Full text: Der Saarbergknappe (10 [1929])

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freshen zu helfen. Die Belegschaft müßte ausenander⸗ 
setrieben werden, wenn das Lohndzktat Wirklichkert 
wüutde, das dem Hauer mit wagen Lohn nichts, und 
dem mit hohem Lohn viel gibt. Menn wir die gegen— 
va rtige Lage im Saarherghau richtiga würdrgen, dann 
onimen wir zu folgenden;.: 
dvie Bergwertsdirektion muhz cnerkeunen, dah die 
ecikung wejentlich gelliegen ist — von durch⸗ 
schnittlich 710 Klg. im Jaure 1827 auf 834 Klg. 
im Oltober 1828; 
der Absatg iit ein guter; volle Reichaftignung ist 
omit uogalich; 
die Lonne der Beruleute wurden infolge der 
Schwierigkeiten 1427 — die bis zum Ende des 
ersten Liertels 1928 anhielten — abgebaut, wur⸗ 
den nochher aber nicht entsprechend der gestie⸗ 
enen Leistung und der Teucrungsentwichlung er⸗ 
yoht; 
obschon die Kotaussetzungen für eine ausreichende 
Lohnerhähung sur aReArbeiter gegeben iit, kbonnte 
die Bergwerrsdirettion dazu sich nicht enrschliehen. 
WWie ich schon ausgeführt habe, konnten die Verg— 
arheiterorganijationen das Lohnangebot der Berg— 
verksdirettion nicht annehmen, das einen großen Teil 
der Vebegschaft von einer Lohnerhöhung fast völlig 
eeee Dieses Lohnangebot, das die Bergwerks— 
direktion nachher in Kroft zu seben jJuchte, sieht für 
die Gedingearbeiter, die bisher 
anter dem Durchschnittslohnm verdlenten, 
nur eine Lohnaufbesserung von 06.07 bis 0.91 Fr. vor, 
während die Hauer, die schon über dem Durchschnitts⸗ 
ohn verdienten, eine oft mehr als zehnfache Lohn⸗ 
erhöhung der besten unter dem Durchschmttslohn 
erhalten sollen, je nachdem ihr Lohn sich nach oben 
dvom Durchichnittslohn entfernt. Uukerdem sollen 
die Zeitlöhner, 
die his 50 Prozent der Belegschaft umfassen, mit nur 
L.— bis 1.29 Ir. abgespeist werden, was keineswegs 
ausreichend ist, den Teuerungsverhältnissen gerecht 
zuu werden. 
Die Organisationen verlangten demgegenäber 
eine gerechte Verteilung der Lohn— 
erhöhung. Dieses Verlangen, das doch von jedem 
zexecht und sozial empfindenden Menschen gebilligt 
perden muß, beantwortete die Bergwerksdirektion 
mit der Kündigung des alten Lohntarifses und der 
diktierung ihres Lohnangebots als neue Lohn— 
legelung ab 1. Januar 1929. Das ist 
ein Anschlag auf den Tarifgedanken. 
Sollen in der Wirtschaft Verhältnisse herrschen, die 
einigermaßen dem Arbeitsfrieden dienen, dann muß 
am Tarifgedanken fesgehalten werden. Arbeitgeber 
end Arbeitnehmer sollen das gemeinsame Verhältnis 
auch gemeinsam regeln. Das Mittel dazu ist und 
bleibt der Tarifvertrag. In dem Worte Tarif— 
vertrag kommt zum Ausdruck, daß es sich um kein 
einseitiges Diktat handeln kann. Frei soll der 
Larifvertrag zwischen den beteiligten Kontrahenten 
vereinbart werden. Ein einseitiges Ditt eren 
schafft Ungerechtigkeit, ist auch entwürdigend. Dar— 
am mußten die Organisationen als Vertretungen 
der Bergleute, als Verfechter des wahren Tarifj— 
gedankens und des echten Wirtschaftsfriedens, 
das einseitige Lodudiktat der Bergwerksdirektion, 
— die keinen vernünftigen Erwägungen zugänglich 
var — entschieden ablehnen. 
Der Tarifgedanke und das autonome Tarifrecht 
nuß unter dem Schutz des Staates stehen. 
dier besitzt die Regierungskommission die Staats— 
e Sie muß sich daher auch schützend vor den 
arifgedanken und das autonome Tarifrecht stellen. 
Was hat die Regierungskommisston bisher getan? 
