Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Samstan, den 29 April 1922 
erste in Höhe eines Drittels der Darlehnssumme, 
rühestens nach Fertigstellung der Grundmauern zur 
Luszahlumng kommen. Das zweite Drittel wird nach 
leberdachung des Neubanes und das leste Drittel bei 
zänzlicher Fertigstellung gezahlt. Der Nachweis der 
Erreichung der einzelnen Bauabschnitte ist durch die 
Bescheinigung eines amtlichen oder eines vom S. K. V. 
ꝛestellden Vertrauens ·Bausacwverständigen au führen. 
Vor Auszahlung der ersten Rate pruß die hypothe⸗ 
tarische Eintregung der pollen Darlehnssumme auf 
das Grundstück gemäß der Anlage nachgewiesen wer— 
den. 
Die Auszahlung des letzten Drittels erfolgt erst, 
wenn eine genügende Versicherung des au beleihenden 
Bebaudes gegen Brandschaden nachnewiesen ist 
Daß die erste Rate erst nach Fertigstellung der 
Frundmauern zur Auszehlung kommen josl mag als 
Härte gelten. Dieselbe war aber nicht zu verme den. 
Man nahm bei Beratung noch an, daß der Eibauer 
ev el Krodit oder Eigenapital hobe, um sich solange 
ohne Geld behelfen zu können. Die Knappichasisrer- 
waltung stellt jedem, der ein Haus kaufen oder bauen 
wvill, sofort eine Bescheinigung aus, daß der Käufer 
»der Erbauer das Geld erhaält, sobald die vorgeschrie 
enen Bedingungen erfüllt sind. Diese Bescheimgung 
mag als „Kreditschein“ immerhin erhebliche Bedeu 
rungq hahen. 
Wie soll die Squld abgetranen werden? 
Das Darlehn ist mit 4 Progent zu verzinsen. Ferner 
nußz das Darlehn mit mindestens 4 Prozent getilgt 
verden. Angenommen, ein Baufustiger brauch 6000 
xIranken. Er muß dann jährlich 480 Frant od. 40 Frank 
monatlich abzahlen. Je mehr er abtrügt, desto bejser 
ür ihn und für den Knaptschafteberein Ddie Zahl der 
Baulustigen war am 20. April anf 417 angegehen. 
Man wird wohl im laufenden Jahr-mit immerhin 
00 bis 800 Anmeldungen zu rechnen baben. Wenn 
nuich nicht alle Anträge noch im Laufe des Johres 
dielleicht wegen Mangel an Banmaterial drer Hand⸗ 
werkern voll erledigt werden können, so werden doch 
mimerhin azwei bis drei Mislionen Framken für Dor 
ehn zuriickgestellt werden müssen. Je größer die Zahl 
der Rückzahlungen ist, desto meht dernabare Beträge 
ergeben sich für neue Darlehn. Mit einer Verzinsung 
und Tilgung von 8 Prozent des Darlehn ist das selbe 
in etwa 17 bis 18 Jahren zuruckgezahlt. Nimum man 
vn, daß die Miete einer neuen Werkswohnung 50 bis 
30. Frauken monatlich befragt, vbne daß dann eine 
höhere Verzinsung des Anlcnekapibls bhrutonnt 
Für unsere Frauen 
An die Mutter 
D Mutter, du, die in so schwerer Zrit 
So ganz dem Wohle ssich der Ihren weihzt: 
Ich kenne deine Sorgen, weiß von deiner Nor 
und deiner Kräfte ganzent Aufgebot. 
Ningt schwer der Mann in diesen schweren Tagen, 
—A doch 4u tragen 
Dubleibe immer uns der gute Geist, 
Der aus der Zeiten argem Elend weis't, 
Der Eintracht Hort, wahr deines Hauses Ruhr 
Und bann' des Mannes schlimmen Hader du. 
dehr' deine Töchter still nad sittsam schreiten 
Uund deine Söhne für die Ordnung streiten! 
And heischet Opfer sireng von dir die Pilicht, 
Dann, Mutter, liebe Mutter, zög're nicht! 
Nur Opfersinn hebt uns vom Grund empor. 
