Full text: Der Saarbergknappe (10 [1929])

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-vovicken, den 26. Oktober 1929 
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
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Botenlohn. füt die Postabonnenten 15.— Fre vierteljährl. des Bergarbeiterstandes Amt Saarbrücken. Nummer 1530. 1062, 2003, 3194 
zut Knuppschuftzöltesteuithl 
Wie wir schon bekannk gaben, findet am 1. De⸗ 
jember die Wahl der Knappschaftsällesten stall 
Es wird nach einem Beschlusse des Knappschafts 
vorstandes beim bisherigen Wahlmodus bleiben, d. 
h. die Mehrheilswahl kommt auch diesmal noch in 
den einzelnen Sprengeln zur Anwendung. Auf. 
gabe aller Zahlstellen ist es nun, für die Auswah! 
lüchtiger Kandidaten Sorge zu kragen. Die Bedeu- 
tung dieser Wahl ist ja allen Milgliedern bekannk, 
sodaß darüber keine Worte mehr gemacht zu wer⸗ 
den brauchen. Worauf es ankomml, ist, daß alle 
Mitglieder die Kandidaken als die ihrigen be— 
lrachten, die durch die zuständigen Instanzen auf- 
gestellt werden. Diese Kandidaten müssen die 
Unterstühung eines jeden Milgliedes finden. Das 
erfordert die gewerkschaftliche Disziplin und das 
Ansehen unserer Bewegung. Wird nach diesen 
selbstverständlichen Grundsähen gehandelt, dann 
kann das Wahlergebnis kein schlechtes werden. 
—R 
Kamerad! 
Du stehst im besten Mannesalter. Und du bist Er— 
aührer und Führer deiner Familie. Das Brot für sie 
erwirbst du durch harte Arbeit. Damit du die heilige 
Pflicht erfüllen kannst, die als Ernührer auf dir ruht 
Dir kann es aber nicht einerlei sein, wie deine 
Arbeit gewertet wird. Allein schon aus dem hehren 
Verantwortungsgefühl gegenüber deiner Familie. Es 
berpflichtet dich, eine möglichst gute Bezahlung deiner 
Arbeit zu erstreben. Damit die Sorgen nicht so schwer 
wuchten, damit auch Frohsinn in deiner Familie 
herrschen kann. 
Kannstduadich nunmallein durchsetzen? 
Ja, wenn der materialistische Geist nicht wäre 
Wenn die Gerechtigkeit im Wirtschaftsleben obwal 
lete und die Achtung vor dem Menschenbruder Han 
deln und Wirken aller bestimmt! Wie ist es aber? — 
Der Einzelne kommt unter die Räder. Eine bittere 
Wahrheit, die du und ich, die unsere Väter erfahren 
haben. Um diesem Schicksal zu entgehen, haben unsere 
Väter sich organisiert. Um mit gemeinsamer Krafi 
sür einen besseren Unterhalt ihrer Familien sorgen 
jin können. Das war der ursprünglichste und tiefste 
Trieb, der zur Bildung der Organisation führte. Die 
daun auch half, nach besten Kräften, zum Segen aller 
Aber es fehlt noch manches. Die Teuerung frihlf 
and bereitet immer neue Sorgen. Also muhtt du auf 
eine Mehrung deines Einkommens bedacht sein. Das 
wird leichter sein, wenn viele Gleichgesinnte mit dir 
an einem Stricke ziehen. Ihre Zahl ist schon groß 
aber sie reicht noch nicht. Hunderte stehen noch abseits 
Das Juteresse deiner Familie ersordert es aber, da 
sie in Reih und Glied eingereiht werden. Damit auch 
sie am selben Strick ziehen, damit die Organisations 
arbeit noch fruchtbarer wird. 
Wer soll die Abseitsstehenden einreihen? Dein 
Rachbar? Dein Sicherheitsmann? Rein, dumußit 
es tun! Selbst ist der Mann! Deine Familie for⸗ 
dert das von dir. Darfst du dich dieser Forderung 
verschliehen? Nein! Du mußt so handeln, wie August 
Bruft gehandelt hat. Er schaute nicht auf die anderen, 
er handelte sel bst. Handele auch du, dann wird der 
ßewerkverein stärker werden. Das ist auch rechtes 
SZorgen für die Familie. Vergesse das nicht! 
