Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

Nummer 33 
Saarbrückten, den 6. August 1927 
Sahrgang 
—o— 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
Adent seden —X für die Milolleder ur — Für wirtschaftliche u. geistige Hebung Geschäftsstelle des Saat · veroknappen⸗ — F 2. 
des Bergarbeiterstandes — 
—XELLLLL 
ß träge zur tnappschaftlichen Versiche⸗ 
die Bemuhungen der Bergarbelterorganiationen — — — — 
mit Erfolg gekrönt 5 n icht. Wenn man daden das —5 
ur richtigen Jeit rief der Gewerkverein seine Lenschen, die so sehr gegen die Gewer schaften un 
en Bezirkspertrauensmänner und ihre Führer wüten, näher und tieser würdigt, dann 
Vetan iugerebner usam men. um ihnen einen tteigt ohne weiteres die Frage auf: 
wersiicea ericht üoer vas Ergebnis der Ver- In wessen AuftraghandeludieLeute? 
siner Verhandlungen und den Erfolg der jahrelanger Taß ihr Treiben den Interessen der Bergleute und 
BZemuhnngen der Vergarbeiterorganisationen auf der Sozialrentner schnurst rals zuwiderläuft. braucht 
dem Gebiete der Sozialversicherung zu geben. Die nicht mehr nüher begründet zu werden. Und ob das 
Koͤnferenz. die sich eines guten Besuches erfreute auch zur Vertretung der Interessen der Sozialrent—⸗ 
lagte am“7. Kugust im Johannishof“. Den Berich ner gehört, große Summen zum Druck und Versand 
erstattete Kamerad Jatob Miche Iy. der ja seit von Schmähschriften gegen den Reichsarbeitsministen 
einigen Jahren die Fragen der Sozialverficherunc auszugeben, mögen die Sozialrentner, die sich monat⸗ 
hauptamthich bearbeitet. lich den Beitrag von ihrer Rente absparen, mal jselbsi 
ernsthaft überlegen. Jedenfalls erwerben die Men 
schen, die mit Schmutz und Dreck arbeiten, die nur 
Verleumdungen und Verdächtigungen auszustreuen 
wissen, die unerreichbare Woltenkuckucksheime den 
Rentenempfängern vorzaubern, aber nirgende 
etwas Prakltisches für die Besserung der Lage der 
Sozialrentner kiun können, keine Sympathien für die 
Sache der Sozialrentner. Deren aufrichtigsten 
Freunde und erfolgreichsten Sachwalter marer 
und bleiben die Gewerkschaften. Die Sozialrentner 
handeln sehr klug, wenn sie schleunigst den Schwarm 
pder Schwätzer von sich abschütteln und den Gewerk⸗ 
scchaften so wie früher die Vertretung ihrer Interessen 
uberlassen, weil diese unzertrennlich mit denen der 
xttftiven Arbeiter verbunden bleihbhen — 
Die Konferenz schaffte die nötige Klarheit. Es ist 
daher angebracht, die Ausführungen des Kameraden 
Htichely ziemlich ungekürzt hier zu veröffentlichen. 
Unsere Mitglieder haben dann das notwendige Ma—⸗ 
terial zur Hand, wenn sich Diskussionen über die 
Sozialversicherung entspinnen oder wenn Angriffe 
auf uns erfolgen. Wir raten daher allen Mitglie⸗ 
dern, diese Nummer sich aufzuheben. Sie haben 
dann jederzeit ein abgerundetes Bild uüber den Stand 
dieser wichtigen Frage. Notwendig ist es besonders, 
an Hand dieser Nummer Aufklärung in die Kreise 
der Sozialrentner zu tragen und ihnen unverblümt 
zu sagen, was ihnen frommt und was ihnen schadet. 
Wenn unsere Mitglieder auf der ganzen Linie die 
Aufklärung und Belehrung vornehmen, dann wird 
den öden Schwätzern und unverantwortlichen Hetzern 
der Voden schon entzogen. 
