hest 12/ 12828
Christentum und Sowjets.
22
* Religion ist der Jeind ist Opium für
das Volk“, das waren die ersten
Grundsätze der roten Regierung, als sie
siegreich in den Kreml einzog und
Lenin fügte hinzu, daß es unerträglich
wäre, an einen Gott zu glauben, die Würde
des Menschen würde dadurch erniedrigt. So
ist es denn stets eine Sorge der Sowjetregie—
rung gewesen, den Gottesglauben in der Be—
»ölkerung zu vernichten. Alle Mittel, die diesem
zwecke dienten, waren gut. So wurden auch
etzt wieder zum Beginn des neuen Jahres dem
Leiter der antireligiösen Propaganda, Jaros-
awsky, der gleichzeitig der Herausgeber der
zeilung „Der Gottlose“ ist, bedeutende Mittel
zur Verfügung gestellt, um namentlich in den
Schulen das religiöse Empfinden in der
heranwachsenden Jugend auszumerzen, anti⸗
religiösse Prozessionen zu veranstalten, in
denen Christus und die Jünger als Land—
sttreicher, die Mutter Gottes und die Heiligen
als Dirnen dargestellt werden, und um in
den Arbeiterklubs Propagandavorlesungen
zegen die Religion zu veranstalten. In der
chönen Isakskathedrale in Petersburg haben
‚die Gottlosen“ ein Museum eingerichtet,
damit sich das Volk über „den finsteren
Aberglauben“ aller Religionen belehren las—
en könne.
Der Vorsitzende des Petersburger Klubs
der Gottlosen, Dulow, gibt sich große Mühe,
die Religion zu töten. Aber trotz aller
gotteslästernden Flugschriften und trotz
der materiellen Vorteile, die den Gott—
osen geboten werden, ist es ihm bisher
iur gelungen, etwa 12000 Mitglieder
ür seine Vereine zu werben. Für eine
Millionenstadt wie Petersburg ist das
ein in die Augen fallender Mißerfolg.
Bekanntlich verbielet das Sowjecgesetz
unter Androhung von empfindlichen
Strafen Jugendlichen unter 18 Jahren
Religionsunterricht zu erteilen. So muß
denn auch der Vorsitzende des Schüler⸗
rates dem Verein der Gottlosen ange—
yören, anderenfalls er sein Ehrenamt
unicht ausüben kann. Dadurch wird aber
ein Ansehen bei den Mitschülern keines—
vegs gesteigert, im Gegenteil erntet er
ür seine Gotteslästerung häusig Prügel. Auch
inter der Arbeiterschaft ist der Erfolg der Gott—
osen ein sehr geringer, trotz der bedeutenden
xredite, die ihnen zur Verfügung stehen. Und
venn sich ihnen jemand anschließt, so ist er
neistens ein Trinker oder ein Jaulenzer.
Die antireligiöse Propaganda hat auch eine
Hegenaktion ausgelöst. Auf Veranlassung des
Patriarchen besuchen die orthodoxen Geistlichen
die Museen der Gottlosen und die antireligiösen
Bersammlungen, um sich mit den Argumenten
der Gegner bekannt zu machen, um später desto
esser belehrend und tröstend wirken zu können.
Ferner ist ein Anwachsen von verschiedenen
Sekten evangelischer Richtung zu bemerken,
nsbesondere der Baptistensekten, in denen
trenge Disziplin geübt wird und deren Mit—
zlieder sich untereinander unterstützen. Auch
zilden sich neben den Kneipen und Teestuben
fille Gemeinden hvon Gofttaläubigen. die nach
„Nach der Schicht“
inem tieferen Sinn des Lebens suchen und
enen die Ideale des offiziellen Kommunis—
nus keine Befriedigung geben.
Die breiten Massen der Bevölkerung selbst
ind angeekelt durch die Prozessionen der „Gott⸗—
osen“ und deren hohle Beschimpfungen von
illem dem, was anderen heilig ist. Das Leben
o wie es ihnen geboten wird, erscheint ihnen
ide, treibt sie zurück in die Arme der Kirche
ind sie gewinnen die erlösende Hoffnung eines
jibernatürlichen Glaubens.
Die russische Seele ist zu stark, um im
Atheismus unterzugehen. Aber die planmäßige
Entchristianisierung des Volkes ist trotz allem
nicht ohne traurige Teilerfolge geblieben.
