Full text: Nach der Schicht (24)

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richt zu beachten haben. Daß im Jortbildungs- 
interricht auch und gerade der Religionsunter— 
richt als ordentliches Lehrfach unbedingt erteilt 
verden muß, ist für katholische Eltern selbst— 
»erständlich. Nur durch die völlige sittlich-reli— 
gziöse Durcht änkung des gesamten Unterrichtes 
zönnen Männer und starke Charaktere heran— 
gebildet werden. Bei uns ist nun der Jort— 
bildungsunterricht vom 14. bis 18. Lebensjahre 
im allgemeinen obligatorisch, d. h. es herrscht 
Schulzwang. Unentschuldigte Schulversäumnis 
zieht Bestrafung nach sich. Jeder Arbeitgeber 
hat daher seine berufsschulpflichtigen jugend— 
lichen Arbeiter zur Berufsschule zu schicken. 
Er darf sie nicht davon abhalten. Bei Krank— 
heiten der Schüler hat er dies dem Leiter der 
hetreffenden Schule mitzuteilen, für Beurlau— 
hungen muß er Urlaub beantragen. Anderen— 
jalls macht er sich strafbar. Die berufenen 
Lehrer für die allgemeine FJortbildungsschulen 
und die besonderen Berufsschulen sind nun die 
Geistlichen, Lehrer, Richter und Aerzte. Was 
lernt man denn alles in diesen Schulen? 
Zunächst wird das religiöse Wissen ver⸗ 
tieft. Außerdem sind die hauptsächlichsten 
Lehrçegenstände: Bürgerkunde, Rechnen, 
Deutsch, Materialien- und Maschinen⸗ 
zunde, Buchführung, Zeichnen, Schreib— 
naschine, Geschäftskunde, Volkswirtschaft, 
dürgerliches und öffentliches Recht. Alles 
Wissenschaften und technische Fertigkeiten, 
die das Fortkommen späser im Lebens— 
Jerufe außerordentlich erleichtern und die 
jeranwachsende Jugend mit dem für 
hren Beruf erforderlichen Rüstzeug aus— 
zezeichnte und vollständig versehen. 
Darum heißt es auch für sie: Besucht 
die Fortbildungsschulen pünklich und 
freudig! Es liegt in eurem ureigensten 
Interesse und macht euch zu brauchbaren 
Hliedern der großen Volksgemeinschaft, 
der wir alle dienen müssen. 
Der Heilige im blauen Kitt.l. 
Auf den Josephstag von Hans Sauerland 
M gibt einen Heiligen, der ist, fast möchte 
man sagen, „aus der Act geschlagen“. 
7 Als er noch lebte, kannte man ihn 
NX kaum denn er trug nicht den Strahlen⸗ 
Skranz übermenschlicher Tugenden mit sich 
herum. Er starb auch nicht „im Geruch der 
Hei igkeit“. Niemand pilgerle zu seinem Grabe, 
eine Gebeine wurden nicht feierlich erhoben 
und in goldenen Särgen beigesetzt. Alles was 
wir von ihm wissen, sind drei oder vier Sätze 
der Heiligen Schrift. Und sie berichten nichts 
pon erhabenen Visionen, von Kasteiungen und 
Wundertaten, nicht einmal von Rutenstreichen 
und blutigem Martyrium, das doch damals 
so billig zu kaufen war. 
Soll man sich wundern, wenn Joseph der 
Zimmermann aus Nazareth in den Schatten⸗ 
winkel der Heiligenverehrung geraten ist? Nicht 
der Kirche, denn diese feiert sein Andenken 
nach Gebühr und hat ihn feierlich zu ihrem 
Schutzpatron erkoren. In der Liebe unseres 
zatholischen Volkes aber muß er qgar oft hinter 
„Nach der Schicht“ 
em todesmutigen Paulus, dem kühnen Se— 
astian, dem fröhlicharmen Franz, dem wunder— 
itigen Antonius und vielen anderen zurück— 
zehen, er, der so gar nichts aus sich zu machen 
»ußte. Drum blühen an seinem Altar nur 
erstaubte Papierblumen, drum kniet gar so 
elten ein Beter davor, drum geben viele Väter 
zren Kindern lieber Namen von größerem 
dlang. 
Auch ich trage nicht deinen Namen, aber ich 
in dir von Herzen zugetan; denn ich sehe dich 
ei meiner Arbeit allezeit vor mir. Auch du 
ast ja dein Leben lang um ein karges Brot 
ewerkt, unbeachtet und dennoch fröhlich. Du 
ichelst mich an von der Hobelbank, obgleich 
ir die Schweißtropfen auf der Särn stehen. 
Rein blauer Kittel ist wahrhaftig nicht mehr 
hön, und deine rauhen Hände können höch— 
ens das eiserne Winkelmaß, nicht aber die 
arten Lilien halten, die man dir zugedacht 
at; deshalb stehen sie neben dir in einer 
chlanken Vase. O, ich kenne dein Bild qut! 
z tn,. 