Noch nie herrschte so viel Wirrwarr und Unklar—⸗ 
heit über die Sozialversicherung in Kreisen der Ren— 
lenempfänger wie gegenwärtig. Noch nie wurde auch 
so viel geschimpft und getobt in Kreisen dieser Leute 
wie heute. Sie schimpfen auf die Gewerkschaften, sie 
schimpfen auf die Parteien, sie schimpfen aufs Reich 
S angeblich, weil diese Körperschaften ihre Interes⸗ 
jen „verraten“ hätten. Sie reden davon, daß ihnen 
biele Millionen Goldmark durch die Schuld der ge⸗ 
nannten Körperschaften voreuthalten worden wären 
Sie ereifern sich gegen die Gewerkschaftsführer, 
treuen Verdächtigen gegen sie aus und suchen das 
Vertrauen der aktiven Arbeiter in die GGemertichaften 
zu untergraben. 
Diesem unverantwortlichen und durch nichts ge⸗ 
rechtfertigten Treiben kann und darf der Gewerk— 
verein nicht mehr länger stillschweigend zusehen 
ßandelt es sich bei den Haupischreiern doch fast aus⸗ 
sahmslos um Leute, die entweder niemals Arbeiter 
waren oder aber während ihrer akttiven Tätigkeit 
teiner gewerkschaftlichen Organisation angehörten. 
Genau so wie während ihrer altiven Tätigteit rein 
egoist ische Motive fie bestimmten, der opferreichen ge⸗ 
werischaftlichen Arbeit sich fern zu halten und doch 
mitzuernten, sind es auch heute die genannten Triebe 
die sie zu ihren Hetzliedern auf die Vergarbeiter— 
organisationen bewegen. Wer während jseiner aktiver 
Arbeitszeit Mitglied einer gewerkschaftlichen Orga 
nisation war, weißß ganz genau, was sie für die 
Sozialrentner geleistet haben. Er weiß es auch, 
weiche Umstände und Kräfte hier im Saargebiet die 
restlose Durchführung der von den Bergarbeiterorga⸗ 
nisationen im Interesse der Sozialrentner immer 
wieder erhobenen Forderungen verhinderten. Wer 
das Ringen und Streben der Vergarbeiterorganisa 
tionen im Dienste der Sozialrentner selbst miterlebte 
wird niemals solch blödsinnigen Vorwürfe erheben 
wie sie heute aus Kreisen der Sozialrentner hoch— 
steigen. Weil diese Vorwürfe völlig aus der Luft 
gegriffen sind, verlangt es allein schon uniere Ehre 
entschieden dagegen Front zu machen. 
Aber auch aus anderen Gründen noch ist es die 
höchste Zeit. daß gegen das gewissenlose Treiber 
energisch Front gemacht wird. Unsere aktiven Berg 
eute können es sich nicht mehr länger gefallen lassen, 
daß Nichtarbeiter oder solche Menschen, die irgendwie 
Schiffbruch gelitten haben, die Sozialrentner gegen 
die Bergarbeiterorganisationen hetzen und das wich— 
tigste Fundament der genannten Organisationen, das 
Vertrauen zwischen Mitgliedschaft und Führung zu 
antergraben suchen. Das Handeln dieser unverant— 
wortlichen Burschen birgt zwei großze Gefahrmomente: 
einmal eine Schwächung der Stoßkraft der aktiven 
Rergleute, und sodann eine Lähmung der einziger 
wirtsamen Kraft, die für die Sozialrentner praktischt 
kErfolge erzielen kann. Liegt schon eine fast wahn— 
sannig anmutende Anmahung darin, im Kampic 
zegen die Gewerkschaften Fortschritte auf sozialem 
Hebiete erreichen zu wollen, so ist andererseits daes 
zanze Treiben nur daru angetan, die Sozialrentnet 
selbst in empfindlichster Weise zu schädigen. Sie 
müßsen sich doch darüber tlar sein, daf 
die attiven Bergleute ein gewichtige? 
