Samsiagq, den 19. August 1922.
Bei der Ermitkelung der Kosten für den Lebensbedar!
sann ausgegangen werden: — I
Von einer bestimmten Angzahl verschiedener Lebensbe
darfsortikel, deren Menge durch Schätzung festgesetzt wird
lür diese werden dann die jeweiligen Preise eingesfetzt.
Erhebungen anhand von Wirtschaftsbüchern und -rech
nungen.
Festsetzung eines Normalbedarfs für Lebensmittel, Klei
dung usw, J. B. 60 Prozent Lebensmittel, 17 Fegen Klei
dung, 8 Prozent Wohnung, 5 Prozent Heizung, 10 Progen⸗
Verschiedenes.
Bei der Festsetzung der Mengen wird 3. T. ausgeganger
von dem Tagesbedarf des Menschen an Nährstofsen (Ioc
Gr. Eiweiß, 60 Gr. Fett, 500 Gr. Kohlenhydrate usw.)
Die bekanntesten Stellen, die sich mit der Berechnung der
Lebenshaltung befassen, sind; Reichsstatistischet?
Amt Geröffentlichung durch Reichsarbeitsblati), Cal—
wer, Dr. Moritz Elsaß, Silbergleit, Direktor des
Statistischen Amts Berlin (Existengminimum), Dr. Kuc
z n sIh, Direltor des Statistischen Amts Schöneberg (Exi
stenzminimum).
Die Reichstenerungszahl des Reichstatistischen
Amts berechnet die Aufwendungen für Ernährung, Woh
nung, Heigung und Beleuchtung für eine 5köpfige Famli
für einen Monat auf Grund von Erhebungen in 71 Ge
meinden des Reiches. Die Kosten für Kleidung find in
dieser Zahl nicht enthalten. Bisher wurden die Tationien
ten billigen“ Lebensmittel bei der Errechnung zunächf
berückfichtigt. Seit Märgz d. J. ist insofern eine Aenderuuc
eingetreten, als nicht mehr die billigsten Lebensmitlel der
Zwangewirtschaft, sondern mit wemngen Ausnahmen alle
Lebensmittel einbegriffen sind.
Calwer geht von der Friedensration eines Marinsol.
daren aus. Die diesen Zahlen zugrunde gelegten Lebens
mittelmengen (3. B. 2850 Gr. Fleisch für 1 Person wöchent⸗;
lich) entsprechen z. T. nicht den im allgemeinen zur Ver—
sügung stehenden Mengen, obwohl an uͤch ein hoher Ver⸗
brauch hochwertiger Nährmittel für den Körper wünschens—
wert wäre. Calwer stellt die Kosten für den Lebensimittel—
vedarf einer 4köpfigen Familie in einer Woche auf.
ElFaß, ahlen für Frankfurt a. M. und Berlin) um—
faßt den Gesaimtlebensbedarf einer 4köpfigen Famille für
eine Woche. Der Lebensmiltelberechnung sind die Zahlen
von Calwer zugrunde gelegt.
Kucgzinsty, berechnet ein Wochen-Existenzminimum
ür 1 Mann, 1 kinderloses Ehepaar und eine Famslic mi
Kindern.
bergleit errechnet die Ernährungskosten einer
woche für eine 8köpfige Familie. Mann und 1 inderlofe
Ehepaar.
Alle auf Grund dicser Berechnungen gewonnenen Zahlen
können im allgemeinen als Anhaitspunftte fuͤr die
Teuerung, nicht aber als unmittelbare Grundlage für die
Bemesfuns der Gehälter (oder Löhne. D. Red.) ver⸗
wendet werden. Ein einwandfreier Maßstab für den tal—
fächlichen Verbrauch ist noch nicht gefunden. Art und Maenoe
der den verschiedenen Berechnuͤngen zugrunde gelegten
Lebenzmittel und dergleichen weichen erheblich voneinander
ub. Die Verschiedenheit der angenommenen Lebensbedarfs
artikel bringt selbstverständlich starke Schwankungen unter
den Steigerungen der, eingelnen Ziffern mit sich. Die Fest—
stellung der Kosten für die Kleidung stößt auf ungeheur—
Schwierigkeiten, so daß zuverlässige Angaben darüber bis—⸗
her kaum acwonnen werden könnten. (Nachrichtenblal
des VWu.)
Die Neubautätigkeit im Saar—
qebiet
Vor kurzem war in der Tagespresse eine Statistik über
die nach dem Kriege im Saargebiet erstellten Neubauten
zu Wohngzwecken erschienen. Nach dieser Statistik sind im
Famtlie und Heim
— —⏑—⏑ Sæ
Viktoria! Viktoria!