Infolge andauernder Regengüsse lösten sich in Idstein im 
Taunus etwa 150 Kubikmeter Gesteinsmassen hinter dem 
lten Rathause und stürzten in den Rathaushof. Die 
dinterwand des alten Rathauses, das bekanntlich auf 
inem Torbogen steht, wurde eingedrückt, das ganze Ge— 
väude aber um etwa 20 Zentimeter von seiner Stelle 
verschoben. Das Rathaus wurde geräumt 
Ich kenne fast alle Bilder, welche die Meister 
von dir gemalt haben. Es sind unechte darunter, 
iuf denen man dir prächtige Gewänder mit 
veichen Falten angezogen und dir den Bart 
übsch frisiert hat, daß du fast aussiehst wie ein 
daufmann aus Alexandrien. Aber ich glaube, 
u selber schüttelst den Kopf dazu. Andere 
Neister haben dich besser verstanden, aber eines 
onnten auch sie nicht mit Pinsel und Jarben 
Aiedergeben: den salzigen Schweiß der Arbeit, 
en Harzduft des frischen Holzes und den 
urchdringenden Geruch des Leimtopfes. Und 
och gehört das alles mehr als bloß äußer— 
ich zu dir; denn du bist der Heilige der 
lrbeit, der harten, schweren, niedrigen Hand— 
rbeit und des armen, verachteten, werktätigen 
zolkes. 
Soll man dich darum preisen oder bemit— 
iden, wenn das überhaupt möglich wäre? 
zicher steht die Handarbeit nicht sehr hoch im 
durs, und mancher zieht seinen Arbeitsrock 
us, wenn er nur über die Straße zu gehen 
raucht. Der blaue Kittel gar und die Holz⸗ 
huhe sind verfemt. Ist es eine Schande ge— 
porden, mit seiner Hände Arbeit sein Brot zu 
erdienen? Dann ist freilich kein Raum mehr 
Heft 12/1928 
ür Joseph den Zimmermann und seinen durch— 
chwitzten Kittel. Käme er heute wiederum ins 
?and, wie damals nach Bethlehem, er würde 
benso oft abgewiesen. Das ist klar, er ist zu 
escheiden, zu still, zu friedferrig — kurz und 
jut: er paßt nicht mehr in unsere Zeit hinein. 
r ist überlebt. 
Es geht ihm auch noch etwas anderes ab, 
oeshalb er von den modernen Menschen nicht 
nehr zum Vorbild erwählt wird: es fehlt ihm 
janz und gar der Ehrgeiz, die Sucht, unter 
illen Umständen „Karriere zu machen“. Tag 
mm Tag, Jahr für Jahr, tut er dieselbe Arbeit, 
hne an einem Titel oder ein Diplom zu 
enken. Er erinnert sich nicht einmal daran, 
aß er aus königlichem Blute stammt. Statt 
essen arbeitet er einfach wie jeder Niedrig— 
eborene. Nein, eine solch ausbündige Einfalt 
bürde sich heute nur lächerlich machen. 
Vollends würde man den für einen Narren 
)alten, der das Brautgeheimnis seines ange— 
rauten Weibes in heiliger Ehrfurcht bis an 
sein Ende wahrte. Vielleicht auch würde 
man ihn einen schlauen Heuchler schelten 
und frischweg behaupten, so etwas sei 
erwiesenermaßen unmöglich. Jedenfalls 
wäre das der größte Stein des An— 
stoßes, über den er stürzen müßte. Ueber⸗ 
haupt und wenn schon — nirgends steht 
don ihm geschrieben, daß er nach getaner 
Arbeit in die Schenke ging, um sich die 
Gurgel auszuschwenken, oder in die Ver— 
einsversammlung, um dort zu debattieren. 
Offenbar blieb er Abend für Abend zu 
Hause, plauderte mit Maria und ließ 
das Kindlein Jesus auf seinen Knien 
eiten — also muß er entweder ein 
Stubenhocker oder ein Pantoffelheld ge⸗ 
vesen sein. 
Nicht wahr, das ist ungefähr der Spie⸗ 
zjel, in dem die Welt von heute Joseph 
hden Zimmermann sieht. Sie nennt ihn 
inen armen Teufel, weil er im Schweiße 
eines Angesichts arbeiten mußte, einen 
Trottel, weil er trotz seines blauen Blutes 
uur einen schlechten Kittel trug und nicht 
höher hinaus woilte, einen Heuchler und Narren, 
veil er nicht das Leben der anderen mitlebte. 
fin hartes Urteil, aber der, dem es gilt, lächelt 
arüber aus der Höhe seiner himmlischen Ver⸗ 
lärung, und die Kirche, an deren Anfang er 
teht, fängt mit einer wundervollen Schwung— 
,raft das Urteil der Welt auf und verwandelt 
s in eine Litanei von herrlichen Lobesworten. 
inen ganzen Monat lang fordert sie auf: 
Hehet zu Joseph!“ Indem sie aber den armen 
zimmermann beneidet, segnet sie alles, was 
hn groß und heilig gemacht hat: die Fröhlich— 
»eit in der Armut, die Arbeitsamkeit ohne 
Zrofitgier und Erfolgsjägerei, die Bescheiden⸗ 
‚eit, welche quillt aus der Demut des Herzens, 
ie Reinheit inmitten einer verderbten Welt 
ind die Pflichttreue bis zum letzten Atemzug. 
Alltagstugenden“ oder nicht — ich liebe sie 
ausendmal mehr als Wunder und vVisionen. 
zibt es für einen Mann ein schöner Bild 
ind Zeichen als Winkelmaß und Lilie? Ihr 
Nänner der Arbeit, wollt ihr nicht auf euren 
Schultern euren Heiligen heraustragen aus dem 
zchattenwinkel)
	        
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