Selie R
dandsungen am 24. und 25. Februar 1927 in der
ohnfrage eigenmächtig vorzugehen. Durch Schreiber
vom 24. Februar kündigte sie die Vereinbarung bett
Festsetzung des Lohn-NMultiplikators. Am 206. Fe
bruar erließ sie folgende Bekanntmachung:
„Der für die Berechnung der Arbeiterlöhne gül—
tige Multiplikator wird vom 16. März 1927 aul
2.14 (zwei und vierzehn Hundertjtel) sestgesetzt.“
Rach dem Willen der Direktion sollte der Multi
elikfator um 22 Punkte ermäßigt werden. Um 13*
prozent sollte der Lohn abgebaut werden, weil die
dan eiemaßigen gleichjalls diesen Prozent
—J betrüge. Die Orgänisationen wehrten sich. In
ge ihrer Vorstellungen janden in Paris am 8. und
.Muaärz Verhandlungen mit dem Minister der öffent
lichen Ärbeiten statt. Es wurde da eine Ermäßigung
des Lohnabbaues und eine Staffelung erzielt. Vor
13,5 Prozent wurde der gesamte Lohnabbau (dern
ditette durch Abbau des Multiplikators und der in
direkte durch Erhöhung der Preise für Deputatkohlen
auf 9,3 Prozent herabgedrückt. Gleichzeitig wurde er
reicht, daß der Abbau in drei Etappen vorgenommen
wurde. So galt nach der neuen Regelung ab 16. bis
Ende März der Multiplikator 227, sur den Monal
April der Multiklikator 223 und ab 1. Mai 1827
bis heute gilt der Multiplikator 2,19 Anstelle des
geplanten und schon bekannt gegebenen Abbaues des
Ntultiplikators ab 16. März um 22 Punkte, wurde
für die Zeit vom 16. bis 31. März der Multiplikator
um 9, für den Monat April um 13 und ab 1. Mai
um 17 Punkte ermäßigt. Bei den feststehenden Löh—
nen der Gruppe J unter Tage betrug somit der Ge—
samtabbau ab 1. Mai nicht 3,37 Fr. wie er aq der
Bekanntmachung der Direktion ab 16. März schon
erfolgt wäre, sondern 2,60 Ft je Schicht. Wenn wir
auch bestrebt waren, den Lohnabbau wen mehr zu
milbern, so geht aus der Aufführung doch hervor, daß
den Organisationen durch ihr Vorgehen ein Erfolg
beschieden war. Dieser Erfolg wird durch nachfolgende
Veroleichszahlen bewilesen:
Ser Vohnabban, wie*u dv
Direktion diktier“
5*
2
noch dem
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Ma
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Gruppe
Gedingehauer
unter Tage:
Gruppel!
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Gruupe III
uüber Tage:
Gruppel
Gruppe
Gruppe UI
6
2.47
2.30
1.31 22) 2.47
1. 23 2.78 288
4 1.18 1.571 224
319
801
—
Wer sich jetzt seine verfahrenen Schichten zusammen—⸗
stellt und mit dem Lohnbetrag veroielfältigt, der
durch das Vorgehen der Organisationen gegenüber
dem Vorhaben der Bergwerksdirektion gerette
rubtde, wird finden, daßz ihm eine nette Lohnsumm—
—X
Die Feierschichten
Die Absatzschwierigkeiten führten dazu, daß Feier
chichten eingelegt werden mußten. Es war die Wah
wischen zwei Uebeln: großer Abbau der Belegschaft
— * Rationalisterung, wodurch einerseits zwar die
Gesamtförderung gesenkt, aber die ndree ge
steigert worden wäre, oder langsame Rationalisierung
unter moglichster Schonung der Belegschaft, was aber
Inkaufnahme von Feierschichten hieß. Im Ruhrge
hiet hatte man das erstere getan, im Saargebiet er
reichten wit das letztere. Aus den oben dargelegter
Hründen — ortsgebundene und nicht fluktuierend⸗
VBelegschaft, wenig Arbeitsmöglichkeiten in anderer
Industriezweigen — mußte hier dahin gearbeite
werden, daß der Abbau der Belegschaft sich nicht kata
strophal, jondern einigermaßen normal vollzog.