Jugehe du getrost den anderen vor, 
Und Enkel werden dich in hohen Weisen 
Als Retterin des Vaterlandes preisen. 
v. Kerfina. 
x 
„Unser““ Gewerkverem 
Von Margarete Wolff 
Es gibt heute noch im zwanggsten Jahrhundert in 
Deutschland, in diesem Deutschland, über das alle Stürme 
der Welt gebraust sind, Frauen, die es ungern sehen, 
aß ihre Männer organijiert sind. Erstens und haupt⸗ 
ãachlich kostet der Verband Geld, ad da bönnte man doch 
io schön zu Haus gebraude Mariechen geht zur 
rsten heiligen Hommunion und da muß doch alleß 
neun angeschaffst werden. Der Franz hat schon wie— 
der die Steejcl durchgelausen, es rjt schreckkich, was 
der für Sohlen zerveißt, und die Mutter, ja Putter 
jelbst hätte gar zu gern dieses Jahr zu Ostern tinen neuen 
dut gehabt, aber von sich wollte fie schon gar nicht reden 
Das Geld ist es ja auch nicht allein. Aber daun geht der 
Rann in die Versammlungen, und wenn er mal zu Saus 
ift, liest er im Sanr⸗Bergknappen“ umnd n anderen der 
mugen und Büche rn und was er ihr davaus verzählt, das ist 
VDerSaar-Beratnappe“ 
o kann aber der Beromann dirch diesen Weg mit 
twas Eigenkapital mit dem gleichen Betraa zu einem 
xigenheim kommen. 
Wer ein Baudarlehn will 
at vorzulegen 
Was fehlt? 
Was fehlt im Wirtschaftöͤleben des Sanr⸗ 
zebietes? Um die Antwort zu geben, brauchen * 
iicht viele Worte gemacht zu werden; ein Blick 7 
auf die arbeitsrechtliche Siellung des deutschen 
Arbeiters gibt sie. Der jahrelange Kampf der 
zeutschen Arbeiter um Anerkenunng im Betrieb, 
uim Beseitigung des „Herrim-Hause“ Stand 
zunktes ist doch auch der Kampf der Sagrarbei⸗ 
er, den hier wie dort die Sehnsucht diktierte, 
im Betrieb eine Heimat zu sinden. Der deutsche 
Arbeiter könimt ietzt im Betrieb zur Geltung, 
ohn, und, Weheitsverhältnisfragen finden durg 
Institute Regelung und Schlichtung, die au 
»em Gedauten der Parität und Selbstverwal- 
ung aufsgebaut sind. Der Saararbeiter hin— 
egen muß zusehen wie dort die Wünsche seiner 
Sehnsucht nach und nach Verwirklichung finden, 
r selbst aber keine andere Stellung im Betrieb, 
in der Arbeit eingeräumt erhält. Mag man 
zxuch künstliche Gebietsgrenzen gezogen haben — 
in Auseinanderreißen der die gesamte deutsche 
Arbeiterschaft (und dazu gehört nach wie vor 
die Saararbeiterschajt) bewwegenden Gedanken⸗ 
velt und Triebkräfte ist damit nicht erreicht. 
Ddie Sehnsucht und der Teieb nach neuen Ar— 
eitsformen hüben und drüben ist identisch; sie 
önnen daher hier nicht gewaltsam ausgeschaliet 
verden. Solange der Sagrarbeiterschast das, 
vas ihre dentschen Arbeitsbrüder schon besitzen 
und noch öekommen, vorenthalten wird, ist 
keine Grundlage zur wirklichen Festigung des 
Wirtschaftslebens im Saargebiet aegeben 
J 
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. eine unbeglaibigte Abschrift seines Grundbuch 
blat tes, 
2. die Bauzeichnung, und 
3. Kostenvorunschlag bei Nenbanten. 
Denjenigen Bauhustigen, die bereits einen Antrag 
nuf ein Tarlehn gestellt bahen. geit von der Knapp- 
o sançaveilig. da läuft sie doch lieber zur Nachbarin und 
nacht mit der einen Schwatz. 
