Full text: Der Saarbergknappe (10 [1929])

NAummer 11 Saarbrücken, den 16. März 1929 
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6 — 9 2656 9 20 *F 9— 48 166 4 2 
A ö — 914 V 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
Ficheint jeden Samstag für die Mitglieder gratis. — Für wirtschaftliche u. geistige Hebung Geschäftsstelle des Saat⸗Berganapr 7 —* 
r — ellenabonnenten 5. — Ft. monatl. ohn brücken 2. St Johan — An 
eere, 15.- 8 des Bergarbeiterstandes Amt ehe 5 — — 
Wo ist der Hebel anzuseßen? 
Einige Bemerkungen. 
Das Sehnen eines jeden Menschen ist auf den Er⸗ 
werb von Besitz gerichtet. Er will nicht völlig haltlos 
in der Luft hängen und allen Wechselfällen des 
Lebens schutzlos preisgegeben sein. Er möchte gerne 
in gewisser Hinsicht und in gewissem Umsange sein 
igener Herr sein. 
Das erste Besitzziel ist meistens 
ein eigenes Heim. 
Das in ein gesunder Trieb, dessen Erfüllung allen 
nöglich sein sollte. 
Leider ist das heute nicht mehr der Fall. Millionen 
zamilien müssen auf ein eigenes Heim vetzichten. 
icht erwa deshalb, daß es ihnen am Verständnis 
der am Willen, sich ein eigenes Heim zu schaffsen, 
ehlte. Es ist halt sjo, daß ihr Einkommen so gering 
st, daß die Erstellung eines Eigenheimes von e 
serein unmöglich gemacht ist. Diese Familien müssen 
mmer in fremden Wohnungen hausen. Sie sind nicht 
instande, sich sonstigen Besitz zu erwerben. Es ist 
huen auch die Möglichkeit genommen, ausreichende 
Znargroschen für die Wechselfälle des Lebens zu 
ammeln. Die Ursache liegt darin, daß sie tatsächlich 
tur von der Hand in den Mund leben können. 
Diese Zustände sind sehr bedenklich. Sie bilden eine 
ttändige Quelle zur Vergällung der Lebensfreunde; sie 
hilden aber auch eine bedrohliche Gefahr für die 
Kolklskraft und 
die Nährquelle für Aufruhr und Revolution. 
Aönnten diese Zustände beseitigt, mindestens aber 
tark gemildert werden? Deese Frage kann man 
ruhigen Gewissens bejahen. Man bdraucht nur zuzu⸗ 
ehen, wie die Ginkommensverteilung im 
Rolke aussiehtt dann hat man den Schlüssel in der 
Hand. Die Masse des Volkes, die unmittelvar in der 
Produktion tätig ist, erhält nicht den richtigen Anteil 
aim Produktionsertrage. Dieser wird allzuviel be⸗ 
lastet zu Gunsten der Menschen, die außerhalb der 
unmittelbaren Produktion stehen. Die großen Ge⸗ 
jälter, Tantiemen, Pensionen, Zwischenhändler⸗ und 
ßändlergewinne, die Gewinne der Banken und son⸗ 
tiger Institute sind eine schreiende Ungerechtigkeit in 
einer Zeit, in der Millionen arbeitslos sind, in der 
mmer mehr Millionen in die Schicht der völlig Be⸗ 
itzlosen hinabsinken. Wir sind immer dafür gewesen, 
dahß alle Dienste fürs Volksganze so zu entgelten 
iind, daß sie ein ausreichendes Leben sichern. Es ist 
aber in keiner Weise zu rechtfertigen. daßz 
eine gewisse Oberschicht in Zeiten über Ein⸗ 
lommen verfügt, die über das gerechte Maß 
veit hinaus gehen, in der Millionen von 
Menschen, die unmittelbar in der Produktion 
tehen und ihre letzte Kraft hergeben, immer 
mehr verproletarisieren. 
