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große Freude. Als sie nun gen Bethlehem
zogen und an die Straße kamen, an deren
Ende die geringe Hütte stand, blieb der Stern
stehen und ging nicht weiter, sondern senkte
sich herab mit solchem Glanze, daß die ganze
Hütte und alle, die darinnen waren, von dem
Schein erleuchtet wurden. Dann stieg er wieder
in die Höhe, stand unbeweglich, und ein strah—
lender Glanz verblieb in der Hütte. Da hielten
sie still und legten ihre stattlichen Gewänder
an und bereiteten sich, daß sie Königen gleich—
sähen.
An dem Tage, da die drei Könige dem
Kinde das Opfer brachten, da war Jesus ein
Kind von dreizehn Tagen und ag in der
Krippe, in geringe Tücher gewickelt. Die drei
Könige aber waren herrlich gekleidet; und
Melchior, der König von Nubien und Arabien,
der dem Kinde Gold opferte, war von Gestalt
der kleinste, Balthasar, der König von Saba,
der ihm Weihrauch opferte, war der mittiere,
und Kaspar, der König von Tharsis, der ihm
Myrrhen darbrachte, war der größte von Ge—
stalt und war ein Mohr. Man muß auch
wissen, daß die drei Könige große Schätze und
köstliche Kleider mit sich führten aus ihren
Landen und meinten, sie wollten alles dem
neuen König verehren.
Als sie aber in die arme Hütte kamen, darin
Jesus lag, da war darin so unaussprechliche
Klarheit, daß sie standen wie in einer Glut,
und wußten nicht vor Schrecken, wo sie waren.
Also griffen sie geschwind in ihre Säcke, und
was jeglichem zuerst in die Hände kam, das
reichten sie dar und vergaßen alle Herrlichkeiten,
die sie mit sich gebracht hatten: Melchior opferte
dreißig Pfennige und einen goldenen Apfel,
Balthasar opferte Weihrauch, Kaspar Myrrhen.
Und was die liebe Mutter Maria zu ihnen
sprach, das vergaßen sie allzumal, so daß
sie nichts behielten, als daß sie jeglichem König
sich neigte und sprach: „Gedankt sei Gott!“
Und in der Nacht erschien ihnen ein Engel
Gottes im Schlaf und warnte sie, daß sie nicht
zurückzögen zu Herodes. Das beschiossen sie
gemeinsam zu tun und fuhren einen andern
Weg heim in ihr Land. Wo sie aber Nacht⸗
ruhe hielten, da sagten sie dem Volke des
Landes, wie alles mit ihnen ergangen wäre.
Also ward ihre Ausfahrt und Wiederkehr be—
kannt und offenbar in allen Landen, daß es
nie konnte vergessen noch vertilgt werden, ob⸗—
wohl es dem König Herodes und den Juden
sehr zuwider war. Und sie kamen gesund
miteinander zurück zu dem Berge Vaus, wo der
Stern ihnen zuerst erschienen war.
Unser Eisvogel.
Von Dr. phil. Hans Walter Schmidt.
Nachdruck verboten.
MNer Eisvogel ist einer unserer schönst—
gefärbten Vögel. Wahrscheinlich hat ihm
die Jarbe der Oberseite den Namen
verliehen, denn sie schimmert je nach der
Auffa'l ich'ung des Lich'es eiskristall—
blau oder metallisch grün, während die Unter—
feite ein stumpfes Rötlichbraun aufweist. Ein
gleichgefärbter Streifen zieht sich durch das
Auge, der sich in weißer Jarbe auf dem Hinter⸗
kopfe fortsetzt. Einen gar possierlichen Anblick
0
„Nach der Schicht“
zietet der ziemlich gedrungene, aber nur 16cm
ange Vogel mit seinem dicken Korf, an welchem
in (bei alten Exemplaren) 5cm langer feuer—
roter Schnabel sitzt, und mit seinen überaus
zurzen, kleinen, fleischrdten Füßen, wenn
er auf einem Aesichen am Wasser blockt und
uuf Beute lauert. In unserem Valerlande findet
nan ihn überall da, wo sich Jische geringer
Hröße aufhalten, also fast an allen Gewässcrn.
Hier kommt der Vogel, der sich von Jütland
iber ganz Europa bis nach Mittelasien ziehl
ind im Winter sogar bis Westiafrika streift,
n jedem Gelände vor, im Gebirge sogar bis zu
iner Höhe von 1500 m. Mrist sitzt er ruhig
im Ufer, um nach Beute, die in kleinen Fischen
zesteyt, auszuschauen. Mit Blißesschnelle tau—
hend, weiß er sich gewandt der kleinen Fische
zu bemächligen und sie zur Schlachtbank zu
ragen, die von Fischgräten wie besät e—scheint.
Zur RNistzeit treibt er tiefe Stollen in die
Aferböschung ein, um auf einer Auspolsterung
von JFischgräten 6—7 sehr große, fast runde.
glänzend weiße Eier abzulegen. Mitte Mai
»der erst Anfang Juni beginnt die Bebrütung.
