Striegel -- Krippe -- Grippe.
Ein wahres Geſchichthen.
. . . tſ<iii! So beginnt ſie und wer ſie hat, weiß, was ſie bedeutet. Vor vielen
Jahren aber, als ſie hier zum erſten Male auftrat, lächelte man mitleidig und ungläubig
überlegen über die von ihr Befallenen; die doH nur „'s Rotlaaf“ hatten, das doh ſchon
auf eine längſt „eingeführte Tour“ zurückblicken konnte. Das „Rotlaaf“ kannte man
und dieſe neue Krankheit nannte man drum, ihren lateiniſchen Namen verballhorniſierend,
die „Faulenzia“. Der alte Schloſſermeiſter Ammon, ein ganz eingefleiſchter alter Hieſiger,
ging noch einen Schritt weiter und nannte ſie „Die Beamdekrankhääd“. Bis ſie ihn
ſelbſt am Kragen packte! Da war er kuriert.
Die Aerzte hatten damals goldene Zeiten und Tag und Nacht keine Ruhe.
Und ſo begab es ſich, daß auh eines Nachts, zu einer Zeit, da jeder brave Bürger
längſt auf der zweiten Windel lag, die Nachtglocke des Dr. Ewh ſtürmiſch in Bewegung
geſeßt wurde. Schlaftrunken ging er zum Fenſter: „Wer is dann drunne?“ Aus der
dunklen Winternacht ſc<hallts zurück: „Ei ich“. Ganz ſelbſtverſtändlich: „Ei ich!“ Da
aber Dr. EC. nicht wiſſen konnte, wer ſich unter dieſem Pſeudonym verbirgt, fragt er
zUrÜcKk: „Was for ich?“ Antwort: „Ach Gott, Jhr kenne mich doh: "5 Katſche!“
Und es begab ſich, daß zu jener behäbigen Zeit noh alle Dienſtmädchen, die aus der
Umgebung in die Stadt kamen, dort ihre dreißig, vierzig Jahre bei ein und derſelben
Familie dienten, bis ſie ſc<hließlih zum Hausinventar und anderen lieben Angedenken
gehörten -- Katſche hießen, und mußte er notgedrungen zurückfragen:
„Was for e Katſche?“
„Jeſſes,“ ſchallts ungeduldig zurück: „Jhr kenne mich doh: Meyerſc< Katſche!“
„Weil aber die Meyers damals ebenſowenig ſelten waren, wie heute, blieb ihm
wieder nichts anders übrig, wie zu fragen:
„Was for Meyerſch?“
Das war natürlich in gewiſſem Sinne eine Art Ehrverletzung, deshalb fiel auch die
Antwort eben dementſprechend aus:
„Hergottſackramentnohemol!“ Aha, nun wußte ers. Alſo noh die Frage:
„35 jemand von Eich krank?
„Joo: Er!“
„Was fehlt m dann?“
„Ei, Sie ſaht, er hätt de Shtrichel!“
Nun muß ic< leider der heutigen Auto- und Radiogeneration erklären, daß der
Striegel ein Inſtrument war, mit dem man Pferde und Kühe, die zu jener Zeit in keiner
„gutt däftig“ Haushaltung fehlten, zu pußen, ſtriegeln, und gewöhnlich mit der „Kar-
tätſche“ -- der dazu gehörenden Bürſte -- am linken Pfoſten der Stalltüre mit dem Griff
zwiſchen zwei krumm übereinander geſchlagenen Nägeln ſteckte. Eine Krankheit gleichen
Namens war unſerm Herrn Doktor bis Dato aber noh nicht vorgekommen und ſo. rief
er vom Fenſter:
„Unſinn! -- Die Gripp werd 'r hann!?“
Da klappte das „Katſc<he“ ſein mühſelig erworbenes Saarbrücker Deutſch ſtaunend
zuſammen und in ſeinem heimiſchen Köllertaler Platt gabs zurück:
„Mo g'weß! -- Jetz hann Nier recht, Herr Dokder! =- Awwer--mo--eih hunn doch
gewußt, dat et ebbes aus'm Sctall iſch, Striegel oder Kripp“ oder ſo was anneres.“
C. Sch.
Seltſame Notizen aus alten Saarbrücker Zeitungen. Unter der Rubrik „Verſchie-
denes“ heißt es da: „In unſerer Stadt hat ſich am 1. Februar ein weiterer Arzt, Herr
Dr. Ewh, niedergelaſſen. Für die in allernächſter Zeit notwendig werdende Friedhofs-
erweiterung iſt, wie wir hören. das Gelände unterhalb des Kleinen Exerzierplatzes in
Ausſi<ht genommen.“ .
An anderer Stelle ſteht unter Lokales mit dem Stichwort „Ein Unglück kommt
ſeiten allein“: Shwer vom Unglück betroffen wurde die Familie des Malermeiſters
K. von hier, indem der Ernährer ider Familie mitſamt ſeinem erwachſenen Sohne Dur
eimen Gerüſtbruch in die Tiefe ſtürzten und beide ſo Zer verletzt wurden, daß ſie jſofort
ins Krankenhaus geſchafft werden mußten. Herr Bürgermeiſter Dr. N. iſt von ſeinem
Urlaub zurückgekehrt und hat ſeine Dienſtae'<hufte wieder aufgenommen.“
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