Full text: Der Saarbergknappe (13 [1932])

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scheinen läßt. In vielen Fällen wird sich der Inhabe 
des Armenrechts selbst vertreten können. Wer zur 
Vertretung seines Anspruches keine Fähigkeiten be⸗ 
r dem kann ein Gerichtsbeamter oder ein Referen⸗ 
ar von amtswegen beigeordnet werden. 
Prozesse vor dem Landgericht können nur durch 
einen Rechtsanwalt geführt werden. 
Deshalb muß in dem Antrag auf Bewilligung des 
Armenrechts der Antrag auf Beiordnung eines 
Rechtsanwalts zur unentgeltlichen Wahrnehmung des 
Rechtsstreits mitenthalten sein. 
Die Erteilung des Armenrechts befreit die arme 
Partei vorläufig von der Zahlung der Gerichtskosten, 
gleich, ob dieselben bereits entstanden sind oder erst 
in der Zukunft entstehen werden. Ferner erlangt die 
arme Partei die unentgeltliche Dienstleistung des 
Gerichtsvollziehers für Zustellungen und Voll— 
strecungen, sowie die unentgeltliche Beiordnung eines 
Rechtsanwalts, wenn dies notwendig oder ersorder⸗ 
lich erscheint. 
Unterliegt in einem Prozeß die im Besitz des 
Armenrechts befindliche Partei, so kann sie ver— 
pflichtet werden, die Kosten des Prozeßgegners, sowie 
aile entstandenen Gerichts⸗- und außergerichtliche 
Kosten, die mit dem Prozeß verbunden sind, zu 
zahlen. Die gegnerische Partei kann die Zwangsvoll⸗ 
treckung wegen der Kosten betreiben, wenn sie einen 
gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluß erwirkt hat. 
Die arme Partei kann jedoch auf der gerichtlichen 
Festsetzung bestehen, wobei sie die beruhigende Ge⸗— 
wißheit haben darf, daß die Forderungsberechtigung 
genau nachgeprüft wird. 
Wie kann nun ein Gesuch um Bewilligung 
des Armenrechts aussehen? 
Lassen wir zwei Entwürfe folgen: 
An das Amtsgericht in Völklingen⸗Saar. 
Gesuch um Bewilligung des Armenrechts 
in Sachen Pifte — Muck. 
Am 15. April ds. Is verkaufte ich dem Kornelius Mucd 
einen Handwagen zum Preise von 120 — Frs. Mucd ver⸗ 
Zichtere sich. mir den Kaufpreis bis spätestens 1. Oktober 
s. Is. zu zahlen. Er ist dieser Verpflichtung trotz mehr⸗ 
jacher Mahnung bisher nicht nachgekommen, wodurch ich 
— bin. zu klagen. Ausweislich beiliegenden 
rmutszeugnisses bin ich unbemittelt und bitte daher 
mir das Armenrecht zur Anstrengung der Klage zu be— 
willigen. 
Ort und Datum. Karl Pifke. 
An das Landgericht in Saarbrücken. 
Gesuch um Bewilligung des Armenrechts 
in Sachen Meyer — Müller. 
In der Zeit vom 18. Mai bis 14. Juni ds. Is. habe ich 
m Auftrage des Fus Müller die Fundamente für seinen 
zu erstellenden Neubau ausgeschachtet, ferner bis zur 
Kellerhöhe das Beton-Mauerwerk errichtet. Auch habe ich 
das Baumaterial wie Kies, Sand, Kalk und Zement ge—⸗ 
liefert. Die Gesamtforderung hieraus beträgt laut über— 
reichter und von Müller anerkannter Aufstellung 3960.- 
Frs. Obschon ich sehr in Not bin und ich Müller schon 
mehrfach gemahnt habe, weigert er sich, zu zahlen. Des 
halb ist Klage erforderlich. Laut beiliegendem Armuts 
jeugnis bin ich unbemittelt. 
Ich bitte deshalb um Bewilligung des Armenrechts und 
Beiordnung eines Rechtsanwalts zur unentgeltlicher 
Wahrnehmung meiner Rechte. 
Ort und Datnuin Kaspar Meyer. 
Anbedingt notwendig ist es, daß man in den An⸗ 
tragen auf Ertenlung des Armenrechis genau die 
Wahrheitfsagt und gegebenenfalls auch die Be 
weismittel für den Rechtsanspruch angibt. J. M. 
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—IILO 
Weißt Du, wie sehr es eine Verantwortlichkei 
bedeutet, wenn Du Jugendliche unter Dir hast? Wir 
haben es lange und heiß genug beklagt, daß für den 
modernen Unternehmer, ob groß, ob klein, der Jugend—⸗ 
liche das Ausbeutungsobjekt wäre. Wir haben 
gesagt, das wäre eine Gewissenlosigkeit und eine Schande. 