Um aber das Uebel möglichst gering zu gestalten
arbeiteten die Otganisationen mit Hochdruck an eine⸗
Rejeitigung bzw. Einschränkung der Feierschichten
Nur das letztere lonnte erreicht werden. Seit Ende
März ds. Is. bis zum Jahresschluß wurden 23 Feier
—3 eingelegt. Jau ein voller Monatslohn ging
adurch verloren. Die Organisationen versuchten, für
den Lohnverlust durch Feierschichten Ersatz zu schaffen
Am 7. April richteten sie eine Eingabe an den Mi
nister der öffentlichen Arbeiten, eine Vergütung für
den Feierschichten-LZohnverlust zu gewähren Erst nad
längerem Bemühen wurde die soziale Zulage bewil
ligt, womit die Organisationen sich aber nicht zu
frieden geben konnten.
Nicht nur bei der französischen Grubenverwaltung
und den Pariser Instanzen eeen sich die Organi⸗
jationen, sondern auch bei der en ins
besondere dem Reichsarbeitsminister. Infolge der be—
en Notlage, in der die Bergleute sich wegen
em ——8 durch die Feierschichten befanden,
S das Reich eine besondere Unterstützung, die
durch dile Organisationen zur Auszahlung kam. Da—
neben wurde den Bergleuten auch die Unterstützung
durchs Reich gesichert, die an alle Arbeiter des Saar⸗
ebietes verteilt wurde. So konnte ein Teil des
———— wett gemacht werden. Wir fühlen uns
„Der Saar⸗Berglnapper
ö— — ——— —
verpflichtet, den Reichsbehörden, besonders Herrn Ar
heiisminister Dr. Brauns, am Jahresschlusse an diese⸗
Stelle für das gezeigte Entgegenkommen unsert
Dank auszusprechen.
Die e Bemühungen der Organisationen
von der Bergwerksdirektion auch eine Ünterstützung
jzu erhalten, führten nach vielen vergeblichen Ver—
handluͤngen vor Weihnachten doch si zu einem er
freulichen Ergebnis. Unter aktiver Mitwirkung der
Pdinister Koßmann und Morize wurde erreicht, daß
als Änerkennung für die gesitiegene Leistung den
Vollarbeitern 100 Franken und den übrigen Arbei—
tern der zustehende Zehntelanteil vor Weihnachter
rusbezahlt wurde
83 Fahr!
Zum neuen Scur
88 dumpfe Schläge hallen durch die Nacht
um Abichiedsgrutz — und seht in Jugendpracht
Zin neues Jahr tritt ked nun in die Welt.
Es grüßt die Menscheulinder frohgesellt,
Winkit zu den Werlen rings im Lichtesschein,
Den Schloten und den Schächten im Verein,
Grühßt all die Hütten — spricht daun warm und liud
„Ich danke euch, die ihr mir gutgesinnt.
Und bracht' das alte Jahr auch manche Pein,
Ich möcht euch gern ein Jahr des Segens sein,
Und da ihr selbst dazu gar vieles könnt,
Sei mir zum Autritt denn ein Wort gegönnt:
Liebt In uund Pflicht und wahrt die Arbeitsluß
der Glaube habe Platz in eurer Brust,
Die Hoffnung muß euch Stab und Stütze sein,
Laßt auch die Liede in das Herz euch ein.
In Hütten walte Eintracht treu und mild,
Ein jedes Dörfchen strahl als Sittenbild;
In Städten durch der breiten Straßzen Flucht
Geh mit der Ordnung hin die heil'ge Zucht.
Aus den Geschäften weich der Wuchergeist,
Es schwinde, was man „Herrenstandpunkt“ heihzt
Die Milde brech des Harten starren Vann,—
Es neig der Herr sich mild zum Arbeitsmann.
Und wo noch Menschen liegen heut im Streit
Da herriche Zrieden und Verträalichleit.
Müht so nach meinem Wort ein jeder sich.
Dann wandelt ihr zum Segensengel mich,
Und überreich wird in der Jahre Reihn
Euch Neunzehnhundertachtundzwanzig sein.“
So spricht das Jahr, und sehet, frohgesellt
Gibt Treueschwüre sich die weite We'rt.
Rertrauter spricht der Freund zum Freunde „du“,
Der Gegner neigt gerührt dem Feind sich zu,
Der Herr grühzt mild herab zum UArbeitsmann,
Der Staatsmann stöht mit fremdem Staatsmann ar
Nun glaube ich, soll ich alles recht verltehn,
Dah goldnen Zeiten wir entgegengehn.
