Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

Nummer 40 
Saarbrücken, den 1. Oktober 1927 
8. Jahrgang 
e S0P-BePVPBVDV)- 
ins christl. Bergarbeiter Deutschlandos für das Saargebiet 
JF Geschäftsstelle — 8 —XI 
St. Jobanner Strahe 40. — FernsprechAnschluß: Aml 
Saarbrücken. Nummer 15330. 1062. 2003. 3104 
Organ des Ger 
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Notwendigkeiten 
Einige Bemerkungen. 
Im Reiche steht eine Besoldungsreform der Be— 
amten bevor. Sie wird mit einer nicht unerheblichen 
Aufbesserung der Gehälter verbunden sein. E 
sprechende Vorschüsse wurden für den Monat Oltovbern 
jchon gewährt. 
Die beabsichtigte Reform und Gehaltserhöhung 
geht den Beamten nicht weit genug. Andere Kreise 
gibt es, die auf die große Belastung der Finan⸗ 
sen hinweisen und auch fragen, wo denn die Arbeiter 
blieben. Da auch die Wahlen zum Parlamente 
bevorstehen, bemächtigte sich die Parteiagitation der 
Frage. Die Sozialdemokraten und Kommunisten 
schimpfen auf die „realtionäre“ Reichsregierung, die 
die Beamten „hungern“ lasse, und rufen zu Protesit⸗ 
versammlungen auf. Wie man sieht, muß die Be— 
soldungsreform zu allerlei herhalten. 
Was uns an der Sache interessiert, ist die Tatsache 
daß die Besoldungsreform im Reiche auch ihre Rüchk 
wirkungen im Saargebiet haben wird. Die Beamten 
des Saargebietes pochen auf ihr Recht und verlangen 
dessen Beachtung. Dagegen kann kein objettiv Den⸗ 
kender etwas einwenden. Aber dessen muß man sich 
bewußt bleiben, daß neue Ausgaben entsprechende 
Deckungsmittel verlangen. Die Deckungsmittel für 
alle Ausgaben werden durch Zölle, Steuern und Ge⸗ 
bühren aufgebracht. Das Saargebiet verfügt über 
leine Staats⸗Unternehmungen, die große Gewinne 
abwersen; im Gegenteil, Post und Eisenbahn ver⸗ 
langen erhebliche Zuschüsse. So muß denn gesagt 
werden, will man ein rechter Anwalt des Volkes sein 
daß die breiten Volksschichten des Saargebietes 
eine weitere Belastung unmöglich tragen können. 
Wenn also die Beamten ihre Forderungen durch— 
judrücken gedenken, dann müssen sie selbst Gewicht 
darauf legen zu betonen, daß die Bewilligung ihrer 
Forderungen nicht mit einer Verschlechterung der 
Lebenslage der breiten Volksschichten verbunden sein 
darf. Das kann unsere Beamtenschaft doch nicht wol⸗ 
len. Trotz aller Kämpfe der Arbeiterschaft ist es 
nicht gelungen, ihr Einkommen zu mehren. Notunter⸗ 
jstützungen aus Reichsmitteln waren notwendig, um 
dem ärgsten Elend zu steuern. Die Aussichten auf 
eine Besserung der Lage der Arbeiterichaft sind sehs 
trübe. 
Sosteht die Regierun skommission 
vor der Aufgabe, ernstlich an eine 
weitere Entlastung der breiten 
Volksschichten zu denken. 
Schon lange wird beispielsweise eine Ermäßigung 
der Arbeiterfahrkarten verlangt; bis heute ist darin 
nichts geschehen. 
An diese und andere Forderungen zu erinnern, ge— 
bietet die traurige Lage des arbeitenden Volkes. 
Wenn also die Forderungen der Beamten verwirk— 
licht werden sollen — das Recht, das zu verlangen, 
tann ihnen niemand bestreiten —, dann darf das 
unter keinen Umständen mit einer Verschlechterung 
der Lebenslage der Arbeiterschaft verbunden sein. 
Das wäre grausam wenn es anders käme, und führte 
zu einem bösen Kampfe zwischen den verschiedenen 
Schichten der Bevölkterung des Saargebietes. So 
musßßz die Regierungskommission an die Verantwor⸗ 
tung erinnert werden, die sie trägt. Sie ist verpflich⸗ 
tet, eine weitere Verelendung der Arbeiterschaft zu 
verhüten, und darüber hinaus allen Ernstes daran 
zu gehen, eine Besserung herbeizuführen. Wo es 
noch Mittel zu nehmen gibt, ist ihr von den 
Vertretern der Bevölkerung schon oft genug in 
aller Klarheit gesagt worden. — Diese Aus— 
führungen sind nicht von einer Voreingenommenheit 
gegen die Beamten diktiert, sondern von der Sorge 
—X 
der Absicht, die Dinge klar zu zeigen, worauf unter 
allen Umständen bei der Realisierung der Forderun⸗ 
gen von allen Beteiligten Rücksicht genommen wer— 
den muß. Wenn es troßdem Beamte geben sollte, die 
uns wegen vorstehender, aus tiefstem Verantiwor⸗ 
tungsgefühl geborenen Ausführungen verketzern 
dann beweisen sie damit, daß sie rein klassenkümpfe 
risch eingestellt sind und nicht wissen, was Volksoe 
meinschaftsgefühl bedeutet. — Wire wollen hoffen 
datz allle Beamte sich einig sind darin. daß die möglichst viele Arbeiter — alle organisationsreifen 
Besserung ihrer Lage leine Verschlechterung der Lage — ihr zugeführt werden. 