Wort mitzureden haben, ob die Bei— 
Verliner Verhundlungen und Soziaipersicherung des Suurgehietes 
VDie Sozialversicherung des Saartgebietes ist im Begriffe. 
nit Hilfe der verschiedenen Versicherungsträger im Deutscher 
keich sich in ein neues Gewand zu kleiden. Die vielen Ar— 
eiten und Mühen der gewerkschaftlichen Organisatione 
»es Saargebietes sollen in naher Zukunft ihr Anerkennt— 
nis finden dadurch, dafz die Leistüͤngen in den einzelnen 
zweigen der Sozialversicherung des Saargebietes dergar! 
sestaliet werden, daß eine annehmbare Lehensholtung de 
303iolrentnor vosicherf erichoint 
franken abgeliefert hat. Nach den eigenen Aussagen der 
elsaß-lothringischen Rentenempfänger und ihrer Vertreter 
haben die elsaß-lolhringischen Sozlalrentner bis heute von 
diesen 90 Millionen Goldfranken nichts verspürt. Der 37 
zösische Staatssäckel hal schelnbar dieses Geld aufgesaugt 
und die in Frage kommenden Versicherten in haßtew 
ringen haben das Nachsehen. Wir glauben nicht, daß es 
uns bessert ergangen wäre, wenn Deukschland sich veranlaßt 
lafzt Pleen hätte, die in 54 der Anlage zum Saarstaluk 
zorgesehenen mathemalischen Reserven (die ja meist nur 
iktid waren), an den französischen Staat zu überführen. — 
Die Gewerkschaften des Saatgebietes haben sich in den 
vergangenen Jahren viel Mühe gegeben, 
die Verhältnisse in det Sozialversicherung des eete 
so zu gestalten, daß eine Befriedigung der Sozialrentner 
möglich gewesen wäre. Wenn wir 8 oftmals verdrossen 
waren wegen dem geringen Ergebnis unserer Arbeiten, so 
haben wir krotzdem die Flinte nicht ins Korn geworfen, 
sondern welter gearbeitet und gekämpft, um unseren So— 
zialrenktnern zu helfen. Wir hätken manches Mal und auch 
heute hinreichend Grund zum Verdrusse gehabt und erklären 
können: „So, jetzt können mal die Krilisierer und Besser- 
wisser arbeilen, nun übernehmen wir mal deren Rolle.“ Wie 
haben es aber nicht getan, weil uns das Wohlergehen der 
Sozialrentner doch mehr am Herzen lag. Wie werden wir 
heute noch oft angegriffen, was wird uns alles vorgewotfen 
betreffend Pflichtverletzung und Vernachlässigung: wir kön- 
nen aber mit ruhigem Gewissen von uns behaupten. daß 
wir gerade auf dem Gebiete der Soeseeteercnhee 
Pflicht voll und ganz getan haben. Dieses innere Bewußt- 
sein strengster Pflichterfüllung hebt uns über alle Anwürfe 
hinwedg. die uns von unmaßgoblichen Stolson hereifetf morhen 
Die mathematischen Reserven 
Es ist allgemein bekannt, daß die Soialpersieruns de 
Zaargebietes vom Jahre 1919 ab bis zur Hälfte des ver 
jangenen Jahres eine kaum entschuldbare Vernachlässigung 
arg die maßgeblichen Behötden und Instanzen szuert 
hat. Es war für uns alle eine zu Herzen gehende be 
zauerliche Erscheinung, daßz man alle Anträge der Gewerk 
chaften auf zeitgemähze Gestaltung der Sozialrenten, alles 
Bitten und Flehen der Rentenempfänger selbst unbeachte! 
