Full text: Nach der Schicht (24)

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Arbeitskästchen und einige Bücher — sonst 
nichts.“ 
„Nimm dein Arbeitskästchen und deine 
Bücher, wenn sie dir teuer sind,“ sagte Sir 
Sylvan gutmütig; „das andere laß hier. Du 
wirst die Kleider, die du hier getragen hast, in 
London nicht brauchen.“ 
Er hatte sich bereits daran gewöhnt, in 
zärtlicher Weise zu dem Mädchen zu sprechen. 
Es war ihm, als habe er sie nicht erst vor 
kaum einer Stunde kennen gelernt, sondern 
schon seit langen Jahren gekannt. 
Alice war ergriffen von dem herzlichen Ton 
seiner Worte und von seinem liebevollen, ein⸗ 
nehmenden Wesen. Ihre Augen waren 
feucht. als sie dieselben bittend zu ihm 
aufschlug, indem sie sagte: 
„Es wöre mir lieb, wenn Sie mir 
erlauben wollten, den Koffer mitzuneh⸗ 
men, wie er ist.“ 
Sir Sylvan läüchelte. 
„Ist sein Inhalt denn so wertvoll?“ 
fragt er. 
„Er wird mich stets an die alten Zeiten 
erinnern.“ 
„Und war diese Zeit so schön, daß du 
wünschest, an sie ermnert zu werden?“ 
zraate er, indem er sie freundlich forschen? 
ansah. „Doch komm, mein Kind, wir 
wollen die Zeit nicht mit unnützen Wor⸗ 
ten vergeuden. Du sollst deinen Koffer 
samt seinem Inhalt behalten, und wenn 
ich ihn selbst tragen sollte; aber das wird 
nicht nötig sein, denn wir werden wohl 
einen Wagen bekommen.“ 
„Das wird schwer halten,“ entgegnete 
Alice. „Ich weiß im ganzen Dorfe nie— 
mand, der uns einen Wagen zur Ver—⸗ 
ügung stellen würde.“ 
„Dann müssen wir die eine Stunde 
gehen,“ sagte Sir Sylvan; „und wenn 
wir uns beeilen, können wir auch noch 
zur rechten Zeit vor Abgang des Zuges 
in Langford ankommen. Sieh, da ist ein 
Bursche, der kann uns den Koffer tragen.“ 
Er rief dem Burschen, der auf dem 
Felde beschäftigt war, zu sich und fragte 
ihn, ob er den Koffer nach der Eisen⸗— 
bahnstation bringen wolle. Anfangs 
zeigte dieser wenig Neigung; als ihm 
aber der Baron ein Geldstück reichte, das 
mehr wert war, als er in einer Woche 
verdienen konnte, fand er sich sofort 
bereit, den Auftrag auszuführen. 
„Bleib so lange bei dem Koffer, bis 
wir kommen,“ sagte Syr Sylvan. 
Der junge Mann nickte und machte sich mit 
dem Gepäck sofort auf den Weg. 
„Hast du von deiner Tante schon Abschied 
genommen, Alice?“ fragte Sir Sylvan. 
„Ja!“ antworte?e Ursulas trockene, hohle 
Stimme an des Mädchens Stelle. „Alles, was 
ich Ihnen, Lord Sylvan Temple, und ihr noch 
zu sagen habe, ist: Leben Sie beide wohl, und 
was sich auch ereignen mag, bedenken Sie, 
daß ich Sie gewarnt habe!“ J 
„Ich danke Ihnen, Miß Pitt! Und nun 
leben Sie wohl!“ erwiderte Sir Sylvan und 
machte eine höfliche Verbeugung, die von ihr 
in etwas steifer Weise erwidert wurde. Dinn 
nahm er Alices Arm, legte ihn in den sei—⸗ 
nigen und entfernte sich mit ihr; sie hatte fast 
„Nach der Schicht“ 
nechanisch von ihrer Tante Abschied genommen. 