Den Bergleuten dann nicht zugemutet werden, sich 
dem einjeitigen Dikltat der Grubenverwaltung, das 
owohl wirtschaftliche wie polltische Ziele verfolgt, zu 
jeugen. Das Lohndiktat zerstörte, wenn es Witkhäh— 
eit würde, den im Bergbau so notwendigen Kame— 
radschaftsgetst, vermehrte die Unfallgefahren, und 
jurderte das Antreibe- und Raubbausystem. Als 
Vittel zar Abwehr 
dlieb den Bergleuten nur übrig, zumal durch das 
Berschulden der Vergwerksdirektion ein tarisloser 
Zustand geschaffen ist, gemäß den Bestimmungen der 
Arbeitsordnung zu arbeiten. Die Folgen sind be— 
rannt. Die Förderung ist um 25 bis 40 Prozent auf 
den einzelnen Inspektionen zurückgegangen. Die 
Srubenverwaltung kommt ihren Verpflichtungen im, 
Saargeblet selbst schon nicht mehr voll nach. Kohlen⸗ 
dezug aus anderen Bergbaugebieten soll von den 
detroffenen Werken schon angeordnet sein. 
Die Reglerungskommisfion steht dieser Entwicklung 
atenlos zu. Sonst versteht sie es, Entscheidungen zu 
reffen, die gegen den Volkswillen sind Hier nimmt 
le allzu 
vlel Rudsicht auf den französischen Staat 
als Grubenbesitzer. 
Sie hat die Pflicht, die Bergleute und die Übrige 
Bevölkerung des Saargebletes gegenüber Willkür— 
naknahmen der frangösischen Grubenverwaltung au 
chutze n 
—— 
1 Saarbrûcken 
—MäWe2222—22—ææööc2æ———— 
De ⸗ o. h 22 A4 
Rummer 1 
Im Berghbau spitzen die Verhältnisse sich zu. Wie ist es ihm dann möglich, den Beitrag zu erhalten 
der Ausgang sein wird, wenn die ede mit frohem Sesuͤhl. wieder dem Kameraden 
tung wiht der wirtschaftlichen Vernunst das Wort und seiner Familie gedient zu haben, stapft er durch 
zibt, ist vorauszusehen. Ein erbitterter Kampf wird den Schneesturm zum nächsten Mitglied. Aber auch 
dann entbrennen, der Schäden im Gefolge hat, die dort lein freundlicher Empfang. Der Hausvaten 
iefe Munden schlagen werden. Den Bergleuten hatte die Invalidenrente beantragt. Der Antrag 
ann nicht zugemutet werden, sich zu wilenlosen! war abgelehnt worden. Weil die Erwerbsbeschrän— 
dreaturen einer fremden Macht degradieren zu las-⸗ hung nur 80 Prozent laut ärztlichen Gutachten be— 
en. Sie verteidigen nur ihr gutes Recht. Und da rug. Das Rechisschutzbüuro des Gewerkvereins 
nuß die Regierung eingreifen. Sie muß dahin ar- donnte daran nichts äundern. Darum nun ein gan— 
eiten, daß bald ein Tariivertrag zustande kommt zes Schimpfregister wegen dem „unnütz“ ausgewor— 
er eine senen Geld. Und die Drohung, mein Sohn dar 
richt mehr Mitglied bleiben. 
Auch hier ist ein kleiner Vortrag nötig, um den 
densionterten Kumpel von seiner verlklehrten Ansich 
zu heilen. Trohdem erhält der Vertrauensmann 
den Beitrag noch nicht. Man will sich die Sache 
toch mal „überlegen“ und bestellt ihn sür Morae 
rach dem Hochanmit 
gerechte Lohnerhöhung 
vorsieht. Diesen einfachen Forderungen darf sie sich 
zicht verschließen, weil die Pflicht von ihr solches 
hHandeln verlangt. 