ieß. — Unsere Knappschaftsältesten wissen sich besonders 
zu erinnern, daß man uns in den ersten Jahren des Saar 
legimes bei allen Anträgen auf Erhöhung der knappschaft 
ichen Leistungen vorhieit, wir möchten uns nach Deulsch- 
and wenden, damit die Reichsregierung veranlasse, daß die 
malhematischen Reserven an das Saargebiet zur Auszahlung 
gelangten. Wir dürfen heute kurz datan erinnern, daß die 
zeiden Bergarbeiterorganisationen sich darum bemühten, eine 
Klärung det Frage zu erreichen, ob Deutschland tlatsächlich 
berpflichtet ist. die mathematischen Reserven zur Auszah- 
lung zu bringen. Im Jahre 1924 haben wir darüber ein 
gehend in Berlin verhandelt und mußten wir uns über— 
jeugen lassen, daß eine Verpflichtung Deutschlands, die ma— 
ihe maltischen Reserven an Frankreich zu zahlen, nicht be 
ilteht. Es ist uns auch gelungen, den geführten amtlichen 
Schriftwechsel abschriftlich zu erhallen und war aus diesem 
Schriftwechsel heraus ebenfalls klat zu erkennen, daß keine 
Berpflichtung Deutschlands besteht. Uebrigens hat Frank. 
reich zuerst den Schriftwechsel aufgegeben, jedenfalls, weil 
die französische Regierung erkanni hat, daß rechtliche An—. 
sprüch laute 4 der Anlage zum Saarstatut wirklich nich 
hestehen. Der letzte Satz aus 8 4 lautet wohl: 
Deutschland'hat dem französischen Staat die versiche 
rungstechnischen Reserven der von dem PVersonal er 
dienten Renten zu übermitteln.“ 
Wir können uns heute freuen, daß der Streit um die 
Auslegung des 84 nicht in dem Sinne erledigt wurde, daß 
Deutschland die versicherungstechnischen Reserven an den 
ranzösischen Staat auszahlte. Wir können es uns ver 
agen, auf die rechtliche Seite dieser Frage einzugehen 
nur eines möchten wir feststellen: wir haben Orund zu den 
Annahme, daß, wenn Deutschland tatsächlich die versiche 
rungstechnischen Reserven an den französischen Staat aus 
gezahlt hätte, die Versicherten des Saargebietes davon nich 
zen geringsten Vorkeit gehabt hätten. Als Beweis für dies 
Auffassung führen wir an, daß Deutschland an den franzö 
ischen Staat als Abgelkung für die versicherungskechtliche; 
Rerpflichtungen in ülsak Koshringen Millionen Gold 
HYie Wurzhurger Verhandlungen 
Wenden wir uns nach dieser kurzen Einleitung dem be— 
onderen Stoffe zu, behufs defsen wir uns heute hier zu— 
ammengefunden haben. Sie alle wissen, daß sich die Reichs— 
regietrung auf Grund der gewerkschaftlichen Anträge des 
Saaurgebietes und im Hinblick auß die Tatsache, daß die So— 
zialrentenempfänger des Saargebietes als deutsche Staats— 
bürger sich in einer elenden Lage befinden, veranlaßt ge— 
sehen hat, mit der Saarregierung in Verhandlungen ein— 
zu treten über die Frage, wie den Sozialrentnern des Saar⸗ 
gebietes geholfen werden könnte. Diese Verhandlungen 
haben ansangs Rovember vergangenen Jahres in Würz— 
burg statigefunden, und wurden dortselbst bestimmte Richt— 
linmnien betreffend die Leistungsaufbesserung in der Sozial- 
versicherung des Saargebietes zwischen den beiden Regie— 
rungen vereinbdart. Wir nannken diefe Richtlinien schlecht— 
hin das „Würzburger Abkommen“. Da aber verschle— 
dene amtliche Stellen, die sehr am formalen Worlausdruch 
hängen, datan Anstoßz nahmen, so wollen wir das in Bu 
zurg Vereinbarte nicht mehr als Abkommen, sondern als 
Mäarihnrger Nichtlinlien“ horoichnen In dieson RNicht
	        
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