ußerweltlichen Du gegenüber, die 
Z3renze zwischen Mensch 
ınd Gott fällt weg. die 
Schranken zwischen Welt und Gott 
Füllen fort, die Welt ist götllich 
vollkommen, oder sie entfaltet sich 
zur göttlichen Vollkommenheit. Die 
rpine Gott und Welt gleichsetzende 
Wirklichkeit ist nach Ansicht vor 
Fichte. Schelling. Hegel, Schopen- 
zuuer, v. Hartmann in immerwäh- 
rendem ewigen Werden, oder nach 
Ansicht der Gnostiker, Neuplato- 
niker, Averroes, Giordano, Bruno 
und nicht zuletzt nach Auffassung 
der extremen völkischen Bewegung 
zemäß der Lehre Rosenbergs stu- 
rTFenweise aus dem inner- 
weltlichen, göttlichen 
Seinsgrund herausgeflos- 
sen. Im christlichen Mittelalter, 
wo für derarlige Auffassungen 
wenig Raum war, mußte die 
Kirche dennoch 1210 und 1225 das 
Gedankengut des Johannes 
Eriugena, des größten philoso- 
phischen Denkers des 9. Jahrhun- 
derts verurteilen, da er sehr stark 
‚um Pantheismus neigte und be- 
ıauptete, Golt und die Ideen, nach 
jenen alles gebildet sei, sowie die 
sinnlich wahrnehmbare Welt fie- 
len zusammen, Gott als Schöp- 
fer und die Geschöpfe 
hätten nur eine Natur. 
Später bauten dann die Albi- 
genser ihre Irrlehre auf Eriugena 
ıuf. Fichte (ft 1814) leitet die 
ganze Welt ab aus dem 
denkenden Ich. Dieses Ich ist 
die Weltvernunft, nicht ein 
‚inzelnes Ich. Der Begriff ist nach 
Fichte der eigentliche Weltenschöp- 
rer, das reine Denken als Tathand- 
jung ist das göttliche Wesen. Es hat 
weder Bewußtsein noch ist es eine 
Persönlichkeit. Zum Bewußtsein 
zelangt es nur in den einzelnen 
Menschen. Er kommt zum Schluß, 
daß Gott überflüssig sei. Nur die 
Ältliche Weltordnung sei Gott. Das 
st der Wahn der Menschen- 
vergatiung. Hegel als Pan- 
logiet fallt in den alten averroisti- 
«hen Irrtum von der allei- 
nen Geistsubstanz und 
blickt in der Schöpfung die dia- 
Iektische Entfaltung der Vernunft 
uw. des der Welt inncwohnenden 
2ottlichen Logos. Mıt anderen Wor- 
in: Dinge und Vorgänge in der 
Welt, Mensch und Geschichte, Staa- 
ıen und Kulturen, Recht, Relizion 
und Philosophie sind die Selbst- 
„ntfaltung des Logos, d. h. der 
Idee oder des absoluten Begriffs. 
Sein und Werden der Welt 
ıst ein rein gedanklicher 
»r0zeß. Das Ganze heißt Gott. 
Es wird zwar noch von Gott, Vor- 
schung, Schöpfung, sogar von der 
Dreifaltigkeit geredet, aber hin- 
ter diesen Worten steht 
z<eine Wirklichkeit. Ein 
Grundirrtum ist in diesem System 
der Satz. daß Denken und Sein das- 
selbe sei. Demnach ist Gott keine 
ertige Persönlichkeit, die über der 
Nelt steht, sondern er ist die 
wige Bewegung des Allgemeinen, 
las erst im Menschen zum Bewußt- 
‚ein kommt. Hegel lehrt ferner, 
Jer Staat sei die verkör- 
ı1erte Weltvernunft, gleich- 
sam der präsente Gott und deımn- 
ıach auch allmächtig. eine Lenre, 
lie dem Staatsabsolutismus über- 
us willkommen ist. Im Grunde 
‚erwechselt Hegel das Sein, das alle 
‚eschaffenen Wesen haben, mit 
lem, der das Sein selber ist. mit 
zott. 
Auch Schelling (t 1856) setzt 
len Menschen an die Stelle Gottes, 
venn er sagt: „Die unendliche Welt 
st nichts anderes als unser schaf- 
‚ender Geist selbst in endlosen 
>’roduktionen und Reproduktionen.‘ 
Velt und Gott sind identisch. also 
in und dasselbe. 
Wir haben es bei diesen Philoso- 
® . 