hrer Vollsbrüder Arbeiter nach sich ziehen darf In der jüngsten Jeit konnten wir feststellen — an⸗ 
lähßlich der Unterstützungsauszahlung —, daß noch 
viele Saarbergleute der Gewerkschafisbewegung fern 
stehen. Die Gründe des Fernstehens sind verschieden 
Wer fern steht und für uns in Frage kommt, sagen 
die Listen, die alle Zahlstellen im Besitz haben. Da 
nie die Gelegenheit so günstig war, an diese Kame— 
raden heranzukommen wie jeht, muß auf der ganzen 
Linie die Werbetätigkeit einseßen. Die Gründe, die 
zum Fernbleiben bisher bestimmt haben, müssen er⸗ 
forscht und widerlegt werden. Darum haben wir 
obige Tatsachen kurz herausgestellt, damii man um 
Antworten nicht verlegen ist. Am Ehrgefühl müssen 
die Fernstehenden gepackt werden, damit sie das Be— 
schümende ihres Verhaltens einsehen. Wer am ge— 
werlichaftlichen Erfolge teilnimmt, soll auch an seiner 
serbeiführung beteiligt sein. „Einer für alle, all⸗ 
jür einen.“ 
Die Gewerkschaften umfassen nicht alle Arbeiter. Ee 
vird auch nie soweit kommen, daß sie den letzten Arbei— 
er umfassen werden, da sie keine Zwangsinstitute, son⸗ 
bern, freiwillige Gemeinschaften sind zur Verbesserung 
der Lage der Arbeiterschaft. Wenn auch nicht alle 
Arbeiter der Gewertschaftsbewegung angehören, se 
orgt sie doch für alle. Alles, was sie erreicht, komm! 
illen zugute. Die Sozialversicherung, die sie voran— 
reiben und ausbauen half, erfaßßzt alle. Das Ar— 
zeitsrecht, das die Frucht ihrer Tüätigkeit ist, genießen 
alle. Die Verbesserungen, die sie im Lohn⸗ und Ar— 
zeitsverhältnis erwirkt, nehmen alle. 
Nun ist natürlich, daß die Wirkung der Gewerk— 
chaftsbewegung auch von ihrer materiellen Stärke 
heeinflußt wird. So muß darauf gesehen werden. daß 
Ansdems 
V 
2 
be xedefür 1926 
Die Tätigkeit der Sicherheitsmänner. 
Befah⸗ Bean⸗ v. 
zugehörige Gruben en de. Sunder 
König, Kohlwald, Bexbach, 
Wellesweiler, Frantenholz, 
Kalkwerk Gersheim 28 118 12,7 
Reden⸗Flamm, Reden⸗Fett, 
Itzenplitz. HSeiligenwald, 
Vcaybach 1116 7 42 
Heinitz, Dechen, Helene 748 30 440 
Mellin, Altenwald, St. 