163
in deutscher, Hmmmelsschreiber“ für Ameriks
Dder neue Riesen-Projektionsapparat, mit dem in
New⸗-York erfolgreiche Versuche der Himmelsreklame
zemacht wurden. Die Rekblamebilder werden auf
ine Entfernung von 500 Metern 170 Meter groß
projiziert
nafter Shurmsn spricht — Ne vJ
Der amerikanische Botschafter in Berlin, Shurmann, läßt
sich als erster mit New-York verbinden
— ——
Der Tag des Zornes.
kin sioman aus Alt-HDesterreich
von Pankraj 5chuk.
* Fortsetzung
—
ir selben Stunde wurde der Oberleutnant
Franz von Hebenstreit verhaftet und
sofort dem Stabsauditor Orlandini vor—
geführt. Hebenstreit leugnete seine Tat
o nicht; er gab unumwunden zu, sich mit
»em Prinzen Alexander duelliert zu haben. Er
sabe aber nicht gewußt, daß sein Gegner ein
Mitglied des kaiserlichen Hauses, Prinz Alexan⸗
der. sei
Seite 185
Nach dem Verhöre wurde Hebenstreit in
»as Gefängnis zurückgebracht und Orlandini
ibergab seine Aussagen dem Polizeipräsidenten,
im sie dem Kaiser mitzuteilen.
Pergen begab sich sofort in die Burg.
Kaiser Leopold saß in seinem Arbeitskabi—
iett und arbeitete an der Erledigung von
5taatsgeschäften, als Graf Pergen vor ihm
erschien.
„Endlich, lieber Graf, endlich,“ mit diesen
Worten empfing ihn der Monarch, „ich habe
Zie schon mit Sehnsucht erwartet. Und was
zringen Sie mir? Hoffentlich waren Ihre
Rachforschungen nicht ohne Erfolg?“
„Es ist uns gelungen, die Sache aufzu—
klären,“ erwiderte Pergen. „Ich möchte vor
allem bemerken, daß es sich um keinen
bewußten und wohl überlegten Anschlag
gegen Seine kaiserliche Hoheit handelt. son—
dern um ein Duell.“
Der Kaiser atmete erleichtert auf.
„Es ist uns auch gelungen,“ fuhr Graf
Pergen fort, „den Mann auszuforschen und
zu verhaften, der es gewagt hatte, sich mit
Seiner kaiserlichen Hoheit zu duellieren.“
„Und wer ist es?“ fragte der Kaiser
rasch.
„Ein Offizier, Oberleutnant Franz von
Hebenstreit.“
Einen Augenblick legte sich des Kaisers
Ztirne in Jalten, dann fragte er weiter:
„Und was waren die Gründe, die zu
inem Duell führten?“
„Nach Aussage des Oberleutnants Heben—
zceit soll es sich um ein Mädchen, ein
Mädchen aus dem Volke, handeln.“
„Um ein Mädchen aus dem Volke?“
In des Kaisers Antlitz malten sich
Ueberraschung und Verwunderung.
Jawohl, Majestät.“
„Was hat mein Sohn mit einem
Mädchen aus dem Volke zu schaffen?
Bielleicht gar eine Liebschaft?“
„Ja, Majestät, es ist so,“ meinte Graf
Pergen. „Der ganze Hergang war fol—
gender: Oberleutnant Franz von Heben—
streit hatte vor einigen Wochen die Be—
kanntschaft einer Nähe in, die drüben in
Hungelbrunn wohnt, gemacht. Bei sei—
nem ersten Annähecungsversuche soll es
auf der Straße, in der Nähe der Favo—
rita, zu cinem Rekontre zwischen Heben—
treit und Seiner kaiserlichen Hoheit dem Prin—
en Alexander, welchen Hebenstreit, nebenbei
»emerkt, gar nicht kannte, gekommen sein.
debenstreit, welcher wußte, daß besagtes Mäd—
hen täglich abends seine fertiggestellten Arbeiten
bliefern ging und nicht geneigt war, das
Mädchen aufzugeben, war Zeuge, wie Prinz
Alexander sie vom Hause abholte, mit ihr in
sie Stadt ging und sie dann wieder heimge—
eitete. Auch gestern war dies der FJall. Prinz
llexander soll das Mädchen beim Abschied
eküßt haben, weshalb Hebenstreit sich entschloß,
inen Nebenbuhler diese halb zur Rede zu
ellen und durch ein energisches Dazwischen—
deten der Liebschaft ein Ende zu bereiten. Was
am, ist Euer Majestät bekannt. P.inz Alexan—
jer hatte als erster den Degen gegen Heben—
treit gezückt. Hebenstreit, ich wiederhole es
lochmals, Majestät, hat nicht gewußt. wer sein
Heaner war“