Pfarrer Ciebrich *0) — „der von der Dorsehung als Zuchtruthe für
die hiesigen Unterthanen bestimmt zu sein schien“, der „die Amts-
stube zu einem Kramladen machte, wo man Befehle kaufte“. Aber
auch hier wickelte sich das Leben der Bauern so lange in den alten
Bahnen ab, bis von der französischen Enklave Bockenheim aus
eine rührige Propaganda einsetzte.
Die Protestanten Bockenheims, die den wohlhabenden und ge—
bildeten Teil der Bewohner ausmachten, begrüßten mit großer
Begeisterung die Revolution, da ihnen seit der Aufhebung des
Ediktes von Nantes durch Cudwig XIV. weder bürgerliche Rechte
noch Glaubens- und Gewissensfreiheit zugestanden worden
waren »u), So begierig sie die Ideen der Revolution aufnahmen,
so intensiv strebten ste — wie noch gezeigt werden wird — auf
eine völlige Revolutionierung der ganzen Grafschaft hin *). Kein
Mittel ließen sie außer acht, ihr Werk durchzuführen. Das ge—
kränkte Rechtsgefühl der so lange Unterdrückten, die plößliche
Befreiung von den einengenden Schranken riß sie zu Maßlosig-
keiten hin. Dor allem übten sie ihre RKache an den Katholiken
aus. Diese wünschten die Revolution keineswegs, vielmehr
standen sie ihr wegen ihrer antichristlichen Tendenz feindlich
gegenüber. In dem 1792 von den Protestanten errichteten Klub
„wurde nur studiert, wie man unter dem Scheine des Patriotis-
mus der Gegenparthei wehtun konnte“, berichtete der eigene
Pfarrers). Das hauptmotiv jedoch, das die einflußreichste Be—
völkerungsschicht Bockenheims in die Arme der Revolution trieb,
war weder religiöser noch politischer, sondern wirtschaftlicher Na—
tur. Durch eine Revolutionierung der Grafschaft Saarwerden
glaubte man die einengenden Schranken durchschlagen und Bocken-
heim zum Hauptorte des ganzen Gebietes machen zu können. Die
Durchführung dieses Zieles war nur möglich durch einen Enschluß
der Grafschaft an Frankreich .
Diesem Plane kam das Bestreben des Konvents entgegen,
Frankreich eine geschlossene politische Raumzusammenfassung zu
geben. Hatte schon 1790 die Nationalversammlung durch die“
Departementseinteilung im Elsaß ohne weiteres die deutschen Be—
sitzungen einbezogen, so blieben einige deutsche Territorien in
Tothringen. worunter sich auch die Enklave Saarwerden befand,
2a0) Tagebuch Liebrichs, a. a. O. S. 127 f.
211) Val. Matthis, a. a. O. S. 20 ff.
aae) Liebrichs Tagebuch, a. a. O. S. 188.
218) Liebrichs Tagebuch, a. a. O. S. 128. Val. auch Denkschr. Horstmanns,
a. a. O. S. 173.
aia) StA., a. a. O. 133 X. Gagerns Bericht über seine Sendung vom
19. Dez. 1792.
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