Wir wissen es, datz Tausende aufheulen und „Hetzer“ 
chreien, wenn man auf diese Dinge hinweist. Das 
ind alle die Leute, die gemäß den Diensten, die sie 
eisten, und gemähßz der Einkommensgestaltung der 
zreiten Vollsschichten viel zu viel haben. Aber immer 
noch mit Forderungen herantreten, um ihren Anteil 
am Ertrage der Arbeit des Volkes zu vergrößern. Die 
alle die BRenschen, mögen sie in der Gewerkschafts⸗ 
bewegung. im Parteileben oder sonstwo stehen, ächten. 
erunglimpfen, herunterreißen, die einer gerechten 
Ertragsverteilung zu dienen bestrebt sind. Heute ist 
es leider schon jo geworden. daß 
die Parteien aus Angst vor Stimmenverlust 
ich zu Handlungen bewegen lassen, gedrüngt 
durch die Unerfättlichen, die Gierigen, die 
Ich-Plenschen, die ihnen selbst zum Verderben 
verden müssen, weil sie zum Verderben des 
Staates führen werden. 
ßRan mag über uns lachen, aber es wird so kommen, 
wenn keine radikale Aenderung zum Besseren eintritt 
ahß die Menschen der Produttion sich erheben wer⸗ 
den gegen die Volklsschichten, die ihnen zuviel von sde Einkommen. Wer die Aeuzerungen des Volkes 
krtrag ihrer saueren Arbeit vorwegnehmen. hört, der weiß Bescheid — und ist tief besorgt um 
dann wird man kein so'n leichtes Spiel als 1918 as, was kommen wird, wenn der ekelhäfte Geist der 
zjaͤben, wo man noch Fürsten entthronen und ein Ich-Sucht nicht bald gebannt wird. 
dreitlassenwahlrecht beseitigen konnte. Die nächste Im Zusammenhang mit vorstehenden Hinweisen 
Mevolutson dreht üh v die teht ja auch der Verdächtigungsfeldzug, de 
gerechte Verteilung des Produktionsertrages. die Sciui —* zug, der gegen 
Ind wohin sie sich richten wird, das ist dem Einsich— vdvie Sozialp 
igen längit betannt. Sie wird sich nicht gegen and die Sozialversicherung zugange ist. Selbst Leute, 
7chachttürme und Hochssen richten, sondern gegen die die früher der Sozialpolitit das Wort redeten und 
Penichen, die keiner Mahnung und teiner besseren yr dienten, sind eingeschwenkt in die Front derer, die 
Ainsicht zugünglich sind, sondern nur für sich sordern a rufen, die Sozialversicherung nühme der Trieb der 
Ind nehmen, auch wenn das Volt immer mehr im Selbstverantwortung und schüse ein schlappes und 
dreck versinkt. aules Volt. Gerade die Leute stimmen in das 
In Vorstehendem haben wir aufgezeigt, warum die veschrei mit ein, die selbst für ihr ganzes Leben über— 
rohe Masse besitztlos geworden ist, und das Sehnen versorgt sind, ohne Sorgen dem Lebensabend ent— 
nicht stillen kann, das in jedem Menschen lebt und zegenblicken können, weil ihnen ein zu großer Teil 
iach Befriedigung schreit. Wenn dabei harte Worte »om Produktionsertrage im voraus sicher gestellt ist. 
zejallen sind, dann sind sie mehr als berechtigt. Unsere Sozialversicherung züchtet kein saules und 
chlappes Volk, sie sichert dem Arbeitenden nur einen 
Wir Arbeiter müssen es hinausschreien, da⸗ geringen Teil dessen vom Produktionsertrage, das ihm 
mit es allen Verantwortlichen in den Ohren »orher vorenthalten wurde zu Gunsten der anderen. 
gellt, wo die Wurzel des Uebels zu suchen ist. 58 bet RXI auf Fg heutigen 8; 
zhne sie wären wir ein sieches und ausgemergeltes 
Nit Wohrsahrtsmitteln kann hier und da Not ge⸗ n eil ber e der Jthee 
indert werden, b erlennen pe Auee an 38 Arbeiter nicht den zustehenden Lohn zukommen ließ. 
fe Zuen⸗ — abgesehen von der Gesamtlage infolge di ist die Wayrheit. Sie muß man sehen und er— 
es Krieges — ennen, damit jedermann, dem es ernst ist um die 
der tiefen sozialen Unzufriedenheit, zukunft unseres Volkes, es weiß, wo der Hebel 
zie liegt in der so schreiend ungerechten Verteilung nzusetzem ist. 
HAer Völberhund zur internutionglen Kohlenfrage 
Ausgehend von der Tagung der Kohlensachverstän— 
igen ab 8. Januar ds. Irs. in Genf, besprachen wir 
as internationale Kohlenproblem in den Nummern 
z und 8 unseres Organs, wobei wir es nicht unter— 
ießen, unserer Auffassung klaren Ausdruck zu geben. 