Die Sternsinger” 
Ein alter und ein neuer Brauch zum Fest der Heiligen Drei Könige 
Von Ludwig Mathar 
„Sie kommen. die Heiligen Drei 
Öönige!‘ 
Wie bangten sie ihnen entg°gen, 
lie Kleinen: Leibhaftig ziehen sie 
n diesem Vorabend des Dreikönigs- 
estes von Haus zu Haus, Kaspar, 
Aelchior und Balthasar, der Weiße, 
ler Blonde und der Schwarze. Ja, 
venn nur nicht der Schwarze dabei 
vär’! Aber ein schwarzer Mann! Aus 
lem fernen dunklen Afrika, wo die 
Aenschenfresser hausen!, 
Wie freuten sie sich darauf, die 
\lten! Strahlte doch die goldene 
Zindheit vor ihnen auf, die glück- 
iche Zeit, wo es noch keine mörde- 
ischen Kriege, keine Trümmerberge 
ler Dörfer und Städte, keine Armut 
ınd Not in den Hütten und Herzen 
‚ab, wo sie selbst den ehrwürdigen 
iaspar, den prächtigen Melchior 
len furchtbaren Balthasar sich ent- 
'jegengesehnt und gezittert halten. 
vo sie dann später als Jungen des 
ıchten Schuljahres unter der Flit- 
arkrone oder mit dem Stern durch 
as friedliche Dorf gezogen waren 
Nein, die gute alte Zeit, sie war 
rotz Not und Tod noch nicht aus- 
‚estorben. Auch dieses Jahr werden 
je wieder von Haus zu Haus schrei- 
en, die milden Dreikönige, werden 
lie Herzen der Kinder wieder mit 
\epfeln, Nüssen, Spekulatius und 
>reinten, reichlich gestifteten Guben 
rfreuen, werden die Herzen der 
Alten wieder mit Trost und Hoff- 
‚ung erfüllen. 
Und der Hausvater denkt. auf eıne 
scheibe Speck. auf eın paar Riel 
zommt's mir da nıcht an. Lang ge- 
wg haben wir ja schmalhaunser 
nussen. Und die Hausmutter nimmt 
ich vor, ihnen ein Säckchen Mehl 
ıus ihrer Küche zuzustecken: Sie 
nussen sich doch nachher einen or- 
lentlichen Eierkuchen davon bak- 
zen können. Lang genug haben sie 
a gefastet. 
Aber die Kleinen schmiegen sich 
n dem warmen blanken Kurchenflur 
ım den singenden Herd aneinander: 
Iorcht! Hört ihr nicht das Lied, das 
lte traute Dreikönigslied: 
Es führt Dreikön’ge Gottes Hand 
Durch einen Stern aus Morgenland. 
Ha! Da sind sie schon! 
Voran Kaspar, der hehre Greis, 
nit langem. schnceweißen Bart, die 
schimmernde Krone aus Goldpapier 
auf dem schneeweißen. wallenden 
Jaar, ein messingbeschlagenes Käst- 
’hen in den vor Kälte geröteter: 
länden. Hinter ihm Melchior, der 
‚tattliche, blondbärtige Mann, einer 
Furban, aus dem eine hochzackige 
<rone hervorsticht. auf den blonden 
sekrausten Locken. Als dritter unc 
etzter aber, o Schreck! Balthasar 
ler Mohr, von der Sonne Afrika! 
tohlrabenschwarz gebrannt (in Wirk- 
ichkeit hat er sich mit Ruß das Ge- 
:cht und sogar die Hände glänzend 
zeschwärzt). Eine lange Stange, ar 
jeren Spitze ein goldener Sterr 
rangt, ein greiles Scheilchen bim- 
nelt, trägt er in seiner pechschwar- 
‚en Rechten. Jedesmal, wenn im 
Dreikönigslied das Wort „Stern‘ er- 
<lingt. dann stößt er seinen Stab ge- 
valtıg auf den Boden: Hier sind wir' 
Jdaltet eure Gaben bereit! 
Die Kleinen aber sind ganz blaß 
‚or Entsetzen: Weh, wenn er uns 
nit diesen mächtigen schwarzen 
Jänden packt! Sie kriechen vol 
Angst in sich zusammen, wenn ©! 
ıns mit dem Ende dieser Bohnen: 
ange durchwalkt! Die Jungen rük- 
cen ganz nah an den Vater heran‘ 
‘Jılf, Vater, nilf! Du allein wirst ja 
nit ihm fertig. Brav wie das Jesus- 
cind wollen wir ven nun an sein 
die Mädchen klammern sich an 
Mutters Rock: Steh uns bei, liebe 
Jutter! Wehr’ ihm, daß er uns nichts 
ıntut! Wie die Englein wollen wil 
on nun an sanft und artıg sein" 
Doch sieh! Der schwarze Mann eı 
ächelt ja! Er ist vielleicht garnicht! 
