Samstag, den 27. Mai 1922.
Es wird bestimmt erwartet, daß nun auch im Revier
ne Beschlüsse der Generalversammlung von den Zahl—
tellenvorsitzenden und Vertrauensmännern prompt
nurchgeführt werden. Viele Schwierigkeiten wird es
nicht geben, da die meisten Mitglieder Gewerk-
schaftler geworden, die Leistungen ihrer Organi—
ation zu schätzen wissen und für ihre Standesvertre⸗
kung Opfer zu bringen gewillt sind. Vorwärts mit
Mut, Energie und Tatkraft. Der Erfolg der Beitrags⸗
eform muß ein Mitgliederzuwachs sein. Erfülle jeder
an seiner Stelle seine Pflicht gegenüber der Organisa—
ion, sorge jeder einzelne, ob Vertrauensmann, Vor⸗
tandsmitglied, Sicherheitsmann oder Knappschafts⸗
—
starke Kassen hinter sich hat. Die Arbeit wird sich
doppelt und dreifach lohnen. Die Organisation wird
dadurch in die Lage versetzt, kampffähig zu bleiben.
Sie kann und wird unbeirrt ihr Ziel weiter verfolgen
wie im Statut des Gewerkvereins in 82 Abs. J nieder⸗
gelegt ist, nämlich Erreichung der wirtschaft—
lächenundkulturellen HebungdesBerg—
arbeiterstandes.
Sonderbestimmungen
lür Bezirk Saarrevier zur Satzung des Gewerkvereins
hhristl. Bergarbeiter Deutschlands vom 1. August 1821.
SEintrittsgeloͤ
311.
Ziffer 1: Das Eintrittsgeld beträgt 1 Fr.; für
Jugendliche under 16 Jahren und Arbei⸗
erinnen 6,50 Fr.
Beitraͤge
8 12.
Biffer 2: Der wöchentliche Beitrag belrägt:
*
Bei einem Dur
schnittsloy ·
— —
on 429
9182
12- 11
15⸗17 *7
17 20 —⸗— — 11. 80 —
Bei weiterem Steigen der Durchschnittslöhne er⸗
hohen sich die Beiträge für je 8 Fr. Lohn um weitere
„B Fr. Hauptkassen⸗ und um 0,05 Bezirksbeitrag. Er⸗
mäßigen sich die Durchschnittslöhne, so tritt für je 83
Fr. Lohnsenkung eine Beitragsermäßigung um d,ð
FFr. Hauptkassen⸗ und 0,05 Fr. Bezirksbeitrag ein.
Ziffer 3 der Satzung findet sinngemäße Anwen⸗
dung für das Saarrevier.
8iffer 4: Involide Mitglieder zahlen einen Wo—
chenbeitrag von 0,10 Fr. Hauptkassen⸗
und 0.08 Ir. Bezirksbeitrag zusammen
gleich 0,15 Fr. Gesamtbeitrag.
Biffer b: Mitglieder, die vorübergehend die Berg-
arbeit aufgeben (GBeurlaubte) können
durch Zahlung des 0, 15-Wochenbeitrages
hre erworbenen Rechte an Rechtsschutz,
Sterbegeld usw. sichern.
Marken und Abonnementsquittungen
F 15.
Ziffer 8. Der Hauptkassenbeitrag sowie die Ein—
nahmen aus dem Verkauf von Aufnahmemarken
und Abonnementsquittungen werden ohne jeden Ab⸗
zug an die Hauptkasse abgeführt.
Lon den Einnahmen der Bezirksbeiträge erhält
die Zahlstellenkasse einen Betrag in Höhe von 10
Proz. der Einnahme für die Haupttofse Der übrig⸗
hleibende Rest der vereinnahmten Bezirksbeiträge
muß an die Bezirkskasse abgeführt werden.
Aus der Hahlstellenkafse werden die Ausgaben der
ZahlstelleEntschädigung der Vertrauensleute, Vor⸗
itzenden und Kassierer usw. — nach 8 40 Ziffer 2
-bestritten. Die Verteilung der Botenlöhne usw.
Mitglieosbuch und Mitgliedskarte
8 16.
8iffer 3. Für den Ersatz verloren gegangener Mit⸗
gliedsbücher wird eine Gebühr von 0530 Fr. erhoben.
Maßregelungsunterstützung
8 20.
8iffer 1. Die Unterstützung beträgt:
bei einem Hauptkafsenbelirag von 0.,20 Fr.:
23 pro Tag 1,60 Ir.
dei einem Hauptkassenbeitrag von d60 Ir.:
pro Tag 1,50 Fr.!
dei einem Hauptkassenbeitrag von 0,75 Fr.
pro Tag 250 Fr.
bei einem Hauptkassenbeitrag von 1— Fr.:
pro Tag 3,50 Ir.
bei einem Hauptkassenbeitrag von 120 Fr.:
pro Tag 4,50 Fr.
dei einem Hauptkassenbeitrag von 146 Ir.
vro Tag 5,50 Ir
Arbeitslosenunterstũtzung
8 21.