Er ilt siolz auf seinen Beruf; denn ohne die Vergarbei— 
er und ohne die Kohle, die sie fördern, müßten alle Wen- 
chen zu ECrunde gehen. Vielleicht könnten noch ein paar 
vilde Völter in den heißen Ländern, wo sie kelnue Hlei 
ung brauchen und ihnen die Früchte in den Mind wachen 
esteben, aber alle, alle quderen brauchen die Kohle zum 
reben. Nicht nur im Herd und im Ofen, nein, noch dringen 
eer braucht man sie in den Fabrikem, wo die Menscher 
veben und jpinnen, wo Pflug und Sense hergestellt würd 
vo Wiege und Sarg, VBeit und Komode, Messer und Gobel 
bfanne und Töpfe, Scheere und Nadel gemacht wird. Alld 
rauchen sie, und weil alle fie haben müssen, wollen sie alle 
aß die Kohle auch gefördert wird. daß Menschen berei 
ind, die unter mühseligen Anstrerguncen die Kosle dem 
choße der Erde entreißen. Eins halte man aber lauge 
eit hindurch vergessen: Die Boergmänner, die ihr Leber 
mn Dienste aller einsetzen, auch so zu behandeln, zu achten 
nd zu bezahlen, wie es ihrer gefahrvollen und wichtigen 
erufstätigkeit entsprach 
Jda, man würde solches beute noch tun, wenn der Berg 
ann allein dastände, maan würde dem Einzelnen sagen: 
Wenn es dir nicht paßt, kannst du ja gehen, dann tritt 
n anderer an deine Stelle.“ Aber der Bergmann steht 
aicht mekr allein, der Gewerkvercin umschließt ihn wie 
in steinerner Wall. Wie der WMörtel die Steine veorbindet, 
o verbindet die Orgarisation die Kameraden unterein— 
mder. Keiner kam vom Siurm ausgerissen und zer—⸗ 
hröckelt werden. Die Midgliedsbeiträge zum Gewerkverein, 
die machen fich hundertfach bezahlt, durch die höheren 
döhne, die er für die Bergarbeiter erkämpft, durch die 
ãcherheitsmaßnahmen, die er mit errungen und über 
enen er wacht, durch die größeren Rechte, die er für sie 
worben hat. 
Gewißßz, der Mann muß auch in die Versammlungen 
ehen. Stolz muß die Frau sein, die einen Mann hat, der 
nittut, wo es fich darum handelt, seinen Stand vorwärts 
ju bringen. Eine Frau müßhbe sich ja schämen, wenn sie 
inen Maun hätte, der hinder dem Ofen säße und die ande⸗ 
en für sich und seine Familie arbeiten hieße, oder der 
zar ins Wirtshaus geht und dort vertrinkt, was mit so viel 
Schreitz und Miche derdient ist. Es gibt heute leider woch 
ele, die denten, se lönnten die Not des Paterlandes, die 
Seite 8. Nr. 17 
chaftsverwaltung ein Vertragsentwirrf und Abschrift 
er Richtlinꝛen au. Der Vertragsentwurf wird auf den 
rsten Anblick ekwas hart erscheinen. Wan mußz aber 
ʒerückfichtigen, daß der Knappschaftsvorstand für die 
nundelsichere Anlage der Darlehn die Verantwortung 
ind zivilrechtliche Hafrung trängt. Natürlich wird bei, 
urch Unglücks- oder Krantheitsfälle eingetretener 
Zahlungsschwierigkeiten Nachsicht geübt. Dafuͤr garan- 
iert der Einfluß, den die Knappichaftsmitalieder durch 
hre Vertretung im Vorstand haben. Die Häuser müs— 
en natürlich, ihrem Wert entsprechend, gegen Feuers⸗ 
zefahr versichert werden Daß unsereé Mitalie— 
der ihre eigene Fenerversicherung im 
Deutschen Gewerkschaftsbundbenüten, 
halten, wir für selbstverständlich Die 
hezirksleitung dieser Feuerversicherung besfindet sich in 
dohrbach bei St. Ingbert, Kaiserstraße. Wer sich ein 
us erstellt hat und versichern will, wende sich — 
e kein Vertrauensmann am Orie ist — an diese 
üdresse. 
Mit dieser Neuerung der Erlangung von Darlehn 
vpurde zweifellos ein guter Weg zur Behebung der 
Vohnungsnot gesunden. Der Wert des Knappschafts- 
ereins erhält damit aber auch eine neue Beleuchtung, 
ie von den Mitgliedern zweifellos entsprechend be⸗ 
uhtet werden wird. 
Gesetz und Recht 
Das Reichsmietengesetz 
Die gesetzgebenden Körperschaften des Deutschen 
eichs erließen unter dem 24. März d. J. ein Geset 
iber die anderweitige Regelung des Mietpreises— 
Spätestens am 1. Juli 1928 soll das neue Gesetz in 
draft treten. Dasselbe war bei der Beratung sehn 
imstritten. Fast keine Partei, mit Ausnahme der 
iußerston Linken, konnte sich für das Gesetz erwärmen. 
