Full text: 1934 (0012)

Seele. Der esprit français hat hier nichts erreicht, ebensowenig wie auf anderen 
zulturellen Gebieten, wie Presse, Theater, gesellschaftliches Leben usw. 
Dagegen hat trotz aller Not die deutsche Kultur bei uns eine ungeahnte 
Blütezeit erlebt. Was uns heute ein Beethoven, ein Schubert geworden ist, 
hätten wir vor der Notzeit kaum zu ahnen gewagt. Was uns zu erdrücken 
drohte und die deutsche Seele zermürben sollte, erschien durch deutsche Willens— 
kraft als geistiger Führer zu den Gipfeln vaterländischer Kunst. Wie anders 
als vor Zeiten erklingt uns heute in der Trennung von den Brüdern schon 
ein einfaches Volkslied. Sein süßer Klang, wo traut es grüßt, hat alle Sorgen 
veggeküßt, wie es zu Kraft und Leben rief, was dunkel tief im Herzen schlief. 
Verlor'nes Glück wird Gegenwart, Es klinget uns wie ein Gebet, 
In deutsche Not, auch noch so hartt, Das innig zu dem Himmel fleht 
Trägt es der Hoffnung lichten Schein Und um die Herzen flicht ein Band 
Und läßt den Zagen mutig sein. Von Heimweh nach dem Vaterland. 
Deutsche Kultur und nicht französischer Lack gehört zur Eigenart des tapferen 
Saarvolks. Wie die Wurzeln unserer Buchen sich in die Felsenwand krallen, 
so wurzeln wir mit der Seele und unserer Kultur im Vaterland. 
Aber sollten wir uns trotz der mehr als tausendjährigen Zugehörigkeit zum 
Reiche doch nicht über unsere Stammesart täuschen? Die Franzosen meinen's, 
und ihre schlauen Geschichtsklitterer von dem sagenhaften Professor Wiese bis 
zum flüchtigen Vielschreiber Herly behaupten es. Der erste Präsident der 
Regierungskommission, der Franzose Rault, hat sich die schiefen Ansichten 
und Schlüsse gallischer Forscher sofort zugeeignet. Er erhob aus eigener Macht— 
pollkommenheit das Bassin de la Sarre zu einem eigenen Staatsgebilde. Nach 
hin sind wir also nicht mehr Deutsche, sondern Sarrois, ein ganz besonderer 
Stamm, durch ein langes Regime leider etwas verpreußt, aber, auf den richtigen 
Veg geführt, bald wenigstens so eine Art Zwitter, wie Hans vom Schnakenloch. 
Ich erinnere mich, wie man damals über den üblen Streich Raults Witze 
nachte und Spottlieder sang. Unser bekannte, stets mutvolle Dialektdichter, 
d Kühner, machte sich in seiner Art über die Ungesetzlichkeit, wie folgt, 
ustig: 
„Wann jetzt ähner will verräse, Nur das äne schöne Wertche 
Und es steht in seinem Paß, „Sarrois“ als Stempel druff 
Daß er Preiß is odder Baijer, Schitzt vor Unannehmlichkääde 
Kinner, do erlääbt er was! Un die Dier, die tut sich uff. 
Daqgfe uns nur, wie n'r wolle, 
Domit kumme ihr nit weit. 
Preiße, Baijre duhn mir bleiwe, 
Deitsch in alle Ewigkeit.“ 
So dachte und urteilte das Volk. Rault verlieh sogar dem „Staat“ der 
darrois ein eigenes Wappen und auch eine Landesflagge in den Farben blau— 
veiß⸗schwarz. Niemand beachtete das Banner, das heute nur noch auf den Regie— 
rungsgebäuden zu sehen ist. Niemals wird ein biederer Saarländer seine ge— 
schichtlich gewordene, schicksalsreiche, geistige und blutmäßige Verbundenheit mit 
seinem Mutterlande und seinem Volke verleugnen. 
Diese von Natur gegebene Einstellung wird 1935 am Tage des Volksgerichts 
und der Abrechnung die Pläne über Autonomie, Annektion des Warndt oder der 
Stadt Saarlouis usw. wie Kartenhäuser hinwegfegen. Entdeutscht sollte die 
hHeimat werden und damit reif sein für den Ehrgeiz des gallischen Hahns. Er 
mag sich lockend heiser schrei'n, er wird hier nie der König sein. 
Wie der heimatliche Held unserer Sage, Hagen, lassen auch wir uns lieber 
ehrenvoll auf dem Schilde aus dem Kampfe tragen, als daß wir einen Schritt 
veichen von der Nibelungentreue, denn in ihr lebt uns allein die Rettung, die 
Rückkehr zu den Brüdern und zu neuem Glück. 
Wir werden nie zur Unheilsfahrt Wir sind von uralt deutscher Art 
Der welschen Habgier uns verschreiben, Und wollen's ewig bleiben. 
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