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Kundellehen,*“) sind Reichsherrschaften, Reichs—
dörfer, Gerichtsbarkeiten, Ober⸗ und Unterherrlich—
keiten in buntestem Wechsel, ein getreues Bild des
vielstaatlichen Deutschlandes im Kleinen. Und
was das Schlimmste an diesem heterogenen, bunt
zusammengewürfelten Staatskörperchen war: es
hatte noch jetzt nicht alle Nachwehen der Kriege
vom früheren Jahrhundert überwunden, zumal die
Leyen erst seit wenigen Jahrzehnten sich sicher in
dem genau umschriebenen Eigentumsrechte be—
fanden.s
Zu diesen territorialen **) Schwierigkeiten
kamen die der allgemeinen Zeitlage, die für jeden
Thron und jedes Thrönchen einen tief gewissen—
haften, ernsten, hingebenden Fürsten und weit—
schauenden Diplomaten forderten. Jedenfalls be—
deutete also in anbetracht dieser eigenartigen Ver—
hältnisse besonders der bedrohlichen Zeitlage, der
frühe Tod des dem Lande angestammten viel—
erfahrenen Mannes, des Reichsgrafen Franz Karl,
einen ganz merklichen Verlust.
Bald jedoch glättete sich die besorgte Stirn
der leyenschen Patrioten. Die vormundschaftliche
Regentin, obgleich erst M Jahre im Lande heimisch,
machte sich bewundernswert rasch mit den Einzel—
heiten ihrer Aufgabe vertraut und regierte genau
da und so weiter, wo und wie der Vorgänger
) In weibliche Linie vererbliche Länder.
X) D. i. auf die Landesteile sich beziehend.