Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Samsetag, den 18. RNovemder 1922. 
Prozentsatz einschränken wollte? Würde man die 
ehe proktischen Erfohrungen der Bergleute 
und Steiger hier mehr zur Geltung kommen lassen 
— 
befser. Dasselbe gilt auch bezüglich der, Abbau⸗ 
methoden, in denen die praktischen Vergleute im Laufe 
ihrer Dienstzeit viele wertwwolle Erfsahrungen gesam—⸗ 
melt haben. 
Ein anderes Steckenpferd, das die Baue heimsncht 
heigt Rundfahrt, Xundseilfördernng. Man muß 
Luftdriuck sparen heißt es und fragt nicht, ob es über— 
haupt geht oder nicht; es wird eben befohlen. Wer 
wollte da Einwendungen machen, wenn der „heilige 
eist“ anordnet? Niemand; selbst Oberpriesier 
schweigen; ein verständnisvolles Ja — wird gemacht 
- einerlei, wie es sich auswirkt. Und kommt der 
Chef und findet es schlecht, dann verleunnet man sich 
—DD 
lich immer Recht. 
Soll es weiter rentabel sein, vorgerichtete enorm 
teure Vaue zu ersäufen, um spüter, wenn Absatz da 
ist. zu fümpfen? Niemals! Warbirm ist hier die 
Rentabilität mit einer Tonne pro Kopf schon aus 
reichend⸗ẽ 
Etwas ist allendings bis dato gut unten gelungen 
Der Ingenicur pricht mit den Knappen außerst lohal 
x28 gibt keine Vorwürfe, alles ist bon“ und nach der 
Fahrt schlucken über Tage, wenn iman sich iapfer ver 
leuonet hat, ein oder einige Steiher . Bon-dons 
von der tenersten Sorte. Dann ist wegen einer 
offenen Barriere eine gange Abteilung nicht in 
Ordnung wegen eines gebrochenen Bohlens auf der 
Wasserroösche könnte man ihn umbringen, wegen gu 
kräftigem Holz nu Abbau muß er den Unlecschiet 
bezehlen, bei starker Kurvenbildumg in Grundsireder 
ist Einbuße am Einkommen sicher, Sinlen der Förder⸗ 
leistung um 100 Klg. gemigt, um eimge Puncte zu 
kürgen, wogen einer Wasserlache in einer Strecken. 
senkung heitzt es Prämie wen, und so dibt es eine 
uner dliche Reihe, die immer dazu berechnet is 
Arbeiter und Beamte hintereinander 
u hetzen, denn man weiß es gong genaus daß da⸗ 
e gar viele Handhaben bietet, den 
notigen Nachdruck hierzu zu verleihen. Deshalb 
waren noch immer namhafte Vertreter der Beamten 
—gen dieses Sostem, denn ein Vegmter, dessen 
— man daurch Prämien nochhelfen miß, ifst 
eine armselige Figur. Und auch heute noch in die 
Acehrzahl der Beamten gegen die Pramien, weil daee 
beleidigende Moment, das darin legi, cher zu- viss 
abgenommen hat. Und wenn manche Becmte gegen. 
übher den Bergleuten den richtigen Ton vermissen 
lassen (worüber wir im „Saar⸗Berglnappen“ schon 
manche bittere Klage zu führen gezwungen waden), 
dann ist dies nicht, zulet dem Prämiensystem zu 
danken. (Auch die Berglente müjssen dahin wirken 
daß dieses System abgeschafft wirnh. Sie haben es 
doch schon längstens am eigenen Körper verspuͤrt. daß 
der Heil oben angesettt wird und bei ihnen so rech 
s Wirkung kommt. D. Red.) Ich muß hierbei 
ctonen, daß ich nur von Wahrnehmmngen rede, die 
ich auf einer bestimmien Inpektion gencht; au! 
anderen Gruben des Reviers werden diese Verhöltniff⸗ 
mehr oder weniger ähnlich vorliegen. 
w 
Ein —VV 
Die Kommunistische Partei des Sdcargebietes, die 
sich stolz Sektion der revolutionären Moskaner In⸗ 
ternationale nennt, macht in den letzten Tagen und 
Wochen recht eifrig Reklarne für einen Kongreß aller 
Arbeiter des Saargebieis. Wenn man ihre aufge 
blasenen Aufrufe ließt, dann hat man den Eindrug 
als ob dieser Kongreß den „Stein der Weisen“ ent— 
decken werde, das heißt, das Mittel fände, das uns— 
frei und ledig von jeder Sorge und Beschwerde machte. 
