Selte 2. „Der Saar⸗Bergknapper
hätten nur nach und nach kleine Lohnerhöhungen bekom- VLohnabbau in der geplanten Höhe bleibt zunächst nicht be⸗
men, die oft nur 1,30, 135 und 1.60 Fr. betragen hätten. tehen und der verminderte Abbau der Löhne tritt nicht
Aicht zu vergessen sei, daß die Lohnerhoöhungen stets hinter zuf einmal in die Erscheinung, sondern verteilt sich auf
der Teuerung hergehintt seien und nun wolle die Diret-brei Monate, was ebenialls als ein Erfolg zu verbuchen
ion auf einen Schlag ab 16. März die Löhne um 83,650 Fr. st. In der
Abbauen und daneben noch den Preis für Deputaltkohlen
wesentlich erhöhen, so daß ein Gesamtabbau dvon 4,82 Fr.
in Frage käme. Dieses ließen sich die Saurbergleute nicht
ßefallen und falls der Lohnabbau in der Form aufrecht
erhalten würde, sei ein Wirischaftskampf nicht zu ver—
meiden. Der geplante Lohnabbau sei durch nichts be—⸗
gründet. So sei die letzte Lohnethöhung im November be—
willigt worden. Diese Erhehung hätte sich erst im Dezem—
ber ausgewirkt, als die Teuerungsziffer 653.9 betrug. Diese
ei dann bis Februar auf 629.7 zurücgegangen, also um
23.2 Punkte, das seien 3,6 Prozent, mithin könne ein der—
artiger Abbau nicht ausrecht erhalten bleiben, zudem seien
die Bergarbeiter der Auffassung, daß der Lohnabbau nicht
notig sei, da durch die erhöhte Leistung die Bergverwal—⸗
tung in der Lage sei, die Preissenkung für Kohlen allein
zu tragen. Eine besondere Erregung habe der wesentliche
Aufbau der Preise für Deputattkohlen hervorgerufen und
erwarteten die Saarbergarbeiter in beiden Fragen ein
Entgegenkommen.
Sowohl vom französischen Ministet, wie vom Verwal-⸗
ungsrat wurde uns im Laufe der zweitägigen Debatte
erklärt, daß die Lage der Industrie im allgemeinen, wie
im Saargebiet, eine Herabsetzung der Kohlendreise erfor—
dert habe.
Frage der Deputatkohlen
war uns kein wesentlicher Erfolg beschieden. Hier lagen
die Verhältnisse für unsere Argumente äußerst ungünstig
denn in Frankreich erhalten in vielen Gebieten die Berg—
eute überhaupt keine Deputatkohlen, sondern lediglich
Z„chlamm. In anderen Gebieten wiederum reicht die Höhe
der Deputatkohlen an die Höhe derjenigen, die wir erreich
jaben, nicht heran. Auch in Deutschland erhalten die Berg
arbeitet an der Ruhr im allgemeinen nur fünf Tonnen
Deputatkohlen. Bei einer fünf- bis siebenköpfigen Familie
vekommen sie 3522 Tonnen und bei einer siebenköpfiger
Familie erhalten sie erst das Quantum von sechs Tonnen
vas hier jedet Bergmann, der einen selbständigen Haus
zalt hat, erhält. Zudem kosten an der Ruhr die Deputat—
kohlen 8 Mk. indessen wir jetzt nach dieser Erhöhung nach
dem heutigen Kursstand berechnet, 6,— Mt. bezahlen
nüssen. Die Pensionäre und Witwen erhalten hier die
Kohlen für die Hälfte und ist das ein Entgegenkommen
velches wir, soweit ich mich nach orientieten konute, in
einem anderen Bergbaugebiet zu verzeichnen haben. Die
Bergarbeiter erhalten hier jetzt ihre 6 Tonnen Kohlen, die
ils Vestandteil des Lohnes angesehen werden und kann
daher der Bergmann, falls er die Kohlen nicht abnimmt,
ür eine Tonne den Hauerschichtlohn verlangen. Die abge—
tommenen Kohlen gehen durch die Bezahlung mit einem
hauerschichtlohn, wie die Bergwerksdirektion besonders
chriftlich festgelegt hat, in das unbeschränkte Eigentum
des Bergmannes über. Jeder kann folgedessen mit seinen
Kohlen machen. was er will und hört die
Die Konkurrenz der Auslandskohle
sötte im Interesse des Absatzes für Saarkohle, sowie im
Arbeiterinteresse selbst, eine Herabsetzung der Kohlenpreise
diktiett. Die Grubenverwaltung sei nicht in der Lage, die
Kosten allein zu tragen, sie sei gezwungen, einen Teil auf
den Gewinn und den andern Teil auf die Löhne zu
schlagen, was schon daraus hervorginge, daß die Kohlen—
preise ab 1. März um 13,55 Prozent abgebaut worden seien,
indessen die Herobsetzung der Löhne erst ab 16. März in
Kraft trete. Die Bergarbeiterschaft müsse in der Lage sein,
einen Teil zu tragen, da die Lebensmittelpreise seit Ot⸗
lober bis Februar wesentlich heruntergegangen seien und
jür März ohne weiteres Sinken in die Erscheinung
treten würde. Die Annahme, daß die Zahlen von
Dezember zugrunde gelegt werden müßten, sei nicht rich—
lig, da die Löhne im November auf die Preise der Lebens⸗
haltung im Oktober aufgebaut seien. Das Sinken der
Lebensmittelpreise von Oktober bis Februar mache 8,6
Prozent aus. Mit einem weiteren Zurückgehen sei sicher
r rechnen (März um 1033 Punkte). Da die Leistung, die
1925 und Anfang 1926 gering gewesen wäre, in den letzten
Monaten aber gestiegen sei, könne auf Grund dieses Er—
gebnisses
der Anschlag um etwas geändert werden.