Und wo es wirklich der Fall war, da war es auch eine 
Schande, und ich habe es nie begreifen können, wie ein 
Viensch, der die Jugend rücksichtslos als sein Ausbeutungs 
objekt mißbrauchte, sich noch christlich nennen konnte. 
„Was hätten denn die Jugendlichen dem Unternehmer 
ein sollen?“ Ich denke, junge Menschen; er hätte 
bedenken sollen, daß diese jungen Menschen ein Anrech“ 
darauf hatten, echte Kerle zu werden; Vienschen 
die was können und ihre sittlichen Grundsätze 
haben. Und der Unternehmer hätte sich selbst um die 
Jugendlichen kümmern sollen, daß sietwas lernten 
daß sie in der Fabrik und in der Werkstatt nicht verwahr⸗ 
losten; daß fie keine Zotenreitzer, keine Schweinigel und 
teine laffen Bengel wurden. 
Aber wie hätte er das denn anfangen sollen? Hätte 
er selbst die Anleitung und die Erziehung der Jugend⸗ 
lichen in die Hand nehmen sollen? Das konnte wohl der 
Handwerksmeister in der guten alten Zeit; aber das kanr 
doch der Fabrikunternehmer von heute nicht, wo gleich 
eine ganze große Schar von Jugendlichen eingestellt ist 
„Dann hätte er die Anleitung und Erziehung der 
Jugendlichen wenigstens in vertrauenswürdige Hände 
tegen sollen.“ 
Was sind das denn, vertrauenswürdige Hände? 
„Ei, das sind erwachsene Arbeiter, die es gut mit den 
Jugendlichen meinen und denen etwas daran gelegen ist 
daß die Jugendlichen echte Kerle werden“ 
m 
Bergkuan 
Qllen Vorslönden, Dertouensleulen, 
Miiqolisdern, Mitorbeiternp, Besern und 
ihren Fomilienongehoriqen 
wünschen wir 
ein geseꝗqneles dlũckliches 
Gevierleilunq u. Redoklion 
Zur neuen Hetze gegen Imbusch 
und den Gewerkor rem 
In ihrer Donnerstagnummer (22. Dezember) fiel 
die weiter nicht verwunderlich ist, die kommunistische 
Arbeiterzeitung“ ebenfalls in schofelster Weise über 
zmbusch und den Gewerktverein her, wobei sie den 
Dortmunder Generalanzeiger“, also ein typisch 
»ürgerliches Blatt, als Kronzeugen anführte. Die 
tommunistische „Arbeiterzeitung“ hätte sich ja auch 
etwas vergeben, wenn sie in diesem Kampfe nicht 
ebenfalls Schulter an Schulter mit den Unternehmer— 
»lättern marschiert wäre. Dieser neueste Hetzkampf 
gegen Imbusch und den Gewerkverein wurde von der 
„Deutschen Bergwerkszeitung“ begonnen, die es 
unserm Führer und unserer Organisation nicht ver⸗ 
zeihen kann, den starken Angriff der Reaktion auf— 
gefangen und abgebogen zu haben und für die Ver— 
taatlichung des Bergbaues eingetreten zu sein. Wer 
diesen Herrschaften in die Parade fährt, muß halt 
derdächtigt werden. Daß sich an diesem Treiben gegen 
zinen Arbeiterführer und eine Arbeiterorganisation 
die kommunistische „Arbeiterzeitung“ munter betei⸗ 
ligt, zeigt uns zur Genüge, wo die Unternehmer ihre 
Zhelfershelfer sitizen haben. 
Zu dieser neuesten Hetze nahm unser Essener Berg 
knappe in seiner letzten Nummer Stellung. Nach 
tehend geben wir diese Stellungnahme auch unsern 
Lesern bekannt und bitten sie, gemäß dieser Verlaut— 
barung unserer Organisation im Aufklärungs⸗ und 
Abwehrkampfe zu handeln. 
„Seit Jahren wird in der Unternehmerpresse eine 
ible Hetze gegen den Vorsitzenden des Gewerkvereins, 
Imbusch, betrieben. In der Wahl der Mittel waren 
die Unternehmervertreter dabei nicht wählerisch. 
Recht oft gestattete man sich agrob wahrheitswidrige 
Behauptungen. 
