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>
(9. Fortsetzung)
Je Mutter erwog: „Ich empfinde
= in diesem Buche als unecht. daß
oe: Bauer darin als ein grausamer
Ser: dargesiellt wird.‘
„Die Grausamkeit ist aber im Sü-
ien Kuropas zu Hause”, erklärte der
3Zaron. ..Dort ist sie Natur, gehört
‚um Leben. Ich denke an die Stier-
aämpfe.“
„Tritt sie im Norden auf, ist sie
ast immer etwas Krankhaftes‘, ver-
äicherte der Doktor.
Lautlos bewegten sich der alte
Dienır und sein junger Gehilfe um
jen Tisch. Die Gespräche zwischen
Jem Baron und Emerenzia wurden
ılmüählich so lebhaft wie einst, als
je oft die ganze Gesellschaft umter-
aalten hatten. Nie zeigte er sich an-
jeren gegenüber so sorglos froh
Ind vielleicht glückten die raschen,
ıeiteren Antworten der Bürgermei-
;terin nie so sehr wie in den Ge-
;prächen mit diesem etwas bären-
ıaften Menschen, den sie wohl
;chützte, aber niemals ganz ernst
zenommen hatte.
Anfangs hörte Bengta nur verwun-
Jerl zu, ohne so schnell begreifen zu
zönnen. Allmählich aber wurde auch
:je von dem scherzhaften Ton der
ılten. lebendigen Frau eingefangen.
Während der Baron zur Freude aller
‚at. als verstehe er nicht, lachte
Bengta herzlich und viel zu laut.
Ihre gesunden, schr zerade gewach-
senen Zänne blitzten auf. Ihre Wan-
zen hatten vom Wein etwas erhöhte
Farbe bekommen und die hellen
Augen einen slarkeren Glanz.
Der Baron sah sie am, versuchte
aber noch immer. ernst zu bleiben.
Sein Gesicht verriet dem Doktor.
1aß es ihm ein Genuß war, zwischen
jiesen beiden völlig verschiedenen
WKyayen zu sitzen, von dımen jede in
hrer Art elwas Ganzes darstellie.
Sven Grühne betrachtete unbe-
merkt die Mutter. Von der kleid-
samen weißen Haube hing ihr das
>ıne der beiden breiten Bänder aus
Spitzen uber die Brust hinab. Die
je'lzrauen Kanonenlocken umrahm-
ren das schmale Gesicht und ließen
a noch vergeisiigter erscheinen.
Auch ihre maseren Wangen waren
eicht gerötet, und die dunkelblauen
Augen schienen, wie gewöhnlich,
wenn sie lebhaft wurden. schwarz
ru sein.
Der Doktor meinte oft hinter dem
Gesicht der Mutter ihre Vorfahren
zu sehen, die einst zu den Kultur-
'rägern des Landes gehörten. Man
wußte noch. daß sie es abgelehnt
zatten, sich adeln zu lassen mit der
Begründung. daB sie es nicht nötig
nätten.
Als er dann wieder seinen Blick
auf Benyta richtete, mußte er eın
Lächeln unterdrücken, weil in ihrem
Gesichte über dem gla!ten weißen
Kragen und der schonen alten
Brosche in Schwarz und Gold der
zanze berüchtigte Stolz der Skane-
dauern sich erkennen ließ. Er wußte,
duß diese freien Bauern, die auf
‘hren greßen Hofen saßen, sich fast
Nico kleine Könise vorkamen. Und
el von diesem Stolz steckle in der
Mares el!. Ja. er meinte, wenn er ihr
© Stockhoim auf der Straße begeg-
net wale, hütte er ihr ansehen müs-
‚en, daß sie eine Bauerntochter aus
Skäne sei, Und duß diesen Bauern
nemMand hoher erschien als ihr eize-
ner Sıuund, wußte die Mutter gut.
Deshalb hatte sie auch sofart den
richtizn Ton zu der Mamsel! ge-
Kunden.