Allerdings sei dieses nur möglich, wenn auch in Zukunfit
eine ähnliche Leistung wie Januar und Februar heraus—
käme. Nach langem hin und her erklärte sich der Minister
bereit, den Anschlag insofern umzuändern, daß der Multi—
plikatot ab 16. Mätz nicht 213, sondern 227 betragen solle.
Ab 16. April würde dann der Multiplikator auf 219 herab⸗
gesetzt, so daß ab 16. März nicht ein Lohnabbau von
3,64 Fr. sondern um 1,448 Fr. in Kraft trete, ab 16. April
würden dann die Hauerlöbne weiter um 1.34 Fr. ermähßigt,
lo daß
der gesamte Abbau für Hauer in Höhe von 2,82 Fr.
erst im Monat Mai voll in Kraft tritt.
statt jetzt ab 16. 3. ab 16. 4
ür Hauer 88.95 37,46 36,13
ür die Lohnklasse 1 unter Tage 86,07 34,738 33,59
ür die Lohnklasse 2 unter Tage und
1 über Tage 3422 32,92 31,75
sür die Lohnklasse 3 unter Tage
und 2 über Tage 32, 36 31,09 30.⸗
ür die Lohnklasse ßZ über Tage 30,91 29,73 28,68
Mit den Deputatkohlen bliebe es wie durch Anschlag be⸗
tannt gegeben worden sei. Diese müßten mit einem Hauer-
durchschnittslohn, das sind 36 Fr. bezahlt werden, doch
'ollen die Invaliden und Witwen die Deputatkohlen auf
Antrag der Bergarbeiterorganisgtionen für die Hälfte er—
dalten.
Kameraden! Das ist das Ergebnis der zweitägigen
Rerhandlungen in Paris. Sie dürfen versichert sein, daß
jeder von uns gerne mehr mit nach Saarbrücken gebracht
hätte, doch es war mit dem besten Millen koein hesseres
Ergebnis zu erzielen
Wenn wit die Gesamtwirtschaftslage betrachten, dann
müssen wir ohne weiteres angeben, daß alles gegen uns
war. Die Teuerungsziffer ist tatsächlich heruntergegangen
und ist anfangs März um weitere 10 Punkte gefallen. Die
stohlenpreise Frankreichs liegen tatsächlich über dem Welt—
narktpreis und wir als Arbeiter haben das größte In—
eresse daran, dafür zu sorgen, daß auch in der Zukunft der
Absatz gesichert bleibt. Bei früheren Lohnverhandlungen
hat die Bergwerksdirektion, wenn sfie die Löhne um fünf
Prozent erhöht hat, die Kohlenpreise um dieselbe Höhe
hberaufgesetzt, folgedessen ist der 16er-Ausschuß des Gewerk—
oereins christlicher Bergarbeiter gestern zu der Ueberzeu—
zung gekommen, dieses neue Angebot anzunehmen. Van
tann über den Eriolg streiten aber Tatsache ist, daß es
yhn⸗ moi fter⸗o⸗
entehrende Kontrolle.