Wir betonten, daß an der angekündigten Zusammen— 
unft der Arbeitnehmervertreter ab27 Februar in 
hHenf auch Vertreter der christlichen Bergarbeiter— 
nternationale teilnehmen müßten. Diese Tagung hat 
runmehr stattgefunden Vertreten waren die Län— 
er Deutschland, Oesterreich, Belgien, Spanien, 
Frankreich, Großbritannien, Holland, Polen und 
cschechoslowakei. Unter den Teilnehmern befanden 
ich auch Vertreter der christlichen Bergarbeiter-Inter— 
iationale, so die Kollegen Rotthäuser-Deutschland 
Gewerkverein) und der Kollege Pelzer-Holland vom 
athol Miinwerkerbond 
Or. Trendelenburg (Deutschland) ist, im beratenden 
Wirtschaftsausschuß, dem Fortsetzungsorgan der Welt⸗ 
virtschaftskonferenz, dem der Generalsekretär des In⸗— 
lernationalen Bundes der christlichen Gewerkschaften, 
Tollege Serrarens (Holland), angehört, und bei den 
berichterstatter des Völkerbundsrats, für Wirtschafts— 
ragen, Reichsaußenminister Dr Stresemann, der 
einerseits bei dieser Tätigkeit vornehmlich von Mi—⸗ 
isterialdirektor Dr. Ritter beraten wird. 
Sehr bald wurde beim Völkerbund erkannt, daß 
eine Löjung der Wirtschaftsprobleme unserer 
Zeit ohne Mitarbeit der Arbeiterschaft nicht 
möglich ist. 
Aus dieser Erkenntnis heraus wurden schon 1926 Ar⸗ 
beitervertreter in den vorbereitenden Ausschuß der 
Weltwirtschaftskonferenz berufen, wurde den Regie⸗ 
tungen nahegelegt, bei der Zusammensetzung ihret 
Delegationen zur Weltwirtschaftskonferenz auf eine 
angemessene Vertretung der Arbeiterschaft zu achten 
und wurde bei der Wahl der Mitglieder des beraten⸗ 
den Wirtschaftsausschusses nicht versäumt, auch meh⸗ 
rere Arbeitervertreter zu ernennen. An dieser Stelle 
'ann auch unbedenklich hervorgehoben werden, daß 
ꝛs hauptsächlich der Anierutung durch die oben ge⸗ 
nannten deutschen Persönlichkeiten zu danken ist, daß 
die Bemühungen um eine angemessene Berücfsichti— 
zung der christlichen Gewerkschaften von Erfolg ge⸗ 
krönt waren. 
Zu den Problemen, die seitdem von diesen ver⸗ 
chiedenen Organen in Angriff genommen worden 
ind, ochort aug die aeet Die 8 dn 
„Seitdem die Weltwirtschaftskonfe om Jahre Zung dazu gab die Woeltwirtschaftstonferenz. Sie 
927 dem Wise Wen Wiehteerren e wurde vom beratenden Wirtschaftsausschuß im Mai 
ür seine Tätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiet vorge— v aufgegriffen. vom Wirtschaftsausschuß formell 
— Wirischaftsabteilung des in Arbeit genommen und einer besonderen Delega— 
zel“erbundes unter Leitung des Engländers Sir kion des Ausschusses unter dem Vorsitz von Dr Tren⸗ 
Arthur Salter, in der auch ene erste deutsche Kraft delenburg zur weiteren Vorbereitung übertragen. 
fbexregierungsrat Dr Hueßlein tätig ist, mit be⸗ Diese Delegation entschloß sich, zunächst eine Befra— 
nerkenswertem Wagemut und unermüdlichem Eifer gung von Sachverständigen vorzunehmen, um fest zu⸗ 
an die Arbeit gemacht. Ordnung in die verworrenen stellen, ob 
virtschaftlichen Verbältnisse der Nachtriegszeit zu eine internationale Aktion 
zrengen Sie fand dabei sehr wirksame Hilfe in dem auf diesem Gebiete für mglich erachtet wird. Sie 
easamen Wirtschaftsaussæuß des Veltkerbundes, sud zu diesem Zwecke Sachverständige aus 11 ver⸗ 
dessen Vorsitender in diesem Jabre Staotasetrefärlichiedenen KobleRaus ffuhr, und Kobseinirlanben
	        
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