Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

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sichtslos exzess fapitalistiicher Gesinr Art in die 
Tat umgesekt 
Die Revierleitung des Unabhängigen Bergarbei 
ter-Verbandes wurde gleich nach den ersten Entlaf— 
sjungen auf der Direkiion von „Sarre et Moselle' 
vorstellig. Nan war jedoch in keiner Weise zum Rach— 
geben bereit, obwohl an Hand einer Reihe von Ein— 
zelfällen die Ungerechtigkeit und Rüdsichtslosigteit der 
getroffenen Maßnahme einwandfrei bewiesen wurde. 
A 
dem beschriltenen Wege sogar fortgefahren und haben 
auch die anderen Grubengesellschaften das Beispiel 
pon „Sarre et Moselle“ nachgeahm 
Unter der Arbeiterschaft hat diese Haltung des 
Gruben-Unternehmertums tiefe Erbitterung ausge— 
lost, und dies mit Fug und Recht! Es wird Aufgabe 
der Gewerkschaftsorganisationen sein, mit aller Ent— 
schiedenheit gegen die Rücksichtslosigkeit der Gruben— 
besitzer zu protestieren und anzukämpfen. Mit etwas 
gutem Willen wäre dieses Vorgehen der Grubenbe— 
sitzer zu vermeiden gewesen. Bei alten ausgedienten 
Arbeitern will man sparen; sonstwo wird das Geld 
haufenweise zum Fenster hinausgeworfen! Es wäre 
wirklich interessank, wenn gewisse Gruben die Sta— 
tistik ihrer Beamten im Verhältnis zur Arbeiterzahl 
veröffentlichen würden, für die Vorkriegszeit und für 
die jetzigen Verhältnisse. Dieses Zahlenmaterial 
könnte zeigen, wo besser gespart werden könnte, als 
beim armen Arbeiter. Und vor allem die Ge— 
hälter der leitenden Beamten, die Vergütungen der 
Aufsichtsräte und unverschleierte Gewinnbilanzen 
veröffentlichen! Bei diesen Posten könnte mehr ein 
gespart werden als« durch brutase Arheiterentlassung 
Der Unabhängige Bergarbeiterverband wird mi 
aller Entschiedenheit gegen diese Machenschaften der 
lothringischen Grubenunternehmer ankämpfen. Sie 
stellen eine horrende Ungerechtigkeit dar und der 
Gipfel der reaktionären Einstellung des lothringischet 
Großkapitalismus. 
Der Unabhängige Gewerkschaftler“. 
Erhitterter Lohnkampf im mitteldeutschen 
Braunkohlengehiet 
Im mitteldeutschen Braunkohlengebiet sind die 
Arbeiter dabei, die Kündigungsscheine zu unterschrei— 
ben. Die Ursache ist die hartnäckige Weigerung der 
BVergbauunternehmer, auch nur einen Pfennig Lohn 
erhöhung zu bewilligen. Alle Verhandlungen, die 
bisher geführt wurden, haben zu keinem Ergebni— 
geführt. Die Konferenzen der gewerkschaftlichen Ver 
lrauensmänner beschlossen daher, die Kündigung 
vorzunehmen. Wenn es inzwischen zu keiner Eini 
gung kommt, dürfte es in Mitteldeutichland zur Ar 
hoitseinstessuno kommen 
Der gesamte mitteldeutsche Braunkohlenbergbar 
hat in der Nachkriegszeit eine große Ausdehnung 
genommen. In den ost- und westelbischen Bezirken 
wurden im Jahre 1913 64 481 000 Tonnen gefördert 
im Jahre 1926 96 429 000 Tonnen. Eine Steigerung 
um fast rund 50 Prozent ist demnach zu verzeichnen 
Kon der Ausdehnung des Braunkohlenbergbaues ir 
diesem Gebiet erhalten wir eine Vorstellung, wenn 
wir die Förderung des rheinischen Braunkohlenge 
bietes mit rund 40 Millionen Tonnen im Jahre 192 
neben die oben angegebene Förderung stellen 
Ueber die Belegschaftszahl und die Lohnbildung 
orientiert die Beilage zum Reichsarbeitsblatt Nr. 21 
(1927). Danach betrug die Zahl der Rollarbeiter in 
ersten Vierteliahr 1927: 
im Oberbergamtsbezirk Halle 43 328 
im Freistaat Sachsen 6 720 
in Braunuschweig 2035 
inun Thürincen 3428 
rusa men 57511 
Der Durchschnittslohn aller Vollarbeiter (Barver 
dienst einschließlich der Versicherungsbeiträge der Ar 
beiter) betrug im ersten Vierteliahr 1927 
Dberbergamtsbezirk Halle: 
rechtselbischer Braunkohlenbergbau 5.91 Mk. (6.78 
lintselbischer Braunkohlenbergbau 6.36 Mt. (0.88 
Sachsen b,74 Mt. (1,05 
Braunschweig 6,14 Vit. (1,011 
Thüringen k386 Mt. (0.85 
Die eingeklammerten Zahlen stellen den Betrag 
dar, der als Beitrag zur Sozialversicherung von dem 
danebenstehenden Lohne in Abzug kommt. In dem 
angegebenen Lohne ist die ĩoziale Zulgge mit ent 
halten. 