Jungtnappe! 
Und du?! Willst du tatenlos zusehen, wie die 
Alten schaffen? Pfui, schüäme dich! Ein widerwärtiger 
Hensch ist der, der ernten will, ohne zu säen. Ein 
eechter Kerl packt zu. Fest und wohlgemut. Der stellt 
ich nicht beiseite, um zu flirten und zu tändeln. Der 
will sein Leben meistern. Also: auch du mußi 
werben! Es wäre ja beschämend, wenn du nicht 
jo viel Energie besäßzest, um auch einen Baustein für 
deine Zukunfst zu brechen. Wenn Brust und die an— 
zern aus solch' schwachem Holze geschnitzt gewesen 
wären, dann tanzte noch alles den Arbeitern auf der 
Rase herum. Auch dir mein Lieber! Da nützte es 
nichts, zu maulen. Die Gegenseite sieht nur auf Kraft 
ind Selbstbewußtsein. Was will man gegen die mit 
Maulen ausrichten? Garnichts! Und wer hat dir 
eine Macht zur Seite gestellt, die für dich sorgt? Du? 
Rein, das waren die Pioniere deiner Organisation, 
die zu handeln wußten, die noch Opfer zu bringen 
verstanden. Die frugen nicht, wenn sie warben, was 
betomme ich dafür. Sie fanden den Lohn in dem Be⸗ 
wußtsein, ihrem Stande einen Rüchhalt geschaffen 
zu haben. Also auch dir. Dein Rückhalt ist der Ge⸗ 
werkverein, für denen die Pioniere so schwere Opfer 
brachten. Das alles soll dich nun kalt lassen? Dafür 
willit du das Lächeln eines Blasierten haben? Junge, 
vaßß auf, daß das der Arbeitgeber nicht merkt, sonsi 
nimmt der dich und deine Kameraden recht feste am 
Ohr. Mit einer Jugend, die nichts für ihre Organi⸗ 
ation übrig hat, macht der nicht viel Federlesen: die 
wird er in ihrem Mannesalter auch als ‚dumme 
Jungenschaft“ behandeln. Willst du das? Oder willst 
du das Werk der Alten festigen und stärken helfen? 
ßelt, nur das Letzte kann für dich in Frage kommen. 
Also dann mal ran an deine unorganisierten Alters⸗ 
zenossen! Nur feste zugepackt und nicht locker gelassen, 
dann siegst du auch. Und baust wirksam an der Siche⸗ 
rung deiner Zukunft und verdienit dir die Aner⸗ 
kennung der Alten. 
Der Wahrheit die Ehre 
„Spaß muß man haben“, so sagten bei uns die! 
ilten Bauern, wenn einer dem andern eine Furche 
veggefahren hatte. Oder die alten Kumpel, wenn sie 
»em neu angefahrenen Schlepper den Auftrag ge— 
geben hatten — ernst und mit Nachdruck — bei der 
untersten Kameradschaft im Bremsberg einen „Dach— 
hobel“ zu leihen, und der arme Kerl kam dann mit 
einem schweren Holzriegel angekeucht. — Ja, die 
„Spässe“ sind gar verschieden. Das haben wir ja 
gerade in der Nachkriegszeit erlebt. So, als im No— 
zember 1918 ehemalige „Patrioten“ sehr schnell ein 
nallrotes Hemd überzogen; dann 1923, als ehemals 
sehr „teutsche“ Beamte schrien: „Das Saarland den 
S5aarländern!“, und heute wieder, wo die selben 
Leute nun viel, viel „preußischer“ sein wollen, als 
der oberste Leiter Preußens. — Nun ja, so sind halt 
die „Spässe“! Zur Zeit befinden wir uns im Zeit— Herzlich gelacht haben wir auch, als uns ein Ar— 
alter der Rückgliederung. Und, da kann man nun itel in den Forbacher Reueste iachrichten“ (Rum— 
Pordsspässe erleben. So einen Mordsspaß haben wir ner vom 1. Sktober 1929) zu Gesicht kam. Diese 
dieser Tage erlebt, als in gewissen Straßen Saar- ZJeitung, die sich in Natsonalismus überschlägt und 
brückens man sich in die Ohren tuschelte — natürlich icher von einigen aus dem Saargebiet ausgekniffenen 
nit höchst gewichtiger Miene. das eine Auge zugeknif⸗ dunklen Existenzen — gaia FrantenBecker“gespeijt 