Im letzten Jahre wurde die Hetze schlimmer als 
rüher. Die entschiedene Vertretung der Arbeiter— 
interessen und die Forderung nach Verstaatlichung 
des Bergbaues durch Imbusch waren die Ursache. An—⸗ 
cheinend ist heute manchem Vertreter der Unter— 
nehmerinteressen dabei jegliches Mittel recht. In den 
etzten Wochen wurden die tollsten Dinge behauptet 
Dan versucht, Imbusch für alles Mögliche verant 
vwortlich au machen Inch-sfandere nerbucht man den 
mlüßzten solche erwachsenen Arbeiter nicht zuerst einma 
elbst echte Kerle sein? Mühßtte in ihnen nicht das Ar— 
deiterbewußtsein, der Berufs⸗ und Standesstolz lebendit 
ein? Und eine richtige Liebe zu dem jungen Nachwuche?— 
des Standes? Und ein Stol z, daß man der Arbeiter- 
sugend nichts Ehrenrühriges, nichts Liederliches, nichts 
Blödes und Laffes soll nachsagen können? Und eine 
5cham, wenn sich leere Kerle unter der Arbeiterjugend 
zefinden? Müßte es nicht ihre Herzensforge sein, dafß 
die Jugendlichen Freude an ihrer Berufsarbeit kriegen 
daß sie in der Fortbildungsschule etwas Ganzes und Tüch 
tiges lernen? Daß die Jungen auch einen andern Stof 
der Unterhaltung finden als das blödsinnige. laffe Ge 
schwätz und die zwei⸗ und eindeutige Rede? Dazß sie nicht 
so blödsinnig sind, des Sonntags ihre Groschen und ihr⸗ 
Kraft zu vergeuden im Kinoblödsinn und in der Liebele; 
mit den Blagen und Frauenzimmern, wodurch sie für die 
echte, große männliche Liebe und für die Familie ver 
dorben werden? Aber wo Kind diese in der Arheiterschaf 
u finden? 
„Meinst du denn nicht, daß es in der Arbeiterschaf— 
ische echte Kerle gibt?“ 
Um Gottes willen, dann müßte ich ja an der Zukunf 
nicht bloß der Arbeiterschaft, sondern von uns allen 
»erzweifeln. Ich glaube sogar, daß es ihrer mehr gibt 
ils mancher wahrhaben mag. Ich weiß, mit welcher 
Sorgfalt mancher Angestellte, mancher Fabrikmeister, man 
her ältere Arbeiter die Lehrlinge anleitet. Ich habe 
uuch eine Reihe Freunde in der Arbeiterschaft, das sind 
echte Kerle, die bekümmern sich um die Arbeiterjugend 
obschon ste nicht den Auftrag haben, sie anzuleiten. Die 
haben Spaß an jedem strebsamen jungen Arbeiter, die 
geben sich Mühe, solche zum Voranstreben aufzumuntern 
Reden halten, unter der Jugend agitieren, die Junger 
rufretzen das fun Fe nicht Es ist ihnen klar geworden 
Seite d 
Anschein zu erwecken, als wenn Imbusch mit Geldern 
des Gewerkvereins spekulierte und dadurch ungeheure 
Verluste entstanden seien. Die Kommunisten helfen 
den Unternehmern bei ihrer Hetze. Sie betätigen sich 
in diesem Falle wieder als Schutztruppe der Unter⸗ 
nehmer gegen die Arbeitervertretung. 
Wir stellen gegenüber den Nachrichten der Unter⸗ 
nehmer⸗- und Kommunistenpresse fest, daß die zahl⸗ 
reich gebrachten Hetznachrichten unzutreffend find. Die 
bevorstehende Generalversammlung des Gewerkver⸗ 
eins wird Gelegenheit geben, an der Stelle, der der 
Fewerkvereinsvorstand verantwortlich ist, auf die 
Einzelheiten einzugehen und auch über alle geschäft— 
lichen Dinge restlos offen zu reden. Unsere Delegier⸗ 
ten und Mitglieder werden dobei keine Enttäuschun⸗ 
zen erleben.“ 
Aus der Jugendbewegung 
Gedanlen zum Jahreswechsel 
Prosit Neujahr, junger Freund! Lange genug 
saben wir uns mit dem alten Jahre herumgeplagt, 
im dann schließlich einzusehen, daß es sich nicht mehr 
ohnt verlängert zu werden. Mit einem kräftigen: 
Prosit Reujahr — wohl beklomm's! 
vollen wir uns dann in der Neujahrsnacht die Hände 
reundschaftlich drücken und durch Böllerschüsse den 
anft schlafenden Mitbürgern das große Geschehen 
iber umso hörbarer mitteilen. 