So richten wir denn von dieser Stelle aus die 
Rringende Aufforderung an die Regierungskommis— 
ion, unverzüglich alles zu unternehmen, was zum 
Schutze der natürlichen Rechte der Bergleute und zur 
Sicherung des Wirsetaeseedege im Bergbau not⸗ 
vendia ut. Unterläßt sie das. dann fällt auf sie 
die volle Verantwortung 
ür all die Folgen, die sich aus der Willkürmaknahmt 
zer französischen Bergwerksdirektion entwickeln wer 
»en. Die Bergleute kämpfen für eine gerechte Sache 
ie kämpfen gegen Willkür, Unvernunft und Unklug 
seit. Auf ihrer Seite ist das Recht. Dieses Recht 
u schützen und zu verteidigen. ist die Aufgabe der 
denierunnskammisson“ 
Mit freundlichen Gruße geht der Vertraueus 
nann. Um ve in zehn bis zwanzig Häusern mit 
dem Aufgebot seiner Beredsamkeit den Kameraden 
die Notwendigkeit der Erfüllung ihrer gewerkschaft⸗ 
ichen Pflicht zu erklären. Allerdings findet er auch 
reundlichen Empfang. In den Häusern der Kame— 
taden, die sich zur festen gewerlschaftlichen Ueber—⸗ 
zeugung durchgerungen haben. Die ihm Lob spen⸗ 
den ob seines Opferwillens und sich beeilen mit der 
Intrichtung des richtigen Beitrages, damit auch der 
Vertrauensmann endlich im Kreilfe seiner Famili—e 
ich erholen kann. 
Fünf Stunden ist so der Vertrauensmann, um 
A 
hen Kälte ins warme Zimmer, aus dem warmen 
Zimmer in die schneidende Kälte. Dabei immer 
reundlich und bereit, allen Einwänden. auch den 
örichsten zu begegnen. 
Tut das der Kamerad für 3 Nein und aber⸗ 
nals nein. Er leistet diese apfervosse Arbeit für die 
anderen, die in der warmen Stube bleihen können, 
die aber genau so wie er ein Interesse an einer 
tarken Organisation haben müssen, da es sich ja um 
hr eigenes Wohl und Wehe handelt. Dafür aber, 
daß der andere besondere Opfer für sie bringt, ih—⸗ 
nen die Pflichterfüllung erleichtert, machen sie ihm 
seinen Dienst sehr schwer, durch Kritisteren und 
Nörgeln, durch Drohen und Schimpfen, was alles 
nicht waͤre, wenn sie richtig über ihre Lage nach 
dächten, die Versammlungen besuchten, ihr Organ 
asen, damit sie 88 selbst ein Urteil über die Not— 
pendigkeit und Nützlichleit des gewerkschaftlichen 
Zusammenschlusses bilden lönnten. Allein der 
Spfersinn des Vertrauensmannes müßte ihnen doch 
sagen, daß es sich um eine große und heilige Sache 
handeln muß, die diesen Kameraden bewegt, trotz 
Kalte und Sturm seiner freiwillig übernommenen 
Pflicht freundlich und ernst nachzukommen. Wenn 
eder in seiner iegnung gleich dem Vertrauens⸗ 
nann wäre, dann wäre die Arbeiterschaft schan vie 
veiter ibrem aroßen Alele nahegelommen 
Der Rertraurernsmann 
Das Wochenende ist da. Aufatmend eilen die 
znappen der Frühschicht ihrer Behausung zu. Sie 
ceuen sich, daß der Tag des Herrn bevorsteht, an 
em sie sich sammeln und ausruhen können. Die 
horfreude losten sie schon beim Ausfahren aus dem 
iefen Schacht, der sie an sechs Tagen in der Woche 
erschluckt zu schwerer und aufreibender Arbeit im 
dienste der Familie und des Volles 
Schneidender Wind bdläst ihnen die wirbelnden 
Ichneeflocken ins Gesicht, als sie ihrem Heim zustre— 
en. Fröstelnd schlagen sie den Kragen hoch, um sich 
segen den kalten Gast etwas zu schützen. Und mit 
rohem Aufatmen betreten sie das warme gemüt— 
iche Heim, das sie heute nicht mehr zu verlassen 
edenken. Nach der Begrüßung von Frau und 
rindern ist das erste was sie sagen: „Bei diesem 
Vetter darf man nicht mal den Hund vor die Türe 
agen.“ 
Kaum hat der heimgekehrte Knappe sein Mittags— 
nahl verzehrt und sich es hinterm Ofen bequem ge— 
nacht, als er schwere Schritte durch den Schnee 
»orm Haus stapfen hört. Ein Abklopfen der Fuße, 
und herein tritt mit einer Mappe unterm Arm ein 
Arbeitslamerad, dem kleine Eiszäpfchen am 
Schnurrbart hängen. Was will der Mann? Nach 
reundlichem Gruß arecift er in die Mappe und legt 
dem behaglich Ausruhenden den „Saar-Berglnap— 
den“ vor. Und mracht ihn gleichzeitig auf verschie— 
dene Artikel aufmerlsam, die er unbedingt lesen 
nisse. Vergißt auch nicht, die fällige Beitrags— 
narke auf den Tisch zu legen, um sie ins Beitraas— 
bhuch zu kleben. Blau ron Kälte sind seine Hände. 