Biffer 1. Sie beträgt pro Tag bei einem
»Saar-Be⸗raknanne“
Hauptkassen⸗
deitrag von:
Ir⸗⸗
—
—
4 —⸗
Rrg
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nach
et
—
*
§
5
2*0
2*0
10
Unterstützung bei Krankheit
8 .
Ziffer 1. Die Unterstützung wird nach sieben
tägiger Krankheitsdauer (also vom Beginn der zwei.
ten Krankheitswoche an) gewährt und beträgt bei
—Bi
7
8.
320
8. 40
daupikafsen ⸗
beitrag vo⸗
pro Tag..
pro Woche J 40
— dre⸗
1.48
1L-4
— —— — 6. — 7. 80
Ste⸗ negeloͤ
827.
ziffer 1. Nach einer Beitragsleistung von
Wochen wird ein Sterbegeld gewaͤhrl bei einem
Hauptkassenbeitrag von
60 Ir. 075 Ir. 1.- Fr. 1,200 Ir. 1,45 Fr.
0.- Fr. 12,50 Ir. 16 — Ir. 17,380 Fr. ,- Fr
Im übrigen richtet sich die Höhe des Sterbegeldes
nach der Gesamtsumme der geleisteten Hauptkassenbei⸗
räge. Das Sterbegeld wird unter Berücksichtigung
enden Grundsatzes nach folgender Tabelle aus
gezahlt:
geleisteter
au ptkafsen⸗
LAMiVAMAM-
—
de⸗
Mßei
fete
Betrag
des
Kterbegeldes
xXxes.
r 7
. 23
* — —R —
Allgemeine UnterteAtzungsbedingungen
8288.
Im ersten Jahre der Franrenwährung wird an Un⸗
rstützung gewährt:
Im 1. Vierteljahr die bisherige Unterstützung in
Markwährung. J
bon der 14. Woche an wird die Krankenunterstüt-
zung in Frankwährung gezahlt. J
Alle übrigen Unterstützungen werden von der MN.
Woche an in Frankwährung gezahlt nach diesen
Sonderbestimmungen.
früher gezahlten Mark- und Pfennigbeiträge
verden bei Beginn eines jeden Unterstützungs-
falles in Frank und zwar zum Kurse von Mk.
für einen Frank umgerechnet und hiernach die
Mitgliedszeit und die Söhe der Unterstützung
derechnet.
Entschadigung der Zahlstell en⸗
Verwalt ungon
45.
zkffer 2. Von den Einnahmen der Bezirksbeiträge
rhãlt die Zahlstellenkasse einen Betrag in Höhe von
9 Proz. der Einnahme für die Hauptkasse. Der
ibrigbleibende Rest der vereinnahmten Begzirksbei—
räge muß an die Bezirkskasse abgeführt werden.
die Botenlsöhne der Abonnenten fließen gemz in die
Zabhlstellenkasse.
Streikoroͤnung
Unterstützung.
83.
Ziffer 4. Die Höhe der Streikunterftützung richtet
sich nach der Beitragsleistung und beträgt vro AÄr-
beitstag bei einem
M
Hauptkassen⸗
beitraa *
—X
—3
hon
B(
Ziffer RFür die Chesrau und jedes unter 16 Jahre
alte erwerbslose Kind pro Woche 1.— Fr. bzw. 080
Fr. mehr.
deschlossen in der außerordentlichen Revier⸗Generol⸗
versamnung für das Saarrevier am 14. M 180
Seite 8. vVir. 11.
Diese Sonderbestimmungen treten am 1. Juni 192
m Kraft.
vn
Die gegenwärtige Situation
im Bergbau der Welt.
Der Bergbau der Welt steht vor schweren Erschütte⸗
ungen. Die durch den Friedensvertrag geschaffene
Situation ruiniert nicht allein die Betriebe, sondern in
erhöhtem Maße die Existenz der Arbeiter. Sie haben
die schädlichen Folgen dieser Politik in vollem Um—
'ange zu tragen. Die Arbeiter der Siegerstaaten hat⸗
sen an ihrem errungenen Erfolg keinen Vorteil ge—
habt. Der Sieg hat ihnen Leiden gebracht, die zu un⸗
erträglichen Zustaͤnden heranreifen. Wenn heute in
en Siegerstaaten, die eine hochentwickelte Industrie
hr eigen nennen, der Wunsch nach einer Revision der
rriedensbestimmungen laut wird, ist dies nur auf die
ollständig ruinierte Wirtschaft zurückzuführen. Die
Macht der Verhältnisse wird zu einem Ausgleich der
Interessen selbst diejenigen zwingen, die heute noch
iede Gemeinschaft mit dem Besieglen ablehnen.