Gewiß, wenn eine Besserung der bestehenden Zustäunde 
mit Schlagworten sich erreichen ließe. dann müßte den 
Kommumisten schon die Paline zufallen, da sie bekannt 
sich mit diesen nicht sparen, um so mehr aber mit 
der Leistung praktischer Arbeit, die sie ruhig den von 
hnen so viel begeiferten Gewerkschaften uͤberlafsen. 
Vit Schlagworten ist aber noch niemals den Arbeitern 
gedient gewesen, find noch keine Mißftaände aus der 
Welt geräumt, worden. Sie sind zwar geeignet, füůr 
den Augenblick Menschen, die nicht iefer denten, zu 
herauschen oder zu unbesonnenen Taten hinzureißen. 
Gewiß, gibt es der Mißstände jn der heutigen Zei 
gar viele. Wer hätte nicht zu klagen über Teuerunc 
und Wucher, über Wohnungsnot und Lieblofigkei 
der Menschen und wie die Plagen der heutigen Zeit 
alle heißen. Aber werden mit kommunistischen Schla⸗ 
gern Teuerung und Wucher aus der Welt geschafft 
erstehen dadurch mehr Wohnungen, wird durch sie der 
Lersailler Vertrag beseitigl, der neben dem Ferieg die 
Wurzel so vieler Uebel der heutigen Zeit ist, wird 
durch Phrafen eine Produktionsmehrung erzielf, die 
geeignet wäre. Teuerung und Wuscher zu poralysieren 
wird durch tönende Worte die Not vder Alten und 
Gebrechlichen aus der Welt geschaffte Wenn es damit 
getan wWöre, dann müßten in Ruüßland, dem Lande 
vo der Komtuunismus in Reinkultur sich sspiten 
J 
»DerBagar⸗Bergrnappe 
konnte, die Arbeiter mit Phrasen besoffen gemach 
wurden, wahrhaft paradiesische — herrschen 
Leider mußten die russischen Arbeiter bei zwölfftün. 
diger Zwangsarbeit und dünner Suppe, die durck 
„Staatsküchen“ verabfoölgt wurde, wãhrend Trotzt 
„glänzende Paraden' nach zaristischem Stil“ abhielt 
die traurige Erfahrung machen, daß das kommuni ⸗ 
stische Paradies gar eitel Dunst ist, daß nirgendwe 
die Freiheit so vergewaltigt wird, wie im Lande der 
Trotzki, Lenin und Radek, deren Befehlen die kommu— 
nistischen „Sektionen Denutschlands uiimd des Saar 
gebietes“ blindlings zu folgen haben. In keinen 
Lande wütete der Hunger und der Würgengel Tod 
in solch schaudervoller Weise, wie dort, wo die meisten 
Phrasen in den letzten Jahren gedroschen wurden, we 
dunderttausende über die Klinge springen mußten 
weil sie den hirnverbrannten Blödsinn nicht mit 
machten oder bekämpften, wo sich heute der auslän 
dische Kapitalismus wieder breit machen kann, wei 
man den inländischen in blindem Fanatismnus get 
schlagen hatte. Nein, von Seiten der Kommunisten 
kann keine Hilfe aus den Bedrängnissen der Zei 
kommen. Sie können keinen Aufbau vollbringen 
ihre Tat ist Zerstörung, Vermehrung der Uebel 
Schauen wir doch nach Frankreich wo den Kommu— 
nisten die Spaltung der sozialiftischen Gewertschaften 
zeglückt istß Was haben sie damit erreicht? Daß sick 
das Unternehmertum breiter machen kann denn je 
Angewidert von dem arbeiterschdigenden Treiben 
der kommunistischen Maulhelden haben sich die Arbei 
ter von den Gewerkschaften gewandt, in denen nu 
mehr Auseinandersezungskämpfe zwischen gemaßigte 
und revolutionärer Richtung staltfanden, praktische 
Arbeit aber unterlassan wurde. Derweil rüstete das 
Unternebmertum und ist jetzt dabei, die Arbeiterschaf 
in die frühere Zwangslage hineinzuzwängen. Alle! 
nur durch die Schuld der Kommnunisten, die eben nun 
Zerstörung vollbringen. Und Zerstörung ist aud 
hr Ziel im Saargebiet. Wenrn die Zeustörun 
erreicht ist, wenn sie Gewerkschaften geschwächt haben 
das Unternehmertum dann seine wahre Natur wiede 
unverhüllt zeigen und enisprechend handein kann 
dann verschwinden die Kommuniste 
von heute wieder ins gelbe Lager vo, 
zestern,aus dem diese Gestalsen mei 
tensgekommenfind. 
