Full text: 1914 (0002)

Nr. 12 α— ν Gdwestdeutschland otæ αιν Seite ↄes 
Eingänge wurden, da die Kelten 
die Mauerkunst nicht kannten, 
durch Übergreifenlassen der Wall— 
enden und schlingenförmige Zu— 
gangstracen wehrhaft gemacht 
Verhaue sicherten die Zuwege, alle 
Wälle waren noch mit Gestrüpp 
Dornen und Geflecht gesichert 
Die Hauptburg auf dem Berge war 
unterteilt, die Nordspitze, der 
höchste Teil der Kuppe ist nochmals 
durch Wall und Graben gesichert 
worden, um dieses Refugium tobte 
der letzte Endtampf, bei dem nur 
eine Partei übrig blieb, so daß 
wohl oft das Blut über die dunkeln 
Melaphyrschroffen troff, und düster 
in der Sonne leuchtete. Waren 
aber genügend Verteidiger in Waf⸗ 
fen, so konnte das ganze Festungs— 
system lang gehalten werden, zu— 
mal da die Hochäcker der Süd- und Westseite, sowie die Quellen am 
Berg lange Verproviantierung der Volksburg ermöglichten. Noch 
waren alle Waffen und Geräte aus Bronce, erst später, als die Kelten 
begannen, Gallier zu werden, tritt das Eisen auf. Unsere Hochkuppe 
diente aber nicht nur kriegerischem Zweck, der Ringwall war zugleich 
auch Opferstätte, wie dies bei den meisten derartigen Anlagen 
der Fall war. Wir finden vereinzelt Scherben und Branderde, und 
es brauchte nicht der Bezeichnung „Opferstein“ für den Felsblock am 
Bergabhang im Norden, um die einstige heilige Bedentung des Schaum 
berges uns zu künden. Wunderbar weit ist ja der Blick von hier und 
weitum in der Runde konnte sich der Mensch erschauernd ihm, dem 
heiligen Mal auf der höchsten Bergkuppe zuwenden. Noch trunken 
von der Lichtreligion des Ostens, im Sinn den Feuerdienst auf den 
geheiligten Felshöhen der innerasiatischen Hochländer, den die Über 
lüeferung von Generation zu Generation lebend erhielt, opferten hier 
oben, weit über dem Sumpf, dem Dunst und dem Nebelqualm 
der Talrinnen jene arischen Urvölker den unbekannten Göttern und 
voran ihrem höchsten und reiusten Sinnbild der Sonne. Und wenn 
wir, Kinder einer rationalistisch-modernen Zeit, heute auf einer 
Schul⸗ 
Tholey 
Portal in der Benediktiner-Abtei 
dieser lichtumflossenen keltischen 
Opferhöhen stehen bei Sonnenauf— 
gang, weitet sich nicht auch unsere 
Seele und läßt sie nicht jenes 
Urlicht voll einströmen und durch 
Herz und Adern rinnen? Wir be— 
greifen, daß jene Geschlechter hier 
heilige Scheu empfanden und be— 
bend emporsahen zur Sonne und 
des Abendhimmels ewigen Leuch— 
ten, den Gestirnen. Wenn wir 
auch nicht mehr viele Spuren aus 
jenen Tagen finden, hier und da ist 
doch noch ein Grabhügel vom Pflug 
verschont geblieben, oder einsam 
im Wald überwuchert worden 
Hiezu dann die Schaumbergherbst— 
stimmung oder die Tage lind-⸗leuch— 
tenden Spätsommers und wir kön— 
nen uns wehmütiger Gefühle nicht 
entschlagen. Wir malen in Worten 
Wachholderdrosseln durch die Heide streichen. 
Die Gentianen blühen mild und blau, 
Bald deckt die Welt ein winterliches Grau 
Und freudelos die kurzen Tage schleichen. 