Ingbert 595 46 7, 
Hirschbach, Jägersfreude, 
Camphausen, Brefeld 846 103 121 
Amlung, Steinbach, Göttel⸗ 
born, Dilsburg, Velsen, 
Hosten bach 952 108 113 
Griesborn, Duhamel, Josefa, 
Rudolf, Viktoria West und 
Dit. Klarenthal. Hafen 955 79 82 
— — — —— 
zusammen 6137 530 8,6 
Die Beanstandungen waren am höchsten in den Re—⸗ 
oieren 1,5 und 6. Von außerordentlichen Befahrun— 
gen ist in dem Jahresbericht nichts gemeldet. Die 
meisten Beanstandungen bezogen sich auf „Holz—⸗ 
mangel, mangelhaften Verbau und Bergeversatz, 
mangelhafte Bewetterung, auf Kohlenstaub und 
Schlagwetter“. Wir möchten im Anschluß hieran 
unsere Sicherheitsmänner darauf hinweisen, immer 
treu ihrer verantwortungsvollen Vflicht nathzu—⸗ 
kommon 
Der Jahresbericht der Bergbehörde und der Ge— 
verberäte für 1926 liegt der Oeffentlichkeit vor. Re— 
ormen, wie wir sie schon des öfteren forderten, sind 
richt vorgenommen. Das alte Schema wird beibehal— 
en, und nicht einmal von allen Berichterstattern 
zeachtet, so daß nicht in allem ein übersichtliches Bild 
zu gewinnen ist. So stimmen die Zahlen der Unfälle, 
zie mehr als vier Wochen Arbeitsunfähigkeit nach sich 
zogen, nicht mit denen überein, die das Saar-Ober— 
bergamt in seinen Berichten bekannt gab. Das Saar— 
Oberbergamt gab für das Jahr 1926 2614 Unfälle“ 
an, die mehr als vier Wochen Arbeitsunfähigkeit 
tach sich zogen. Im Berichte des Vergrates Herb für 
Bergverier 3 heißt es: „An Betriebsunfällen wurden 
in dem Berichtsjahre 2200 gemeldet; darunter 1753, 
deren Verletzungen entweder tödlich waren oder eine 
Erwerbsunfähigkeit von mehr als vier Wochen zur 
fFolge hatten“ An tödlichen Unfällen werden von 
herb 13 angegeben, so daß noch 1740 verblieben 
allein für ein Revier), die mehr als vier Wochen 
Arbeitsunfähigkeit nach sich zogen. Da wir keinen be— 
gründeten Anlaß haben, an den Angaben des Saar— 
Oberbergamtes zu zweifeln, so muß hier ein Irrtun 
borliegen; denn wenn wir die Unfälle, die sechs Re 
vierbeamte angaben unter dem Vermerk: „mehr al— 
dier Wochen Arbeitsunfähigkeit“ zusammenzählen 
o kommen wir auf die Zahl 3390. Es fehlt dann 
noch die Zahl aus dem Bergrevier 7, die gar nich! 
angegeben ist. So ist es nicht möglich, die Zah— 
en einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, die 
für die Unfälle, die mehr als vier Wochen Arbeits 
infähigkeit nach sich zogen, angegeben wurden. Wie 
in allen Vorjahren, fehlt im Bericht des Bergre— 
ziers 7 auch wieder die Angabe über die Summe, die 
ür Urlaubstage bezahlt wurde, so daß wir wie in 
en Vorjahren nur für sechs Bergreviere die genauen 
zahlen angeben können. Die Urlaubssumme für da— 
zergrevier 7 müssen wir schätzen. 
Die Zahl aller und der tödlichen Unfälle. 
Jahr Femeldete Unfälle Tödl. Unfälle 
ig20 7553 * 
921 10 334 
1922 13 963 
1828 9158 1 
1924 16 236 X 
1925 14 705 
1826 13 263 89 
Wie die Tabelle zeigt, passierten im Jahre 1926 die 
neisten tödlichen Unfälle seit der Uebernahme der 
Fruben durch Frankreich. Im Jahre 1920 verun— 
zlückte auf 1000 Belegschaftsmitglieder etwas mehr 
315 1 Mann tödlich; in den folgenden Jahren san'“ 
die Anteilsziffer unter 1I, um sie im Jahre 192 
wieder zu übersteigen. Auf 1000 Belegschaftsmitélie 
der entfallen im Jahre 1926 1,120 tödliche Unfälle 
Das Jahr 1924 brachte bisher die Höchstzahl der an 
gemeldeten Unfälle überhaupt. — Wie wir sehen 
nüssen alle Anstrengungen gemacht werden. un 
reben und Gesundheit der Beraleute noch mehr zi 
hützen wie bisher 
Die Strafgelder. 
Kontraktbrüche waren im Berichtsjahre 1885 zu 
oerzeichnen. An Strafen wurden 531881,57 Franken 
verhängt. Diese Summe floß der Arbeiterunter— 
stützungskasse zu. Wenn man die Belegschaftszahl, die 
zu Ende des Jahres vorhanden war, zu Grunde legt, 
entfallen auf 1 Belegschaftsmitglied 7,15 Franken 
Strafe. An Strafgeldern wurven seit 1921 erhoben“ 
1921 
1922 
1923 
1924 
1925 
1020 
100 212,59 8r. 
256 485,82 
202 345,165 
379 907,84 ß 
381 456, - 
53188157 
zusa m nes⸗ 
Seit der Uebernahme der Gruben sind somit fast 
rund zwei Millionen Franken an Strafe verhängt 
worden. Der einzige Trost bei der Angelegenheit st 
daß die Gelder der Arbeiterunterstützungskasse zu— 
fließen und zur Linderung von Not und Leid Ver— 
wendung finden 
1852 288. M x⸗ 
Die Urlaubsvergütung. 
Seit Einführung des bezahlten Erholungsurlaubes 
st schon ein nettes Sümmchen an die Bergleute für 
Arlaubsschichten zur Auszahlung gelangt. Leider hat 
wie in allen Voriahren der Beaimte bes Reviers 7
	        
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