Seite 2 „Der Saare⸗Bergknarper
konnte. Daß es zu dieser großzügigen Abmachung' Landesrat ein Gesetzentwurj vor, der die Herab—
kam, iist ein Verdienft der Gewertschastsarbeit. seyung des Steuerbetrages von 6 auf 5 Prozent be
Leider konnte ini Jahre 1929 das Knapp der Eintommensteuer vorsteht. Wie die weitergehen—
schaftswesen nicht mehr in Ordnung gebracht den Vorschlage des Landesrates aussehen werden
werden. Die neue Knappichaftsnovelle ging in ihrem kann im Augenblick im Einzelnen noch nicht mitge—
Entwurse dem Landestat so spat zu, daß sie nicht teilt werden. So viel aber ist sicher, daß er weitere
mehr restlos bis zum Jahresschluse durchgearbeitet Etleichterungen bei der Begutachtung verlangen
werden konnte. Der Entwurf sieht auch zu wenig wird, die die steuerfteie Grenze und gewisse Abzuge
Vöglichkeiten zut Rentenaufsbeserung vor, sodaß betreffen. Bezüglich Steuerwesen kann also auch ge—
noch emsig gearbeitet werden muß, soll ein belseres sagt werden, daß das Jahr 1929 uns Erleichterungen,
Ergebnis herauskommen. Das eine ist ja in Verbin also voran brachte. Nur ein Beigeschmack bleibt bei
dung mit der letzten Lohnerhöhung erzielt worden der Steuerfrage, nämlich der, daß die jetzt in Aus—
daß die Beiträge je Seite um monagtlich 9 Franken sicht gestellten Erleichterungen schon viel früher ge—
erhöht wurden, wodurch wenigftens die gegenwärtig währt werden konnten. Wenn auch der Steuerabzug
laufenden Renten garantiert wurden. Erfjteulich isß von 5 Prozent ab 1. Januar 1929 gelten soll, dann
auch die u das ein A eee e im Saarge
7 iet zu viel an Lohnsteuer er n wurde.
Heraussetzung des Grundlohnes Abschließend kann gesagt werden, daß unsere ge—
in der Krankenkasse werkschaftliche Arbeit seht fruchtbringend war. Dies
die ebenjalls in Verbindung mit der jüngsten Lohn zilt 33 nur fur ãuhzere Ersolge, sondern auch in Be—
egelung erfolgte. Wenn es auch keine fürstlichen zug auf die tnnere Stärkung unserer Bewegung
Krankengelder“ sind, die nunmehr gewähtt werden Finen guten Beweis dafür erbrachte die letzte Knapp—
so ist aber immerhin die Heraufsetzung von 1250 aus haftswahl, die unserm Gewerkverein über 21900
15 Franken erreicht. Unsere Aufgabe bleibt es, neben Stimmen eintrug, die damit vor aller Welt jeststellte
der gründlichen Reform der knappfchaftlichen Pen daßz vnr Gewerkverein die stärtste Arbeiterorgani
sionstasse auch sür eine weitere Verbesserung des ation im Saargebiet ist. Diese erfreulichen Feststel—
Krankengeldbezuges einzutreten. lungen müssen uns anspornen, im kommenden Jahre
Nennenswerte Erleichterungen wurden dann nod mit vermehrtem Eifer und mit doppelter Kraft an
aul dem dem äußeren und inneren Ausbau unserer Organisa⸗
ion, der Grundlage aller unserer Erfolge, zu ar⸗
hetten. Das gebietet uns der Rückblick, der uns alle
Opfer und inee vergessen lehrt, die uns bei der
vielgeftaltigen Arbeit entstanden, der uns emporhebit
und mit Freude erfüllt, daß es weiter vorwärts ge—
zangen ist. Diesen Weg einzuhalten, das sei unser
shelöbnis ans neue Jahr!
