Full text: 1914 (0002)

Seite e382 ι]ι α Sudwestdeutschland ο 
Aσασαα Nr. 12 
— 
Geplante Wirtschaftshalle auf dem Schaumberg 
So war also auch der Schaumberg eine Stätte gewesen, die 
Hlanzzeiten der Kriegskunst und Ritterwesens gesehen hatte. Der 
Stern des Rittertums war ja strahlend am Himmel der Geschichte 
emporgestiegen, hatte lange in Ehren geglänzt, manchmal aber auch 
in zweifelhaftem Lichte geleuchtet, war erbleicht und jäh verlöscht. 
Die Schaumburg war ein Hort gegen Feindes Ansturm, Schutz und 
oft einzige Rettung vor ihm, nachher Ausgangspunkt des Gegen— 
stoßes und Gegenangriffs. Aus ihr waren Ritter und Mann aus— 
gezogen in den heiligen Krieg ins unbekannte Morgenland, als 
Gottesstreiter, treu auch dem Eid, zu blutigem Kampf zur Seite 
»es Kaisers. Aber es ging auch oft hinaus nicht für die heilige 
Sache des großen Ganzen, nein zur Fehde, zur Plage und zur 
Beunruhigung der heimatlichen Welt: Selbstsucht, Trotz und Rach— 
gier führten dann das Schwert und den Speer. Die Schaumburg 
wurde dann Lebenden zum Grabe und feuchtfinstere Gewölbe bargen 
die Schwachen und Hilfslosen und die, so im ungerechten Kampf 
unterlegen. So lag in der Zerstörung auch ein Stück Vergeltung, 
»esonders dann, wenn, was auch 
hei der Schaumburg anzunehmen 
sst, noch der Bauer die Reste 
hrach und sich so für Ausbeu— 
uung und Unterdrückung rächte 
uind aus Zorn über die Zerstö— 
rung seiner Felder, Fluren und 
Saaten, roh niedergestampft in 
Jagd und Krieg, die Trümmer 
für die einstigen Bewohner büßen 
ließ. Versöhnlich aber ist All— 
mutter Natur. Den alten Trüm— 
mern entsproßte Grün, jugend—⸗ 
licher Wald, und bald rauschten 
iber den Resten hochragende 
Bäume, sangen ein eintönig Lied 
im Winde vom Werden, Leben 
Vergehen. In den Burggräben 
vuchsen Moose und Farnkräuter, 
ie überwuchern die trotzig-steilen 
dänge, runden die scharfen Wall⸗ 
uind Grabenlinien aus. Die von 
deltenhand geschärften Fels— 
chroffen bedeckt ein grünes Kleid 
und tausend Waldblümchen durch— 
wirken es mildernd. Aus dem 
Tod neues Leben, ein Bild des 
Menschen- und Völkerlebens auf 
dem Berge, eine ernste Mahnung 
an den Wanderer, der heiter 
die Naturschönheiten des alten 
Götterbergs genießt und dessen 
Blicken sich eine endlose Ferne 
auftut, zu den blauenden Kuppen 
der Hardt, dem Hochwaldwall 
und seinen Bergen, in ein lieblich 
Land, herrlich geziert, voll Keim⸗ 
kraft, aber gedüngt auch in 
schweren Zeiten mit Asche und 
Blut. 
Wie die Urgeschichte des 
Schaumbergs in Dunkel gehüllt 
Grundriß des Kaiser⸗Wilhelm-⸗Turmes auf dem Schaumberg 
st, so auch die Urtage vom Flecken Tholey, der sich seit Jahrhun— 
derten an seinen Fuß anschmiegt. Spuren der ältesten Bewohner 
önnen wir nicht nachweisen, wir können sie höchstens ahnen. Gab 
s aber in der Umgegend eine Stelle, die sich besser zur Ansiedlung 
jeeignet hätte, als die vor dem Schaumberg liegende freie, sonnige 
hochfläche, die durch ihn gleichzeitig so trefflich gegen Nord- und 
Veststürme geschützt wird. Es haben sich also bald die Menschen 
sier angebaut und es trug die Gegend zahlreiche keltische Gehöfte, 
unächst natürlich in den fruchtbareren Flußtälern, dann auch auf 
»en Hochflächen. Wir haben uns einen guten Bauernstand zu 
denken, müssen uns aber klar sein, daß die Entwicklung zur Groß— 
züterwirtschaft neigte. Doch stand der Ackerbau noch nicht an erster 
Stelle, es überwog Schweine- und 
Schafzucht, letztere blühte ganz 
besonders in späterer Zeit und 
bildete die Voraussetzung des ganz 
bedeutenden gallischenTuchgewer— 
bes. Es weideten also zunächst 
große Herden in der Gegend. 
Große Herden wurden auch in 
den Ringburgen untergebracht, 
mit Frauen, Kindern und der 
Habe, wenn die Kriegsstürme 
tosten, Stürme, die sich ewig am 
Schaumberg und seinen Stein— 
wällen brachen. Keltenstämme, 
ein fröhliches, munteres Volk, 
keineswegs rohe Barbaren, waren 
die ersten Bewohner der Gefilde 
vor dem Schaumberg, von denen 
wir durch Funde, hauptsächlich 
Grabmäler Nachricht haben. 
Die Römer fanden, als sie 
erstmals in Tholey eingezogen, 
ein ländliches Idyll vor. Selten 
war es im Anfang, daß sich 
römische Kaufleute, Soldaten oder 
Beamte hier niederließen. Erst 
in späterer Zeit, etwa zu Beginn 
der Kaiserherrschaft, nahm der 
Ort eine stärkere Entwicklung, 
weil er ein wichtiger Straßen— 
knotenpunkt geworden war. Wir 
gehen sicher nicht fehl, wenn wir 
die strategische Tätigkeit Agrip— 
pas hier als Ursache bezeichnen. 
Eine Offensivcharakter tragende 
Militärstraße von Metz nach 
Bingen-Mainz, eine Parallel⸗ 
straße zum alten, auch den 
Römern dienenden Völkerweg 
Metz-Saarbrücken-Pfalz-Rhein, 
führte von der Mitte der Saar, 
der Gegend der Niedmündung 
VF— 
T 
Kaiser-Wilhelm Turm auf dem Schaumberg 
Geometrische Darstellung
	        
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