‚Wie meine arme, liebe Alice unter dem 
itrengen Regiment gelitten haben mag!“ dachte 
er, als er fühlte, wie sich das Mädchen so 
oertrauensvoll an ihn klammerte. „Ihr Geist 
ist gewaltsam niedergedrückt, aber er wird sich 
»ei dem anregenden Umgang mit gebildeten 
deuten bald zur schönsten Blüte entwickeln 
Und was Alice selbst betrifft, so sehe ich, wie 
chön sie in ihrer einfachen ländlichen Tracht 
st. und kann es mir lebhaft vorstellen, wie 
dezaubernd sie in moderner städtischer Kleidung 
sein wird. Ich bin fest davon überzeugt, sie 
wird eine Zierde der Salons sein! Welch eine 
Ein Schuhmachermeister baut eine Drahtseilbahn. In 
Ebensee (Salzkammergut) wurde eine der kühnsten Draht— 
seilbahnen eröffnet, die ein fast unerschlossenes Hoch— 
plateau, das Höllengebirge, mit der Bahnstation Ebensee 
bderbindet. Das Originellste an dieser Bahn aber ist, daß 
ein biederer Schuhmachermeister Ippisch, der Schöpfer 
dieser Bahn ist. Unser Bild zeigt die Endstation der 
Ebenseer Hrahtseilbahn mit ihrem Schöpfer, dem Schuh— 
machermeister Ippisch 
wunderbare Veränderung doch diese beiden Tage 
in meinem Leben gebracht haben! Gestern 
morgen stand ich noch einsam und allein da 
in der weiten Welt, ich kam mir inmitten 
neines Reichtums arm und verlassen vor, die 
zostspieligsten Vergnügungen schienen mir lang— 
veilig — und heute! Heute dünke ich mich 
o reich, heute bin ich so glücklich, fühle ich 
nich wie neugeboren. Das Leben lacht mich 
vieder an, die Welt scheint sich mir plötzich 
n ein Paradies verwandelt zu haben. Ich 
ühle mich so wohl und kräftig! Alle meine 
zleinen Leiden sind wie durch einen Zauber— 
chlag geschwunden; selbst dieser stundenlange 
Marsch kommt mir wie ein Spaziergang vor!“ 
(Fortsetzung folgt.) 
Heft 3192 
Bilder aus 
der Kirchengeschichte. 
Fort etzung. 
d 3. Die römischen Katakomben. 
*0 8 war an einem Junitag des Jahres 
— s 1578. da verbreitete sich in Rom die 
* Nachricht von einer me kwürdigen Ent— 
XRX deckung. Einige Arbeiter, die an der 
—* Salarischen S.raße nach Porzellanerde 
zruben, stießen auf unterirdische Mauerreste und 
anden, daß tief in den Boden hinein sorg— 
fältig ausgehauene Gänge führten, die mit einer 
großen Zahl von griechischen und lateini— 
schen Inschriften bedeckt waren. Man 
forschte weiter. Und siehe da, von dem 
einen Gang, den man bloßgelegt hatte, 
zweigten noch rechts und links eine ganze 
Menge von Seitengängen ab, die wie— 
de um endlos sich fortsegten und schließ— 
ich ein ganzes Netz von unte.irdischen 
Hängen bildeten. Nicht selten führten 
don diesen ersten Gängen Treppen in die 
Tiefe. Und als man hinavbstieg, fand 
man, daß unter dem ersten Stockwerkß 
noch ein zweites, manchmal ein drittes. 
oiertes und fünftes angelegt war. 
Wer hat diese rie igen unterirdischen 
Gänge und Gewölbe geschaffen? Wozu 
dienten sie? — Eine Menge von Ge— 
lehrten machte sich an die Arbeit und 
drang — nicht seiten mit eigener Lebens— 
gefahr — in die dunklen, wie ein Laby⸗ 
rinth durcheinanderlaufenden Gänge ein. 
Zugleich forschten die Gelehrten in den 
zeschicht ichen Büchern nach und steilten 
daraus eine ganze Geschichte dieser unter⸗ 
erdischen Gänge zusammen. Und so wissen 
wir es heute, daß diese unterirdischen 
Hänge und Gewölbe die Katakomben 
iind, in welchen die Christen in der 
Zeit der großen Verfolgungen ihre Toten 
negruben. Durchschnittlich eine halbe 
5tunde von den Mauern Roms entfernt 
iehen sich diese unterirdischen Begräbnis— 
tätten in einem heiligen Kranz um die 
ewige Stadt herum. Einige von diesen 
Begräbnisstätten wurden schon zu Jeiten 
der Apostel angelegt. Man kennt jetzt 
in der Umgebung von Rom mehr als 
50 verschiedene Katakomben, und wenn 
man die Gänge alle aneinanderfügen 
könnte, ergäbe sich ein Weg von 800 
bis 1000 Kilometern. 
Reiche Mitglieder der römischen Chri— 
tengemeinde waren es, welche auf ihren Be— 
itzungen außerhalb Roms die ersten Kata— 
zomben anlegten. Von ihren Gründern haben 
die meisten Katakomben ihre Namen bekommen. 
. B. die der Prisci!la, Domitilla, des Präter⸗ 
atus. Der körnige Tuffstein, der in der Um— 
jebung von Rom unter der Erde sich befindet, 
ignete sich vorzüglich zur Anlage der Kata— 
romben. Ausgeführt wurde die Anlage der 
inte irdischen Gänge und Gräber von einer 
dafür eigens geschaffenen Handwerkerzunft, den 
Fossoren oder Totengräbern. Dieselben waren 
ugleich auch die Wächter der Katakomben 
ind hatten als solche besonders das Ein— 
)ringen fremder Elemente zu verhindern. Da 
)er Ankauf von Grundstücken und die Anlaade
	        
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