Full text: Das Saargebiet und die Französische Revolution

preußische Wirtschaftspolitik war es, die die ersten Bindungen 
zwischen den Rheinlanden und Preußen schuf und zuerst die parti- 
kularistische Tinstellung überwand. Die liberalen Führer, die 
Tamphausen, Hansemann, v. Beckerath und Mevissen, erstrebten 
wirtschaftlich und politisch eine freiere Entwicklung durch die 
Brechung der engen provinzialen Grenzen. hier wurde nun auf 
Grund des Derfassungsversprechens vom Mai 1815 die JForderung 
nach einer das gesamte preußische Dolk repräsentierenden Der- 
tretung gestellt. Auf dem CLandtag von 1843 machte sich diese Rich- 
tung zum ersten Male geltend; 1845 und auf dem Vereinigten 
Tandtag von 1847 errang sie den maßgebenden politischen Ein— 
fluß. Ein großer Teil der katholischen Abgeordneten machte sich 
die liberalen Forderungen zu eigen ). 
In den im Jahre 1815 an Preußen gefallenen Saarkreisen be— 
gann sich trotz dieser Gespanntheit der innerpolitischen CLage in der 
Kheinprovinz erst nach dem Regierungswechsel im Jahre 1840 
langsam politisches Leben zu entwickeln. Dorher stand man den 
politischen Streitfragen teilnahmslos gegenüber. Im Jahre 1826 
schlossen sich die Stadträte von Saarbrücken und Saarlouis der 
Adreßbewegung für Erhaltung des rheinischen Rechts an“). Die 
nächste Petition an den Landtag ging erst im Jahre 1841 von Sdar- 
brücker Bürgern aus. Nun war wirkliche Betätigung in der Zeit 
der Derdächtigung jedes politischen Wollens vor 1840 kaum mög- 
lich; aber es fehlte offenbar auch alle lebhaftere Anteilnahme. 
Ceider besitzen wir keine Kenntnis aus dem persönlichen Leben 
von Männern der oberen Schichten, die uns Aufschluß über ihre 
Interessen gäbe. Jür die Zoer Jahre können jedoch die Berichte 
der Behörden über die Haltung der Bevölkerung als sehr zuver- 
lässige Guelle gelten; würdigten sie doch selbst Stammtischreden in 
einer Kleinstadt ihrer Aufmerksamkeit). 
o1) Zum liberalen Katholizismus vgl. Gustav Anrich, Der moderne Ultra⸗ 
montanismus in seiner Entstehung und Entwicklung. (Religionsgeschl. Volks⸗ 
hücher, hrsg. v. F. M. Schiele, IV. Reihe 10. Heft.) Tübingen 1909 S. 26 ff. 
Franz Schnabel, Der Zusammenschluß des politischen Katholizismus in 
Deutschland i. Jahre 1848. (Heidelberger Abhandlg. 20. Heft.) Heidelberg 
1910, S. 3ff. 
2) Croon, S. 153, und Prot. d. Landtags. 
s5) G. St. A. R. 77 tit. 505 Nr. 5 vol. J/VI. (1820-1850); St. A. K. 
Abt. 403 Nr. 2423 (1822 1848). — Es handelt sich i. d. Hauptsache um d. 
monatlichen Berichte der Regierungspräsidenten in Trier a. d. Innen— und 
Polizeiministerium. Von 1880 1843 liegen sie lückenlos vor. Nur selten sind 
die zugrunde liegenden Landratsberichte vorhanden. — Selbst d. geringste 
Vorfall ging i. d. Berichte ein. Zumindest Anfang d. 80er Jahre hatte d. 
Minister einen geheimen, selbst d. Reg. in Trier unbekannten Korrespon— 
denten im Bezirk. Außerdem hatten zuverlässige Beamte Erlaubnis, direkt 
an ihn zu berichten, so d. Bürgermeister Böcking v. Saarbrücken (1832 - 1838) 
u. d. Kreissekretär Sontag in Sbr. — F. d. Kreis Ottweiler sind f. d. 
Jahre 18281838 Jahresberichte des Landrats vorhanden. St. A. K. 
Abt. 477 Nr. 102. 
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