Vorwärts Brüder, unverdrossen, 
Bis ihr weileren Gieg gewinnt; 
Schande dem, der unenischlossen 
Abseits sieht und sich besinnf. 
Der kommumistische Saararbeiterkongreß“ wird ein 
Redekongreß“ werden, wie alle kommunistischer 
Leranftalkungen. Leute, die zum großen Teil kein 
gewerkschaftlichen Opfer bringen, haben kein Recht 
sich als Führer und Berater der Ärbeiler aufzuspielen 
Die Sache der Arbeiterschaft wurde bisher erfolgreid 
durch die Gewerkschaften verkreten und ver sie ferner 
hin, erfolgreich vertreten wissen will, hat nur dafür 
zu sorgen, daß die Kommunifien auf ihr kleines Häuf 
lein beschränkt bleiben und ihre Zersetzungstätigkein 
durch den gesunden Verstand allet Gewerkschaftler ver 
eitelt wird. Nur durch die Gewerkschaften ist die Ar 
heiterschaft aufwärts geführt worden, während der 
Kommunismus sie in den Sumpf führt. Ihm gil⸗ 
daher unser Kampf. Daraus ergibt sich auch unsere 
Stellung zu dem „Saorarbeiterkongreßz“ der von 
einem chriftlichen Bergmann nur schärfste Ablehnung 
»rfabhren mik. 
m 
—F 
Deut chlandsz Leistungen —L 
— 
Keparatignen. 
Durch den Vertrag von Versailles sind dem deutschen 
Volke furchtbar schwere Verpflichtungen aufgezwun— 
gen worden. Abgesehen von den Gebietsverluster 
soll Deutschland Repargtionen in Höhe von 382en 
liarden Dollar gleich 132 Milliarden Goldmark lei 
ten, eine Summe, die in Papiermark sich fast nich 
mehr ausdrücken läßt. An Gebieten sind Deutschland 
verloren gegangen: ElsaßLothringen, ein Teil Nord 
schleswigs, Malmedy und Eupen, die Provinz Posen 
Westpreußen zur Bildung des polnischen Korridors 
nach dem Meer, der größte und wertbonite Teil de— 
induftriellen Oberschlesiens. die Siodit Danzig mi 
Umland, Memel und für 18 Jahre das Saargebiet 
dessen Gruben franzosischer Staatsbesitz wurden, sowie 
ämtliche überseeischen Kolonien. Ein großer Tei 
des Nationalvermögens ging so Deutschland derloren 
abgesehen von den Verluften, die durch den ausfallen⸗ 
den Produktionsertrag und Steuerertrag dieser sehr 
wertvollen Gehiete Deutschland enistanden sind Do 
dentsche Volk ist kroß diefer gewaltigen Veschneidung 
redlich bemüht, den Reparotionsverpflichtungen nach 
ukommen. Nichtsdestoweniger behaupten führend⸗ 
ranzösische Staatsmänner. so noch Minisfterpräfiden 
Selie 8. Nr. Aa. 
Poineare vor einiger Zeit in einer Rede, was Deutsch 
land feit dem Waffenstillstand an Wiedergutmachun⸗ 
gen geleistet habe, bedeute ein Nichts, wenn man 
berücksichtige, daß Deutschland bei Kriegsende nur 
eine auswärtige Schuld von ganz unbedeutendem 
Umfange gehabt habe. Was Deuischland nach dem 
Waffengtillstand geleistet habe, sei nicht mehr als rund 
4 Milliarden Goldmark. Enitgegen diesen Behaup— 
tungen gibt die „Deutsche Allgem. Ztg.“ eine Auf— 
stellung der wirklichen Leistungen Deutschlands und 
bemerkt dazu, daß die mit 182 Milliarden Goldmark 
im Londoner Zahlungsplan festgesetzte deutsche Repa⸗ 
rationsschuld eigentlich schon bezahlt sei 
Wir geben, damit auch unsere Mitglieder sich ein Bild 
über die deutschen Leistungen machen können, aus der 
Aufstellung der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ 
folgende Zusammenstellung wieder: 
Direlte Leistungen: 
