Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Samstag, den 17. Juni 1923. „Der Saar⸗Bergknappe“ 
aungsforumlare und sonstige Drucksachen. Trotz größ- Alles in allem sind wir im Berichtsjahre leidlich 
er Sparsamkeit ließ sich eine bedeutende Steigerung veggekommen. Da größere Streiks vermieden werden 
»er Ausgaben für die Sauptverwaltung nicht vermei- onnten, war es uns möglich trotz der ungenügenden 
den. döhe der Beiträge noch etwas zurückzulegen. Das 
Lermögen des Gewerkvereins stieg um 12810 637 10 
VNark. 
Das Vermögen des Gewerkvbereins 
ietzt sich wie folgt zusammen: 
1. Barbestand der Hauptkasse am 
Jahresschluß... . . 
2. Darlehen an Bruderverbände. 
3 An Grundstücken und Häusern 
in Essen Schützenbahn 64 und 
36, Heerlen, Herzogenrath, 
Zaarbrücken, Altenkirchen 
Bottrop, Oboerhaufen Reckling- 
nusen, Gelsenkirchen, Mün— 
bon, Mörs, Bochum, Hamm. 
dortmund, Liblar, Neurode 
nach Abzug der auf einigen 
ioch ruhenden, im Angenblick 
ruicht kündbaren Hypotheken 
ind einer Abschreibung von 
O Proz. des Wortes für Ab— 
aut tzung “.* 
finrichtungen und Vüchereien 
»er Hauptgeschäftsstelle, der 
Zezirksgeschäfisstellen und der 
Rechtsschutzbiires ... 
Finrichtungen und GSüchereien 
er Zahlstellen ... 
Zarbestand in den Zahlstellen— 
tassen (ein kleiner Betrag in 
Frank wurde nach dem amt— 
ichen Kurse in Wark umge— 
echnet) .. .. 
Barbestand in den Bazirks— 
assen (auch hier wurde der im 
Zaarrevier vorhandene Frank— 
etrag umderechnef) .. . 457 8314,630, 
Insgesamt W348 191,71 Mtk 
Der Hauptvorjftand. 
Imbusch. 
Für Büchereien und sonstige Bildungszwecke wur« 
den 339 976,96 Mk. ausgegeben. Wir werden im u 
enden Jahre für Bildungszwecke noch erheblich grö— 
zere Ausgaben haben, wenn wir den Anforderungen, 
zie gerade auf diesem Gebiete an uns gestellt werden, 
entsprechen wollen. Luf allen möglichen Gebieten müs— 
len jetzt unsere Kameraden ihren Mann stellen. Wir 
müssen ihnen die Möglichkeit geben, sich die für diese 
Arbeiten notwendige Bildung anzueignen. 
Während wir im vorigen Jahre für Streik- und 
Peaßregelungsunterstützung 113552,86 Mk. ansgege— 
en haben, verlangte der gleichz Vosten im Berichts— 
ahre ꝰ I96 13631ꝛk. 1 
An Arbeitslosenunterstützung mußten 252 90080 
VPet. gegenüber nur 3t 995415 Markf im Vorjahre ge—! 
vährt werden? 
Die Ausgaben an Krankengeld betrugen 2357 302,320 1 
Hark gegenüber 1006 350,70 Mark im vergangenen 
Jahre. Unsere Ausgaben an Krankengeld haben sich 
ilso weit mehr als verdoppelt. 
Eine geringe Steigerung haben die Ausgaben an 
Sterbegeld zu verzeichnen. An Sterbegeld gewährten 
wir 203 447 Mk. gegenüber 186 720 Mik. im Vorijahre. 
Ein größerer Betrag wurde wieder für Mobilien 
und Immobilien ausgéegeben. Wir kauften für den 
Gewerkverein in verschiedenen Städten Häuser, damit 
vir in ihnen in Zukunft unsere Büros unterbringen 
önnen. 
