Full text: 12.1934 (0012)

Zeittafel zur Geschichte des Saargebiets 
vom 1. Juli 1932 bis 30. Juli 1933 
Juli 1932. 
Juli: Die Regierungskommission erhöht die in- 
direkten Steuern. Die Belastung wird erhöht für 
Bier, Branntwein, Essigsäure, Kolonialwaren, 
Mineralöle, Spielkarten, Tabakerzeugnisse und 
Weine, Die Regierung erhofft an Mehreinnahme 
bei Bier 5 Millionen, bei Koloniolwaren 1,5 
Millionen, bei Branntwein 1,5 Millionen, bei 
Tabakerzeugnissen 10 Willionen, Wein 14 Mil- 
lion. Insgesamt wird eine jährliche WMehrein- 
nahme an Derbrauc<ßsabgaben in Höhe von 
19 700 000 Fr. erwartet. Der Candesrat lehnt die 
Dorlage, mit der er „überfallen“ worden sei, 
vom rechten bis zum äußersten linken Flügel 
ab. Er wüns<t Steuerreform, niht 
Steuererhöhung. 
Juli: Dur Derordnung der Regierungskommis- 
sion vom 5. Juli 1932 sind mit Wirkung vom 
6. Juli 1932 die Steuersäße nac<benannter Waren 
um die dabei vermerkten Prozentsäße erhöht 
worden: Bier 50 Proz., Branntwein 20--25 Proz., 
Essigsäure -50 Proz., Kolonialwaren etwa 100 
Prozent, leichte Mineralöle 50 Proz., Spielkarten 
100 Pro3z., Tabakerzeugnisse 100 Pro3., Wein 
(Trauben- und Obstwein) 100 Proz. JFür Uah- 
versteuerung ist jofort Zorge zu tragen. 
10. Juli: Weihe eines Ehrenmals in Sc<eidt für die 
Gefallenen aus Scheidt, Stahlhammer, Ueus<heidt 
und Sdeidterberg. 
Dr. Max v. Dopelius wurde von der Te<nt- 
sj<en Hod<s<ule Hannover „für hervorragende 
Förderung der deutschen Glasindustrie dur< Be- 
gründung und erfolgreihe Leitung tednisc- 
wissens<haftliher Gemeins<aftsarbeit“ die Würde 
eines Dr.-Ing. ehrenhalber verliehen. 
Denkmalsweihe der 22er in Zweibrücken für 
5000 Gefallene des Regiments. Ueber 10 000 Teil- 
nehmer mit über hundert Fahnen waren er- 
schienen. Stark vertreten das Saarland. 
Juli: Die 600-Jahrfeier St. Wendels, die 14 
Tage umfaßte und einen glänzenden Derlauf ge- 
nommen hat, ist beendet. Der vorzüglich gestaltete 
historis<e Jestzug war der Glanzpunkt des 
Festes, das viele Tausende in die alte Wende- 
linus-Stadt führte. 
Juli: Dr.-Ing. e. h. Max v. Dopelius F. Mit 
ihm ist ein Träger einer alten Tradition und 
Exponent unserer wirtschaftlichen Geltung heim- 
gegangen. Wiederum klafft. eine Lücke in den 
Reihen jenes bodenständigen Unternehmertums, 
das den Kampf um die Erhaltung und Befestigung 
seines industriellen Erbes führte in dem Be- 
wußtsein ererbter Aufgaben in heißer Liebe zum 
Werk. Aufre<ht ging hier ein deutscher Mann 
seinen Weg, in all unserer politischen Bedrängnis 
fest und unwandelbar in seiner Liebe zur Heimat. 
Die <ristl. Gewerkschaften erheben gegen die 
neuen, von der fremden Regierungskommission 
diktierten Steuern den „allerschärfsten Protest“. 