J. Bor⸗ und Sachleistungen. 
in Goldmar 
1. Reichse und Staatseigentum in den 
abgelverenen Gebieten 5 400 000 000 
3. ohne Amerila⸗Echiffe 4400 000 000 
3. Ruͤcklaßgüter 1800 000 000 
4. Rollendes Eisenbahnmaterial und Er⸗ 
fatzterle, ferner Eisenbahmvagenpurk in 
den Intetunosgebieten 
uben 
b. ee⸗ Maschinen für den Wieder⸗ 
an fbau 
7 en Kols und Nebenprodukte 
— 
9. Binnenschiffe enmaterial, 8 Eisen⸗ 
——— über den In 
VUeberseetabel 
10. Bergverwabtung. Farbstoffe, Schrott⸗ 
erlöse, landivirtschaftliche ¶ Maschinen 
— der amer ansichen Sas, 
m 
132 000 00 
ESumane 1: Goldmart 168318 000 000 
V. Barleistungen. 
in Goldmar 
1. Bis 31. Mai 1021: 
Devisen 150 000 000 
Gold der Reichsbank 68 900 00 
Kredite 270 000 000 468 000 000 
2. Bis 81. August 1021: 7 
Goldankauf 16 000 d00 
Eilberloinbard 000 000 
Devisen 489 000 000 
Außertem 87 000 000 
* 
ð99 000 O 
3. 8 Raten zu 31 Millionen Mark 248 000 000 
2. 9 Raten zu b0 WMillionen Mark 100 000 00 
58. 1 digte zu 38 Millionen Mart J 838 000 00 
6. 23 Proz. aus dem Recovery Aet bis 
31. Degember 1021 36 100 000 
dto. bis 1. Juni 1822 81 300 000 
1. Auzgleichkverfahhren bis nach dem 
1. Juni 1922 —XRXC 
Sumana II: Goldmmark 2198 470 000 
III. Interne Besahungssosten 14 Mil- 
liarden Papiermart 
IV. 815 Milliarden Pa⸗ 1030 XX 
Piermark 
V. Kolon ijalschäden 260 Milliarden Pa— 
pier mark 
VI. Verlust der deutschen Ansprüche an 
unsere Kriegsvorbundete —AV— — 
VII. Deutsches liquwiertes Eigenlium im 
Ausland 11 700 000 000 
Insgesamt: Goldmark 88 242 970 000 
Die indiretten Leistungen 
find, wenn man sie auch gunächft in Geldsummen nich 
gschätzen konn, viel unfassender als die zahle naßig er⸗ 
faßbaren Barzahlungen und Sachleistungen. Sie unfasser 
die Sachwerte uͤnd die Produksivtraft unge— 
xrer Kolonien, —— des 
Saargebiets, Schleswigs, des polnischen Teils 
Querschlesiens, peben, Posens, 
Dangigs und des Meme gebiets, den Wert des 
zwangẽaveise gerstörten deutschen Kriegsmaterials 
der cernn der Luftschiffe und Flug⸗ 
Zenge usw, die Verluste durch den Ankauf deutscher 
Wertpapiere, deuischen Grundbesaites untv. 
die dauernden Werluste durch den fystematischen Aus. 
verauf Deutschlands durch Ausländer, dauernde Ver. 
luste durch die Verminderung der deutschen Produktiv⸗ und 
e imfolge der gewaltig angezogenen Stener 
schraube. lausende Verluste infolge Wegnahme der Han⸗; 
delsflotte, laufende Verluͤste durch die Behinderung der 
freien Euverbstätigkeit usw. durch die jreimnden Befat. 
gungsarmeen und ändere. 
Das sind ungehenre Leistungen eines an Zahl 
wesentlich verringerten Volkes, das durch die Ernäh⸗ 
rungsschwierigkeiten äußerst geschwächt ist. Die ge⸗ 
waltigen Leistungen, die vom deutschen Volke ver— 
langt werden, führen zu einer immer weiteren Ent- 
wertung der Mark, wodurch das Reparationsproblem 
immer schwieriger wird, und förmlich nach einer 
gerechten Revifion schreit. Einsichtige ausländische 
Dretee haben schon längstens eingesehen, 
daß Deutschland diese Leistungen nicht erbringen kann— 
wenn es nicht vollständig ruiniert werden soll, was 
dem Ruin Europas gleich käme. Noch kürzlich be— 
schäftigte sich der hervorragende englische Bankmann 
Peae Kenna auf einer Konferenz amerikanischer Ban— 
kiers mit dem Reparationsproblem und kam bei 
seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß Dout sch 
land Verpflichtungen im Ausmafse der Londoner 
Zablunasfestsetzungen aar nicht leisten könne, wei 
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