Full text: 1934 (0012)

Aus der „hoffgerichts-Ordnung 
des herzogthums Zweybrücken“ v. 1605 
von A. 3. 
„Geben und geschehn auff Mittwoch, den 15. May im Jahr nach Christi 
unseres Erlösers Gebuͤrth 1605.“ Johannsen hieß der Pfalzgraf bei Rhein, der 
die gesamte Gesetzgebung in Straf- und Zivilprozessen in einem Buche auf 180 
Seiten zu vereinigen wuͤßte, ein Kunststück, das unser Staunen erregt. Inner— 
halb vier Wochen konnte damals ein halbwegs Begabter mit der Jurisprudenz 
sertig sein; er brauchte nicht, wie heute, zehn Jahre eifrigen Strebens, um sich 
mit ug und Recht die Richterkappe aufsetzen zu können. Wie einfach und klar 
ist dabei alles; 
Die Kniffe des römischen Rechts kannte der allerdings „Allerdurchläuchteste“ 
Fürst Johannsen nicht; er schuf nach seinem Rechtsgefühl leicht verständliche, aber 
wahrhäft drakonische Gesetze. Da hieß es einfach Auge um Auge, Zahn um Zahn. 
Wehe dem, der abseits gut bürgerlicher Tugend befunden wurde, ihm gings 
übel. „Und weiche keinen Finger breit von Gottes Wegen ab“, das war der 
Kompaß der Gesetzgebung, wenn der Mann nicht mit dem Schwert hingerichtet, 
die Frau nicht erträͤnkt werden wollte. 
Man dachte nicht wie in unseren Tagen human in der Hoffnung, den Ge— 
strauchelten doch noch auf den rechten Weg zu führen und zu einem nützlichen 
Glied der Menschheit zu machen. Nein, das Gesetz war von brutaler Härte, ganz 
gleich. aus welchen Motiven der Entgleiste auf den Abweg geraten war. 
Ich will aus dem Gesetzbuche, das vor 828 Jahren im Druch erschienen ist, 
nur einige, uns heute noch besonders berührende Kapitel erwähnen. Sie sind 
bezeichnend für den rauhen Rechtssinn unserer Vorfahren. Es ist wohl auch 
nicht daran zu zweifeln, daß jene Bestimmungen über Vergehen und Verbrechen 
auch in unserer damaligen Grafschaft Nassau-Saarbrück dieselbe Geltung ge— 
habi haben wie in dem benachbarten Zweibrücken, das sich früher wie unsere 
Heimat eine Kulturstätte nennen durfte. Von dort her kam zu uns manches 
wertvolle Gut, ich erinnere hier nur an die Schwarzkunst, deren Apostel vom 
blühenden Hofe der alten Rosenstadt herüber gewechselt sind. Nicht anders wird 
es auch mit den Errungenschaften der Göttin Justitia gewesen sein, die im Laufe 
der Zeit, allerdings mit verbundenen Augen und langwallendem Kleide, recht 
langsam und zögernd der allgemeinen Volksbildung folgte. 
Die Auffassungen über den sittlichen Wert der Ehe für Staat und Familie 
wechseln. Ein gesundes Volk wird immer den sakramentalen Charakter der 
Ehe hochhalten. Nach großen Erschütterungen, wie sie lange Kriege mit sich 
bringen, lockern sich die fürs Leben geschlossenen Bande leichter. Nach dem 
—— — Kriege war in manchen Landesteilen Deutschlands sogar die alte 
Türkenwirtschaft, die Vielweiberei, erlaubt und von manchem guten Fürsten 
ewünscht. Nicht weniger traurig waren die Verhältnisse nach dem sieben— 
ee Kriege. Auch nach dem Weltkrieg machte sich eine leichte Auffassung 
über den vor Gott und Altar geschlossenen Bund, geltend. So stiegen im Saar⸗ 
zehiet die Ehescheidungen rapid, in manchen Jahren sogar beängstigend. Mit 
esseren wirtschaftlichen — wird hier auch wieder bei dem gesunden 
Sinn der Bevölkerung ein schnelles Sinken der unheilvollen Ziffer eintreten. 
Der Fürst Johannsen von Zweibrücken wollte mit Gewalt die Heiligkeit 
der Ehe wahren. Ob ihn die Leichtlebigkeit seiner „Unterthanen“ dazu ge— 
trieben hat oder der richtige Gedanke, 58 ohne Reinheit des Ehelebens weder 
der Staat, noch der Einzelne Glück und Wohlergehen finden können, lassen 
wir dahingestellt. 
Eheirrungen und ihre Strafen. 
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