Er achtet dessen nicht, so aanz geht er auf im seinem 
pfervollen Dienst. 
Und sein Arbeitskamerad? Ist er besonders 
reundlich? Empfindet er das Cpfer, das der an— 
dere für ihn brinat? Beeilt er sich, den notwen— 
digen Beitrag schnell zu leisten, damit der andere 
auch bald im Kreife seiner Liebhen sich ausruhen 
nann? 
Keineswegs. Ziemlich barsch fährt er den ande— 
ten an, wann denn die Lohnerhöhung mal käme. 
Wenn nicht bald fünf Franken heraussprängen, 
dann lönnte man ihn ruhig streichen. Die 200 
Franken, die es im vorigen Jahre gegeben habe, 
eien so gut wie nichts gewesen. Er habe sie nur 
Jeholt, weil die anderen das auch gemacht hätten. 
die Gewerlschaft sollte aber nicht glauben, daß das 
ein Erfolg gewesen wäre. In Versammkungen zu 
jehen, fiele ihm gar nicht ein. Die Sekretäre 
chwätzten ja doch nur für ihren Sack. Er sei so 
gescheit wie die, und ließe sich deshalb von den 
Leuten dlein X für ein U vormachen. 
Und nun taucht auch noch die Frau auf. Sie hat 
erst recht viel auszusetzen. Besonders erbost ist sie. 
»aßz so „viel“ Geld für den „Gewerbverein“ bezahlt 
verden müsse. Wo das viele Geld eigentlich hin— 
räme? Und es sei eine Schande, daß sie trotz des 
telen Geldes beim letzten Famitlenabend nicht mal 
einen Platz beim Csen erhalten babe 
So und ähnlich prasselt es auf den blaugefrore— 
ien Kameraden ein Der läßt sich's nicht verdrießen. 
kRuhig und ernst widerlegt er eine Anklage nech der 
inderen. Weißt nech, was der Gewerlverein ge— 
eistet hat, wobei sich dann herausstellt, daß der nör⸗ 
jelnde Kamerad weit mehr an Untersftützung be— 
ogen hat, als er dem GEewerlverein gab, ohne die 
rzielte Lohnverbesserung. Nach rund 20 Minuter 
Der 
Berilrag 
Der Beitrag einer Organisation muß so bemessen 
ein, daß neben der Bestreitung der unbedingt not 
wendigen laufenden Verwaltungs-, Bildungs- und 
Unterjstützungsausgaben so viel eruübrigt wird, daß 
ein Kampfschatz gesammelt werden kann, der der 
hegenseite auch Respekt abnötigt und die Organisa— 
ion in die Lage verletzt, notwendige Kämpfe führen 
zu können. Es kann mit ruhigem Gewissen gesogt 
werden, daß unser Gewerkverein wohl die sparsaniste 
Organisation ist, soweit die Verwaltungsseite in 
Frage kommt. Weiter kann gesagt werden, daß die 
sestgesetzte Höhe des Beitrages das Ergebnis aller— 
ernstester Prüfung des Satzungsausschusses 
der jeweiligen Generalversammlungen ist. Dieser 
Satzungsausschuß setzt sich mit einer Ausnahme aus 
Delegierten, die dem aktiven Arbeits— 
verhältnis noch angehören, zusammen Was sie 
eweils der Generalversammbung zur Beschlußfassung 
orlegen, ist das Allergeringste, was ge— 
elistet werden muß Sie wäaͤgen alle mitsprechenden 
Ulomente genau äb, um dann nach reiflicher Prü— 
ung den allernotwendiasten Beitra 
stausetzen. 
Dieser Beitrag, den der Satz ngsausschuß festfetz 
ind die Generalversammlung beichließt, muß von 
jedem Mitglied mindeltens geleistet werden. 
Daran darf nicht gerüttelt werden. Unier diesen 
Beitrag, der allen Jahlstellen genau bekannt ist fü— 
die einzelnen Beitragsgruppen, darf nicht ge 
angen werden. Wer das tut, schädigt fich und 
ie Organisation, schwächt die Kampikraft der Orga 
zisation. Die Ausgaben für Verwaltung, Bildun 
ind Unterstützung sind unbedingt aufzubringen 
zahlen nun viele Mitalleder unter dem satzungs 
emäß festgelegten Pflichtbeitrag dann bleibt weni 
der nichts für den Kampfschatz übrig. Ohne Kamp
	        
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