Der kleine weiße Zahn ist da.
Du Mutter! komm und groß und klein
Im Hause! kommt und guckt hinein
Und seht den hellen. weißen Schein.
Der Zahn soll Alexander heißen.
Du liebes Kind! Gott halt ihn dir gesund
Und geb dir Zähne mehr in deinen kleinen Mund
Und immer was dafür zu beißen!
Pathias Elaudius.
Fheleben
Wenn zwei frisch geheiratet sind und sie haben sich von
Derzen gern, so kommt es ihnen schier vor, als wenn fich
der Himmel auf Erden für sie auftäte und die ersten
Wochen, die sogenannten Flitterwochen, leben sie wie die
Vöglein, wenn die Beeren reif sind. Aber der Dichter ha
gesagt: „Die Leidenschaft flieht, die Liebe muß öleiben
die Blume verblüht, die Frucht muß treiben.“ Rach kür
zerer oder läugerer Zeit da stellen sich zwischen den Ehe—
leuten allerhand Schwierigkeiten ein. Hat nämlich jedet
von ihnen mancherlei Ecen und Kanten an seinem Chavak
zer, woran sich das andere stößt, und dann schreit's in ihm:
O weh, ich bin betrogen.“ Das ist aber recht dummes
ßeug und geht wieder vorüber, wenn die beiden nur recht
schaffene Christenleute sind und den guten Willen haben,
miteinander zurechtzukommen. Seht, da hat der Manr
vorher gedacht, sein junges Weib sei das Ideadb und so eint
„Der Saar-Bergknappe“ Seite 8. Nr. 83.
ganzen Saargebiet in den betzten Jahren 1436 Häuser mit! solche Kinder gewährt, die Arbeitseinkommen be—
2203 Wohnungen erstellt worden. Der Wohnungsbauver- ziehen, sofern sie das 17. Lebensjahr noch nicht vollen ⸗
and leistete inen Zuschutz von insgesanit Aast ast det haben. Für Kinder von mehr als 17 Jahren mit
Frauen. Soweit aus der Statiftik erfichtlich ijt. wurden eigenem, Arbeitseinkommen (nicht sonstigem Einkom—
von Genofssenschaften 865 Häuser mit 1249 Woh . men) wird keine Ermäßigung gewährt, Kinder, welche
nungen, also über die Hälfte erstellt. Ein Beweis, daß das sich mit dem Willen des Valers zum Zwecke der Er—
genossenschaftliche Bauwesen an Bedeutung und Umfang! ziehung oder des Unterrichts außerhalb des Haus—
gewaltig zugenomnen hat. Da der für diese Häuser ge- halts aufhalten, zählen zum ushalt des Vaͤters.
leistete Zuschuß des Wohnungsbauverbandes angegeben Weiterhin ermäßigt sichdie um
ist, ist zu schlutzfolgern, daßz die seitens der frangösischer oso Mark (Giher 540 Mark) jährlich für Werbungs⸗
Bergioerksverwaltung erstellten Wohnungsneubauten kosten.
nicht in der Statistik enthalten sind. Wie hoch die Zah Ab 1. August 1922 ermäßigt sich der Betrag von
der bisher von der Vergwerksverwaltung erstellten Woh 10. v. H. des Arbeitslohnes, also der Sleuerbetrag als
nungsneubauten sich beläuft, konnten wir noch nicht g— solcher. ß —
mitteln. So erfreulich an und für sich das mitgeteilte Er . klictin jr seine?
gebnis der Wohnungsbautätigkeit ist, so bedeutet es doch für seine zu seiner
n Begug auf die in Sunargebiet besonders charf in die 9 im Falle der —2 des Arbeitslohnes für
Erscheinung treiende Wohnungsnot nur einen Tropfen au vonlꝰ oncie 337 90 Pag 4 *
einen heißen Stein. Im Saargebiet wird die Wohnungs ————— z Irbdege für
not noch dadurch verschärft, daß sehr viele Zuzüge an Be— e Woch dr hli 90 6 en * — —
amten und sonstigen dienstbaren Geistern aus dem Aus vbolle Wochen um je Vn ark wöchentlich;
lande erfolgt sind, die im Dienste der Saarregierung, Berg 2. für jedes zur Haushaltung des Steuerpflichtigen
werksverwaltung, BZollverwaltung usw. stehen, sowie durch zählende minderiährige Kind
Angehörige der französischen Gendarmerie und des fran a) im Falle der Zahlung des Arbeitslohns für
zösischen Militärs. Reben der Wohnungsnot herrscht aud volle Monate um je 80 Mark monatlich.
