„der Same zum Aufruhr bei allen Unterthanen ausgestreut“ sei **5).
Der unerfahrene 20jährige Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau—
Weilburg glaubte, daß man die Ruhe wiederherstellen könne,
wenn man Männer mit „populärer Beredsamkeit“ im Lande
herumschicke, die Menschen zu besänftigen 2). In den Regierungs—
kreisen war man sich sehr wohl bewußt, daß mit so einfachen
Mitteln das Dolk nicht mehr zu beruhigen war “). Jedoch ernst-
liche Gefahr sahen diese in den Gärungen im Dolke noch nicht, da
sie ein aktives Einschreiten der französischen Regierung für aus—
geschlossen hielten. War doch die königliche Armee aufgelöst und
die Nationalgarde erst im Entstehen begriffen e).
Zum Reichskammergericht wie zum Kaiser hatten die Reichs—
stände kein Dertrauen. Denn noch lebte Joseph D., dessen Reform-
tätigkeit mit unverhohlener Mißbilligung aufgenommen wurde.
Die Territorialherren fürchteten, daß dieser Kaiser ihre Privi-—
legien beschränken würde. Sie hatten große Sorge, daß „die ge—
lehrten Rebellen, welche den meisten Schaden anrichteten, noch
irgend einen Reichsstand finden würden,“ der sein Land nach den
neuen Grundsätzen umformen werde“). Zwischen zwei Feuern
sitzend, bemächtigte sich der Fürsten der Saarterritorien eine Rat—
losigkeit, aus der sie sich während dieser und der folgenden Ereig-
nisse nie ganz befreien konnten. Die Hengstlichkeit, die ihre reak-
tionäre Einstellung noch verstärkte, ließ sie nicht den freiwilligen
Weg des Kompromisses gehen, der wohl manche Erbitterung ver—
mieden hätte; denn die Anhänglichkeit an die bestehende Der—
fassung und die Treue zum angestammten Fürstenhaus war noch
ungebrochen. Die Macht der Derhältnisse aber zwang die Fürsten,
trotz ihres zähen Festhaltens am Elten, nach und nach den Jorde—
rungen der Untertanen nachzugeben. Denn das vom oberrheini—
schen Kreis erlassene Warnungspatent vom 9. November 1789
hatte das Dolk nicht zur Ruhe bringen können v').
Die JFührer der Dolksbewegung wußten sehr wohl, daß ihre
Ziele wesentlich andere waren als jene, die man in FJrankreich
aufgestellt hatte. Sie dachten nicht an eine Derfassungsänderung,
sie forderten nur die Abschaffung der Mißstände. Die Erfüllung
ihrer Wünsche verlief ihnen aber viel zu langsam und das in
einer Zeit, in der die Ereignisse im Westen sich überstürzten. Dor-
stellungen auf Vorstellungen erfolgten. Hier und da übte die Be—
völkerung einen Druck auf die Regierung aus, indem sie die Ab-
gaben, besonders die Fronden gänzlich verweigerte.
ur) WA., a. a. O. Schr. d. Reg. zu Wiesb. v. 28. Sept. 1780.
118) WA., a. a. O. Schr. d. Fürsten v. 18. Okt. 1780.
112) WA., a. a. O. Schr. d. Weilburg. Reg. vom 5. Okt. 1789.
uus) WA., a. a. O. Schr. v. 10. Okt. vgl. auch Schr. v. 15. Okt. 1780.
8) WA., V. Nassau-Usingen, Grafschaft Saarwerden (Reg.⸗Bez. Wiesbaden
46). Schreiben Albinis vom 19. Januar.
1173 WA.. N-U g, Fürstentum Saarbrücken, 1. Generalia XIVa 2.
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