die wir hier im Saargebiet zu verzeichnen hatten, mit dem
reuen Abkommen vollständig auf. Auch die Bedenken der
Bergleute, daß dieses ein erster Angriff auf alte Vorrechte
ei, hat die Direktion dadurch zerstört, daß sie schriftlich fest—
gelegt hat, daß sie gar nicht daran denkt, die Menge der
Deputatkohlen abzubauen, sondern lediglich durch die neue
Preisfestsetzung Ordnung in die Abgabe der Deputatkohlen
chaffen will. Die Bergleute, die weit von der Grube woh
ien. machen in den Versammlungen geltend, daß sie ihre
dohlen in zwei Raten, also jedes Mal mit drei Tonnen
bgenommen hätten und sie nicht in der Lage seien, auf
inmal dieses Geld aufzubringen. Auf diese Bedenken hin
rklärte die Direktion, daß die Verwaltung bereit sei, die
Bezahlung der abzufahrenden Deputatkohlen in der Weise
u regeln. daß ein⸗
Barzahlung der Deputatkohlen
vegfällt, und dieser Betrog bei der darauffolgenden Löh—
iung vom Lohn eingehalten wird. Die Einbehaltung soll
n Raten erfolgen, die nicht höher als das eineinhalbfache
des Preises für eine Tonne Deputatkohlen sein dürfen
Wir haben uns dann noch dafür verwandt, daß den Berg
euten evtl. eine geringere Menge, aber dafür gewaschene
dohlen geliefert werden. Dieses hat die Nerwaltung rund
veg abgelehnt.
Kameraden. so liegt jetzt
das Gesamtergebnis
yor uns und wenn wir objsektiv und ohne Leidenschaft an
die Prüfung des Resultates herangehen, müssen wir sagen,
»aß die Gewerkschaften tatsächlich einen Erfolg für die Be—
legschaft herausgeholt haben. Dieser Erfolg ist um so höher
zu bewerten, wenn wir bedenken, daß 1920 bis 1921 fasr
ein Drittel des Lohnes in drei Monaten abgebaut wurd«
ind wir nicht stark genug waren, einen solchen Abbau
zintanzuhalten. Gewiß, draußen verlangen linksradikal—
zchreier einen Streik. Ich brauche nicht darauf hinzu
veisen, daß ein Streik ein zweischneidiges Schweri ist und
aß angesichts der augenblicklichen Wirtschaftslage durch
iinen Streik der Lohnohhau nicht aufgehalten morden
unn.
Nach reiflicher Ueberlegung und nach Inbetrachtziehung
iller Momente kommen wir zu der Ueberzeugung, daß es
im besten ist, den gemilderten Lohnabbau anzunehmen
Wir lassen uns von den Kommunisten keinen Streik vor—
chreiben, ebensowenig, wie wir uns den Termin für zu
treilen von der Bergverwaltung vorschrieben lassen, die
Fielleicht froh wäre, wenn sie die jehigen Vorräte, die nicht
zering sind, abstoßen könnte. Wir wollen frei sein in
insern Entscheidungen und sind der Ueberzeugung, daß wir
nit unserer Kraft keinen Raubbau treiben dürfen, da die
Berhältnisse der nüchsten Zeit uns noch oft genug und viel
eicht schon sehr schnell aui den Plan rufen können
Wir führen keinen Kampf um des Kampfes willen,
ondern wir haben es in der Vergangenheit sowohl der
Bergwerksdirektion wie auch der Oeffen-lichkeit gezeigt,
»aß wir nur kämpfen um des Erfolges willen und im ge—
jebenen Augenblick muß jeder vernünftige Mensch sagen,
daß ein Erfolg, der eines solchen Riesenkampfes wert ist.
zollständig ausgeschlossen ist. Wir sind uns bewußt, daß
venn wir diese Taktik empfehlen, wir das Vertrauen
enserer Mitglieder haben und diese hinter uns stehen und
nit uns der Anficht sind. das Vulver trocken zu halten.
Nach unseren Satzungen tritt, wenn der volle Lohnabbau
m Mai in Kraft tritt, eine Ermäßigung der Beiträge um
Ir. 0,589 ein. Wir werden dementsprechend auch die Fr
50-Marken herausschicken, sind aber der Ueberzeugung
ak kein Mitglied, welches bis heute Fr. 5— gezaählt bat
einen Erfolg
bedeutet, daß der Anschlag der Grubenverwaltung zurück⸗
zenommen wird und eine wesentliche Repifion erfährt. Der
Nummer 12
in Zukunft den Beitrag von Fr. 4,559-Beitrag wählt. —
Hegenteil, angesichts des Ernstes der Situation, in der wil
hJeute stecken, werden diejenigen Mitglieder, die bis heut
Fr. 4— gezahlt haben, mindestens den Beitrag von Fr
150 entrichten. So wollen wir der Bergverwaltung um
der gesamten Oeffentlichkeit zeigen, daß wir auch in de
Zukunft die Schläge der Unternehmer zu parieren juche
und der Ueberzeugung sind, daß nicht nur hohe Mitglieds
giffern, sondern auch durch starke Kassen die Organisationer
chlagkräftig erhalten werden müssen
Kameraden! Wir vertrauen auf unseren Gewerkvereir
und auf unsere eigene Kraft und so, wie wir in der Ver
zgangenheit Erfolge an das Banner unserer Organisation
geheftet haben, so werden wir auch in Zukunft mit Hilf—
unserer Organisation weitertommen. Riesenaufgaber
harren noch der Lösung. Mit ungebrochener Kraft wolle;
wir weiter an den Aufbau unserer Oeganisation gehern
'm Interesse der gesamten Vergarbeiterschaft.