Unter der zerrissenen Weltwirtschaft wird der Berg⸗
bau die Hauptlast zu tragen haben. Die gewaltigen
Kämpfe, die im Laufe der Monate im Bergbau von
der Arbeiterschaft geführt werden mußten, geben Zeug⸗
nis von den ungünstigen Lohn⸗ und Arbeitsbedin⸗
gungen, unter den in diesen Ländern gearbeitet werden
muß. Es kommt hinzu, daß bei allen Ausständen die
Nachbarländer sich sofort auf die Absatggebiete der frů·
eren Freunde gestürzt und, selbst die Industrie im
Streikgebiet auit Kohlen versorgten. Die internatio-
aale Solidarttät der Arbeiter versagte. Die eigene
Not machte biind gegenüber den Bedürfnissen des an⸗
»ern. Die er zvungene Kohlenlieferung durch Deutsch·
and hat die Leiden dieser Arbeiter noch vergrößert.
Der englische Bergbau hatte im letzten Jahr einen
Iusstand erlest wie er in diesem Umfange in der Ge⸗
chichte des Bergbaues nicht verzeichnet steht. Durch
en vorhandenzn Kohlenüberfluß, weiter durch die
Tatsache, daß Frankreich, Belgien und Amerika den
päter entstandenen Kohlenmangel deckten, ging der
Streik verloren. Die Folgen waren fürchterliche Lohn⸗
eduzierungen. Die im englischen Bergbau gezahltlen
dohnsummen betrugen im letzten Jahre
im 1. Quartal noch 79 290000 Pfd. Sterl.
im 2. Quartal noch 4194 000 Pfd. Sterl.
im 8. Quortal noch 41079 000 Pfd. Sterl.
im 4. Quartal noch 38 402 000 fd. Sterl.
Das letzte Quartal brachte den englischen Bergarbei⸗
ern, gegenüber dem ersten Quartaäl einen Lohnver⸗
ust, von 41 Millionen Pfund Sterling. Der durch⸗
chnittliche Verdienst eines Bergmannes war
im Forst de an im März 1921:
noch 18.50 Schilling pro Schicht
m Forst de an im Nov. 1921:
F noch 5.10 Schilling pro Schicht
in Süd-Wales im März 1921:
noch 14.90 Schilling pro Schicht
in Süd⸗-Wales im Nov. 1921: *
noch 6.50 Schilling pro Schicht
Der eichnen Verdienst sank auf 840 Schilling
oro Schicht in acht Monaten. Durch diese Lohnredu—
ierungen konnte die englische Kohle, nach Aufnahme
»er Arbeit, billig auf die Märkte geworfen werden.
Die verlorenen Absatzgebiete hatte man schnell wieder
urückgewonnen. Die jetzige englische Konkurrenz
drückt auf den Markt. Abfatzschwierigfeiten, Tohn—
eduzierungen und Feierschichten stehen in den von der
ronkurrenz betroffenen Ländern an der Tagesord-
rung. Die englische Kohle ruiniert gegenwärtig den
solländischen Bergbau vollständig.
Der gegenwärtige Kampf im amerikanischen Berg⸗
zau lenkt die Aufmerksamkeit der Welt auf sich. Ame—
ika ist reich?. Zu dieser Auffassung kommt nur der⸗
enige, der den Reichtum eines Landes nach den Gold—⸗
eständen der Banken berechnet! Die Arbeiterschaft im
Bergbau kämpft dort um das tägliche Brot. Viele von
hnen leben in Zelten und sind auf Wohllätigkeit an—
gewiesen. Während dort Hunderttausende streiken,
beiten die anderen weiter. England und Frankreich
ꝛereiten gewaltige Kohlensendungen nach dorten vor—
Das Ende dieses Ausstandes kann unter diesen Um—
tänden leider nicht zweifelhaft sein. Geht der Aus—
tand verloren, wird die amerikanische Kohle durch re—
duzierte Löhne und verbilligte Gestehunaskosten wie—
der in Europa erscheinen.
Der französische Bergbau wird durch die deutsche
Reparationskohle ruiniert. Er wird volitischen Zielen
geopfert. Ein Auflehnen dieser Arl er, wenn sie es
omeit bringen sollten, ist zwecklos. Der Wahn, eine
herrschende Weltmacht zu werden, macht blind gegen⸗—
über den Leiden Himderttausender.
Deutschland hat gegenwärtig noch Kohlennot. In
den Strudel der Ereignisse wird auch der deutsche Koh—
enbergbau gezogen.
So steht die Bergarbeiterschaft der Welt vor gewal-
igen Aufgaben. Sie können nur gelöst werden wenn
die Völker hald erkennen, daß ihr bisheriges Verhal⸗
en den Untergang aller bedeutet. Der Selbfiervai-—
ungstrieb wird die Bergarbeiter zwingen, dahin zu
pirken, daß diese Gedanken sehr bald Gemeinout aller
dänder werden.