Full text: Nach der Schicht (24)

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Christentum und Sowjets. 
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* Religion ist der Jeind ist Opium für 
das Volk“, das waren die ersten 
Grundsätze der roten Regierung, als sie 
siegreich in den Kreml einzog und 
Lenin fügte hinzu, daß es unerträglich 
wäre, an einen Gott zu glauben, die Würde 
des Menschen würde dadurch erniedrigt. So 
ist es denn stets eine Sorge der Sowjetregie— 
rung gewesen, den Gottesglauben in der Be— 
»ölkerung zu vernichten. Alle Mittel, die diesem 
zwecke dienten, waren gut. So wurden auch 
etzt wieder zum Beginn des neuen Jahres dem 
Leiter der antireligiösen Propaganda, Jaros- 
awsky, der gleichzeitig der Herausgeber der 
zeilung „Der Gottlose“ ist, bedeutende Mittel 
zur Verfügung gestellt, um namentlich in den 
Schulen das religiöse Empfinden in der 
heranwachsenden Jugend auszumerzen, anti⸗ 
religiösse Prozessionen zu veranstalten, in 
denen Christus und die Jünger als Land— 
sttreicher, die Mutter Gottes und die Heiligen 
als Dirnen dargestellt werden, und um in 
den Arbeiterklubs Propagandavorlesungen 
zegen die Religion zu veranstalten. In der 
chönen Isakskathedrale in Petersburg haben 
‚die Gottlosen“ ein Museum eingerichtet, 
damit sich das Volk über „den finsteren 
Aberglauben“ aller Religionen belehren las— 
en könne. 
Der Vorsitzende des Petersburger Klubs 
der Gottlosen, Dulow, gibt sich große Mühe, 
die Religion zu töten. Aber trotz aller 
gotteslästernden Flugschriften und trotz 
der materiellen Vorteile, die den Gott— 
osen geboten werden, ist es ihm bisher 
iur gelungen, etwa 12000 Mitglieder 
ür seine Vereine zu werben. Für eine 
Millionenstadt wie Petersburg ist das 
ein in die Augen fallender Mißerfolg. 
Bekanntlich verbielet das Sowjecgesetz 
unter Androhung von empfindlichen 
Strafen Jugendlichen unter 18 Jahren 
Religionsunterricht zu erteilen. So muß 
denn auch der Vorsitzende des Schüler⸗ 
rates dem Verein der Gottlosen ange— 
yören, anderenfalls er sein Ehrenamt 
unicht ausüben kann. Dadurch wird aber 
ein Ansehen bei den Mitschülern keines— 
vegs gesteigert, im Gegenteil erntet er 
ür seine Gotteslästerung häusig Prügel. Auch 
inter der Arbeiterschaft ist der Erfolg der Gott— 
osen ein sehr geringer, trotz der bedeutenden 
xredite, die ihnen zur Verfügung stehen. Und 
venn sich ihnen jemand anschließt, so ist er 
neistens ein Trinker oder ein Jaulenzer. 
Die antireligiöse Propaganda hat auch eine 
Hegenaktion ausgelöst. Auf Veranlassung des 
Patriarchen besuchen die orthodoxen Geistlichen 
die Museen der Gottlosen und die antireligiösen 
Bersammlungen, um sich mit den Argumenten 
der Gegner bekannt zu machen, um später desto 
esser belehrend und tröstend wirken zu können. 
Ferner ist ein Anwachsen von verschiedenen 
Sekten evangelischer Richtung zu bemerken, 
nsbesondere der Baptistensekten, in denen 
trenge Disziplin geübt wird und deren Mit— 
zlieder sich untereinander unterstützen. Auch 
zilden sich neben den Kneipen und Teestuben 
fille Gemeinden hvon Gofttaläubigen. die nach 
„Nach der Schicht“ 
inem tieferen Sinn des Lebens suchen und 
enen die Ideale des offiziellen Kommunis— 
nus keine Befriedigung geben. 
Die breiten Massen der Bevölkerung selbst 
ind angeekelt durch die Prozessionen der „Gott⸗— 
osen“ und deren hohle Beschimpfungen von 
illem dem, was anderen heilig ist. Das Leben 
o wie es ihnen geboten wird, erscheint ihnen 
ide, treibt sie zurück in die Arme der Kirche 
ind sie gewinnen die erlösende Hoffnung eines 
jibernatürlichen Glaubens. 
Die russische Seele ist zu stark, um im 
Atheismus unterzugehen. Aber die planmäßige 
Entchristianisierung des Volkes ist trotz allem 
nicht ohne traurige Teilerfolge geblieben. 
