Full text: Nach der Schicht (24)

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Temple Nachricht zu geben, damit er vielleicht 
zu uns kommen kann.“ 
„Nein, Reynold, erst wenn ich von Mr. 
Parsey frei bin und meine Unschuld erwiesen ist, 
werde ich zu ihm zurückkehren — nicht eher!“ 
„Aber Sie könnten ihm doch von hier aus 
schreiben. Bedenken Sie, wie er Sie vermissen 
wird!“ 
„Ich weiß es, Reynold, und empfinde es tief; 
aber wenn ich ihn sähe oder einen Brief von 
ihm bekäme, würde ich möglicherweise in 
meinem Entschlusse wankend werden; ich 
möchte Sie bitten, daß Sie sich einmal 
an Ort und Stelle begeben.“ 
„Und ich soll Sie hier allein lassen?“ 
„Ich bin hier sicher, und Sie würden 
ja auch nur einige Tage bleiben. Schrei⸗ 
ben Sie meinetwegen an Lord Temple, 
aber gehen Sie nicht zu ihm, denn Sie 
würden ihm gewiß verraten, wo ich bin.“ 
Das würde ich.“ 
‚Und das darf nicht sein.“ 
Reynold schüttelte den Kopf. 
„Was soll ich denn dort, wenn ich nicht 
zu meinem Onkel gehen darf, der ja doch 
die Hauptperson ist?“ 
„Ich wünsche, daß Sie sich nach dem Be— 
finden Mr. Parseys und nach den Absichten 
eines Vaters erkundigen; daß Sie zusehen, wo 
Mrs. Kernot ist und was sie treibt —“ 
„Sie sollten dieses dämonische Weib endlich 
jergessen, Alice.“ 
„Das werde ich auch,“ versetzte Alice be— 
timmt, aber mit Bitterkeit. 
„Wann?“ 
„Wenn sie tot ist — dann erst werde 
ch vor ihr Ruhe haben. 
Reynold sah Alice eine Weile schwei— 
gend an. Da stand es deutlich in ihren 
Augen zu lesen, daß sie mit der, die ihr 
so unendlich viel Trübsal bereitet, kein 
Erbarmen haben würde, wenn die Zeit 
der Vergeltung kam. 
„Wenn alle Leiden vorüber sind,“ sagte 
er dann ernst, „und Sie wieder ungestört 
Ihr Glück genießen, werden Sie das 
Bergangene und damit auch Mrs. Ker—⸗ 
not vergessen.“ 
Lady Temple antwortete nicht, wandte 
sich aber von ihm ab und sah aus dem 
Fenster. Er sollte ihr nicht ansehen, wie 
wenig er zu dieser Annahme be— 
rechtigt war. 
Schon am nächsten Tag machte sich 
Lindsay auf die Reise nach England. 
Es drängte ihn selbst, etwas über den 
Stand der Dinge zu erfahren. 
„Ich weiß, daß ich Ihnen niemals ver— 
gelten kann, was Sie an mir tun, Rey— 
nold,“ sagte Alice beim Abschied. „Ich 
denke manchmal, wie viel angenehmer 
Ihr Leben wäre, hätten Sie sich meiner nicht 
angenommen.“ 
„So, meinen Sie?“ fragte er lächelnd. „Und 
Sie ahnen nicht, daß das Vergnügen, in Ihrer 
Rähe weilen zu dürfen, mir ein reicher Lohn 
ist für die geringen Dienste meinerseits, daß es 
mir eine hohe Befriedigung ist, mich wenigftens 
einem Menschen durch meine Geseilschaft nütz— 
lich machen zu können? Sie wissen nicht, 
Lady Alice — Mrs. Hurst, wollte ich sagen —“ 
fügte er scherzend hinzu, „wie stolz es mich 
„Nach der Schicht“ 
nacht, wie glücklich ich bin, Ihr Vertrauen 
ind Ihre Zuneigung zu besitzen.“ 
Alice antwortete nicht, sie sah nachdenklich 
yor sich nieder und eine Träne floß über 
hre Wangen. Plößlich sagte sie: 
NRoch eins: Bitte, tun Sie mir den Ge— 
allen, einen kleinen Abstecher nach Sunbridge 
zu machen!“ 
„Wo Ihr Kind ist?“ 
— 
sr! Iq n . Mν 
28 
—E 
kin neuer Sieg deutscher Technikl Im Lübeck-Trave— 
nünder Flughafen fanden die ersten Probeflüge des neuen 
xlugbootes „Rohrbach-Romar“ statt, die in jeder Hinsicht 
zlänzend gelangen. Has Flugboot, das größte der Welt, 
enöligt trotz seines Eisengewichts von 300 Zentnern nur 
iß bis 30 Sekunden zum Aufstieg und besitzt eine außer— 
ordentlich große Manövrierfähigkeit. 
