Full text: Nach der Schicht (24)

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Alban Stolz, 
sein Leben und Wirken. 
— kannte eine Jrau, welche recht sparsam 
im Haus war, zumal da sie 16 Kinder 
5 bekam. Zugleich war sie aber sehr wohl⸗ 
F, tä.ig. Sie wurde deshalb auch Taufpatin 
von einer ganzen Anzahl armer Kinder. 
Nun, das war schon lange vorbei, da bekam 
die fromme Frau einen stillen fortwährenden 
Herzenswunsch, nämlich, daß ihr jüngsies Büb⸗ 
lein einmal Priester werde. Sie (die gottselige 
Mutter) hat zwar nicht erlebt, daß ihr Sohn 
Geistlicher geworden und seine Sch.iften in 
soviel tausend Häuser gekommen. Aber sie 
ist gewiß im Himmel, und der liebe Gott wird 
ihr zur besonderen Belohnung gezeigt haben, 
wie er ihren Sohn als Jeder gebraucht, um 
christliche Wahrheit zu verbreiten. Der Sohn 
jener guttätigen Frau bin ich selber, der 
Kalenderschreiber für Zeit und Ewigkeit“. So 
schtieb Alban Stolz, der fromme Seelsorger 
und berühmte Volksschriftsteller, von seiner 
Mutter, die ihm am 3. Februar 1808 in dem 
badischen Städtchen Bühl das Leben geschenkt 
hat. Sein Vater war dort Apotheker. Der 
träumerrisch veranlagte Knabe fühlte sich ganz 
besonders zur Lektüße der Klassiker hingezogen. 
Auch während seiner Rastatter Gymna jialzeit 
las er gern viel ebenso als JFreiburger Stu⸗ 
dent. In Freiburg widmete er sich wie seine 
anderen Mitschüler dem Studium der Theologie. 
Jedoch wehte damals an der badischen Uni—⸗ 
versität durchaus kein echter katho.ischer Wind 
und die Professoren waren nicht geeignet, ihre 
Schüler mit glühender Liebe zur hl. Kirche zu 
erfüllen. Diese beklagenswerten Zustände konn⸗ 
ten auch auf Alban Stolz nicht ohne Einfluß 
bleiben, der sich, das Herz voller Glaubens⸗ 
zweifel, nunmehr nach Heidelberg wandte, um 
Philologie, Geschichte und Naturwissenschaft zu 
studieren. Aber auch hier wurde er andauernd 
auf das heftigste von finstern Glaubenszweifeln 
verfolgt, bis der göttliche Gnadenstrahl die blei⸗ 
schwer auf ihm lastende innere Bedrängnis 
verscheuchte. Der von diefem Augenblick an 
bei ihm lebendige innigste Wunsch, ein frommer 
katholischer Seelsorger zu werden, konnte durch 
keine noch so höllische Seelenangst mehr zum 
Schweigen gebracht werden. Alban faßte den 
Entschluß. alles Suchen und Grübeln für immer 
abzutun und sich der Autorität der katholischen 
Kirche voll und ganz zu unterwerfen. Und wie 
er diesen heiligen Entschluß gehalten hat, das 
sagt er selbst, wenn er schreibt: „Ich bin seit 
jener Zeit niemals mehr in Glaubenssachen von 
der katholischen Kirche abgewichen, weder in 
der inneren Ueberzeugung noch im Wort. Wenn 
Zweifel über mich wollten, so machte ich nicht 
umständliche Reflerion darüber, wie sie zu 
widerlegen seien, sondern ich wehrte sie einfach 
durch den festen Willen ab: Ich will nur 
katholisch glauven. die gö't'iche Einrichtung der 
Kirche weik die sichere Wahrheit a'lein“ Nach 
Vollendung seiner Seminarstudien in Jreiburg 
empfunrg Alban Stolz 1833 die hl. Priesterweihe 
und seine erste Anstellung als Vikar in Roten— 
fels, wo er übereus segensreich gewirkt hat 
und auch bei den Protestanten sich der größten 
Wertschätzung erfreuen konnte. Desgleichen war 
Nach der Schicht“ 
jeine Tätigkeit in Neusatz, wo er „unter rauhem 
Volk seibst ein rauhes, hartes Leben 77 Monate 
ührte,“ sehr fruchtbar. Hier faßte Alban Stolz 
den Plan zur Ausarbeitung seines Kalenders 
für das Volk. Nach mehr, ähriger Tätigkeit 
am Gymnasium in Bruchsal und als Repetent 
am Freiburger Konvikt erhielt er 1847 den 
dehrstuhl für Pastoral und Pädagogik an der 
Freiburger Unidersität. Seine große Bescheiden⸗ 
jeit und mäßige Lebensweise waren hier bald 
ꝛbenso bekanunt wie seine selbstlose Nächsten⸗ 
ind Armenllebe. Seine Sprache war einfach, 
zlar und ungekünstelt, sie war die Sprache des 
Bolkes und fand daher auch in fast unglaub— 
ichem Maße den Weg zu dem Herzen des 
Polkes, das an ihm besonders seinen köstlichen, 
oft geradezu schalkhaften Humor zu schätzen 
veiß. 