Im rheinischen Braunkohlengebiet, das wir zuw 
Vergleich zwecks Würdigung des Lohnoerhältnisse— 
im mitteldeutschen Braunkohlengebiet heranziehen 
betrug der Durchschnittslohn aller Vollarbeiter in 
ersten Vierteljaht 1927 758 Mk., wovon 0.93 Mk 
Versiche rungsbetrag abgingen. Er überstieg den Lohr 
im mitteldeutichen Braunkohlengebiet un 0.82 bie 
167 Me 
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— — — — — — — 
Die Lohnbildung im rheinischen Braunkohlen 
zgebiet und in Mirlteldeutschland zwingt zu einiger 
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trömten die Arbeitermassen während der Revolution 
falt restlos den freien Gewerkschaften zu. Diese do 
minierten dort, und suchten durch allerlei Terror 
maßnahmen die „Christen“ gänzlich auszurotten 
was allerdings daneben gelang. Eines wurde abe! 
erreicht: eine Bolschewisierung der Massen. Putsch 
folgte auf Putsch, bis die letzte Kraft unnütz ver 
geudet und der gewerkschaftliche Gedanke verekel⸗ 
war. Da begann ein Massenabstrom aus den freien 
Gewerkschaften, und der gelbe Gedanke nistete sich 
wieder ein, der schon in der Vorkriegszeit hier stark 
vertreten war. Die Unternehmer foörderten eifrig die 
„vaterländischen“ Vereinigungen, die wie Pilze aus 
der Erde schossen. Rummel folgte auf Rummel, Fesst 
auf Fest, auch gab's mal Freibier und Würschtele — 
aber die Arbeitsverhältnisse verschlechterten sich zu 
ehends und der Lohn blieb zurück. Neben der läng. 
sten Arbeitszeit, auch mit der niedrigste Lohn von 
allen Kohlengebieten Deutschlands, das ist der Er— 
rolg überradikaler Maßnahmen und gelber Ergeben— 
heit und Untertänigkeit. Inzwischen gingen vielen 
Arbeitern die Augen wieder auf und schlossen sie sich 
wieder etwas mehr den Gewerkschaften an, in der 
größten Zahl den freien Gewerkschaften. Wenn wir 
jeben dieser Entwicklung die Entwicklung im rheini— 
schen Braunkohlengebiet betrachten, wo der Gewerk—. 
perein christlicher Bergarbeiter eine ausschlaggebende 
Rolle spielt, dann können wir ermessen, wie segens 
reich sachliche und von jeder Parteipolitik freie Ge 
werkschaftsarbeit für die Arbeiterschaft wirkt. Das 
Geschrei aller Radikalinskis wollten wir mal ver 
nehmen, wenn die Verhältnisse umgekehrt lägen, d. h 
wenn in Mitteldeutschland die „Christen“ und in 
rheinischen Braunkohlengebiet die freien Gewerk 
schaften dominierten. Im Interesse einer sachlicher 
Eewerkschaftsarbeit ist nur dringend zu wünschen 
daß der Gewerkverein in Mitteldeutschland erstark 
und der gelbe Vereinsrummel ausgemerzt wird 
Neben dem mögen unsere Mitglieder es sich merken 
daß die Methoden der Kommunisten immer zu eine: 
bösen Schädigung der Arbeiterschaft führen. Mittel 
deutschland, wo der „Hauptmann“ Max Hölz sein« 
Rolle eine Zeitlang spiesen kannte., ist dafür ein über 
zceudgender Beweie 
apαν 
Der neue englische Vergarbeiterverband 
Ueber die Neugründung eines Bergarbeiterverban 
des in England haben wir bereits in Nr. 28 berichtet 
Wie nun im „Vorwärts“ vom 9. Juli 1927 zu leser 
war, gehören dem neuen Verbande bereits 60000 bis 
70 000 zahlende Mitglieder an. Ueber den ersten De 
legiertentag dieses Verbandes, der vor kurzem unten 
dem Vorsitz des Parlamentsmitgliedes Spencen! 