en, um die „offiziell verbürate“ Nachricht bedeu wird, hat' sich jurchtbar geärgert über den Arhitei 
ungspollet zu machen —. — „Unsere Meinung“ in der Nummer 38 unseres Or— 
„Die saarländischen Gewerkschaftsführer haben zans. Die Leute haben sich auch von diesem Artikel 
ich nach, Patis gewandt und angefragt, ob, wenn detroffen gefühlt, die ihr früheres Schielen nach dem 
die Gruben internationalisiert würden, auch die Westen in ein Schielen nach dem Osten „korrigiert“ 
sozialen Rechte der Arbeiter voll gewahrt blieben.“ haben. Und einer der Ihren hat dann wulschnaubend 
Ja, da haben wir wirklich gelacht, vor lauter Spaß, in den „Forbacher Neueste Nachrichten“ erklärt, die 
als wir diese Tartarenmär zu Gehör bekamen. Wir hristlichen Gewerkschaftsführer seien ja selbst so etwas 
haben erstens über die Dummheit gewisser Leute ge- wie „Separatisten“ gewesen, womit er sagen wollte, 
lacht, die jo was glaubten, dann über die Schläue daß unser „Saarbergknappe“ gar nicht berechtigt 
der Brüder, die schon hinter der Hecke sitzen, nun sich wäre, anderen Leuten wegen ihrem Schielen nach dem 
aber noch Bundesgenossen fabrizieren wollen, nicht Westen einen Spiegel vorzuhalten. Über diesen Spaß 
zuletzt aber über die Quelle die das ausstreute, um jaben wir, wie gesagt, auch herzlich gelacht. Denn 
„Prozessionen nach Paris“ bei unsicheren Kantonisten er verrät uns, daß unsere Feststellung in der Rummer 
anzureizen, von welchen dieser und jener ja schon 38 manchen Leuten sehr unangenehm ist. Sie möchten 
einen Bittgang im Gefolge der franco-saarländischen jetzt gar so gerne die Jahre von 1919 ab aus ihrem 
Handelskammer irgend wohin gemacht hat. — Wir Leben ausstreichen. Wir haben das nun nicht nötig, 
müssen ja sagen, daß dieser Spaß gar nicht so un-, veil unsere heutige Haltung unsere frühere ist. Das 
zeschickt aufgezogen ist. Aber sein Zweck ist ja sol „Saarlouiser Journal“ hat sich auch mal reinlegen 
durchsichtig, daß ein vernünftiger Mensch nicht datrauf assen und den Vorwurf erhoben, den jetzt das For— 
reinfallen durfte. Ein Teil der Presse hat das ja bacher Blättchen wieder aufgefrischt hat. Und was 
schon mit gebührender Deutlichkeit kund getan. Domi luccead mit dem verantwortlichen Redakteur des 
nun aber auch gar kein Zweifel übrig bleibt, dann ».Saarlouiser Journals“? Nun, er wurde gerichtlich 
aber auch, damit den Urhebern dieser MRär der Spaß verknaxtt, eben, weil er nicht den Schatten eines Be— 
verdorben wird. ist es angebracht, einiges nochmals weises erbringen konnte. Das weiß auch der Fab— 
zu sagen: tizierer des Artikels in dem Forbacher Blättchen. 
wDie christliche Gewerkschaäitsbewegung ging seit Er tischte aber diese Mär aus Wut darüber wieder 
der Abtrennung des Saargebietes immer einen auf. weil er und seine Gesinnungsfreunde sich so 
eindeutigen Weg. der von ihrem christlich-natio- ichmerzlich durch unsern Artikel getroffen fühlten. Da 
nalen Pregramm vorgezeichnet war. önnen wir nun nichts dafür. da wir ja gerade in der 
Ihr ganzes Handeln war immer von klarer etzigen Zeit der Wahrheit die Ehre heben müssen 
Hrundsätzen bestimmt und niemals von soge And wenn man der Wahrheit die Ehre geben kann 
tanntem Opportunisnus nacht das wirklich großen Spaß.
	        
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