—— —
talismus
Aried Weber
VPon Dr. Hans-Site
Kultur wächst immer aus dem ganzen Volke her
aus. Sie bedeutet daher etwas ganz anderes al⸗
kux Wissenschaft und Kunst. Ein sogenannter wis⸗
senschaftlich gebildeter Mensch kann durchaus kulturlos
ein und daher nichts für die Kultur seines Volkes
bedeuten. Dasselbe gilt für den Künstler, der nur
Kunst um der Kunst willen treibt und seine künst
lerischen Werke nicht im Volksleben verankert. Die
Pflege der Kultur ist aber auch ganz und gar nich
aur den Bevölkerungskreisen überantwortet, die man
ich gewöhnt hat als die Schichten von Bildung und
Besitz zu bezeichnen. Gewiß diese Schichten koͤnnen
und sollen auch Kultur fördernd sein; aber daß sie
die Kultur tragen oder hervorbringen, ist ein ganz
angeheuerlicher Irrtum, dem nicht scharf genug ent⸗
gegengetreten werden kann. Gerade die wahrhaf—
zroßen Kulturträger eines Volkes stammen aus der
unteren, teilweise sogar aus den ärmsten Schichten
Sie haben es schwer, unsagbar schwer gehabt aus
77 niederen Abstammung emporzuftreben, um ihre
ke zu schaffen. Die Lebensbeschreibungen unseren
vielen großen Dichter, Musiker und Künstler zeigen
uns, wie diese Großen gerungen haben, wie sie nicht
ihre Seele um schnöden Mammons willen verkauften
Beethoven hat inmitten seines ärmlichen Heims eint
große und schöne Welt der Töne geschaffen und be—
tannt: „Ich habe so vieles geschrieben aher erlchrleber
bernahe gar nichts.“
Gerade die großen Menschen schaffen ihre Werke
aur als Kinder ihres Volkes. Es hat selbst ein so
elbstbewußter Künstler wie Richard Wagner gesagt:
Der eigentliche Erfinder war von jeher nur das
Volk. Der einzelne kann nicht erfinden, sondern sich
nur der Erfindung bemächtigen“ Nun geben aber
gewiß die großen Menschen ihrem Volke unendlich
viel. Sie find der wahre Adel, der aber geistiger
Natur ist und nicht danach frägt, woher einer kommt
jondern wohin einer führt. So schaffen die großen
Kulturträger den Zusammenhalt zwischen den ein
zelnen Volksgenossen. Sie können das aber nur
weil sie trotz allem Emporgehobensein über die Masse
doch eben nicht allein für sich stehen, sondern fest ein—
gebettet sind in die Volksgemeinschaft. Sie haber
efe Wurzeln im Volke und lehen mit dem Volke
heit und Zukunft hineinreicht, jo geht sie auch über
die Berufs- und Standesgrenzen hinweg. So schafft
das ganze Volk Kultur, eben eigentümliche Werte,
die es von anderen Völkern unterscheiden. Die großen
Nenschen drücken dann das Tieiste nur aus. das in
ihrem Volke lebt und webt.
Die Volkskultur ist aber immer in Gott ver—
ankert. Im religiösen Leben haben wir die schöpfe—
rische Kraft aller Kultur. Eine religionslose Kultur
ist nicht möglich; ste muß zerfallen, weil ihr der Ur—
quell, aus dem sie stammt, sehlt. Goethe hat daher
auch gesagt: „Die Menschen smn nur solange pro⸗
duktiv (schöpferisch), als sie religiös sind.“
Unser heutiges deben yst aber von einem religions—
losen dem Christentum feindlichen Geiste erfüllt. Aus
diesem Grunde haben die besitzenden und sogenann⸗
ten gebildeten Schichten den JZusammenhang mit dem
Volke und die besitzlosen Schichten den Zusammenhang
mit den Kulturwerten verloren. Die Lößung der Ge
bildeten aus dem Voldsganzen wurde vollzogen durch
Errichtung der Herrschaft des Verstan
des. Der gelehrtenhafte Mensch erklärte sich für
selbstherrlich und meinte als Einzelindividuum, los
gelost aus allen Bindungen mit seinen Volksgenossen
durch reine Verstandestätigkeit das Leben erforschen
zu können. Daß der Mensch eine Einheit und Ganz
jeit darstellt, das heißt ein denkendes, fühlendes und
wollendes Wesen ist, wurde gänzlich mißachtet und
der Irrglaube verbreitet, durch wissenschaftliche For
chung erst die Wahrheit erkennen zu können. S
teht das gelehrtenhafte Aufklärertum, das nicht ver
wechselt werden darf mit dem echten immer zu Got!
hinführenden, wissenschaftlichen Streben, dem Chri
tentum jeindlich gegenüber, und läßt sich von dem
Schlagwort ‚„Freiheit und Voraussetzungslosigkeit der
Wissenschaft“ leiten. Das einzelne Individuum, ohn
Rügsitt auf die Mitmenschen und die Lebenszusam
menhänge wurde eben für frei erklärt. Alle christ
lichen Wahrheiten sollen nur dann Bestand haben
wenn der Einzel-Mensch mittels seines Verstandes
sie erklügeln und zersetzen kann. Das bedeutet tat
sächlich ein allgemeines Wirrwarr, eine Zerstörungç
der Kultur, denn es gibt keine seste Bindungen meh'
zwischen den einzelnen Volksgenossen. Der Indi
vidualismus, das heißtdas vom Volts
ranzen losgelöste Menschentum, trium
phiert dann. Die Gemeinlamkeiten zwischen den ein
elnen sind vernichtet.