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in deutscher, Hmmmelsschreiber“ für Ameriks 
Dder neue Riesen-Projektionsapparat, mit dem in 
New⸗-York erfolgreiche Versuche der Himmelsreklame 
zemacht wurden. Die Rekblamebilder werden auf 
ine Entfernung von 500 Metern 170 Meter groß 
projiziert 
nafter Shurmsn spricht — Ne vJ 
Der amerikanische Botschafter in Berlin, Shurmann, läßt 
sich als erster mit New-York verbinden 
— —— 
Der Tag des Zornes. 
kin sioman aus Alt-HDesterreich 
von Pankraj 5chuk. 
* Fortsetzung 
— 
ir selben Stunde wurde der Oberleutnant 
Franz von Hebenstreit verhaftet und 
sofort dem Stabsauditor Orlandini vor— 
geführt. Hebenstreit leugnete seine Tat 
o nicht; er gab unumwunden zu, sich mit 
»em Prinzen Alexander duelliert zu haben. Er 
sabe aber nicht gewußt, daß sein Gegner ein 
Mitglied des kaiserlichen Hauses, Prinz Alexan⸗ 
der. sei 
Seite 185 
Nach dem Verhöre wurde Hebenstreit in 
»as Gefängnis zurückgebracht und Orlandini 
ibergab seine Aussagen dem Polizeipräsidenten, 
im sie dem Kaiser mitzuteilen. 
Pergen begab sich sofort in die Burg. 
Kaiser Leopold saß in seinem Arbeitskabi— 
iett und arbeitete an der Erledigung von 
5taatsgeschäften, als Graf Pergen vor ihm 
erschien. 
„Endlich, lieber Graf, endlich,“ mit diesen 
Worten empfing ihn der Monarch, „ich habe 
Zie schon mit Sehnsucht erwartet. Und was 
zringen Sie mir? Hoffentlich waren Ihre 
Rachforschungen nicht ohne Erfolg?“ 
„Es ist uns gelungen, die Sache aufzu— 
klären,“ erwiderte Pergen. „Ich möchte vor 
allem bemerken, daß es sich um keinen 
bewußten und wohl überlegten Anschlag 
gegen Seine kaiserliche Hoheit handelt. son— 
dern um ein Duell.“ 
Der Kaiser atmete erleichtert auf. 
„Es ist uns auch gelungen,“ fuhr Graf 
Pergen fort, „den Mann auszuforschen und 
zu verhaften, der es gewagt hatte, sich mit 
Seiner kaiserlichen Hoheit zu duellieren.“ 
„Und wer ist es?“ fragte der Kaiser 
rasch. 
„Ein Offizier, Oberleutnant Franz von 
Hebenstreit.“ 
Einen Augenblick legte sich des Kaisers 
Ztirne in Jalten, dann fragte er weiter: 
„Und was waren die Gründe, die zu 
inem Duell führten?“ 
„Nach Aussage des Oberleutnants Heben— 
zceit soll es sich um ein Mädchen, ein 
Mädchen aus dem Volke, handeln.“ 
„Um ein Mädchen aus dem Volke?“ 
In des Kaisers Antlitz malten sich 
Ueberraschung und Verwunderung. 
Jawohl, Majestät.“ 
„Was hat mein Sohn mit einem 
Mädchen aus dem Volke zu schaffen? 
Bielleicht gar eine Liebschaft?“ 
„Ja, Majestät, es ist so,“ meinte Graf 
Pergen. „Der ganze Hergang war fol— 
gender: Oberleutnant Franz von Heben— 
streit hatte vor einigen Wochen die Be— 
kanntschaft einer Nähe in, die drüben in 
Hungelbrunn wohnt, gemacht. Bei sei— 
nem ersten Annähecungsversuche soll es 
auf der Straße, in der Nähe der Favo— 
rita, zu cinem Rekontre zwischen Heben— 
treit und Seiner kaiserlichen Hoheit dem Prin— 
en Alexander, welchen Hebenstreit, nebenbei 
»emerkt, gar nicht kannte, gekommen sein. 
debenstreit, welcher wußte, daß besagtes Mäd— 
hen täglich abends seine fertiggestellten Arbeiten 
bliefern ging und nicht geneigt war, das 
Mädchen aufzugeben, war Zeuge, wie Prinz 
Alexander sie vom Hause abholte, mit ihr in 
sie Stadt ging und sie dann wieder heimge— 
eitete. Auch gestern war dies der FJall. Prinz 
llexander soll das Mädchen beim Abschied 
eküßt haben, weshalb Hebenstreit sich entschloß, 
inen Nebenbuhler diese halb zur Rede zu 
ellen und durch ein energisches Dazwischen— 
deten der Liebschaft ein Ende zu bereiten. Was 
am, ist Euer Majestät bekannt. P.inz Alexan— 
jer hatte als erster den Degen gegen Heben— 
treit gezückt. Hebenstreit, ich wiederhole es 
lochmals, Majestät, hat nicht gewußt. wer sein 
Heaner war“
	        
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