„Ein fürſtliches Heiratsverbot.“
Aus alten Naſſau-Saarbrücker Arcivakten *).
Von Buchleitner.
uur
Zu den Zeiten, da wir noh unſer altes Heer hatten, war es eine Seltenheit, daß
ein junger Mann heiratete, ehe er militärdienſtfrei war. Kam es vor, daß ein Militär-
dienſtpflichtiger verheiratet war, ſo wurde dieſe Tatſache das eine oder andere Mal berück-
ſichtigt; im allgemeinen ſpielte es keine Rolle. Jedenfalls konnte ſich keiner durd) eine
jugendliche Heirat vor der Dienſtzeit drücken.
Zur Naſſau-Saarbrücker Fürſtenzeit ſcheint dies aber bisweilen möglich geweſen
zu ſein, denn in alten Akten begegnen wir einer Verordnung des Fürſten Wilhelm
Heinrich (vom 12. 1. 1742), in der er gegen das Heiraten vor dem Militärdienſt einſchritt.
Die Fürſten von Naſſau-Saarbrücken waren verpflichtet, für die damalige Reichs-
wehr eine Kompagnie zu ſtellen. Nach der Reichseinteilung gehörte das Fürſtentum zum
oberrheiniſchen Kreis, weshalb dieſe Truppe auch Kreiskompagnie genannt wurde. Sie
bildete einen Teil des oberrheiniſchen Kreisregiments, das ſich aus Angehörigen von
ſechzehn verſchiedenen Herrſchaften rekrutierte. Dieſes Kreisregiment zählte im Jahre
1789 beiſpielsweiſe 786 Mann. Die Soldaten trugen blaue Tuchrö>ke mit weißen Auf-
ſchlägen, weiße Hoſen und Gamaſchen, dazu einen ſchwarzen zweiſpitzigen Hut mit weißer
Borde und Federbuſch.
Kurzum, der Naſſau-Saarbrücker Fürſt legte Wert darauf, eine anſtändige Auswahl
unter den Militärpflichtigen für Stellung ſeines Kontingents zu haben, weshalb er durc
Verbot verhindern mußte, daß in einzelnen Gegenden bedenklich viele junge Leute ſich
der Auehebung durch Heirat zu entziehen ſuchten. Vornehmlich in der Herrſchaft Ott-
weiler ſcheinen dieſe ungenehmen Heiraten vom Landesherrn beobachtet worden zu ſein,
was in nachſtehender Verordnung dokumentiert ſein dürfte:
„Wir haben vielfältig obſervieret (= beobachtet oder feſtgeſtellt), daß ſich die
junge Purſche der Herrſchaft Ottweyler pro venia aetatis (frühzeitig) zu heurathen
anmelden, und dadurd) die zu leiſten ſchuldige miliz oder Crayß-Contingents-Dienſte zu
elidire ſuchen. Nachdeme aber der Verordnung zu folge eine jeder die eine oder andere
zu praeſtiren ſchuldig iſt; Als befehlen wir Euch hiermit, daßfalls ſich ins künftige der-
gleichen junge und das 25te Jahr noch nicht erreichet habende Leuthe Heurathens halber
bey Euch melden werden, Ihr ſolche anforderiſt an Unſern Haubtmann von Rouſſillon
verweiſet, welcher ſo dann, ob ſie zum Crayß-Contingent tauglich ſeyn oder nicht, Uns
den unterthänigſten Bericht abzuſtatten commitiret iſt. Wir ſeyn Euch damit in Gnaden
ſtetShin wohl beygethan.“
Die Verordnung beſagt alſo kurz, daß diejenigen, die vor dem 25. Lebensjahre
heiraten wollten, ſich zuerſt einer militäriſchen Unterſuchung, einer Muſtevung, unter-
werfen mußten.
Nun noch einige Mitteilungen über die Kreiskompagnie, die uns von Ruppersberg
im „Saarkalender“ 1926 über Zuſammenſetzung und Koſten der genannten Kompagnie
gemadyt werden. Im Jahre 1774 ſetzte ſie ſich zuſammen aus: 1 Hauptmann, 1 Leutnant,
1 Feldwebel, 2 Serganten, 3 Korporalen, 3 Klarinettiſten, 3 Tambours und 75 Muske-
tieren, alſo insgeſamt 89 Köpfe. Der Hauptmann erhielt an jährlicher Beſoldung 550
Gulden und 400 Gulden Reparationsgeld, der Leutnant v. Reizenſtein bekam nur 150
Gulden, die ſec<hs Unteroffiziere erhielten zuſammen 580 Gulden 39 Kreuzev, die drei
Klarinettiſten und die drei Tambours zuſammen 419 Gulden 1 Kreuzer, die 75 Musketieve
koſteten jährlich 4875 Gulden, alſo Geſamtausgaben für die Kompagnie im Jahre 1774
6974 Gulden 40 Kreuzer.
Wenn in der Verordnung neben der „Krayß-Kompagnie“ noh von einer Miliz die
Rede iſt, ſo handelte es ſich offenbar um eine Leibgrenadier-Kompagnie aus 66 Mann
beſtehend, die der Fürſt neben der pflichtmäßigen Soldateska zu ſeinem beſonderen Ver-
gnügen hielt.
*) Kobl. Ar. A. 22/4416.
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