Unser größter Dichter Fohann Wolfgang
soethe, hat dieses Wesen des Individuums und die
zZerstörung der Kultur überaus treffend in den Wor
en gekennzeichnet: „Man fieht lauter gewissermaßen
bedeutende Menschen, aber keine Spur von gleicher
Richtung und gemeinsamen Interesse, sondern jeder
rund abgeschlossen für fich und seinen eigenen Weg
zehend, ohne im geringsten an den Bestrebungen de—e
anderen teilzunehmen. Sie find mir vorgekommen
wie Billardtugeln, die auf einer grünen Dedce blind
durcheinanderlausfen, ohne von einander zu wissen
ind die, sobald sie sich berühren, nur de weiter
uirinanderlauien“ Goethe hat abher auch kurz eine
Das Voll bedertet uber nicht nur das gegenwärttig
lebende Geschlecht. Es umfaßt alle Geschlechter der
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die empor—
ttrebten, emporftreben und emporstreben werden zu
den höchften Werten menschlichen Lebens. Alle wahr⸗
haft Großen leben von den aufgespeicherten Schätzen
ihres Volkes, die man Traditionen nennt. Diese
bilden fie weiter, aber geben sise niemals auf. In
ihrem Schaffen wird die Vergangenheit mit der Ge—
genwart vertnüpft. die nun mieder in die Aukunit
hineinragt.
Nach diesen 5 Ausführungen dürfte wohl
auch verfständlich sein.daß Pflege der Kultur
Angelegenheit des ganzen Volkes ist
Ddas Volk muß aber eine Gemeinschaft im Denken
Fuühlen und Wollen sein. Wie diese wahre Volks
einschaft über die Gegenwart in die Vergangen
Nummer 62
Weg zur Rettung angegeben: „Der Gebildete
muß wieder Volt werden.“
Nun hat aber, seitdem diese Worte des Weimarer
Dichters geschrieben wurden, der Individualis—
muns seine verheerende Auswirkungen nicht nur auf
geistigem, sondern vor allem auch auf wirtschaftlichem
Gebitte ausgeübt. Der moderne Ka pitalismus
ist nichts anderes als ein Zersetzungsprodukt
der Auftlärung, indem die Lehren des Indivi—
dualismus auf das Lirtschaftsleben ubertragen wur⸗
den. Der Kapitalist handelt als einzelnes Indivi⸗—
duum und kennt keine gemeinsamen Kulturaufgaben
mehr. Rücksichtslos versolgt er nur seine egoinischen
Ziele, unbetümmort um das Wohlergehen der wolts—
zemeinschaft. DBas grenzenlbose Gewinn⸗—
und Erwerbsstreben ist das Kennzeichen des
Kapitalismus. Und wie der auftlärerische Gelehrte
seine Loslosung aus dem Volksganzen mit der an—⸗
geblichen Freiheit der Wissenschaft von allen kirch—
lichen und christlichen Lehren begrundete, so verlangte
der Kapitalist das freie Spiel der Kräfte, eine Auf⸗
lösung des Volksganzen in Konkurrenten. Von der
Durchführung dieses wirtschaftlichen Liberalismus er⸗
hoffte man denn, daß ganz von selbst eine Harmonie,
eine Eintracht und Verträglichkeit, entstehen würde.
Das war natürlich ein fuürhhtbarer Irrtum.
