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gesagt: niemand wird einen Unfall suchen. Das weiß ich; übrigens kommen
Ünfaͤlle nicht bloß im Betrieb vor, sie passieren auch anderen Menschen, und
jeder wird wissen, wie viel der Wille eines Menschen dazu beitragen kann.
die körperlichen Folgen eines Unfalls zu überwinden. Es liegt geradezu im
Interesse der öffentlichen Moral, daß dieses Interesse des Verletzten an seiner
Gesundung bestehen bleibt. Nur von diesem Gesichtspunkte betrachte ich die
Frage, nicht vom Standpunkte einer geringen fiskalischen Geldersparnis. Ich
habe mich im Reichsversicherungsamt umgetan, wie dort die Auffassung ist,
und habe mir dort von autoritaliver Stelle sagen lassen, daß man es auch im
Reichsversicherungsamt nicht für berechtigt anerkennt, daß jemand, der die
volle Arbeitsbezahlung verdient, daneben noch eine Unfallrente beziehen kann.
Besonders kraß ist es ja, wenn Leute, die im Bergbau invalide geworden
sind und nach Maßgabe ihres im Bergbau erzielten Verdienstes eine Rente
beziehen, nun wieder im Bergbau beschäftigt werden. Ich halte es unter
allen Umständen für durchaus unzulässig, daß ein gesunder Arbeiter nicht
mehr oder gar weniger verdienen kann wie ein Unfallrentner. Sollte die
von der Bergwerksdirektion in der Sache getroffene Regelung so ausgelegt
werden, als ob sie aus fiskalischen Absichten getroffen wird, so müßte 9 das
sehr bedauern. Dann wäre ich schließlich vor die Frage gestellt, ob ich nicht
besser täte, Anordnungen dahin zu treffen, daß solche Unfallrenter überhaupt
nicht mehr im Betriebe beschäftigt werden, um den Fiskus der bösen Nach—
rede zu entziehen, als benutze er die armen Leute, um Geld zu sparen. Also
hier muß ich an der bestehenden Praxis festhalten.“)
In derselben Sitzung begründete der Zentrums—
abgeordnete Psfarrer Dr. Glattfelte eingehend die
Notwendigkeit der Erhöhung der Löhne der Berg—
arbeiter des Saarreviers. Auch für die Renten—
empfänger verlangte er den vollen Lohn für die
geleistelke Arbeit. Die Deputatkohle möge auf
so Zentnererhöht werden. Zum auskömmlichen Lohn solle
eine gute Behandlung hinzukommen. Wenn diese ausschlaggebenden
Zustände (auskömmlicher Lohn und gute Behandlung) an der Saar
XF werde der Saarbergmann, der sich gegen Disziplin nicht
träubt, zufrieden sein. Der sozialistische Ansturmwerde
scheitern an dem Bollwerkeiner national-fühlen—
den, religiös-gesinnten Arbeiterschaft des Saar—
reviers.
Der Zentrumsabgeordnete und chhristliche Ge—
werkschaftsführer Giesberts wuͤnschte in derselben Sitzung, daß der
Bergfiskus an der Saar sich ernstlich überlege, wie er die ver—
hältnismäßig große Lohnspannung zwischen dem Saargebiet und dem
Kuhrgebiet vermindern könne; es müsse versucht werden, eine An—
passung der Löhne an die wirtschaftlichen Verhältnisse durchzuführen;
das sei ein berechtigter Wunsch der Bergleute. Dann sprach er: „Ich
wünsche ...weiter, daß bei beiden Teilen, zwischen
den Saarbergleuten und der Benahtune wie⸗
der das Vertrauen zurückkehrt, 3 früher be—
standen hat. Wir werden unsererseits nichts tun,
umdieses Vertrauenzuerschüttern, Uund wirwerden
auch unsererseits Maßnahmen, selbst wenn sie von
unseren eigenen Leuten ausgehen, nicht billigen,
die daraufhinwirken, künstliche Gegensätze zwischen
der Verwaltung und den Bergleuten zu schaffen.
1) Viele Unfallrentner wären froh, wenn sie mit Einschluß ihrer Unfall⸗
rente den Verdienst bekämen, den sie vor dem Unfall hatten.