Es kam daher als Kompromißarbeit mit geringer 
Nehrheit zustande. 
In dem Kampf der Meinungen über diees Gesetz 
ür oder wider Stellung zu nehmen soll nicht Aufgabe 
»es folgenden Anfsatzes sein. Wir wollen den wesent⸗ 
lichsten Inhalt des Gesetzes zunächst den Kameraden 
zur Kenntnis bringen, die ußerhalb des Saar- 
gebietes wohnen, da dort ab 1. Juli 1922 das Gesetz 
gelten soll. Diesen Kameraden empfehlen wir, den 
Artikel sich Muf zu he ben, Sodann sollen auch die 
m Saargebiet (wo dieses Gesetz nicht gilt) wohnen« 
en Kameraden mit der Regelung des Mielwesens in 
Deoutschland bekaunt pperden. 
— — — — — — 
eigene Not omm besten bei Tanz und Lustigkeit vergefsen. 
Heute ist noch Geld da, warum soll es nicht heute ausge⸗s 
nchben werden. Wer weiß. mas morgen ist. Ja, so kann 
nan sich wohl betäuben für einen Abend oder eine Nacht, 
»er der nächste Morgen ist umso häßlicher und beerer. 
Da gibt es einen andeven Weg. Mithelfen, Mithand⸗ 
icgen, daß es besser wird, mitaufbauen von unten auf. 
inm einenen Stand muß man anfangen, da weiß man am 
Iren, wo der Schuh drückt, was anders werden muß bei 
uderen und bei sich selbst. Bergmänner sind ernste, be⸗ 
innliche Leute; das bringt die Arbeit unter Tag so mit sich. 
Blücklich der Bergmann, der zu Haus eine Frau findet, 
die sich nicht nur nach der Plackerei im Haushalt mit dem 
Manne amüsieren, sondern die ihm wirklich eine Gefähr⸗ 
in sein will, wie sie es ihm einst vor dem Altar versprochen; 
ꝛer er erzählen kann von der bitteren, schweren Not der 
Arbeiterschaft in der Zeit, als es noch keine Gewerlkschaften 
zab, eine Not, wie sie sie jezt — dank dem Gewerkverein 
— nicht mehr kenreit. Der er berichten kann, was der Ge⸗ 
verfverein schon getan hat, was er noch weiter tum will, da⸗ 
mit auch in das dunkle, schwere, von der Sonne geschiedene 
reken des Bergmanns unter Tag so viel Licht als möglich 
cheint. Nicht das grelle Biitzlicht der Kinos und Tanz⸗ 
äle, das die Augen blendet, sondern das Licht, das in uns 
ufgeht, wenn wir die großen Zusammenhänge zwischen 
inserer kleinen Arbeit und der Volks- und Weliwirtschaft 
ennen und verstehen lernen. All' die schweren, großen 
Bedanken bewegt der Mann bei seiner Arbeit langsam in 
ceinem Hirn. Und wenn er nach oben kommt in sein 
daus, dann sucht er die Gehilfin, die Gott ihm gegeben hat, 
seine Frau, die nicht nur für ihn kochen und waschen und 
bichen und sein äußeres Leben ke'len soll, sondern die, zu 
der er seine erniten, grüblerischen Godanten trägt. Von 
hm soll sie dernen, was ihm sein Gewertverein geworden 
st, Edtzer vor äußerer Not, Heber zur inneren 
Freiheit. Mit ihrem praktischen, hellen Tagesverstand soll 
ie ihm in seiner Arbeit helfen, nicht nur die Beiträge 
ür ihn zahlen, wenn er zur Schicht ist, sondern die 
Frauen, die Mütter der Kameraden aufklären, daß sie auch 
nii Hand ans Werk legen. Neben dem Band, das die 
Blieder einer Familie umschlingt, neben der großen Bluts— 
ind Schichsalsge meinschaft der Kinder eines Volkes, umgibt 
ie Berufsgenossen noch ein besonderes Band, das Band 
er Organifation. In einer rechten Ehe, einer Ehe, wis 
Bott sie gewollt hat, jteht auch hier die Frau neben dem 
Nannc, es ist nicht sein“, es ift nser“ Geweéepirerein.
	        
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