„So einfach geht das ja nun gerade nicht“, ließ ſich Johann zu ſeinen
Räten vernehmen, als man ihm die umfangreiche Schrift verleſen hatte, in
der die Härte der Fronarbeiten geſchildert wurde. Mit Fronden, Bau- und
Weingeld möge der Graf ſie nicht mehr belaſten als ihre Eltern. Sie wollten
auch allzeit getreue und gehorſame Knechte fein und mit ihren Weibern und
Kindern immer getreulich für ihren Grafen und ſeine Familie beten.
„Beſtellen wir die Brüder einmal auf Mittwoch, den 25. Juni.“
Das erzählte der Sekretarius beim Abendſchoppen ſeinem Schwager. Unter
dem Siegel der ſtrengſten Verſchwiegenheit verſteht ſich. Dieſe geheimnisvolle
Formel genügte, um ganz Saarbrücken am andern Tag ſchon von der Vor-
ladung in Kenntnis zu ſeen. Und als an dem beſtimmten Tage die Bauern
unter der Führung ihres Kaiſer in Saarbrücken einrückten, wurden ſie be-
reits von den Stadtfräcken erwartet. Vor allen Türen hatten ſie ſich auf-
gebaut. Bürger aller Größen, Gewichtsklaſſen und Berufe, indes die edlen
Frauen ihre Hälſe lang machten und zum Fenſter herausſ<hauten. Die Jugend
genoß ihr Vorrecht und lief johlend vor und hinter dem Zuge her, der kurz
nach Mittag ſeinen traurigen Einzug in die Reſidenz hielt. „Na, Jhr könnt
Euch auf allerhand gefaßt machen“, rief ihnen alles nach.
Im Scloß nahm ſie ein Diener in Empfang und führte die geknickten
Rebellen in den großen vorderen Saal, in dem ſich nacheinander der bereits
geſtern aus Nanſtuhl angekommene kaiſerliche Notarius Endres S<er und
die Herren Hofmeiſter Franz Friedrich v. Liebenſtein und Junker Georg
v. Kriehingen-Püttlingen einfanden. Die Herren unterhielten ſich
in einer Eke des Saales, bis ein Diener die Ankunft des Grafen ankündigte.
Bei Eintritt Johanns knickten die Bauern in Ehrfurcht und Schrecken zu-
ſammen. Der Notarius ließ ſich an einem Tiſch nieder, putzte umſtändlich ſeine
Brille und war bereit, den Verlauf der Verhandlung ſach- und formgerecht
niederzuſc<hreiben. Auf einen Wink des Grafen verlas der Hofmeiſter ein langes
Schriftſtück, in dem den Bauern ihre Miſſetaten vorgehalten wurden: Dienſt-
verweigerung, Treubruch, Holzfrevel, Anrufung landfremder Herren und der-
gleichen. Der Graf ſei jedoh aus Üüberreicher Milde und Güte geneigt, zu
verzeihen, wenn die Sünder einen ordentlichen Fußfall täten, reumütig ihre
Schuld bekennten und für ihren eingeſtandenen Ungehorſam 100 blanke Taler
blechten.
Darauf beteuerten die Aermſten ihre Abſicht, dem Grafen zu gehor<en;
doch möge dieſer ein Einſehen haben und ihnen die Strafe erlaſſen. Der Graf
ſtauchte die Geſellſchaft gehörig zuſammen. Er verkündigte, daß an eine Straf-
loſigkeit nicht zu denken ſei, da ſie wiederholt nicht pariert hätten. Als ſie
nun aufs neue ihre Bitten an den Landesherrn richteten, hieß der Graf, die
Schar zu verſchwinden, damit er ſich mit ſeinen Ratgebern über die neue
Sachlage unterhalten könne. Dieſe drangen in ihn, er möge es bei der Abſicht
bewenden laſſen. Schrecken genug hätten die Leute ausgeſtanden. Endlich ließ
ſich der Graf erweichen und teilte den wieder eingetretenen Bauern mit, er
wolle ſich zufrieden geben, wenn ſie einen neuerlichen Kniefall täten und ihm
unverbrüchliche Treue gelobten. Das ließen ſie ſich nicht zweimal ſagen und
taten, wie es der Graf wünſchte.
Ihre Freude ſtieg noch, ':als Johann ihnen erklärte, ſie könnten nunmehr
unbehelligt naß Hauſe kehren, alles bliebe beim alten, die Fronarbeiten
brauchten ſie nicht zu übernehmen und die eingezogenen Güter würden un-
verzüglich wieder zurückgegeben. Und um dem ganzen einen würdigen Ab-
ſchluß zu geben, ſpendiere er den Anweſenden ein Faß Wein, allerdings nur
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