eigenartiger Weise verschont »6). Es lag aber in der Natur der
Sache, daß der Konvent die in Cothringen gelegenen Gebiete so
bald wie möglich in den französischen Staat einbeziehen wollte.
Und als 1792 der Machtgedankẽ in Paris wieder größere Dimen-
sionen annahm und in der neuen Jorm, alle Dölker gegen ihre
Fürsten aufzuwiegeln, sich auswirkte, setzten gerade hier die fran⸗
zösischen Sendlinge in besonders starkem Maße mit ihrer Propa-—
ganda ein.
Das Haupt und der geistige Führer der Emissäre war der Ab-
geordnete des Moseldistrißts Blaux aus Saargemünd, der ge—
schickt mit Energie auf die Cinverleibung der Grafschaft in Frank—
reich hinarbeitete e). Im Bockenheimer Klub, der ebenfalls von
diesem Ziele beseelt war, fand er ein geeignetes und willfähriges
Werkzeug. Als offizieller Dertreter der französischen Nation
durfte Blaux zunächst noch nicht mit einer Tätigkeit im öffentlichen
Ceben einsetzen. Denn der Unschluß an Frankreich mußte ge—
mäß der Parole des Konvents, keine Eroberungen machen zu
wollen, aus freiem Willen geschehen. Umsomehr arbeitete Blaux
hinter den Kulissen *7). Er wußte die beiden ZFührer des Bocken—
heimer Klubs an sich zu ziehen, die ihm die Vorarbeit leisten
sollten, d. h. die Bewohner zu einer „freiwilligen“ Réunions-
erklärung bewegen. Der Advokat Doerr, ein fähiger und geist—
reicher Kopf, hat wohl am meisten dazu beigetragen, sein Be—
streben zu fördern, ohne sich aber in der Oeffentlichkeit bemerk—
bar zu machen *e), Doerr ging vor allem darauf aus, revolutionäre
Schriften im Lande zu verbreiten »e). Sein Gesinnungsgenosse
Werner Karcher, ein Kaufmann aus Bockenheim, schreckte vor
keinem Mittel zurück, um die Bewohner des Candes für Frankreich
zu gewinnen. Karcher war von einem maßlosen Ehrgeize be—
herrscht. Nach dem Kufgehen der Grafschaft in den französischen
Staat hoffte er, Präsident des neuen Distrikts zu werden. Unter
der Leitung dieser beiden Männer setzte der Bockenheimer Klub
im Sommer 1792 mit einer fieberhaften Tätigkeit ein. Den
Bbauern wurden die Errungenschaften der Revolution in den
glühendsten Jarben ausgemalt. Man hatte aber keinen Erfolg »0).
Die Anhänger, die der Klub fand. waren „unruhige Köpfe. Ceute,
216) Schon Haeberlin leitet in seinem „Handbuch des teutschen Staatsrechts
nach dem System d. Herrn Geh. Just.Rts. Pütter“ (1794) die Rechte des Deut—
schen Reiches auf Elsaß-Lothringen aus der Geschichte ab. — Für die Graf⸗
schaft vgl. Bd. 1S. 55 ff., S. 313 ff.
s) Rec. Aullard, Bd. J S. 358; Goecke, a. a. O. S. 2301 irrt sich, wenn er
Saargemünd als eine dem Fürsten zu Saarbrücken gehörige Enklave ansieht.
Saargemünd gehörte zu Lothringen.
217) Liebrichs Tagebuch, a. a. O. S. 130 f.
218) a. a. O. Anm.
s* StaA., Ebels Bericht vom 28. 10. 92 und Liebrichs Tagebuch a. a. O.
.131.
220) Denkschr. Horstmanns, a. a. O. S. 174.
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