Den so wichtigen Augenblick — von der nahen 
dirche schlägt es 12 Uhr —, der Tod des alten und 
die Geburt des neuen Jahres, haben wir nun schon 
oft erlebt. Immer glaubten und erwarteten wir, 
das neue Jahr müsse endlich die Erfüllung unserer 
Wünsche bringen. Zum mindesten erhofften wir von 
sedem neuen Jahre Vernarbung der Wunden, die 
ins während des verflossenen Jahres geschlagen wor⸗ 
den waren. Im letzten alten Jahre wurden wir 
ditter enttäuscht und haben wir deshalb unsere ganze 
Hoffnung auf das neue Jahr gesetzt, von welchem wir 
nal Gutes erwarten. Deshalb unsere Begeisterung, 
darum unser Jubel bei der Geburt des neuen Zeilt⸗ 
Ibhschnittes 1933 
„Der Mensch soll nicht über seine Zeit klagen, dabet 
ommt nichts heraus“, sagt ein großer Dichter. Die 
Arbeiterjugend, die von den schlechten Zeiten, in 
denen ihre Väter fast ausschließlich lebten, so gut wie 
nichts weiß, klagt sehr über die heutige Zeit. Gewiß, 
es gab in unsern Tagen Jahre, in denen die Jugend 
und die älteren Kameraden restlos beschäftigt waren 
und das Einkommen gegenüber heute weit besser war. 
Die Frage, ob diese Zeiten hätten bleiben, bzw. vieles 
hätte aufgehalten werden können, falls die Arbeiter⸗ 
chaft sich ernstlich darum bemüht hätte., lei hier 
nur zum Nahdenken gestellt. 
Die Arbeiterschaft, und nicht zuletzt die Jugend, 
velche für die heutige Zeit, die uns in keiner Weise 
defriedigt, mitverantwortlich zeichnet, muß für vieles 
lnangenehme und Schlechte, das die Arbeiterschaft im 
etzten Jahre hat hinnehmen müssen, schuldig gespro⸗ 
hen werden. Was hätte in den letzten Jahren man⸗ 
hes anders und besser werden können, wenn die 
Jugend, ja, wenn die Arbeiterschaft in der Vergangen⸗ 
jeit anstatt gegen, für sich gearbeitet hätte. 
Die Zeit an sich ist nicht schlecht, sie ist die gleiche 
ehlieben wie damals. als wir sie mit „gut“ bezeich⸗ 
2 
datz man damit nicht weiter kommt. Aber ihre große 
Sorge ist die Bildung der Arbeiterjugend. Sie haben 
kleine Freundschaftskreise von jugendlichen Standesge⸗ 
iossen um sich geschart. Sie machen mit denselben Wan⸗ 
erungen, führen mit ihnen ernste, vernünftige Gespräche 
iber Welt und Leben, geben ihnen gute Bücher und be⸗ 
prechen den Inhalt mit ihnen. Marnen. wie der Freund 
en Freund warnt. 
„Tun sie das im Auftrag des Unternehmers?“ 
Ist das denn heute noch notwendig? Nein; aber sie 
un es von sich selbst aus, weil sie selbst echte. standes⸗ 
ewußte Arbeiter sind. 
„Kriegen sie denn etwas fertig? Oder werden sie von 
er Jugend ausgelacht?“ 
Nun, ich leugne nicht, daß es unter der Arbeiterjugend 
olche gibt, die sie auslachen. Warum auch nicht? Aber 
zielleicht noch mehr unter den Alten, die die Hände in 
eie Taschen stecen und denken: „Was geht das uns an?“ 
AÄber dadurch lassen fie sich nicht anfechten. Sie suchen 
rnicht gleich die Masse, sondern einzelne. Es ist ein 
Freundeskreis, in dem nicht mehr gezotet und kein 
Blödsinn mehr geschwätzt wird; in dem ernste Bildungs⸗ 
ragen besprochen werden; wo man sich allmählich schämt, 
daß man nichts anderes weiß als die letzten Sportberichte 
und den jüngsten Roman von Courths-Mahler und die 
aeueste Nic-Karter-Geschichte. Zum Glüdck gibt es heute 
in der Arbeiterjugend schon einzelne. denen das Treiben 
don früher zum Hals herauskommt; denen es aufgegangen 
ist, daß sie auf Erden sind, um Menschen zu sein, und 
denen Menschenwürde etwas mehr ist als eine hohle 
Agitationsphrase. Und solche haben sich lange genug nach 
Führern gesehnt aus dem eigenen Stande. Jetzt scheinen 
hnen aana allmählich einige solche zu erwachsen. 
Anton Heinen. 
Nan alltäalichen Dingen“
	        
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