Photo Germer, St. Wendel 
Da ruhen sie, die alten hünenleichen, 
Im hochgetürmten grünen hügelbau, 
Umkränzt von Steinen, dichtbemoost und rauh, 
Und karg umhegt von dornigen Gesträuchen 
Heil'ges Gebirg, mit deinen Felsenrippen, 
Gleichst einem ungeheuren Sarkophage, 
Noch weht um deine dunklen Grünsteinklippen 
Der letzte Klang uralter Göttersage, 
Und weiht des spätgebornen Sängers Lippen, 
Wie Ossian, zu träumerischer Klage. 
MPaulus. 
Die Volksstämme wandelten sich, ihre Gebräuche, ihre Sitten, 
hr Heim und ihre Waffen. Fremder Zuzug gesellte sich zu ihnen, 
zald freundlich, bald feindlich, oft ärmer, daher wilder und tapferer 
die Fürsten- und Volksburgen aber und die heiligen Berge ent— 
»ölkerten sich nicht. Kühn und trotzig ragen Volksheroen, sagen— 
zerühmt, aus dem Dunkel der Geschichte und trotz kriegerischen 
Beistes war ein hochentwickeltes Leben im Lande, Blüte und Fort 
schritt; neben dem Kampf auch die Segnungen langer Friedenszeiten 
Man verbesserte den Ringwall mit Holzeinlagen, wie dies uns 
Julius Cäsar mitteilt, aber der Keltin Arme und Brust schmückten 
gleichzeitig schöne Spangen und Geschmeide, die Kleidung hielten 
kunstvolle Bronce- und Goldschnallen. Die Volksburg blieb, sie 
schien wie der Berg, der sie trug und das Volk in Waffen auf 
ihm und um ihn, allmächtig, unüberwindlich, ewig. Sagten doch 
dies auch die Druiden, die Priester vom Götterberg, Männer im 
Schnee des Alters, voll Weisheit, erfahren, unfehlbar, die Volks— 
lenker. 
Aber fern im Süden war im Lauf der Jahrzehnte und Jahr— 
hunderte, die die Kelten in Einzelstämme geschieden hatten, aus 
dürftigem Landstädtchen eine Macht geworden, die begann, den 
Erdkreis sich untertan zu machen und gar mauche Mär hatten die 
Händler aus Massilia und dem gallischen Süden von ihr und ihren 
Kriegern in den Gehöften der Treverer und Mediomatriker erzählt 
wennsie zu Handel- und Tauschzwecken in unsere Gegend gekommen 
waren. Und zum Beweis, daß ihre Geschichten von dem großen 
Heerführer Roms, Julius Cäsar, seinen Siegen im Jura und am 
Oberrhein über Helvetier und Ariovist richtig waren, kam ein Tag 
an dem erstmals ein dunkeläugiger Centurio, mit seiner Streif— 
truppe unterwegs, durch die Primsscharte beim heutigen Dillingen 
oder von der Sickinger Höhe her den Schaumberg erspähte und 
Befehl zur Erkundung dieses Gebirgs erhielt. Der römische Vor— 
marsch nach Norden wurde in unserer Gegend kaum aufgehalten, 
man scheint sich mit den neuen Herren bald abgefunden zu haben, 
was daraus hervorgeht, daß bei beiden denkwürdigen Zügen Cäsars 
über den Rhein ins freie Germanien die Gegend der Mosel als 
Basis diente. Nur einmal kann auch der Aufstand bei uns getobt 
haben nach jenem Hungerjahr, da Roms Truppen zerstreut lagern 
mußten, als Gallien sich wieder befreien wollte, als Labienus, 
Cäsars Legat, die Treverer niederzwang. Damals wurde vielleicht 
noch um die alte Ringburg von römischen Legionären, erzumschient, 
und den Kelten, hellen und blonden Hünen „Leute in Hosen“, wie 
die Römer charakteristisch bemerken, gerungen.
	        
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