;o furchtbar wie er ausschaut. Und 
ler weißbärtige Greis, er nickt uns 
reundlıch wıe der Herr Pfarrer zu 
ınd der blondlackige Mann, er hebi 
ıns sein Gabenkästchen entgegen 
Mit großer Ehrfurcht verneigter 
ich die Drei dann nach allen Seiten 
Darauf sangen sie in der Mııte des 
veiten, mit blauen Schieferplaäatten 
jelegten Kuchenflurs, dessen Mes- 
;jingkessel und Zinnteller, das Erb- 
jut der Ureltern, spiegelblunk e€r- 
zlänzten, das alttraute Begrußungs: 
ied: 
Im Namen des lieben Jesulein 
treten wir in dies Haus herein; 
wir treten herein ohn allen Spott. 
einen guten Abend, den geb 
Euch Gott! 
Da jubelte Entzücken in den Her- 
zen der Kinder; Nein. das sind keine 
Numme: 
Wüteriche! Und dieser Mohr, er > 
<ein Menschenfresser! 
Die Alten schmunzelten: Die brin 
zen’s noch immer so sSschril un 
lalsch heraus, wie wir es dazuma 
zesungen haben; aber man sicht 
ınd hört’s ihnen an, Gott sei Dank 
iaß die bösen Zeiten vorüber sinc 
ind wir wieder von Haus zu Haw 
'ahren dürfen! 
Welche Freude in den Augen unr 
Jerzen der Kleinen, als Kaspar unt 
Melchior nun ihr Gabenkästcher 
iffneten und Aepfel, Nüsse, Printer 
and Spekulatius unter die Jugenc 
zerteilten! 
Es ist Ja jetzt wieder da. 
Der Vater nickte der Mutter zu 
Zin Pfund Speck, ein Dutzend Eieı 
st nicht zuviel. Einen mächtigen 
X<uchen können sie sich nachher da. 
zon backen. 
Tief verbeugte sich der Kohl: 
ichwarze Balthasar, als die Haus- 
nutter an der Gatiertür ihm diet 
nit einem Säckchen Mehl in der 
arallen Sack steckte, den er wie ne 
jenbei in seiner rußigen Linke: 
trug. 
Nur Jerret, der Aelteste des Ho: 
7es, gab dem Mohr heimlich einer 
Schubs: Nächstes Jahr, in der achter 
Klasse, bin ich dran! Dann hast dv 
als Sternsinger ausgespielt! 
Als die drei Könige draußen au’ 
jer Dorfgasse waren, da sprach de 
pechrabenschwarze Balthasar, de: 
sohn des Dorfschmieds, des Lehrer: 
Schreck und des Küsters Verdruß 
gebieterisch seinen Stab mit Sterr 
ınd Schelle aufstoßend: „Daß ihr‘ 
wißt! Diesmal wird aus den Eierr 
ınd dem Speck kein Kuchen für un: 
zebacken! Auch in unserm Dor 
zibt's Kinder genug, die am Drei 
zönigenfeste nur trocken Brot in 
Haus haben, wo der Vater noch im 
ner vermißt oder verschollen ist.“ 
Der weißbärtige Kaspar, der Leh 
'‚erssohn, ein stiller Junge, verstän 
lig über sein Alter, rief mit leuch 
‚enden Augen: „Wenn du auch eil 
Menschenfresser bist, Balthasar, ei: 
zutes Herz hast du doch. Aber der k 
auch an die alte Näherin in de 
Kirchgasse, die halbblind und tau! 
zanz allein auf der Welt steht!“ 
„Dafür laß mich nur sorgen‘ 
zrinste der Mohr, „bei dem reiche 
Xrämer im Oberdorf lächle ich m} 
nen -ganzen Schinken heraus. Wi 
lürfen doch auch die armen Flücht 
ingskinder nicht vergessen. M 
ıjnem Kuchen ist's da noch nic 
genug.‘ 
„Ja. so wollen wir’®s machen 
<latschte Melchior, der drolhsf 
Sprößling des Briefträgers, in di 
A4ände, ohne darauf zu achten, da 
jabei sein Schatzkästlein in de 
Schnee rollte: „Singen wollen w 
wie die Sänger des Kirchenchore 
Lächeln wollen wir wie die Enz 
am Hochaltar! Verneigen wollen w 
ıns wie die Heiligen Drei Könige v- 
jes Jesukinds Krippe, duß wir v: 
Speck, viel Mehl und viele Eier * 
aalten! 
„Recht so!“ nickte des Lehnt 
verständiger Sohn. .Gilt’s do- 
allen Armen und Verlassenen 
Dorf eine Dreikönigsfreude 
Machen 
KOPFSCHMERZEN ı 
MIGRANE 
NEURALGIE 
Erkättungszustände, Zahn 
schmerz, Schlaflosigkeit, Rheuma 
schmerzen, Perlodenbe-chwerdek 
werden Curch 
prompt behobe: 
Kalf-line =HOLL + sıchuzt! geger 
Schnupfen, Nervenschmeizen ung 
Grppe. — In allen Apotheken 
— Achten Sie aut die geselzlıch 
geschu!zle Marke Kalt! ne 
 O\La (V. 2419 . P 1802°
	        
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