In der Diskussion
erurteilten sämtliche Delegierte das Vorgehen de—
Bergverwaltung. Sie fanden auch recht scharfe Wort—
für die Eisenindustrie, die einen so rüchsichtslosen
Kampf für den Abbau der Kohlenpreise geführt hat
kinzelne Delegierte schilderten die Lage auf ihrer
ßruben. Nicht nur tariflicher Lohnabbau habe sic
vollzogen, sondern auf den Gruben habe für die Ge
dingearbeiter noch ein besonderer Lohnabbau stattge
funden. Die Gedinge sind bereits vor Wochen gekuͤn
digt und da, wo Kameraden das neue Gedinge nich
angenommen haben, oder wo sie selbst, weil das Ge
dinge unzureichend war, das Gedinge gekündigt haben
ind diese Leute aus der Abteilung, zum Teil soga—
über Tage verlegt worden. Fast alle Diskussionsred
ner wandten sich mit schatfen Worten gegen
die Kampfweise der Kommunisten
ind bezeichneten das Trelben dieser Leute als diret
irbeiterschädigend.
Die Haltung des Gewerkvereins in der Lohnfrag
vurde als die richtige bezeichnet und den Führerr
vollstes Vertrauen ausgesprochen. Die gesamte Dis
klussion fand ihren Niederschlag in untenfolgende:
Entschließung, die mit überwältigender Mehrheit an
jenommen wurde. Mit einem kräftigen Schlußwor
und der Mahnung, auch in Zukunft treu zur Organi—
ation zu stehen und mit einem Hoch auf den Gewerk
verein, in das die Versammlung begeistert einstimmte
vurde die Konferenz nach 1 Uhr geschlossen.
Entschließung der Revierkouferenz
Die am 18. März im Johannishof zu Saarbrütker
agende Revierkonferenz des Gewerkvereins christl. Berg
irbelter erllärte nach den ausführlichen Darlegungen der
evierleiters Kuhnen über die gesübrten Verhandlunge
oIlgendes:
In den Zeiten der Inflation des Frauken sind die Löhn
im Bergban an der Saat nur langsam der Teuerung ge
olgt. Es ist bedauerlich, daß in dem Moment, wo der
Franlen etwas stabil wurde und die Teuerung um ein Ge
zinges sank, die Bergverwaltung sofort einen auhßerordent
lich tarken Lohnabbau vornahm. Wir sind der Auffafsung
daß die jetzigen Löhne mindestens so lange hätten gezahl
werden müssen, bis durch die Herabsetzung der Kohlen
preise ein merllicher Abbau der Lebenshaltungslkosten ir
die —XR getreten wäre. Die Konserenz erkenn
dankbar an, dah es den Bemühungen der Bergarbeiter
organisationen gelungen ist, den um 22 Punkte geplantern
Lohnabbau ab 16. März wesentlich zu mildern. Nach de⸗
Auffassung der Bergvrerwaltung sollte der Lohn ab 16
Mürz um Fr. 3,64 vermindert werden. Er wird aber al
16. Biärz nur um Fr. 1.,48 herabgesetzt und erjährt am
16. April eine weitere Minderung um Fr. 134, so daß de⸗
gesamte Lohnabbau in SHöhe von 2,82 erst ab Mai voll ir
Erscheinung tritt. Die Konferenzteilnehmer verurteilter
das durch nichts gerechtfertigte Verhalten der Aommu—
nisten und die Schreibweise der Arbeiterzeitung über der
jetzigen Lohnkampf. Sie spricht ihren Jührern volles Ver
rauen aus und ist der Ansicht, daß nur die vernünjtige
Politit der Gewerkschaften der Arbeiterschast dienlich ist
Die heutige Konferenz fordert alle Kameraden auf, für die
weitere Stärkung der Organisation Sorge zu tragen. Un
ür die kommenden Kämpfe gerüstet zu sein, ist es not—
wendig, daß der z. Zt. maßgebende Beitrag von allen in
ßedinge Beschäftigten weiter geleistet wird. Die Schicht—
löhner werden in ihrem eigenen Interesse ersucht, min⸗
destens den Fr. 450-Beitrag zu zahlen. Die jetzt abge—
schlossene Bewegung hat allen im Saarbergbau Beschäftig
tn bewiesen, daß starke Bergarbeiterorgauidationen ein—
inhebinate Ratwmendietkeit ü.