L. Kessina
— 2&
IA
— —
—
Wenn wir eine Zusammenfassung des bisher Ge
childerten vornehmen, so npen wir, daß sich doch
manche der drohenden Wolken, die uns am Jahres
anfang den Ausblick so trübe gestalteten, beseitigen
b Angesichts der ethen nierigtenen die sich
auftürmten und fast unüberwindlich schienen, haben
wir q die Saarbergleute Vorteile erreicht, an die
kein Mensch vorher glaubte. Das ehrlich einzigenehen
und zu registrieren ist unsere Pflicht am Jahres
chluß. Aus dieser Tatsache wollen wir die Kraft und
die —* schöpfen zum ungebrochenen Wirken in
neuen Jahre.
Erwähnen müssen wir auch, daß
der Belegichaftsabbau wesentlich gemildert
wurde. Wenn im Verhältnis wie im Ruhrgebiet ab
zebaut worden wäre, dann wäre — zumal keine Ar
beitslosenversicherung besteht und die bestehende Ar
Jeitslosenfürsorge nur geringe eee
tennt — viel Not und Elend über die berroffenen
Familien hereingebrochen. Wir erreichten, daß fich
eine organische Verminderung der Belegschaftszahl
durch Drosselung der Reueinstellungen und vermehrte
Pensionierung, vollzog, wodurch unnötige Härten im
allgemeinen vermieden blieben. Seit Ende Januar
1927 bis Ende Oktober (die Belegschaftszahlen fur
die beiden nächsten Monagate liegen noch nicht vor
wurde die Belegschaftszahl um 6583 vermindert Die
Zahl der bei den öffentlichen Arbeitsnachweisen des
Saargebietes gemeldeten Arbeitslosen betrug im No
vember 2558. Da in dieser Zahl vornehmlich Saison
arbeiter (Maurer, Zimmerer, Angestellte uswe) haupt
sachlich enthalten sind, finden wir, daß infolge de—
zgeschilderten organischen Verminderung der Beleg
schaftszahl die Arbeitslosigkeit in gröäßerem Um
ange von den Bergleuten heede werder
'onnte.
Neben diesen Erleichterungen erreichten die Orga
rnisationen im Verein mit den politischen Parteler
auch eine
Nummer 63
Ermäßigung der Lohnsteuer.
Die zahllosen Unterstützungsbeträge, die die Organi⸗
sation für in Not geratene Kameraden bei den ver—⸗
schiedensten Stellen erwirkte, seien nur nebenbei er—
she Jedenfalls haben wir auf dem Gebiete sehr
viel Entgegenkommen gefunden, das in früherer Zeit
direlt unmöglich gewesen wäre Wenn wir da Herrn
Minister Kozmann lobend erwähnen, dann gebietet
uns das die einfachste Anstandspflicht. Die Familien,
die über schwere Zeiten hinweggeholfen bekamen,
werden sich sicher diesem Danke anschließen.
Abschließend können wir jagen, daß wir überhaupt
Ergebnisse erreicht haben, die auch der rosigste Opti⸗
mist nicht erhoffte. Daß wir sie erreichen konnten
liegt an der Treue unserer Mitglieder, die unentwegi
trotz allem Schweren, Verwirrenden und Unklaren
ihre Organisation hochhielten und Disziplin bewahr—
ten. Wenn nach dem Rezept und den Anordnungen
der Kommunisien gehandelt worden wäre, dann
könnten wir am Jahresschluß einen Haufen Scherben
feststellen — mehr nicht. So heißt es denn am
Jahresschluß, wo uns die kurze, das vorstehend Ge—
schiiderie umfassende Bilanz gezeigt hat, daß wir
erfolgreich gearbeitet haben, dem Gewerkverein auch
im neuen Jahre und der ferneren Zukunft die Treue
zu bewahren. ihn weiter auszubauen und zu stärken
Nenzeradschaft
Es ziemt 9 wohl, an der Schwelle des neuen
Jahres eine Vetrachtung über diejenige Bergmanns—
tugend anzustellen, die gerade im Bergmannsleben
als helleuchtendes Fanal steht, die den Bergmann
begleitet in seinem Schaffen und Wirken in gefahr⸗
voller dunkler Tiefe und auch außerhalb desselben
in sbunen Familien- und Bürgerleben, aber auc
in seinem Organisationsleben: die Kameradschaft
„Ich hatt' einen Kameraden, — einen bessern
findit du nicht ! Wem grifse dieses schlichie Soldaken
lied nicht ans Herz, der sich des Wertes und der Be⸗
deutung der Kameradentreue bewußt ist! Und wo
wirkt die gute Kameradschaft mehr aus, wo hat
sie herrlichere Beispiele aufzuweisen, als im Berg—
mannsleben Das ganze Arbeiten und Wirken ist
sezusagen auf die Kameradschaft aufgebaut.