So weit wur der Dok!tpr. ohne auf
lus Gespräch zu heren, in seinen
‚danken gckomiuen, als etwas ge-
schuh., das sie alle zunachst in etwas
eniiches Staunen versetzte: Der
zweite Diener, der e.gentbch ein Ge-
audfe des Feigters War, beginz beim
servieren e.nen Fehler, und Bengta
we ihn zurecht. In einem Ton, wie
mean Schuler eyzieht, Kurz und ent-
Sen en site ve‘ Dei muß auvch
.Nach der Schicht”
Be:
% Die Bäuerin aus Skane
OMAN VON CLARA NORDSTROM
ZoDwrieth 164-9 *»v H.H. Nölke Verlaa GmbH., Hamburg
ien Soßennapf wegnehmen, bevor du
iu die neuen Teller auf den Tisch
ringst.“ Bis zum Überdruß hatte
je in der Volkshorhschule die Mäd-
hen daran erinnern müssen.
In dem großen Speisesaal war es
jaanz still geworden. und’ um die
‚ippen der Bürgermeisterin erschien
in Lächeln, das aber sofort wieder
verschwand. Sie wandte sich an den
jaron und sagte freundlich erklä-
end: .„Mamselt ist nämlich eigent-
ch eine Lehrerins‘
Bengta errötete. Sie hatte sofort
emerkt, daß ihr Feuer einmal wie-
er mit ihr durchgegangen war.
Nein“, gestand sie wahrheitzgetireu.
eine Lehrerin bin ich nicht. ich
‚abe nur einige Jahre die Arbeit
iner Lehrerin getan.“
Die anderen vergaßen bald die
leine Besebenheit. Nur Bengta ver-
;aß sie nie. Und dies hielt sie dann
m Nachmittag von aller Kritik aD,
Dwohl sie die Tiere und die Stalle
nverantwortlich verwäahrlost fand
nd dus 2anze Herrenhaus trotz
ıllen Wohlstandes. auf sie einen
lüsteren Eindruck machte. Uberal!
ahlte die Hand einer Frau.
Nur das große Schlafzimmer der
erstorbenen Baronin gefiel ihr. Dort
tanden dickbauchige, weißlackierte
1öbel. und ein großer hellblauer
‘"'eppich bedeckte fast den ganzen
ußboden.
Sie war aber jetzt vorsichtig ze-
‚orden und spräch auch das nicht
us. Doch der Baron merkte es ihr
.n. Er sah auch, daß dies stattliche
Audchen besonders gut in das Zim-
1er paßte, in dem seine uberzarte,
‚ränkliche Frau sich niemals hatte
insgewöhnen können. Diese Bauern-
ochter aus Skane besaß zu ihrer un-
‚erbrauchten, gesunden Natur auch
ıoch etwas So Großartiges, Herr-
chendes in ihrer Erscheinung wie in
hrem Wesen. daß er. der die Skane-
Zauemn nicht kannte, es fast unbe-
'reiflich fand.
Fur ihn hatte dies Fest eine beson-
lere Bedeutung. Ein Lebewoh] sollte
ss sein an die Huldigung der so sehr
‚erfeinerten Frau und ein Bekennt-
ls zu dem naturnahen Mädchen aus
lem Volke.
Als er Bengta einige Augenblicke
ner im Zimmer sah -- während
;merenzia und Sven nebenan Bilder
ewunderten ‚kam sie ihm wie
in voller. aber noch nicht geoffneter
3Zlumenkelch vor, aus dem ihm star-
‚er. köstlicher Wein gereicht werden
vurde. Er mußte sich viel Gewalt
antun, um ihr das nıcht zu zeigen.
Am liebsten hätte sie geantwortet,
daß ihr deshalb von allem hier er
selbst gefalle. Doch auch dies konnte
sie nicht aussprechen.
