Allerlei dumm' Dinges aus frühere Zeide
Von Dr. Oskar Barth in Gotha.
Für:
Wir waren im Elternhause unserer sieben Geschwister, und wenn das be-
kannte Wort von der „bösen Sieben“ für uns nicht aufgekommen ist, so ver-
danken wir das einzig und allein unserem Mittelstücke, der Schwester Lina,
die zwar alle Vorzüge, aber keinen der unangenehmen Fehler eines Mutter-
kindes besaß. Unzweifelhaft hat sie uns übrigen Geschwistern in unserer
Jugend durc ihr stets gesittetes Betragen bei Eltern und Verwandten die
Preise erheblich verdorben, aber wir haben ihr das nie übel genommen, und
sie wird bis auf den heutigen Tag von allen, die wir no leben, als unsere
Beste neidlos anerkannt. Und ich muß zu ihrer Ehre sagen, daß sie an keinem
der nachstehend geschilderten Streiche beteiligt war; andererseits hat sie es sich
nun selbst zuzuschreiben, wenn sie nicht im Saarkalender verewigt ist. Füge
ich nod) hinzu, daß wir alle ausnahmslos Vater und Mutter auss Wort ge-
horchen mußten, sonst aber -- Gott und den Eltern sei es heute noch gedankt!
=- weitgehende Freiheiten besaßen, so bin ich mit meiner Einleitung fertig und
kann mit dem Auskramen aus dem „Nähkerbche“ beginnen. Die hier geschil-
derten Dummheiten fanden leider zu Hause nur zum allergeringsten Teile Ver-
ständnis, und manche davon wurden erst nach Jahren ausgepackt. Nicht alles
habe ich miterlebt; manches verdanke ich den Mitteilungen der älteren Ge-
schwister. Und mit deren Streichen will ich nunmehr beginnen.
Eines Tages hatten sie sich auf dem Hofe unseres großen Grundstückes in
der Kanalstraße zusammen mit befreundeten Nachbarkindern aus Brettern und
ausgestohenen Rasenstücken ein wunderhübsches Häushen gebaut mit Dach,
Tür, Fenster und selbst einer hölzernen Sitzbank im Jnnern. Nur fand man
diese Sitßgelegenheit etwas zu hart und beschloß daher, sie mit Heu zu polstern,
stieß aber auf Schwierigkeiten wegen des Stoffbezuges. Da hatte einer der
Brüder H . . . aus der Nachbarschaft einen feinen Gedanken: „Jhr Buwe, bei
uns dehäm leit e Mass' alter Plisc<; de kinne mr holle.“ Gesagt, getan! Man
holte den Plüsch herbei, schnitt ihn kunstvoll zurecht und nagelte ihn über die
Heupolster. O diese Wonne! Nun hatte man ein Häuschen, das sich sehen lassen
konnte. Und tatsächlich luden die jungen Baukünstler nach Feierabend die be-
freundeten Mütter zur Besichtigung ein. Man bewunderte, man lobte. Plötlich
fielen Frau H . . . 5 Blicke wie gebannt auf den Plüsch der Sitzbank: „Ei, der
sieht ja fast aus wie unser abgetrennter Plüsch daheim!“ „Jje,“ fiel ihr üngjiter
begeistert ein, „es is' unser alter Plisch, der wo immer hinne in der klän
Sc<hdubb gelä hat.“ Frau H . . . sank fast in.die Knie. Es war der Plüsch der
Möbel aus der guten Stube, den man vor 14 Tagen abgetrennt hatte. Die
Möbel sollten aufgearbeitet werden und aus der Hand des Schreiners in die
des Polsterers gehen und dort ihre alten Bezüge wiederbekommen. Das war
nun niht mehr möglich, und die Brüder Albert und Ludwig H . . . bezogen
böse Prügel, und die Freude am Häuscen erlitt einen argen Dämpfer. --
Welcher Saarbrücker Junge hätte nicht vor 30, 40 und mehr Jahren einmal
eine „Fallbrücke“ gebaut? Der Bau war nur möglich und lohnte sich nur in
Straßenteilen ohne Bürgersteig, wo also die gewachsene Erde ohne Zement- oder
Plattenbelag den Fußgängerweg bildete und die Fußgänger auch wirklich hin-
einfallen konnten. Ein sol<her Weg führte in meiner Jugend an dem damals
noh nicht bebauten Teile der Kanalstraße entlang, in der mein Eltern- und
Geburtshaus lag und in der man bekanntlich bis auf den heutigen Tag die
Pfannekuchen nur auf einer Seite bäckt. Do hier soll nicht von Pfannekuchen,
sondern von Fallbrücken geredet werden. Und eine solhe bauten meine zwei
ältesten Brüder Louis und Julius gemeinsam mit ihren vorgenannten intimsten
Freunden H . . ., indem sie quer über den Fußgängerweg eine breite Rinne
von mäßiger Tiefe zogen, diese mit selbst angerührtem „Batsch“ ausfüllten, mit
dünnen Papierstücken abdeckten und das Ganze weit über die Ränder der
Rinne hinaus mit Sand bestreuten, so daß es aussah, als ob hier eine frische
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