Ebenso wie in früheren Jahren mußten wir auch 
nal wieder notleidende Bruderverbände durch Dar— 
ehen unterstützen 
kin interessanter 
Sewerkschaftsstreit 
Die Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten 
ijacht in der letzten Zeit viel von sich veden. Der 
etzte Streik im Eisenbahnbetriebe wurde von ihr ins 
VBerk gesetzt. Diese Reichsgewerkschaft ist eine beson— 
ere Fachztruppe im „Deutschen Beamten; 
und“. Im Doeutschen Beamtenbund sind bisher 
ußer den Eisenbahnbeomten die Post-, Justig- und 
fommunalbeamten zuiammengefößt worden, Der 
zeamtenbund will parteipstitisch und resfi— 
fiös neutral sein. In ihm sind noch Mitalieder aller 
»arteipolitischen Richtungen, von den Kommunisten 
is zu den Deufschnationalen zur Vortretung ibrer 
Eine größere Steigerung wiesen auch die Beiträge 
in den Gesamtverband auf. Der Gesanpverband 
onnte mit den bisherigen Mitteln ebensowenig aus— 
'ommen, wie wir mit den früheren Beiträgen. Im 
aufenden Jahre wird auch hier eine weitere Steige—- 
ung nicht zu vermeiden sein. 
æu 
Für unsere Frauen 
nit einem heftigen Türzuschlagen und Herausstürmen des 
zungen und mit heißen Tränen der Putter. Senfzend 
agt dann eine solche arme Ftau: „Ich lasse doch den 
zungen an allem teilnehmen, alle Lustbarkeiten macht er 
nit und doch ist er stets so verdrießlich“ Es kobimt dieses 
»er Mutter wie ein Rätsel vor und doch ist es keins. Ihr 
Zohn findet bei seinen Vergnügungen wohl die Lust, aber 
iiemals die Freude. Und od die Lust befriediat wird 
der nicht, in jedem Falle folgt ihr stets die Enttäuschung 
ind damit die Unzufriedenheit quf dern Fuße. Seldst die 
zrößte Lust ist nur ein kurzes Aufltißen und — um bei 
em Vergleich zu bleiben — es groll und donnert nur zu 
chneil hinterher. Das geist'ge Leben des Menschen ver— 
angt aus narürlichen Motven herans nach einer gehalt— 
olleren Nahrnng. Ebensowenig wie der Leib des Men— 
chen ein zu vieles Kuchenessen verträgt, kann das geistige 
rdeben eines gesundene Menschen in einer iteten Kirmes 
uft gedeihen. 
Wie schon gesagt, ich weiß nicht, wie es dir mit deinem 
zohne geht. Wenn du nicht einen „Windbeutel“, sondern 
inen charaktervollen tüchtigen Menschen aus ihm machen 
oillst, dann führe ihn in seiner freien Zeit einer ernsten 
Seschäftigung zu. Eine ernste, sinnvolle Tätigkeit befrie— 
gt den Menschen immer noch am meisten. Das hqt eine 
wte Weißheit, deren Wahrheit du sicher oft genug bestä— 
igt gefunden hast. Am zufriedensten bist doch doch stets 
ann, wenn du des Abends auf eine gut gelungene Tages— 
irbeit zurückblichen kannst. Dann erst wirst du in der 
eEchten Stimmung andere Freudequellen aufsuchen. Dein 
Zobn verrichtet gewiß eine schwere Berufsarbeit. Trotzdem 
zerjügt er noch über viel freie Zeit. Diese muß er mög 
chst gut und zweckmätzig ausnutzen. Eine außerordentl'ch 
xrtvolle und zweckmähige Arbeit für einen jungen Knap— 
en ist die Gewerkschaftzarbeit und für diese 
Urbeit suche auch du deinen Jungen zu begeistern. Wie 
otwendig die Gewerlschaften und vor allem unser Ge— 
verkverein ist, wurde dir schon an anderer Stelle gesag! 
ind du hast als verständige Frau die Notwendigkeit einer 
tarken Organ jation der Bergknappen sicher selbst schon 
mpfunden. Gewerlschaftsarbeit ist aber nun nicht nur 
Nännerarbeit, wie du vielleicht glauben magst. Auf die 
rühaeit'qe Mitwirkung der Jugend kann umer keinen Um 
a 
1 
a 
—XB ⏑ 72— 
J V. 
Mutter! Was macht dein Sohn 
in seiner freien Zeit? 