Ihr Blick halte aber für sie ge-
;sprochen und jeizt wurde die Ver-
suchung für den Baron zu stark. Eı
wollte wenigstens ihre Hand fassen
Im selben Augenblick rief aber
Emerenzias klingende Stimme: „Die-
‚es Bild muß Valdemar uns er-
zlären.‘
Ein Ruck ging durch seine langen
3lieder. Er war noch gewohnt, die-
;jer Stimme zu folgen, und er folgte.
3engta blieb allein zurück. Sie fragte
;ich, ob der Wein ihn so veränder!
ıaben mochte. Dann aber vergaß sie
han und strich mit der Hand prüfenc
ıber den Stoff der heilblauen Mödel;
jezüge. Sie hatte sich nicht geirrt
je waren tatsächlich aus schwerer
seicde
Recht schlicht und gar nicht mehr
ıroß kam Bengta nach diesem Tage
jas Arzthaus vor. Doch, bis auf das
schlafzimmer der verstorbenen Ba-
onın, fand sie es schöner und ge-
chmackvoller als das verwahrloste
lte Gutshaus mit den düsteren Vor-
ıängen an den Fenstern, den lang-
ıäsigen, hochmütigen Gesichtern an
jen Wänden und den mottenzerfres-
enen. ausgestapften Baren. Der Va-
er des Doktors auf dem großen Bılde
jatte ein viel regelmaliigeres Ge-
icht und sah auch klüger aus.
Der Doktor aber duldete gar keine
Jorhänge, ja kaum eine Gurdıne an
len Fenstern, Und als sie anfangs
o wie es üblich war. alle Fenster-
ıtzen bis auf eine kieine Luftk'auppe
nit weißen Papierstreifen und Ger-
tenmehlkleister für den Winter zZu-
;eklebt hatte, mußte sie zu-ehen. wie
»r sie wieder aufriß. Das war eine
arte Prüfung für ihren Ordnungs-
inn
Ja. manchmal ärugerte sie sict
vohl sehr über den Doktor. Beson-
jers als eine Patientin verwunder!
'ragte, weshalb denn hier im Winte
lie ganzen Fenster geoffnet würden
»o der Herr Doktor für die Elstert
iraußen heizen lasse.
Aber über die Burgermeisterin
irgerte sich Bengta niemals. Of
zam sie mit einigen fröhlichen Wor-
en. gerade wenn sie. Bengta. es am
wotizsten hatte. Saß die alte Frau
ım Spinett umd sang ihre froher
‚jeder. war es. ale seien die Tage
‚or Weihnachten nur halb so dunkel
Bald nachdem sie vom Falkenhof
uruckeekehrt waren. mußte Frat
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Fußeinlagen
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/ordenm sollte Emerenzia abgereist
ein. Dieses Mal mußte sie noch die
Mrste bleiben.
De halb Mauderte er nur ein we-
jg mıt Bengta und fragte schließ-
ich: „Nun, was gefaäilt Mamsell am
esten in meinem Hause?“
Bengta eiTrötete, denn sie muchte
ıcht sazen, daß es dieses Zimmer
ei. Sie en‚pfand auch m:t Dünkbar-
zeit die Güte des Männes, der dem
\iler nach ihr Vater häaite sein koön-
sen. und der ihr die Zurech‘weisung
N sel AcGeın Diener richt verih te
Grahne einmal mitten in einem
Musikstück herzlich lachen.
„Nein. wie war Valdemars Klavier
serstimmt!“ rief sie zum Doktor hin-
iber. der in seinem Zimmer arr
Schreibtisch saß und wieder bastelte
‚Und auf dem wollte er. daß ich
;p elen sollte! Gut. daß er mır die
VKeserunst nicht! Gbelnahns tt
Bonuta fragie gür nicht, wie man
m Delsorhiuse Wehbnaächten Zi
leiern wunschte E. dünke RB
elhbstverständlıch daR es nırrend:
Nummer ‘
auf der Welt richtiger und schöne:
zaıgehen könnte als in Skane. Des:
nalb fing sie getrost ihre Vorberei
‘ugen an.
