Full text: Das Saargebiet und die Französische Revolution

Uur mit der Gemeinde St. Ingbert hatte die Gräfin Streitig- 
keiten wegen des Gemeindewaldes und der Kohlenbergwerke aus— 
zufechten. Diese Gemeinde hatte um 1730 — ohne landesherrliche 
Erlaubnis, wie es scheint — die Kohlengruben angelegt und konnte 
den Derlust ihrer vermeintlichen Kechte nicht verschmerzen, als um 
die Mitte dieses Jahrhunderts die Regierung die Kohlengruben 
ohne Entschädigung einzog “e). St. Ingbert führte bei Beginn der 
Revolution einen Prozeß am Reichskammergericht mit der Gräfin 
um das Besitzrecht der auf seinem Banne gelegenen Waldungen. 
Diese Differenzen sollten hier der Anlaß zu den Unruhen von 1789 
werden *). 
Cine Charakterisierung der Zeitverhältnisse des Zweibrückischen 
Oberamtes Schaumburg vor den Revolutionsjahren ist kaum zu 
geben, da ein Aktenmaterial nicht mehr vorhanden ist. Vielleicht 
dürfen wir aber aus den Bauernunruhen nach 1780 schließen, daß 
Schaumburg als entlegene Enklave von der zweibrückischen Re— 
gierung stiefmütterlich behandelt und nichts zur Besserung der 
sozialen Cage der Bauern getan wurde. 
Dem Emte St. Wendel, als kurtrierische Enklave im Bliestal, 
konnte die milde Derwaltung des Kurstaates nicht zugute kommen. 
Die kurfürstlichen Beamten behandelten es als Steuerobjekt und 
trugen der Votlage der Bürger keinerlei Rechnung *). Schon unter 
geopolitischem Gesichtswinkel betrachtet versagte der schwer zu— 
gängliche Hunsrück eine enge Gemeinschaft mit dem Hauptlande. 
Im Gegensatz zur politischen Verbindung lenkte die Natur die 
Derkehrswege und Wirtschaftsbeziehungen nach dem südlichen 
Bliestale und nach Lothringen. 
Die im Geiste der Aufklärung durchgeführten Reformen des Erz- 
bischofs Clemens Wenzeslaus fielen hier auf einen unfruchtbaren 
Boden. Zwar ist auch in St. Wendel eine dem Geiste der Zeit ent— 
sprechende, weltlichere und von den kirchlichen Institutionen ab— 
gewandtere CLebensführung zu bemerken. Man begann kirchliche 
Dinge kritisch zu betrachten. Die neue Schulorganisation be— 
seitigte manche Mißstände. Als aber der aufgeklärte Kurfürst 
1784 alle Prozessionen aufheben wollte“), wehrten sich die Ein— 
wohner schon aus wirtschaftlichen Erwägungen gegen diese Be— 
stimmung, da ihre Stadt ein viel besuchter Wallfahrtsort war. 
Zudem hatte seit 1774 die Führung des kirchlichen CLebens der 
Stadt der Pfarrer Martin Bender in händen. Er war vor der 
Aufhebung des Jesuitenordens durch Dapst Klemens XIV. als 
79) Haßlacher, Der Steinkohlenbergbau usw., Bd. II, S. 20. 
so) Krämer, W., St. Ingbert und seine Vergangenheit 1925, Kap. VI. der 
Waldprozeß von 1754 -1791, 6. 174 ff. 
en) Müller, M., Gesch. d. Stadt St. Wendel von ihren Anfängen bis zum 
Weltkriege. 1027. 6. 1é2 f. 
s2) Val. Marx, J., Gesch. d. Erzstifts Trier, 1864, Bd. V, S. 164ff. 
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