Die Jungen werden mil weichen Insekten ge—
üttert.
Wenn sich auch der Eisvogel durch Insekten⸗
ang zur Zeit der Nestjungen der menschlichen
Tultur gegenüber als nützlich erweist, so muß
nan ihn auf den ersten Bück als Schädling
der Fischerei gegenüber bezeichnen. Sobald man
ich aber die Mühe nimmt, sein Leben und
Treiben etwas eingehender zu beobachten, dürfte
nan doch etwas milder über diesen herrlichen
Bogel urteilen. Allerdings ist es nicht zu
eugnen, daß er an Brütlingsteichen erheblichen
Schaden stiftet, und man kann es dem Sisch—
üchter nicht verargen, wenn er hier mit dem
Hewehr dem frechen Fischräuber das Handwerk
zu legen versucht. An anderen Gewässern jedoch
zeeinträch iat er kaum die Inte e'sen des Fischers,
da der kleine Vogel ja nur imstande ist, ver—
jältriemäfig leichte, also kleine Fischlcin zu
»ewäl“iren. Im allgemeinen darf das gerechte
Urteil der Kultur daher nicht den Stab über
unseren Eisvogel brechen. Dieses Urteil wird
iber noch menschenfreundlicher werden, wenn
nan bedenkt, daß man im Eispogel ein wahr—
Heft 1/1928
haft herrliches Raturdenkmal besitzt, das die
Hewässer unseres Vaterlandes verschönt. Es
ist daher nur recht und billig, daß der Staat
sich den Schutz des Eisvogels angelegen sein
—
OOMOO ο
Bilder aus
der Kirchengeschichte.
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F.m 18. Oktober 1914 starb in England
Jo der gefeierte Sch.if steller Hugh Benson.
IJDieser Mann hat eine eigenartige Ent—
wicklung durchgemacht. Er war der
5Sohn eines ang.ikanischen, d. h. englisch—
drotestantischen Bischosfs. Er wurde wie sein
Bater anglikanischer Geistlicher. In jener Zeit,
ils er sein Amt antrat, kehrten Tausende von
Anglikanern zur korholischen Kirche zurück.
Das verdroß den zungen Benson. Deshalb
chloß er mit mehreren Freunden einen Bund,
der es sich zur Aufgabe machte, die angli—
kanische Kirche zu verteidigen und die katho—
lische zu bekämpsen. Die jungen Leute wollten
cecht gründlich die Kirchengeschichte studieren,
im daraus Waffen zum Kampf gegen die
katholische Kliche zu gewinnen. Benson selbst
reiste ins Morgenland, um dort kirchenpolitische
Studien zu machen. Da erhielt er eines Tages
die schmerzliche Nachricht, einer seiner Verbün—
de!en habe beim Studium der Kirchengeschichte
die Ueberzeugung gewonnen, daß die katholische
Kirche die von Christus gestiftete Kirche sei
und er sei deshalb katholisch geworden. Benson
kehrte sofort in die Heimat zurück, um den
Abtrünnigen zu widerlegen und ihn wieder
in die Gemeinschaft der Anglikaner zurück—
zuführen. Aber das Gegenteil trat ein. Die
Beweise, die dem jungen anglikanischen Geist—
ichen aus der Geschichte der Kirche entgegen⸗
zehalten wurden, waren so überwältigend, daß
er selbst katholisch wurde. Und was für ein
iberzeugter und begeisterter Katholik ist Benson
zeworden! Die Bücher, die er geschrieben hat,
ind ein glänzender Beweis dafür. In seinen
zeschicht ichen Romanen „Mil welchem Recht?“
ind „Des Königs Werk“ legt er siegreich
)ie ganze Verkehrtheit der sogenannten Re—
ormation dar, und in seinem großen Werk
Der Herr der Welt“ schildert er in hin—
reißender Darste!lung die kommenden Schicksale
der katholischen Kirche.
Der Entwick!ungsçgang Bensons zeigt, wie
vichtig das Studium der Kirchengeschichte ist
Jeder, der unvoreingenommen die Kirchenge—
chichte studiert, muß, wie Benson, zu der Er⸗
zenntnis kommen, daß die katholische Kirche
die einzig wahre, göttliche Kirche ist. Aber
tuch für den Katholiken ist die Kenntnis der
dirchengeschichte von der größten Bedeutung.
In der Kirchengeschichte ersteht die Vergangen—
)eit gleichsam lebendig vor unserem Geiste.
Bir sehen da die Helden der kirchlichen Ver—
Jancenheit, die glorrcichen Märtyrer, die großen
Missiorare, die großen Kirchenlehrer, wir sehen
»ie Schaffung der christlichen Gesellschaftsord—
iung und die Werke der christlichen Caritas.
Ddas alles muß uns mit Begeisterung für unsere
rirche erfüllen. Es erfüllt uns aber auch
nit Zuversicht. Wer die Geschichte der Kirche