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glieder auf allen Inspektionen die Gesamtkündigung!) eingereicht und
dann am 2. Januar 1913 in den Ausstand getreten werden solle. Den
Bericht darüber bringt die „Köln. Volksztg.“ vom 16. Dezember 1912
Nr. 1102 mit der offenbar falschen Ueberschrift: „Die
Saarbergleute beschlossen den Streik.“ Der Gewerkverein christlicher
Bergarbeiter (Saar) ist doch nicht der Vertreter aller Saarbergleute.?)
Es war damals höchstens ein Sechstel aller Saarbergleute in der christ—
lichen Gewerkschaft. Gegen Schluß der mitgeteilten Resolution heißt es:
„Die anwesenden Vertreter der Belegschaft verpflichten sich, bis Ende
Dezember den Ausbau der Organisation zu vollenden, indem sie bis dahin
die Unorganisierten dem Gewerkverein christlicher Bergarbeiter zubringen;
sie erklären, daß ihnen das möglich sein wird. Ferner verpflichten sich die
anwesenden Vertreter, dafür zu sorgen, daß die Einigkeit und Geschlossenheit
der Bewegung gewährt bleibe, sie werden die die Einigkeit
störenden Sszialdemokraten und „Berliner“ kaltstellen.
Die Versammlung nimmt Kenntnis davon, daß der Zentralvorstand die Zu—
sttimmung zum Streik unter der Bedingung gibt, daß die gesamten Vor—
bereitungen bis zum Schlusse dieses Monats erledigt sind.“
In dieser Resolution werden die Berliner des
Saarreviers,die zu dem vom Papstebelobigten und
für ganz Deutschland empfohlenen Arbeiter—
VBerband gehören, von den Christlichen auf eine
Stufe mit den Sozialdemokraten gestellt, und es
wirdihnen angedroht, sie kaltzustellen“. Es wird
also der katholischen Organisation (Sitz Berlin) —
so scharf wie den Sozialdemokraten — ein Kampf
aufs Messer angesagt, obschon man sie nicht zur Teilnahme
am Streik eingeladen hatte und man noch gar nicht wußte, was sie in
Hinficht darauf tun wollte. Das ist offenbar feindseliges
Befehden. Die „Köln. Volksztg.“ aber (Nr. 1102) bringt den Be—
richt der Christlichen ohne den geringsten Tadel für das häßliche
Vorhaben ihrer Schützlinge. Wir erinnern hier an die diesbezügliche
Vorschrift der Enzyklika Singulari quadam Pius' X.:
„Alle, die sich als Einzelpersonen oder in Vereinigungen des
christlichen Namens rühmen, dürfen, wofern sie ihrer Pflicht eingedenk
sein wollen, keine Feindschaften und Zwistigkeiten unter den Ständen
1) Nach der „Saarpost“ vom 18. Dezember 1912 sollen 35 000 Berg⸗
leute die schriftliche Erklärung abgegeben haben, daß sie mit allen Schritten
einverstanden seien, die der Gewerkverein zur Erreichung günstiger Lohn—
und Arbeitsbedingungen unternehme. Die Bergwerksdireklion hatte bekannt
gegeben, daß die auf Grund dieser Unterschriften am 18. Dezember zu er—
wartenden Massenkündigungen durch die Grubenausschußmitglieder ungültig
seien, da diese Erklärungen nicht als Vollmacht zur Kündigung angesehen
werden könnten. Wie viele gültige Kündigungen geschehen sind, war bis jetzt
nicht genau zu erfahren. Man spricht von 10. Interessant war es, daß manche
GBrubenausschußmitglieder wohl für alle zusammen kündigen wollten, aber
nicht eigens für sich.
2) Die „Köln. Volksztg.“ freilich nennt auch sonst die Christlichen —
obschon sie es nicht sind — die Vertreter der Saarbergleute. Sie schreibt
am 27. Dez. 1912:
„Die Vertreter der Saarbergleute werden darüber zu entscheiden haben,
ob sie das Entgegenkommen als ausreichend ansehen. Die Entscheidung
darüber fällt in einer Revierkonferenz, welche am Sonntag in Saar—
brücken stattfindet.“
Das ist nicht bloß einseitige, sondern tendenziöse Berichterstattung.