Von Wilhelm Wiedfeld 
Vutter! Hast du einen Sohn, der auf der Grube 
chafft? Ja, nun dann schenke mir und dir ein klein 
wenig Zeit zu einem Plauderstündchen. Persönlich kenne 
ich dich nicht, aber eine gewisse Achtung habe ich doch schon 
vor den Müttern im Saargebiet. Ich will dir auch ver— 
raten, weslalb. Brave, tüchtige Söhne habe ich im Saar—⸗ 
gebiet kennen gelernt, und wo diese sind, da müssaæen 
gute Mütter sein. Gute Mütter aber achtet man 
nicht nur, man vertvaut auch auf ihre Hilfe. Und sie hel— 
en doppelt gern, wenn es zum Besten ihver Kinder ist. 
Das weiß ich und deshalb wende ich mich auch heine mit 
ziner dringenden Bitte dir au. 
Viele Bergacbeter — starke, 
Auge und lebenslustige Menschen Auch dein Sohn ge— 
dört zu ihnen Sei froh darüber Aper so recht von Her— 
zen froh kannst du doch dann erst sein, wenn dein Sohn 
eine jungen Kräfte und seine guten Fähigkeiten auch in 
der rechten Weise verwertet. Ob dein Sotzn es tut, weiß 
ch nicht genau, aber eine grosze Zahl junger Kameraden 
ut es leider nicht. Noch kuͤrzlich ist mir getlagt worden, 
zaß bei vielen nicht nur ein leicheer Sinn, sondern ein 
zroßer Leichtsinn triumphiere. Von einem Vergnügen 
ging es zum anderen. Ulle Energie und Kraft zit wirtlich 
guten Leistungen geht so verloren. Und doch, wirlliche 
Freude findet kaum einer dabei. Das tägliche Leben zeigt 
rus immer wieder: Je mehr der Mensch seichten Ver— 
znügungen nacheilt, umso unzufriedener wird er. Diefe 
nznfriedenheit zeigt sich dann besonders in der Famitie. 
hier fommt es gzu unerquidlichen Aus einande rsetzuugen. 
Dit einem mürrischen Gelicht fängt es an und es endigt 
Seite 8. Nr. 24. 
virtschaftlichen Interessen vereinigt. Der Beamten 
und gehört keinem der drei aewertschaftlichen Spitsen- 
erbände an. 
Durch den Eisenbahnbeamtenstreik ist nun im 
deutschen Beamtenbund ein heftiger Mei— 
aungsstreit entbrannt. Die linksradikalen Ver— 
reter der Reichsgewerkschaft Menne und Scharf⸗ 
schwerdt, sind trotz heftigen Widerstandes zur 
deitung der Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahn— 
eamten berufen worden. Damit ist der Bestand der 
Reichsgewerkschaft“ und des „Deutschen Beamten— 
zundes“ sehr in Frage gestellt. Es wird gemeldet, 
aß einige Fachgruppen bereits ausgeschieden seien. 
Es ist nicht ausgeschlossen, daß der bisherige „Ein— 
*verband“ der Beamten in mehrere Teile aufge— 
öst wird. Die Beinihungen der Sozialdemokraten, 
einen Teil der Beamten in ihr Lager zu ziehen, wer— 
nen mit aroßer Kraftanstrenaung fortgesoßt 
Dieser Vorgang ist sehr lehrreich Um partei—- 
olitischer Machtgelüste willen wird 
zine neutrale Berufsorganisation der Beamten zer 
schlagen. Nach Aenßerungen von Menne und 
Scharfschwerdt und sozialistischen Zeitungen soll der 
zoutrale Beamtenbund zu einer linksradikalen 
Zlassenkampforganisation gestempelt 
verden. Es ed sich also hier der— 
selbe Vorgang wie in der deutschen 
Arbeiterbewegung vor 30 bis 40 Jah— 
ein. Wer also auch heuse noch an der Existenzberech- 
tigung unseres Gewerkvereins und der christlichen 
Bewerkschaften zweifeln sollte, wird durch diese Vor⸗ 
Jjänge eines besseren belehrt. Das Gerede der Kom— 
nunisten und Unionisten von der möglichen Einheits— 
ront der Arbeiter wird durch die beabsichtigte Zer— 
rümmerung des Beamtenbundes treffend als unehr· 
ich umnd demadgogisch widerledt 
Gesetz und Recht 
Wegen fahrläfsiger Körperverletzung 
and am t19. Mai 1828 ein Schießmeister unter An—⸗ 
laße. Er wurde beschuldigt, durch Unachtfamkeit die schwere 
derletzung eines Arbeiters verschuldet zu haben. Die Be— 
eissnufnabme eraab folgenden Tatbeitand 
DTer Schießmeister sollte einen Schuß absetzen. Vor Zün⸗ 
ung desselben sandte er einen Schlepper der Kameradschaft 
n den Querschlag und den andeven in den „Sumpfen“. 