ein empfindlicher Mangel an Schulräumen, dem in eini b) im Falle der Zahlung des Arbeitslohns für
gen Städlen abgeholfen werden könnte durch Ueberlaffunc volle Wochen um je 19,20 Mark wöchentlich
von Kasernen zu Schulzwecken. Ueberhaupt könnte, wenn 3. Für Werbungskosten sind in Abzug zu bringen
die zum Teil erst kurz vor dem Kriege erstellten Kaserner a) im Falle der Zahlung des Arbeitslohns für
zu Schul⸗, Büro- und auch Wohnzweden freigegeben wür volle Monate um je 9 Mark monatlich,
den, eine fühlbare Entlastung des Wohnungsmangels ge b) im Falle der Zahlung des Arbeitslohns fün
chaffen werden. volle Wochen um je 21,60 Mark wöchentlich
In den Städten herrscht in den letzten Jahren eine reg Durch diese Neuregelung des Steuerabzugs vom
Bautätigkeit, allerdings nicht so sehr zur Erstellung von Lohn ist der fortschreilenden Geldentwwertung in etwä
häusern zu Wohnzwecken, sondern zur Herrichtung von Rechnung getragen worden.
Bankgebäuden, die wie Pilze aus der Erde schossen, Kinos Diese Neuregelung kommt auch für unsere Kame—
Geschäftshäusern usw. Diese Bautätigkeit blieb auf die rad die außerhalbe denn Saargebief
r— des chr —J — Drenerien g Ir miohnen, in Betrecht. Wir empfehlen ihnen, sich
ingünstigen Einwirkungen, sodaß der Wohnungsbautätig *
eit auch dadurch Schwierigkeiten entstanden. vorstehende Abhandlung aufzubewahren.
Inzwischen hat der Saarbrücker Knappschafisverein sich
azu entschlossen, Baudarlehen in Franken an seine bau—
lustigen Mitglieder unter gewissen Bedingungen zu gewäh—
ren. Bei den Bergleuten wird dadurch wohl eine stärker
Bautätigkeit wie bisher einsetzen. Die Bautätigkeit be
den übrigen Bevölkerungsschichten wird durch die rapit
steigende Teuerung erheblich bebindert, wenn nicht gan—
inmöglich goemacht.
Hnapyschaftlichts
Das, Siechtum der Krankenkasse de—s
Saarbrücker Knappschafts⸗Dereins
Gesetz und Recht
Nach einem Voranschlag für das 2. Halbjahr 1924
steht einer Einnahme von 10262 000 Franken eine
Ausgabe von 12 765 000 Franken gegenüber, so daß
ein Zuschuß von 2503 000 Franken erforderlich ist.
Unter den Ausgaben sind rund 7 Millionen für Kran—
kengeld, 1200 000 Franken, für Betriebskosten der
Kraͤnkenhäuser und 26 Millionen für Neu-, Um- und
Erweiterungsbauten, Reparaturen, Banaufsicht und
Revisionen vorgesehen. Würde man letztere Summe
absetzen, gleichten sich Einnahmen und, Aus—
gaben aus. Jedoch sind unter dieser Summe Beträge,
die als ordentliche Ausgaben erforderlich sind.
Die wirkliche Lage der Krankenkasse ist folgende:
Zur Ausgleichung des Tefizits müßten die Beiträge
im 40 Centimes wöchentlich erhöht werden für jede
Seite, also um 80 Centimes. Falls der Arbeitgeber
dem nicht zustimmt, wird die Aufsichts—
behörde eingreifen müssen und einen Abbau der
Noistungen verfügen.
die Neurcgelung des Stenerwesens ab 1. Auanst 1922
in Deutschland.
Nach dem Gesetz zur Aenderung des Einkommen
steuergesetzes vom 2W. Juti 1922 beträgt die Einkom
mensteuer bei einem Einkommen bis zu 100000 Wik
(bisher 50 000 Mk.) 10 v. H. Nach 8 10 ermäßigt sick
die Einkommensteuer für den Sieuerpflichtigen und
für seine nicht selbständig zu veranlagende Ehefrau
venn das steuerbare Einkommen nicht mehr als
100 000 Mark beträgt, um je 480 Mark (bisher 240
Mark), für jedes zur Haushaltung des Stenerpflich
tigen zählende mindersährige Kind, das nicht selb
staͤndig zur Einkommensteuer zu veranlagen ist, bis
zu einem Einkommen von 8300600 Mark je 9860 Mar'
cBisher 360 Mark). Die Ermäßkiquna wird auch fün
——
gebe es nicht wieder für ihn auf der Herrgottswelt. Und haben, daß sie in diesem Zuftande deine Nachsicht verdient.
