Seite 98 „Nach der Schicht“ Heft 7/1928
barmungswürdigen Zustandes, in den mich die EOG „Herr, daß ich sehend werde“. So sollen
e er Neeeen —85 ꝙ J alle Aen denen das Wohl des Vaterlandes
ie Entartung der Faschingsbelustigungen i am Herzen liegt und dem Lichte folgen, das
allerdings manchmal nichts Besseres, als da— Das Zeigeverhör. ihnen —* Kirche dnd 3
mals geschah, als ihn Herodes mitsamt seinem
Troß mit einem weißen Kleide verspottete und
die Kriegsknechte ihr grausames Spiel mit
ihm trieben. Der heilige Petrus Chrysologus
hat ein solches Treiben gegeißelt mit den Wor⸗
sen: „Wer mit dem Teufel sich erlustigen will,
zann sich nicht mit Christus freuen.“ Ein
christliches Volk soll sich stets so freuen, daß
auch das reinste Auge dabei zuschauen kann.
2. Der Blinde am Wege, der mit lauter
Stimme ruft: „Jesus, Sohn Davids, erbarme
Dich meiner“ und so herzlich bittet: „Herr,
daß ich sehend werde,“ ist eine ernste Mahnung
für so viele, die geistig blind sind und nicht
einsehen wollen, wie töricht und freventlich sie
handeln, wenn sie in diesen Tagen die Zügel
schießen lassen und sich nicht an Gottes Wort
halten.
Die Bischöfe Deutschlands haben im Jahre
1925 für unsere Zeit die Richtlinien aufgestellt,
die für alle Katholiken maßgebend sind, über—⸗
haupt für alle Menschen. Sie haben das
deshalb getan, weil ein modernes Neuheiden⸗
tum frech über die Forderungen der guten Sitte
hinwegschreitet und eine „Körperkultur“ an⸗
jstrebt, die nur zur Entartung führen kann.
Da heißt es: 1. Die katholischen Kreise müssen
beider Pflegeder Geselligkeit und
Gastlichkeit zur alten Einfachheit
und Sittsamkeit zurückkehren.
2. Moderne Tänze — fast alle von übel⸗
ster Herkunft —, die Sittsamkeit und Scham⸗
haftigkeit bedrohen, dürfen unter keinen Um—
ständen, auch nicht in angeblich verfeinerter
Form, geduldet werden. 3. Kino und
Theater sind sehr reformbedürftig. Ebenso
müssen gegen die Schmutzliteratur durchgreifende
gesetzliche Maßnahmen erstrebt werden. 4. Die
Eltern dürfen den unverantwortlichen
Leichtsinn, die heranwachsenden Töchter
ind Söhne bei Geselligkeiten, besonders bei
Tanzkursen oder bei sich anbahnenden Bekannt⸗
schaften unbeaufsichtigt zu lassen, in keiner Weise
mitmachen.
Das sind nur vier von den vielen hochbe—
deutsamen Aufstellungen des deutschen Episko⸗
pats. Von den anderen hoffen wir gelegentlich
sprechen zu können.
Nun ist dem deutschen Volke zu wünschen,
daß es auch „sehend werde“ und sein Auge
nicht verschließe vor dem Licht, das ihm die
Bischöfe aufstecken, die der heilige Geist ein—
gesetzt hat, die Kirche Gottes zu regieren. „Wer
euch hört, der hört mich, wer euch verachtet.
der verachtet mich.“
Im Jahre 300 legte Bischof Ambrosius von
Mailand dem Kaiser Theodosius eine öffent⸗
liche Kirchenbuße auf, die der mächtige Herrscher
auch reumütig annahm im Bewußtsein der
Schuld. Heutzutage gibt es sogar Kinder der
Kirche, die sich frech ausdrücken, wenn man
ihnen sagt: „so will es der Bischof“. Sie
werden aber sonderbar dreinschauea, wenn sie
vor Gottes Gericht kommen.
„Herr, daß ich sehend werde“.
Christlicher Vater! Christliche Mutter! Werdet
sehend! Duldet es nicht, daß der Geist des
Ungehorsams gegen die von Gott gesetzte heilige
X
Nachdruck verboten. Fortsetzung.
—S
Foeuf einem Balle näherte sich Major Har—
X ding einer Gruppe Damen, die mit
4 8 eifersüchtigen Blicken dem Treiben der
9 jungen Herren zusahen, die Alicc
Dimmerwährend umschwärmten.
„Was ist es doch für ein sonderbares Volk,
diese jungen Herren,“ sagte er, als er in seiner
»ekannten Derbheit — um nicht zu sagen
Plumpheit — mitten unter die Damen trat.
‚„Da umflattern sie die eine und immer nur
diese eine Dame, wie eine Schar Schmetter⸗
inge eine vereinzelt stehende Blume oder wie
in Mückenschwarm das schimmernde Licht —
gerade als ob nicht noch Damen genug hier
im Saale wären, die an Schönheit und Geist
Miß Sherwin gewiß nicht nachstehen. Doch
rösten Sie sich, meine Damen, die Zeit wird
nicht gar zu fern sein, daß diese jungen Schwär—
mer, wenn sie die Flügel an dem Licht ver⸗
»rannt haben, reuevoll zu Ihren Füßen liegen
werden. Ich bitte Sie, dann nicht gar zu
trenge Vergeltung zu üben.“
Er lachte und wollte weiter gehen, aber eine
)er Damen vertrat ihm den Weg.
„Halt, Herr Major, so leicht entkommen
Sie uns nicht!“ rief sie mit schelmischem Lachen.
„Sie scheinen etwas über Miß Sherwin zu
vissen, was uns und der Welt noch ein Ge—
jeimnis ist. Ist sie vielleicht verlobt?“
„Verlobt! Ich wüßte nicht —“
„Aber sie wird sich bald verloben?“
„Ich bin kein Hellseher, der die Zukunft zu
enthüllen imstande ist, und weiß also auch
nicht, was Miß Sherwin demnächst tun wird.“
„Was wollten Sie denn sagen mit den
Worten: die Zeit wird nicht zu fern sein?“
„Ich wollte damit nichts weiter sagen, als
daß eine junge Dame, die so viele Anbeter
hat, bald aus dem Reiche der Konkurrentinnen
oerschwinden wird. Doch bitte, lassen Sie mich
gehen. Sehen Sie, dort steht Lord Temple
mit so leidendem Gesichtsausdruck, daß der
Trost eines Freundes wahrscheinlich notwendig
st. Er scheint nicht weniger eifersüchtig zu
ein als viele Damen.“
„Wie, sollte Lord Temple eifersüchtig sein?
Er ist ihr Vormund —“
„Er war ihr Vormund, sagen Sie lieber,“
hersetzte Harding mit bedeutsamem Augenzwin⸗
zern. „Miß Sherwin ist in dem Aueer, daß
sie keines Vormundes mehr bedarf, und Lord
Temple —“
„Ist auch noch nicht alt genug, um ihr nicht
etwas mehr sein zu können als ein Vormund.“
fiel ihm eine andere Dame ins Wort.
‚Bst!“ machte der Maior; „sagen Sie nicht