Full text: Die Burbacherhütte 1856 - 1906

10 v. H. der Arbeiter auf Hütten und Gruben entlassen worden, und die Löhne waren seit 1873 
ım 5 v. H. gefallen. Ein ungelernter Handlanger erhielt 2,50 Fres. bis 3 Fres. Tagelohn. Der 
Durchschnittslohn der Gruben war 3 Fres., der Durchschnittslohn der Hütten 6 bis 8 v. H. weniger. 
Die Erze wurden dem Hochofenwerke Esch teils auf eigenen Geleisen mit eigenen Waggons, teils 
mit der Prinz-Heinrich-Bahn zugefahren. Puddeleisen verkaufte man mit 45 bis 47 Fres. und 
Giessereiroheisen Nr. 3a mit 56 Fres., jede geringere Nummer einen Franc billiger, Englisches und 
Jelgisches fertiges Eisen drückte durch seine bedeutende Einfuhr die Preise, französisches Eisen kam 
'n Gestalt fertiger Gusswaren, begünstigt durch seine acquits-A-caution, ins Land. 
Schon ehe die Wandlung der amtlichen Wirtschaftspolitik des Reiches in Wirksamkeit trat, 
zeit der Zeit, zu welcher sich der Gedanke Bismarcks Herz erobert hatte, dass es nicht nur die 
\ufgabe des Staates sei, die nationalen Interessen mit Heer und Flotte wahrzunehmen, sondern dass 
as mindestens ebenso sehr seine Pfticht sei, für die Wirtschaftsinteressen des ganzen einzutreten, hatte 
die preussische Regierung auf einem Umwege die deutsche Eisenindustrie zu schützen angefangen, 
ndem sie ihre grossen staatlichen Lieferungen ausschliesslich an deutsche Eisenwerke vergeben 
1atte. Die meisten Bundesstaaten waren ihr darin gefolgt. Das war von steigender Bedeutung in 
jem Zeitalter der Verstaatlichung der Eisenbahnen, welche 1879 zustande kam, nachdem Bismarcks 
Plan, die Eisenbahnen dem Reiche zu eigen zu geben, gescheitert war. Dazu war der grosse und 
'mmer steigende Bedarf von Heer und Flotte gekommen. Auf diese Weise war immerhin ein 
wesentliches Mass Arbeitsgelegenheit im Lande geschaffen worden, welches sonst mindestens 
zum Teile fremden Bevölkerungen zugute gekommen wäre, und dies hatte die Notlage der Eisen- 
‘ndustrie einigermassen gemildert. Freilich hatte diese Massregel auch nur diejenigen Werke getroffen, bei 
jenen Eisenbahnmaterial einen wesentlichen Teil der Erzeugnisse dargestellt hatte. Bei der Bur- 
bacherhütte waren dabei höchstens Schwellen inbetracht gekommen. Für sie war daher die Wieder- 
ainführung des Zollschutzes, der einst die Veranlassung zu ihrer Gründung gewesen war, von der 
ıllergrössten Bedeutung. Augenblicklich äusserte sich die Wirkung allerdings nicht. Der General- 
-at äusserte sich in seinem Geschäftsbericht an die Generalversammlung im Herbste 1879 über die 
Frage vorsichtigerweise folgendermassen: „Während des abgelaufenen Geschäftsjahres hat Deutsch- 
‘and Eingangszölle auf fertiges Eisen und auf Roheisen wieder eingeführt. Wird uns diese Massnahme 
günstig sein und in welchem Grade? Das lässt sich heute noch nicht abschätzen. Bis zum Augen- 
ölick haben wir davon noch keine Wirkungen verspürt, aber wir haben die Ueberzeugung, dass 
sie uns in keinem Falle nachteilig sein wird.“ Wenn die Wirkung der neuen Zollverhältnisse keine 
»lötzliche war, so hatte das mindestens zum grossen Teile seinen Grund in dem Eintreten einer 
1euen Erschütterung eines grossen Teiles der deutschen Eisenindustrie, welche von der technischen 
Seite her kam. 
Seit sich der Bessemerstahl die Welt eroberte, war die Entphosphorung des Minetteroheisens 
zum Zeitproblem für die ganze südwestdeutsche Eisenindustrie geworden. In Bonn hatte seit 1875 
ain Ingenieur Stein Versuche mit der Entphosphorung gemacht und bald geglaubt, der Entdeckung 
ajines lohnenden Verfahrens nahe zu sein. Flamm, der Kunde von diesen Arbeiten erhalten hatte, 
aatte ebenfalls an das Bevorstehen der Lösung geglaubt, die nur immer wieder durch Nebendinge 
‚ereitelt zu werden schien. Er hatte die Sache vor den Generalrat gebracht, und dieser hatte seine 
Anschauungen von ihrer Wichtigkeit geteilt. Am 15. Dezember 1877 hatte er ihn beauf- 
‘ragt, in Verhandlungen mit Stein einzutreten, um dessen Verfahren zu erwerben, „Minette- 
;oheisen in Bessemerstahl zu verwandeln, der sich zum Walzen von Trägern eignete.“ Wenn 
Stein die praktische Lösung der Frage fände, so wollte ihm die Gesellschaft eine Million 
"rancs zahlen und dafür das Verfahren zum ausschliesslichen Eigentum der Gesellschaft erwerben.
	        
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