Stolz hatte wie jeder echte Doeutsche einen 
instillbaren Wandertrieb, der ihn in viele Län— 
der führte, so nach Spanien, das Land seiner 
ilten Sehnsucht, nach Palästina, Holland und 
JIta ien. Seine angeborene Wanderlust beschenkse 
ans mit einer Reihe von Werken, die auch 
heute noch gern gelesen werden. Sein Buch 
Alban Stolz. 
GBerder KuCo. Friibargei. Be, 
Spanisches für die gebildete Welt“, eine Frucht 
einer spanischen Reise, wird gerade wegen 
eines kösteichen Humors und seines mitunter 
eißenden Spotts sehr geschätzt, eßenso seine 
zchrift „Sem, Cham und Japhet“, in der 
reine Reiseerlebnisse in Palästina ihren literari⸗ 
chen Niederschlig gefunden hauen. Von seinen 
Werken und Schriften, einer wihren und kost— 
zaren Fundgrube von meiste.haft feinen Volks— 
ind Naturbeobachtungen, seien im folgenden die 
vichigsten geꝛannt. Am meisten verbreitet ist 
ein Kalender für Zeit und Ewigkeit, dessen 
Zchriften auch heute noch mit bestem. Gewinn 
in echter Seelenfreude gelesen werden sollen. 
Ich nenne hier Mirtur gegen Todesangst, Vater⸗ 
inser, Das Menschengewächs, Der unendliche 
Hruß, Bilderbuch Gottes. ABC für große Leute 
diese seine Schriften sind nunmehr alle ge— 
ammelt in „Kompaß für Leben und Sterben“ 
Auch seine klassischen Witterungen der Seelt 
zehören zu den gerne gelesenen Schriften von 
Alban Stolz. Immer weiß sein packender S.il 
zie Saiten der Menschenherzen mächtig zu 
ühren und zu erschüttern, immer findet seine 
Hüte und sein liebevolles Verstehen den rich— 
igen Ton, und sei es auch durch eine Lauge 
Hest 1/1928 
zeißender Ironie und herben Spotts. Das ist 
AUlbans Zug, der auch hier durch rücksichts⸗ 
oseste Geißelung bestehender Mißstände, mensch⸗— 
icher Fehler und Gebrechen nur der Wahrheit 
ienen will. Wir Katholiken sollen aber gerade 
n der heutigen kummervollen Zeit zu den 
Sch isten von Alban Ss!olz greifen. Mehr als 
vie bisher! Er hat und weiß uns soviel zu 
rzählen, daß wir aus seinen Werken nur eine 
zöstliche Bereicheriung an seelischen Werten 
chöpfen können. Wer kann sie uns besser und 
jermitteln als der fromme Priester und große 
Bolksschriftsteller Alban Stolz? 
— — 
—— —* 
— 
Der Tag des Tocnes. 
Cin Roman aus lt⸗-Oesterreich 
von Paskruj 5chuk. 
α 
Nä. war zu Wien an einem düsteren 
Winterabende, anno 1791. In hell⸗ 
3 glänzenden Leuchtern eines vornehmen 
Gemaches brann en zartrote Kerzen und 
S*warfen ihr Licht auf eine weibliche Ge— 
ttalt, die, in ein duftiges Kleid gehüllt, vor 
einem zierlichen Tischchen saß und mit weit 
geöffnelen Augen starr auf ein Blatt Papier 
blickte, das vor einer Weile ein Unbekannter 
abgeçeben hatte. 
Plötzlich erhob sie sich. 
Ein Atemzug riß sich aus ihrer heftig auf⸗ 
und niederwogenden Brust, ihr Antlitz, .uf 
welchem vordem eine tiefe Blässe gelegen, be⸗ 
deckte sich mit einem glühenden Rot und in 
ihten Augen flammte es unheimlich auf. 
„Unmöglich,“ preßte sie zwischen den beben⸗ 
den Lippen hervor. „ich kann nicht glauben, 
daß Josef so ehrlos an mir handeln will.“ 
Und als ob sie daran zweifelte, daß sie 
»ie auf dem weißen Papier geschriebenen 
zeilen richtig gelesen, trat sie unter die bren— 
ienden Kerzen, entfaltete das in der ersten 
Aufwal!ung ihres Gefühles in der Faust zer⸗ 
znüllte Papier und las nochmals: 
„Mademoisel!e! Josef Gillofsky ist Ihrer 
Liebe nicht wert; er betrügt Sie. Während 
er Ihnen vorlügt. daß Sie seine einzige Liebe 
eien, liegt er in den Armen eines anderen 
Mädchens, das reich ist und mit dem er sich 
in der nächsten Zeit verloben wird. Seien 
Sie auf der Hut, Mademoiselle!“ 
Das Blatt Papier entfiel der Hand der 
Frauensperson. Sie stand wie vernichtet da. 
Schwarze, undurchdringliche Schleier zozen vor 
hren Augen empor und ihr war, als öffnete 
ich mit einem Male der Boden unter ihren 
Füßen und sie sänke in einen tiefen, tiefen 
Abgrund. 
Mit Auf wendung ihrer genzen Kraft schleppte 
sie sich muhsam zu einem Stuhl. in welchem 
sie laut aufschluchjend zu'ammensank. 
„Das hab' ich nicht verdient, Josef! ... 
Das hab' ich nicht verdient.“ 
Und jäh riß sie ihr Haupt empor, daß sich 
die kostbaren Spangen, die den kunstvollen 
Bau ihres Haares zusammenhielten, lösten und
	        
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