Die Akkordarbeit in der Grube ist doch im allge⸗
meinen so geregelt, daß nicht der Einzelne wirkt und
schafft nur für i seinen Lohn zu verdienen. Zu
Kameradschaften fsind die einzelnen Arbeiter
zusammengeschlossen Ihre Einzelleistungen fließen
zu einer Gesamtleistung zusammen, sie ergänzen sich
gegenseitig. Vom Schöpfer ist nicht der eine Mensch
wie der andere ausgestattet worden, sowohl in kör—
perlicher als in geistiger Beziehung. Deshalb kön—⸗
nen auch die Arbeitsleistungen der Dide menen
nicht ganz gleich sein Wohl kann durch Uebung und
Fleiß manches ausgeglichen werden, aber es werden
immer Leistungsdifferenzen bleiben Und diese Dif⸗
screnzen werden eggde in den Bergmannskamerad⸗
schaften in der Grube ausgeglichen. Einer arbeitet
dem andern in die Hand und aus der Hand, alle
Kameradschaftsglieder ziehen, wie man so sagt, „an
einem Strang“, um dassenige, was ein jeder haben
muß, seinen Lebensunterhaͤu zu verdienen. Der
Stärkere hilft dem Schwächeren, der Geschickte dem
Unfertigen, der Eifrige ermuntert den Gemächlichen;
die ganze Kameradschaft arbeitet auf einen Gesamt⸗
erfoig, an dem ein Jeder, echt kameradschaftlich, in
gleichem Maße Anteil nimmt.
Auch bei der gewiseaheten Ausführung mancher
Arbeiten spielt das kameradschaftliche Gefühl eine
Rolle: Zimmerung, Sicherheitseinrichtungen, Wetter—
einrichtüngen, Welterkontrollen usw. werden mit er—
höhter Sorgfalt im Hinblick auf die gefährdeten
Kameraden ausgeführt. Die Kameradschaäftsliebe ist
hier die Erzieherin zum Verantwortungsgefühl.
Aber am schönsten und heroischsten zeigt sich die
Rergmannskameradentreue in der Unfallgefahr, die
ja den Bergmann allenthalben bei seiner Arbeit
umlauert. Groß ist die Zahl der Beispiele von hel⸗
denhafter Aufopferung, die bekannt geworden sind
und immer wieder bekannt werden wo in Momen—⸗
ten großer Gefahr sich ein oder mehrere Kameraden
für ihre Mitkameraden, unter Einsetzung ihres
eigenen Lebens oder ihrer Gesundheit, zum Opfer
bringen Aber noch viel größer ist das stille Helden
tum sfind die ungesehenen Taten, dlie sich in dunkler
sonnenloser Tiese in gegenseitiger Hiljsbereitschafi
und Opferliebe vollziehen Ohne viel Worte und
Aufhebens, an und ungesehen von dem registrieren⸗
den Blick der Oeffentlichkeit werden da träglich,
stündlich diese kameradschaftlichen Opfertaten voll⸗
bracht, die ihren stillen Lohn in der anspruchslosen
Knappenbrust finden.
Ueber Tage, in Familie und Bürgerleben auch,
kann die Kameradichaftsliebe des Bergmanns sich
mit der anderer Berufsgruppen ruhig messen, ja
überholt diese vielfach bei weitem Der Knappe hat
Blick und Verständnis für die Not und das Elend
anderer Kameraden Das Knappfchaftswesen ist ja
ein Ergebnis des freiwilligen gegenseitigen Helfens
in Tagen der Krankheit und Not. Aus eigenem Ent—⸗