Ja.“ 
„Und dann?“ 
„Sehen Sie zu, wie es ihm geht, ob es wohl 
ind munter ist; und wollen Sie Mr. Stirling 
ins Herz legen, daß er die Kleine auf keinen 
Fall an Mrs. Kernot ausliefert.“ 
„Dieser Teufel in Frauengestalt soll seine 
Rolle bald ausgespielt haben,“ rief Lindsay; 
‚denn mit Hilfe meines Freundes Purton und 
Hunters werden wir ihr endlich die Maske 
— 
”ñäöIIMMhæAsS ααο 
das Ende der ersten Flugmaschine in Deutschland. Einzige 
Rriginalaufnahme des Todessturzapparaies von Shio 
ilienthal, mit dem er am 10. August i896 in den Stöllner 
Bergen bei Rhinow abstürzte. Oito Lilienthal flog an 
iesem Tage mit einem 14 qm Eindecker (nicht Doppel— 
ecker, wie vielfach angenommen wurde), und da starker 
Bind herrschte, schwebte er bald in 13 m Höhe am Abhang. 
Plötzlich blieb der Apparat ruhig in der Luft stehen. Um 
in Vorwärtskommen zu erreichen, begann Lilienthal mit 
yen Beinen zu schwenken, als sich die Maschine plötzlich 
nach vorn neigte und beinahe senkrecht niederfiel. Lilien— 
thal konnte sich nicht mehr sehen und mußte fortageschafft 
werden. 
ibreißen. Ist das alles, was Sie mir zu sagen 
aben?“ 
„Das ist alles! Werden Sie so bald als 
nöglich zurückkommen?“ 
„Ich werde die Stunden und Minuten 
ählen, bis ich wieder bei Ihnen bin. Wäre 
's nicht Lord Temples wegen, so möchte ich 
oünschen, daß ich hier, abgeschlossen von dem 
vilden Treiben der Welt, bis an mein Lebens— 
inde so still an Ihrer Seite fortleben könnte, 
vie diese wenigen Tage.“ (Forts. folgt.) 
Heft 38/1928 
Für unsere lieben Kranken. 
280 trüb war der Tag und so trostlos 
die Nacht, in der ich in Angst, Not 
und Sorge wach gelegen. — Warum 
/ nur all' dies schwere Leid, die bange 
Qual? — — Warum? 
Do zlingt mir im Innern eine leise mahnende 
ztimme, ein lang vergessener Vers 
östend an meine geprüfte Seele: 
Schickt Gott dir Schmerz, 
30 halte still 
And frage, 
Was er von dir will. 
die ew'ge Liebe schickt dir keinen 
Bloß darum, daß du mögest weinen. 
Er schickt ihn nicht, um dich zu plagen, 
Er soll dein Herz zum Himmel tragen!“ 
Hatte dein vermeintliches Glück dich 
nicht von Gott hinweggeführt? Warst 
du nicht in Gefahr, dich in weltlicher 
Eitelkeit, in irdischen Genüssen zu ver— 
lieren? — Schaust du auf den großen 
2ohn, der deiner harrt, ist das Leid so 
zlein. Du wirst nicht so leicht wieder den 
Mut verlieren. — Durch innere Beherrschtheit, 
urch lautere vornehme Gesinnung trägt der 
dle Mensch sein Los klaglos, um andere nicht 
u bedrücken. — Erst in späteren Zeiten sehen 
vir ein, warum es so kommen mußte: 
Wie oft schon trat ein Segen, 
In der Gestalt des Unglücks dir entgegen. 
Dir fehlte nur in jener Zeit des Leidens 
Die Kraft und Kunst des rechten Unter⸗ 
scheidens.“ 
Streben wir mutig immer weiter 
unserm sicheren Ziel entgegen, wenn auch 
die Wirrnisse unsere Seele noch so sehr 
bedrängen und das Gestrüpp der Leiden 
ihr kaum das Atmen lassen Der Atem 
der Seele ist das Gebet. Und so sehrt 
das Atmen des Körpers Notwendigkeit 
ür sein Leben ist, so das Gebet für das 
deben der Seele. 
Denken wir doch an den schönen Ver— 
jleich, den ein großer Heiliget uns mit— 
eilte. Die Geschicke der Mexsschen 
leichen der Stickerei eines Teppichs, 
dessen linke Seite mit seinen kreuz 
ind quer, irr und wirr laufenden Fäden 
vir hier auf der Erde sehen, während 
vir erst nach unserm Tode, im glück— 
ichen Jenseits die rechte Seite des 
Teppichs mit seinem herrlichen Muster 
chauen können, das ein gütiger Vater 
— Heil für uns zusammengefüat 
da 8 — 
Gott verläßt uns nie! Er wartet auf 
uns: „Wenn Ihr mich von ganzem 
Herzen suchet, will ich mich finden lassen.“ 
Er verläßt uns nicht, wenn die Racht des 
deidens, wenn die Finsternis der Traurigkeit 
ins umgibt, wenn wir uns fürchten vor den 
Menschen, die uns nicht verstehen — — — 
at Er doch gesagt: „Kommel alle zu mir, 
die ihr mühselig und beladen seid Ich wili 
zuch erquicken.“ 
Der Herr ist mein Trost
	        
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