Das Ergebnis der kapitalistischen
Entwicklung, in der wir uns noch mitten darin
befinden, ist tatsächlich eine jalst restlohe Zer⸗
sttoörung der woleskbultur. Der Kapitalismus
hat anstelle des kulturellen Gemeinschaftslebens die
gesellschaftliche Zivilisation (die Verburgerlichung des
Lebens), anstelle eines inneren seelischen Zujammen⸗
hanges der Menschen ein nur äüußerliches Zusammen⸗
gehen zur Erfüllung bestimmter Zwecke gesetzt. So
haben wir eine seelenlose Wirtschaft. Man nennt das
auch „Eigengesetzlichkeit der Wirtschaft“. Praktisch
dedeutet das: das wirtschaftliche Gewinn⸗—
sttreben ist der einzige Wertimmensch⸗
lichen Leben geworden. Er beansprucht, ob⸗
wohl er doch nur Teil eines Ganzen, nämlich der
Kultur sein soll, das Ganze selbst zu sein. So gilt
tur mehr das nützliche Glied der menschlichen Gesell⸗
schaft etwas, das seine Interessen versoigt. Wer
wahrhaft geistige Werte schafft, wer ein lebendiges
ülied der Volksgemeinschaft ist, wird mißachtet. Es
istim Feitallerdes Kapitalismuseiner⸗
lei geworden, ob einer mit Heringen
»der Ueberzeugungen handelt, die
IXM ist, daß dabei Geld verdient
—A
Durch diese kapitalistische Entwicklung ist dann abet
vor allem auch das Proletariat, das wurzel⸗
und heimatlose Masse-Menschentum entstanden, das
keinen Zusammenhang mehr mit den kulturellen
Merten hat. Da Kultur aber immer aus dem Volks⸗
zanzen hervorgeht, so können wir auch nur wieder
anstelle der kapitalistischen Zivilisation eine kulturelle
Entwicklung schaffen, wenn die Eniprobletari—
fierungder Arbeiterschaft gelingt. Diese
aber ist gleichbedeutend mit einer altiven Anteil⸗
nahme der Arbeiterschaft an den Kulturwerten. Die
Arbeiterschaft kann aber nur an der kulturellen Ent⸗
wicklung des Volkes mitschafsen, wenn sie seste Mur—
zeln im Chriftentum faßt.
Es handelt sich keineswegs hier um eine Sache, die
die werktätige Bevölkerung angeht. Unser ganzes
wirtschaftliches Leben, das eben dank des Kapitalis⸗
mus losgelöst vom Kulturganzen eine Sonderstellung
einnimmt, muß wieder von christlichem Geiste erfüllt
werden. Eine Volkswirtschaft ist schon, wie der Name
sjagt, nicht eine Summe von einzelnen, für sich existie⸗
tenden Privatwirtschaften. Sie ist eine Wret
um des ganzen Volkes willen und kann nur auf litt⸗
ichen Werten fest begründet lein
2 8 o2 2
horneßers Eingestündnis
2 4 —2
Ein Vrie an den „Verglnappen
„Der bekannte Philtosoph“, Herr Professor Horneffet,
efsen Hetzbroschüre Frevel am Volk“ durch eine großz
angelegte, mit Unternehmerunterstützung betriebene Propa-
zanda vertrieben wird, sandte uns auf Grund des Artikels
Professor Horneffer als Schützling der Arbeilgeberverbande“
n Nr. 490 unserez Botqknoppen“ folgendes Schreiben:
„Gießzen. den 9. Dezember 19209.
An die Schriftleilung „Der Bergknappe“ in Essen.
In Ihrer Nt. 49 vom 7. Dezember d. J. machen Sie Mit
eilungen ũübet eine „Propagandastelle“, die es sich zut Auf-
gabe gesetzt hat, meine Schrist „Frevel am Volk, Gedanken
jut deutschen Sozialpolitik“ zu verbreilen, wodurch die Vor ⸗
stellung erweckt werden foll, als ob diese, Propaogandastelle“
ein Werkzeug und eine Unternehmung irgendwelcher Wirtb
chaftsverbände sel. Jene Vertriebsstelle ist ein Mittkel der
Verbreitung der —3 deren fich der Berlag der Schrift
dedient. Weder die Industrie noch ich feibft haben itgend
etwas mit jener Propagandastelle zu schafsen. Der Verlag
hat das unzweifelhafie Recht, die Schrift anzubieten und zu
verbtelilen Und Verbände wie Privotpersonen haben. so
ange Reder- und Schriftfreihelt in unserem Volke herrscht,
ebenfalls das unzweifelhafte Recht, eine solche g zu
zanfen und zu verbrellen. Außer den aufgezählten Stellen
ind es noch * diel mehr in Deutschland, die meiner Schrift
hre Zuftimmung ansgesprochen haben und sich ihre Ver—
teilung angeleqgen sein lassen.
Hochachtunaspoll Unterschrife“