Schon 1790 setzten die Revolutionsmänner zur Erhaltung, zugleich
aber auch zur Husbreitung ihrer Errungenschaften mit einer
regen Propaganda ein. Mit großem Eifer wurde die neue Lehre
über die Grenzen Frankreichs getragen, vor allem in das nächst-
liegende Belgien und in die Rheinlande“). Hier aber hatten die
französischen Emigranten in Koblenz, Trier, Mainz und Worms
Unterstützung zur Dorbereitung einer Gegenrevolution gefunden
bei den rheinischen Kurfürsten, die von royalistischen und anti—
revolutionären Grundsätzen durchdrungen waren. Besonders der
Kurfürst von Trier, Clemens Wenzeslaus, setzte sich für seinen
Heffen Cudwig XVI. ein und förderte die Truppenanwerbungen
der Emigranten »*).
Wie in vielen anderen Orten des Kurfürstentums Trier sam-
melten sich in St. Wendel eine Anzahl von Emigranten. Hus
Beaupré bei Cunéville flüchtete der ganze Cisterzienserkonvent in
die Stadt. Ein Werbebüro für die Gegenrevolution wurde er—
richtet ). Die Bevölkerung an der Saar, die von den Frivolitäten
der Emigranten verschont blieb, hatte großes Mitleid mit den
aus der Heimat Dertriebenen “7). Der katholische Teil des Dolkes
begrüßte außerdem die Gegenrepolution, weil er keineswegs die
Derbindung mit der Kirche aufgeben wollte und deren VDerstaat—
lichung, wie sie in Frankreich vorgenommen wurde, verabscheute.
Denn Papst Pius VI. und Clemens Wenzeslaus hatten in ver—
schiedenen Hhirtenbriefen und Erlassen gegen die kirchliche Um—
gestaltung in Frankreich Stellung genommen *8). Aber die kur-
trierischen Candstände waren einsichtig genug, den Rurfürsten
auf die Gefahr hinzuweisen, die sich aus den kriegerischen
Rüstungen der Emigranten für das Erzstift wegen seiner geogra—
phischen Cage ergeben könnte. Zudem begannen die Girondisten
eine Gegenaktion. Sie zwangen am 14. Dezember 1791
Cudwig XVI., daß er den Kurfürsten von Trier veranlasse, dem
Treiben der Emigranten ein Ende zu machen, sonst müsse dieser als
Feind Jrankreichs angesehen werden. Der Kurfürst ließ sich aber
nicht zu ernsten Maßnahmen gegen die Emigranten bewegen.
Schon einige Tage vor der Drohung des Konvents machte der
Kommandant von Saarlouis ein Dekret der Nationalversammlung
bekannt; danach sollte die Besatzung der Festung zusammen mit
einer Armee von 130 000 Mann in die trierischen Lande einrücken,
wenn die königlichen VPrinzen bis zum 15. Januar 1792 das Erz-
139) Vgl. Heigel, K. Th., Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des
Großen bis zur Auflösung des alten Reiches, 1899, Bd. J, S. 308.
1858) Perthes, C. Th., Politische Zustände und Personen in Deutschland zur
Zeit der französischen Herrschaft, 1862, S. 66 u. 204 ff. — Ueber das Ver—⸗
halten der Regenten der Saarterritorien, vol. S. 37f.
138) Müller M., a. a. O., S. 104.
127) Gottliebsche Chronik, a. a. O. S. 10.
ias] Val. Marx, a. a. O. Bd. V, S. 252 ff.
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