Der Doktor hatte in dieser Zeit se
‚ziel zu tun, daß er fast nur an seine
<ranken denken konnte, Die Bür-
germeisterin malte. wenn der Sohr
nicht da war. an Lampenschirmer
aus durchsichtigem, hellem Perga-
ment, die für ihn und ihre Tochter
zu Weihnachten eine Überraschung
;jein sollten. Lauter. Blumen in natür-
ichen Farben malte sie an der inne.
„en Seite. Und wenn dann der Schirn
jber die Lampenglocke aus Milch.
zlas gestülpt wurde, blendete das
Licht nicht mehr. Die Blumen saher
labei aus, als lebten sie, und als se
las Leben, das in ihnen steckte, vor
:;inem geheimnisvollen Glück erfüllt
\ls Emerenzia Grahne sie der Mam.-
;jell zeigte, blieb Bengta ergrifter
tehen, nickte aber nur. Dann ging
je wieder zu der vielen Arbeit, die
iuf sie wartete. Und die Bürger-
neisterin malte summend weiter
uch die Mamsell solite einen Schirın
‚kommen, und den guten einsamer
/aldemar Falkenhagen wollte sie
Tst recht nicht vergessen.
Dies waren ihre letzten Weih-
jachtsvorbereitungen, denn die Kis-
‚en und Decken, die sie fur den Sohe
ınd die Tuchter gestickt halte, lager
ichon fertig da,
Erst am Morgen des 24. Dezember
>rfuühr der Doktor und seine Mutte!
on der Mansell. die schon alles da
Saarkrıone-
Bohnerwaoachs
Wird nach ganz oeuen Methoder
mit einem sehr hohen Hartwachs
schalt hergestellt
Saarkrone-Bohnerwachs
ist trittfest, lichtecht, naß wisch
bar, erzeugt spiegelglatte Büden
ohne gefaurkehe Giatte zu verur
sacber
‘ur geordnet hatte. daß auch sie die-
es Abendessen mit Knechten un«
Miägden in der Küche einnehmet
vurden. Mit großer Selbstverstund
ichkeit hatte Bengta davon %espro
»hen und war dunn wieder ver
chwunden.
Die Burgermeisterin, dıe um Fen:
:ter stand und den wirbelnder
Schneeflocken zusah, wandte sıct
ım. ‚Nein, unsere Mamsell!‘ sagte
‚ie kopfschüttelnd, doch sie lacht!
jabei.
Der Doktor blickte etwas befan-
;en, als verstehe er Bengtas Anord:-
ıungen. als wisse er aber auch. wit
‚onderbar sie seiner Mutter vor
<ommen müßten, die an ein Leber
n der Stadt zewöhnt war. Noch nie
ıjatte er sie in einer Küche sitzer
sehen. „Es muß ja nıcht ulles so ge
‘chehen, wie die Mumsell es möchte‘
enkte er ein.
„Doch. doch!“ nickte sie, noch im
ner lächelnd, „wir wolien ihr der
Wunsch erfüllen. Sie tut so viel für
uns.“
Als der Doktor am Abend am obe
ren Ende des Tisches zw.schen set
„er Mutter und der Mamseli saß und
jie zufriedenen Gesichter seine
"eute sah. empfand er, daß es so gu
ınd richtig war. Zugieich merkte @
vieder einmal m.t Bedauern, daß @
ach mit Menschen aus dem Volk:
zar nicht zu unterhalten verstunc
hnen heifen. wenn sie krank warer
a, das flel ihm nicht schwer, ac!
Jeles fur sie zu ordnen und zu be
‚ti mmen. Und er sah sofort. wo €
hnen fehlte. Aber, was er im übr
zen N kias oder Josse sagen so)U
var ihm beinehe ebenso unbezrei‘'
ich wie seiner Mutter, Und auf de
"rein ven mor FKına oder Gre‘.