stattfand, wird berichtet, daß die Bergbaugebiet 
Südwales, Derbyshire, Lancashire, Nottinghamshire 
Vorkshire, Durham und Schottland durch Delegiertt 
bertreten waren. Spencer führte nach dem .Peut 
schen“ u. a. aus: 
„Die Bewegung habe sich zum Ziele gesetzt, zu der 
Gewerkschaftspolitik zurückzugelangen, die vor der 
tommunistischen Invasion geherrscht habe 
Unabhängige Bergarbeitervereine hätten sich an vie— 
len Orten spontan gebildet, weil eben viele Arbeite 
mit derextremen Politik der alten Bergarbei 
tergewerkschaft nicht mehr einverstanden seien. Er se 
überzeugt, über kurz oder lang würde die Majoritä 
der Arbeiter sich mit ihren 34 und ihrem Pro 
gramme einverstanden erklären. Sie würden ver 
suchen, die alten Fehler zu vermeiden. Er betracht 
Eintracht und Wirtschaftsfrieden als die erste Be— 
dingung für ein Gedeihen der Arbeiter, aher auf de⸗ 
anderen Seite müsse man schon eine vorzuͤgliche Or 
ganisation haben, um ein Maximum an Erfiolgen iü 
die Arbeiterschaft herauszuholen.“ 
Der Führer der Seeleute, Havelock Wilson 
hieß ebenfalls die Organisation willkommen. Si 
würden Schwierigkeiten finden, aber er glaube, sie 
würden den Schritt, den sie gemacht, nicht zu bereuen 
haben. Auch Frank Hodges, einer der Führe 
der alten Bergarbeiterorganisation, aus dieser unte 
Krach ausgeschieden, richtete an die Versammlunt 
einige Worte. Er möchte sich gern ihnen eifriger wid 
men, aber seine neue Tätigkeit in dem Electricit 
Board und die Arbeit für die Firma, die er nun ver 
rete, lasse ihm wenig Zeit. Aber was er für di 
unge Union tun könne, würde geschehen. Frühe 
hätte er gesagt, sie sollten keinen eigenen Verbans 
gründen. sondern versuchen, sich innerhalb des alter 
durchzusetzen. Doch jetzt meine auch er die vallitärn 
dige Trennung sei besser. 
Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluß die Grün 
dung des neuen Bergarbeiterverbandes auf die Ent 
wicklung des unter Leitung des Kommunisten Coo 
»öllig ins radikale Fahrwasser geratenen alten Berg 
arbeiterverbandes ausüben wird. Die eine Tatsach 
teht heute schon festt Der parteipolitisch 
Wirrwarr in der englischen Bergarbeiterbe 
wegung hat die englischen Vergarbeiter geschädigt und 
zu der Gründung des neuoen Bergarbaiterperbande 
reführt 
Nummer zu 
Die Kohlenvorräte der europäischen Länder, 
unter Berücksichtigung der Grenzveründerungen nack 
dem Kriege. 
(Sichere und mahbricheinliche Vorräte his 2000 m Teufe. 
— — 
, Braun⸗- Zus. in Stein 
— —3 
Milli⸗ Wint. Wiun v 3 
art »den thatdent! 44 
Deutsches Reich 
— E ————— 1241) 33 5878 
etziger * 1808 28,33 
Frankreich 
früh. Gebietsumfang 2,60 
jegiger 273 
Zaarbecken, ohne 
Loihringen . . 182,71 2.46 
HBtoßbritannien .. 1895 2069 
Belgien. . 4 172 
Tschechoslowakei.. 3 150 
Polen.. W2319 
Furop en —1— 85 
Uebriges Europats. 1.44 
Zus. Europa.. 100 
1) Nach neueren Schätzungen werden die gewinnbaren 
Braunkohlenvorräte Deutschlands auf rund 20 Milliarden 
Tonnen beziffert. 
m Eine Tonne Braunkohle — 0,402 Tonnen Steinkohle 
Inspektion II, Grube Viktoria. In Nummer 37 war eine 
Notiz enthalten, die sich mit den Verlegungsmaßnahmen 
»eschäftigt, von denen ein Teil Köllerlaler Bergleute in 
uinliebsamer Weise betroffen wurde. Da in dieset Votiz 
auch auf Püttlinger Kameraden Bezug genommen wird, 
haben diese, soweit sie beim Gewerkverein organisiert sind. 
