führte, war empfänglich für den revolutionären Hauch, der von
Westen her wehte. In ihren Beschwerdeschriften verlangte die
Gemeinde nicht nur die Aufhebung einzelner Abgaben, sondern vor
allem das Besitzrecht auf ihren Bannwald und auf die Kohlen—
gruben. Gräfin Marianne fühlte sich in ihrem Stolze gekränkt
und rief Joseph IIl. um hilfe an. Das Reichskammergericht erließ
am 26. September ein kaiserliches Mandat, das aber keine Wir—
kung erzielte. Die Einwohner hatten schon vorher die Kohlen—
gruben eigenmächtig besetzt und waren nicht gewillt, ihre ver—
meintlichen RKechte aufzugeben. Marianne entschloß sich, nachdem
sie wiederholt die Gemeinde zum Nachgeben aufgefordert hatte,
kurpfälzische Cxekutionstruppen einrücken zu lassen. Hatten schon
die Prozeßunkosten manche Summe verschlungen, so mußten nun
die Cinwohner noch mehr unter dem Drucke der 326 Mann starken
Besatzung leiden. Schließlich einigte man sich auch hier auf einen
Dergleich. In den anderen Orten der Herrschaft kam es wohl zu
Gärungen, aber das milde Kegime der Gräfin ließ es zu keiner
Revolte kommen ).
uch in den Aemtern St. Wendel und Schaumburg erregten die
Revolutionsereignisse die Gemüter. Indes blieb das Bild des
öffentlichen Cebens das alte. Selbst Beschwerden scheinen nicht
geführt worden zu sein. Die reaktionäre Einstellung des Trierer
Kurfürsten, die Aufhebung mancher' im Geiste der Aufklärung ge—
schaffener Ueuerungen, wie die Beseitigung des Prozessions-
verbotes, wurde von der Bevölkerung St. Wendels begrüßt *80).
Inzwischen verschärfte sich der Gegensatz zwischen dem revo—
lutionären Frankreich und den mitteleuropäischen Staaten. Das
beeinflußte die weitere politische Entwicklung des Saargebietes
auf das stärkste. Die Durchführung der Beschlüsse der National—
versammlung im Elsaß und in Cothringen, die auch die dortigen
deutschen Besitzungen betraf, waren der erste Anlaß zu dem Zu—
sammenstoß *1). Zwar erklärte sich der Konvent zu einer umfassen-
den Geldentschädigung an die beeinträchtigten Reichsstände bereit.
Diese aber wollten keineswegs ihre alten Kechte aufgeben. Sie
fanden an Preußen und Oesterreich einen Rückhalt we).
Bekanntlich sind jedoch die Hauptursachen für den Ausbruch des
Krieges in der inneren Entwicklung der französischen Nation zu
suchen. Das Bestreben, auch die anderen Dölker zu revolutio⸗
nieren, gewann mehr und mehr die Oberhand, obwohl man sich
bewußt war. daß dies zu ernsten Konflikten führen müsse **).
ꝛ2) Val. Krämer, W., a. a. O. S. 194 ff.
120) Müller, M., a. a. O., S. 104.
1s81) Ranke, a. a. O., S. 124.
2) Schulte, A., Frankreich und das linke Rheinufer, 1918, 6. 288ff.
183) Sybel, H. v., Gesch. d. Revolutionszeit von 17880 - 1800. 1882. Band I.
S. 197.