hinterher da entdeckt er, daß das Ideal“ auch ein Menschen⸗ Und du, liebe Anne Marie, mußt's halt ähnlich machen
kind ist mit Fehlern und Schwächen — ei, Närrischer, mit deinem Christian, wenn's da einmal nicht klappt. Auch
wolltesi du das wirkliche, leibhaftige Ideal heivaten, könn- her ist kein Heiliger, fix fertig ohne alle Schwäche und Un—
test du lange suchen, fändest es auf dieser Erde wohl über- vollkommenheit; aber wenn du es richtig verstehst — ach
haupt nicht; denn kein Menschenkind kommt fertig auf die hr törichten Frauen, die ihr mit euren Männern Hader
Welt, fondern soll erft fertig werden und sich felber lang-habt und Unfrieden und euch selber die Haare rauft und
sam, langsam voranbringen. Auch deine Mutter, als sie weint — um einen Finger kann eine kluge, verständige
uoch ein junges Frauchen war, da war sie noch nicht fer- Frau ihn wickeln, ihren guten, prächtigen, biederen Rit—
tig, nicht so wie du sie später gekannt hast, sondern hal tersmann, wenn sie es nur recht anzufangen versteht.
auch vielleicht manche Ecken an sich gehabi und Schwächen, /Aber ja,etwas Selbstverleugnung, etwas Geduld, etwas
daß dein Vater auch die erste Zeit des Ehelebens bielleich‘ Nachgiebigkeit, etwas Sanftmut, etwas Begwingung, das
oft im Stillen hat die Nase hängen lassen und sich gedacht: gehört dazu und menchmal etwas viel. Aber das kommt
„Ach, Herrgott, am End geht's micht gut mit ihr.“ Und 'cuch selber doch auch wieder zugule, und wenn ihr's hin—
hinterher ifi's doch gegangen, denn deine Mutter ist eine terher habt, glaubt es einem „alten Fuhrmann', ihr seht
christliche Frau gelvesen, ist gulen Willens gewesen und so auf diese Kämpfe mit euch selber, die ihr gang jtill im
hat sie ihre Ecken und Kanten ganz still abgeschliffen. Ja, Herzen drin geführt habt und von denen keiner was weiß
dafür ist ja gerade die Ehe da, daß ihr zwei follt euch als der Herrgott allein, ihr seht auf sie später einmal mit
gegenseitig abschleifen und polieren, bis ihr schließlich mit, der größten Freude zurück; denn diese Kämpfe sind's, die
einander zurechtkommt. Schau, lieber Christian, so mußt euch haben siark gemacht und das Glück gebracht; muß doch
du nicht gleich die Nase hängen lassen, wenn dir etwas an jeder sich das Glück schaffen in seinem Innern, aber muß
deiner jungen Frau nicht behagt, sondern recht überlegen es schaffen durch Selbstverleugnung und Selbsibezwingung.
mußt du, wie du es ihr abgewöhnst. Ein dummer — wenn Und noch eins zum Schlusse: Laßt euch nicht dreinreden
ich ein Baher wär, würde ich herschreiben: ein saudummer von anderen und Fremden in eueren jungen Ehestand, laßt
— Kerl aber wärst du, wenn du dann hingehen wolltest euch nicht aufrühren und aufhetzen von „guten“ Nachbars—
und dich betrinken und kämst nach Haus und benähmst dich' leuten, ja von den eigenen Leuten auch nicht; wie es so
wie ein wütender Stier — nein, nein! christlicher Ehe- hin und wieder geht in der Welt, daß die Mutter bom
mann, das darf nicht sein. Mit dem Herrgott muß dus jungen Mann oder auch die Mutter von ihr gar unber—
still überlegen, wie du es ihr willst abbringen, den Eigen- ständig ist und sich als böser Geist stellt zwischen die zwen
sinn, die Naschhaftisleit, die Leichtfertigkeit im Geldaus die Goit verbunden hat. Dadurch ist denn das Märchen
geben, und mit Geduld, ja mit grotzer Geduld mußzt du da. von der „bösen Schwiegermutter“ in die Welt gekommen
bei zu Werke gehen, daß du ihren Eigensinn vernichtest Tragt's miteinauder in echtem Christensinn ihr zwes
keinen Speltalel, aber darum machst, daß du ihr Freude allein, seid euch treu und gut, so wird's gehen immen
machst an der Sparsamkeit, daß du ihr klar machst. sie ge besser und ihr baut euch das schöne, sonnige Glück in eurem
fällt dir am besten, wenn sie schlicht und einfach ist. Muß: Ehesiand, euch und denen, die euch der Herrgott anvertrau
auch bedenken, daß bei ihr die Mißgelauntheit oft eine in der Zukunfi.
Fðolge ist des gesegneben Zussandes und Verktändnis dafür