eine Gegenäußerung an uns eingeschickt, in der sie ihren 
Standpunkt klarlesgen. Da man beiden Teilen das Word 
einräumen muß, wenn Klarheit geschaffen werden soill, 
und damit sich kein Teil benachteiligt fühlt, geben wir der 
Püttlinger Zuschrift auch Raum. Bemerken möchten wir 
aͤber, daß es vielleicht besser gewesen wäre, unker dem Vor⸗ 
sitz der zuständigen Bezirkslester die Angelegenheit ins rich 
lige Geleise zu bringen. Auch jetzt noch scheint uns der 
Weg der richtige zu sein, damit unnötige Verärgerung er⸗ 
spari bleibt. So richten wir denn an die beteiligten Ka— 
meraden die Bitte, die Obmänner beider Gruppen zu be⸗ 
ttimmen, damit diese unter dem Vorsitz der zuständigen Be— 
zirksleiter die Angelegenheit besprechen und die notwendigt 
Verständigung herbeiführen. — Nun die Zuschrift: 
„Wahr ist, daß Kameraden aus dem Köllertal von Grube 
Hirberg nach Puͤttlingen verlegt wurden. Wir haben auch 
ein volles Verständnis dafür, daß diese Kameraden lieber 
auf den ihnen am nächsten liegenden Gruben beschäftigl 
wärten. Aber sie müssen auch für die Püttlinger Berg- 
leute, die in Frage kommen, Verständnis haben. Die Ver. 
tegung soll doch keine Dauerverlegung sein. Da darf man 
nicht verlangen, daßz wir Püttlinger, die wir nun schon 
drei Jahre nach dem Aspenschacht gehen, auf einmal wieder 
weichen sollen. Das ewige Wandern sind wir auch müde 
Wenn die Kameraden sagen, wir kreuzten uns auf dem 
Arbeitswege, so sei dazu gesagt, daß die Püttlinger Berg 
leute sich oft kreuzen. Ein Teil muß zum Aspenschacht, 
ein Teil zum Annaäschacht, ein Teil zum Mathildenschacht, 
andere müssen zum Josephaschacht, ja sogat nach Von der 
Heydt. Man kann uns doch auch nicht gut zumuten, nun 
vom Aspenschacht wegzuziehen, um nach einigen Monaten 
wieder zurückzukehren. Wir haben soviel Wanderungen 
schon mitmachen müssen, daß man auch mal einen festen 
Standort haben will. Als gefragt wurde, wer nach Pütt- 
lingen verlegt werden wolle, hat sich beim Abteilungssteiger 
niemand gemeldet. Das ist doch ein Zeichen, daß die Pütt. 
linger nicht verlegt sein wollen. Sie sind der Meinung 
daß die frische Luft, die sie auf dem Wege zur und von 
der Grube genießen, garnichts schadet. 
Was die Bemerkungen des Steigers angehen, so muß 
die Auseinandersetzung mit diesem erfolgen. Die Pütt—- 
linger SGamergdon fäkßsen sih nicht bolastet“ 
Nachruf. Unsere Zahlstelle hat durch den Tod des Ka— 
meraden Kaspat Haag einen herben Verlust erlitten. 
Immer war er eifrig für unsere Sache kätig. Er scheute 
die Opfer nicht, die jzu bringen waren. Möge sein Beisple! 
weifer wirken. Sein Andenken in Ehren 
Der Vorstand der Zahlstelle Völklingen. 
Zurücknahme. Die Aeußerungen, die ich gegen den Ka⸗ 
netaden Albert Spaniol getan habe, er wäre „Saar— 
ündler“, nehme ich mit Bedauern zurück. 
Geora Rachbronn. Hafenamf 
Bekanntmachungen 
Rucksack verlauschlt. 
Dem Kameraden Alois Bernarding aus Limbach 
Kreis Saarlouis, wurde am Samstag, den 10. September, 
im lehzlen Arbeilerzug der Frühschicht sein Rucksack mil 
Arbeitskleider verlauscht. Es wird gebeten, sich zwecks 
Umtausch bei dem Kameraden Bernardinag oder dem B⸗ 
zirbsbürs Illinagen zu melden. 
Der 39. Wochenbeitrag (Woche vom 18. bis 
24. September) ist in dieser Woche fällig. 
Für die Redaktion verantwortlich: V. Kiefer. 
Verl. des Gewerkvereins christl. Bersgarbeiter Deutschlands 
*3ra— Sorüctert PYrückerei und Verlas
	        
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