Es sei, so heißt es mit Recht, ein wirts<haftlicher 
Widersinn, bei absinkender Konjunktur und beim 
Rückgang der Einkünfte die Minderung von 
Steuereingängen dur< Anziehen der Steuer- 
s<raube auszualeihben. ZSolHe Maßnahmen be- 
s<leunigten nur das Tempo der Wirts<asts- 
s<rumpfung, der Cohnkürzungen und Arbeiter- 
entlassungen. Man solle zunä<st mit Einspa- 
rungen bei dem aufgeblähten, unendlich teuren 
Regierungsapparat beginnen, das würde den 
Etat entlasten. Dor allem müsse man die fran- 
zösis<e Bergwerksdirektion gere<t und nicht, wie 
bisher, viel zu gering besteuern. Festgelegt wird, 
daß die Saargruben auf Grund eines famosen 
Steuerabkommens mit der den Franzosen stets 
willfährigen Regierungskommission bisher 300 
bis 400 Millionen Franken zu wenig an Steuern 
gezahlt haben. Testgestellt wird auc<, daß die 
Franzosen aus den Saargruben 1920--1928 einen 
Gewinn von 145 Millionen Goldmark erzielten. 
Der Oberzugs<affner Peter Kirsten in Trier- 
Kürenz hatte seinen Kameraden Kl. bei der 
französis<en Zollverwaltung denunziert. Der 
Judas wurde in Trier mit Dienstentlassung be- 
straft. Er wandte sic an den Reihsdisziplinar- 
hof in Teipzig, der das Urteil bestätigte. Diese 
Ents<eidung wurde überall mit Genugtuung auf- 
genommen, Ein Mann, der eine solche nationale 
Würdelosigkeit an den Tag legt, muß sofort aus 
seiner Stellung verschwinden. Damit seine Lum- 
perei ni<t vergessen wird, habe ich ihm im 
„Saarkalender“ ein Pläßhen eingeräumt. 
Die am 13. Juli von der Regierungskommission 
bes<lossene Kürzung der saarländis<en Be- 
amtenbezüge sjoll am 1. August in Kraft treten. 
18. 
Juli: 4000 junge Bergarbeiter der dristl, Ge- 
werkschaft, versammelt in Wadern, bekunden, 
daß für sie der künstlihe Trennungsstric< des 
Dersailler Dertrages niemals existiere. Beschlüsse 
werden gefaßt gegen die überall einseßende 
soziale Reaktion. Besonders wendet man sid 
gegen die Ders<lehterungen, die das französische 
Oberbergamt im Saargebiet auf knapps<aftlichem 
Gebiete ohne Anhören der gewerks<aftlihen Or- 
ganisationen verfügte. 
23. 
Juli: Eine Dollsißung der Handelskammer be- 
schäftigt sich mit den neuen Steuergesezen der 
Regierungskommission, jährlich hundert Millionen 
mehr. Sie bedeuten einen wirtsc<aftlicen Irr- 
weg, der nur eine Dershlimmerung der Krisis 
und vermehrte Arbeitslosigkeit zur Folge habe, 
Dicht neue Steuern, sondern einzig und 
allein positive, wirts<haftsför- 
dernde Maßnahmen mit dem Ziele 
der Senkung der Produktions- 
kosten könnten die Saarwirts<aft aus der 
Krise herausführen. 
Die Auguste - Diktoria - Shule begeht in diesen 
Tagen dur< eine Reihe von Festlichkeiten unter 
großer Teilnahme früherer Sdülerinnen ihre 
Hundertjahrfeier. Bemerkt sei hier, daß die 
JIubiläumss<rift zum Preise von 4 Ir. (70 Pfg.) 
no<h in den Buchhandlungen Gebr. Hofer A.-G. 
und Bod: u. Seip zu haben ist. 
26. 
Juli: Das Segels<hulshiff „DViobe“ der Reids- 
marine bei Fehmarn im Sturm gesunken. 69 
Todesopfer. 40 Mann gerettet. 
31, Juli: Weihe des Kriegerehrenmals in Heusweiler. 
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