Full text: Geschichte der Abtei Wadgassen

Das königliche Dorf Wadgassen. 
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Oberherrn zu zahlen hatten. Vor 1152 kaufte der Abt von Wad— 
gassen von einem gewissen Conon sein Allodium für 9 Talente, das zu 
Wadgassen lag. 
Ein treffeudes Bild von dem Leben und Treiben auf einem Königs— 
hofe gibt das Lesebuch für Elsaß-Lothringen in einer herrlichen Beschrei— 
bung der Pfalz Kirchheim im Elsaß, welche wir zur Vergleichung hier 
folgen lassen: 
„In einer reizenden Gegend, ringsum von Hügeln umgeben, inmitten 
üppiger Felder und Wiesen, von prächtigen Gärten und Lustgängen um— 
geben, liegt an den Ufern der Mossig das stattliche Schloß. Im Hinter— 
grunde erheben die Vogesen majestätisch ihre dichtbewaldeten Rücken und 
begrenzen den Horizont. Hie und da blinken aus dem Dunkel der Bäume 
liebliche Weiler oder freundliche Gehöfte hervor, unter welchen uns die 
in den vier Windgegenden errichteten Meiereien oder Bauernhöfe besonders 
auffallen. Wir kommen näher; vor uns, unten im Thalgrunde, weidet 
das kräftige Rind, und dort am schattigen Hügel ruht die gesättige Schaf— 
herde, deren weiche Wolle unter den Händen der Edelfrauen in Decken 
und Kleidungsstücke verwandelt wird. Uberall sehen wir geschäftige Leute 
auf den Ackern und in den Wiesen; es sind die Veibeigenen, welche die 
ausgedehnten Krongüter bestellen. Große Stallungen und weitläufige Vor— 
ratshäuser mit tiefen Kellern stehen bei dem Schlosse, um das Vieh, die 
Eritte und den Wein zu beherbergen. Rechts und links aus den nahen 
Hütten ertönen Hammerschläge und sonstiges Geräusch; es rührt von den 
fleißigen Handwerksleuten her, die zu der Pfalz gehören. Nim liegt in— 
mitten eines großen Hofes der ausgedehnte Palast vor uns; er ist meist 
aus Holz gebaut, und ringsherum laufen Hallen, die mit allerlei Schnitz— 
wverk und Bildern geziert sind. Er enthält nebst dem Audienzsaale, den 
Waffensälen und fuͤrstlichen Gemächern eine lange Reihe von Zimmern, 
die für den Empfang der zahlreichen Gäste bestunmt sind. Die Küchen, 
Badezimmer und Wohnungen der Dienerschaft befinden sich in den Neben— 
gebäuden. Hinter dem Empfangssaale der Königin erstreckt sich ein herr— 
licher Lustgarten mit schattigen Lauben und Gängen. Pfauen, Fasanen, 
Schwäne und andere auswärtige Vögel, ein zahmes Reh, das bei unserm 
Erscheinen durch das Gebüsch huscht, geben ihm Reiz und beleben ihn. 
Hier ist der Lieblingsaufenthalt der fürftlichen Frauen; hier ergötzen sie 
sich an den vielen schönen Sachen, welche Natur und Kunst an diesem 
Orte aufgehäuft haben. Aber heute ist der Garten leer und jedes fröh— 
liche Geplauder darin verstummt. Der König, der jüngst mit seinem Hofe 
aus seiner Hauptstadt Metz hier eingetroffen war, einpfängt am Abend 
die Großen seines Reiches, und die Damen rüsten sich, um bei deu Feste 
in all ihrem Glanze zu erscheinen. Es ist uns vergönnt, das Schauspiel 
mit anzusehen. Mit unzähligen Fackeln erhellt, strahlt der Kronsaal in 
seiner ganzen Pracht, der König, von seinem Hofe umringt, sitzt auf seinem 
Throne; Bischöfe und Äbte, Herzöge und Gaugrafen stehen vor ihm. 
Bewaffnete jeder Art und viele Mönche erfüllen den Saal. Aller Augen 
sind auf den König gerichtet, von welchem die einen Privilegien und Ge— 
schenke, die andern Befehle erwarten. Der König scheint uns sichtlich 
zerstreut und ermüdet; seine ganze Haltung verrät etwas Gleichgültiges 
und Unschlüssiges, das auf alle Anwesenden einen ungünstigen Eindruck
	        
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