Der letztere ging aber nicht in den „Sumpfen“, sondern 
zing dem anderen Schlepper in den Querschlag nach. Der 
Zchießzmeister übersah das aber, glaubte also den Zugang 
zum „Sumpfen“ gesichert und gab den Schußß ab. Wäh— 
end der Explosion kam ein Arbeiter aus einer Seibenstrecke, 
e zum „Sumpfen“ in gerader Linie von der Schußstelle 
führte und wurde an einem Fuße iechr erbeblich verletzt. 
Der Bergrevierbeamte Groß (früher Cbersteiger), der 
en Hergang des Unfalles unterfuchte, erstattete bei der 
taatsanwaltschaft Anzeige wegen fahrlässiger Körperver— 
etzung und trat in der Hauptverhandlung vor dem Schöf— 
tänden verzichtet werden. UAus diesem Grunde sind in 
zast allen Zahlstellen besondere Abteilungen für die jungen 
dnapren gebildet worden. In diesen Jugendabteilungen 
nuß sich dein Sohn betätigen. Dann wirst du deine 
zreude an ihm haben 
Die Jugendabteilungen des Gewerkvereins sind gute 
Lewertschafls- und Charakterschulen. In unseren 
jungen Knappfen steckt ein starkes Selbständigkeits— 
zefühl, ein heftiges Verlangen nach Freiheit und ein 
ungestümer Tatendrang. Das sind erfreuliche Zeichen. 
ünechtsseelen und unsolbständige träge Menschen können 
veder unseren Stand, noch unser Volk emporführen. Um 
diese Energie und Kraft unserer Knappenjugend in die 
ichstigen Bahnen zu lenken, haben wir unsere Jugend- 
bteilungen entsprechend eingerichtet. Die jungen Knappen 
haben in der Ingendabteilung das Recht der Selbst⸗ 
»erwaltung. Sie müssen sich allerdings, da die Ab⸗ 
teilung nur ein Glied der Zahlstelle ist, dem Zahlitellens 
vorstand unterordnen. Sie wählen sich aber selost ihre Vor— 
tands- und Vertrauensmänner. Diese sorgen dafür, daß 
den übrigen Witgliedern die „Knappenjugend“ zugestellt 
vird, daß die Beiträge monatlich einkassiert werden. Die 
Jassenvecwalung liegt ebenfalls in den Händen des jungen 
Vorstandes. Er muß Buch führen über Einnahmen und 
Ausgaben. Versammlungen werden von der Jugend ab- 
zehalten und wird über diese Verünnginsuncçen ein Vroto— 
oll geführt. 
Das alles scheint auf den ersten Blick garnichts besondeves 
zu sein und doch ist es sehr bedeutungsoll. So ist die Lei⸗ 
rung der Abteilung durch Jugendliche recht wertoll. Tüch— 
iae junge Menschen bekommen Gelegenheit, ihre guten 
Anlagen aurzuwerten und ihre Fähigleiten zu erproben. 
Mit ihren Ausgaben wächst ihr Mut und ihr Vertrauen in 
die egene Kraft. Sie werden zu größeren Leistungen an— 
zjespornt. Sie müssen, für ihre Verhältuisse, viel über— 
ehen, Pr Blick weitet sich so. Mit dem Vertrauensamt 
ibernehmen sie auch Pflichen Der Sinn für Verante 
vortung wird in ihnen geweckt. Bei der Ueberwindung 
von Schirterigkeiten, mit denen jede Jugendabteilung zu 
echnen hat, wird ihre Energie und Rusdaue ge⸗ 
tärkt. Dur« das regelmäßige Austragen der „Knabppen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.