Full text: 1931 (0009)

ſtetig geringer und ſo ſieht Frankreich ſeine bisherige Kohlenbaſis immer mehr ſchwinden. 
Mit dieſer Einſicht wächſt das Intereſſe am Ausbau 'der eigenen Kohlenbaſis. Es iſt 
deshalb durchaus 'kein Zufall, daß gerade jetzt die erſten ernſtlichen Verſuche unternommen 
werden, das neue Kohlenrevier aufzuſchließen. In den nächſten Jahren werden bei 
Folſchweiler und Lauterfangen die erſten Schächte entſtehen. Schon im Jahre 1910 wurde 
bei dem Dorfe Folſchiveiler eine Schachtanlage in Angriff genommen, die aber infolge 
des außerordentlich ſtarken Waſſerdruckes bei einer Teufe von etwa 200 Meter zum 
Erſaufen kam. Weitere Verſuche wurden dann nicht mehr unternommen, Jetzt werden 
von einer franzöſiſchen Geſellſchaft die Arbeiten bei Folſchweiler wieder in Angriff 
genommen, Die Wiederinſtandſezung der Grube erfolgt mit Hilfe deutſcher Sachlieferungen. 
Geplant iſt eine Doppelſchachtanlage, deren Koſten mit allen Nebenanlagen auf 
47 Millionen Mark veranſchlagt ſind. Die techniſchen Sdhwierigkeiten, die das vorkriegs- 
zeitliche Unternehmen zum Stillſtand brachten, dürfen heute als überwunden gelten. 
Auch für die zweite Anlage, die bei Lauterfangen nördlich Falkenberg ſtehen wird, 
ſind bereits Sachlieferungsverträge abgeſchloſſen. Mit der Erſtellung dieſer beiden großen 
Anlagen iſt die Entwicklung aber noh nicht abgeſchloſſen. Das Erſ<Hhließungs- 
programm wird in den nächſten Jahren ſicher großzügige Erwed- 
terung erfahren, denn der franzöſiſc<e Staat übt in dieſer Hin- 
ſicht einen gewiſſen Druck aus. Die Pachtverträge mit den kon- 
zeſſionierten Geſellſ<aften beſtimmen, daß vor dem Jahre 1935 
Shachtanlagen in Angriff genommen werden müſſen, wenn durch 
Bohrungen die Abbauwürdigkeit feſtgeſtellt iſt. Hierbei ſoll auf 
jede einzelne Konzeſſion eine Schachtanlage mit einer Mindeſt- 
leiſtung von 1000 Tonnen je Shiht entfallen. 
Die bisherige Kohlenpolitik des franzöſiſchen Staates, durc<4 die gegebenen BVer- 
hältniſſe wenig aktiv, beginnt plößlich ſtarke Belebung zu zeigen. Das Saargebiet mit 
ſeinen Kohlengruben gilt als endgültig verloren. Um aber die Abhängigkeit von der 
Saarkohle zu beſeitigen, wird durch eine großzügige Aktion die Erſchließung des neuen 
lothringiſchen Kohlenreviers in jeder Weiſe und ſchnellſtens gefördert. Die treibenden 
Kräfte ſind einesteils die franzöſiſchen Hüttenwerke, die ſich vom ausländiſchen Brennſtoff 
möglichſt unabhängig machen wollen, andernteils der franzöſiſche Staat ſelbſt, der das 
neue Revier erſchloſſen haben will, ehe ſpäteſtens mit dem Jahre 1935 die Rückgabe der 
Saargruben Tatſache wird. Bei einer vorzeitigen Rückgabe des Saargebiets werden 
beſtimmte Kohlenabnahmeverträge geſchloſſen werden müſſen, deren Wirkſamkeit von 
Frankreich bis zu dem Zeitpunkt feſtgeſetzt ſein wird, an dem ſeine eigenen Neuanlagen 
in Lothringen 'die Saarkohlenlieferungen erreicht haben werden. Schon jetzt haben die 
lothringiſchen Gruben ihre Vorkriegsförderung um 50 Prozent überſchritten, während 
der Saarbergbau auf dem Stande von 1913 ſtehen geblieben iſt. So wird durdy) die 
Aufſchließung des neuen Kohlenreviers in Lothringen die von Jahr zu Jahr ſich ſchärfer 
ausprägende Verſchiebung des Kräfteverhältniſſes zwiſchen Saarbergbau und lothringt- 
ſchem Bergbau weſentlich beſchleunigt werden. Dieſe Entwicklung hat eine beträchtliche 
Minderung des Saarkohlenabſates in Frankreich im Gefolge und die Kohlenabſatzbaſis 
der Saargruben wird weiter geſ<hmälert. Die Ausſichten für den Saarbergbau ſind für 
die weitere Zukunft nicht ſehr roſig. Es kann nur eine Umſtellung in der Elektrizitäts- 
wirtſchaft und weiterhin der Kohlenverbrauch dur<h Neuanlage von Ferngaswerken einen 
Ausgleich für den verringerten Verbrauch der Saarkohle bieten. GG. K. 
„Das franzöſiſche Dolk iſt ſtolz darauf, der Welt die Menſchenrechte gebracht 
zu haben, aber im Saargebiet regieren die franzöſiſhen Machthaber ſo, als ob 
Das Saarvolk nur aus Heloten beſtehe . . . Eine dauernde Belaſtung, dur< die der 
deutſche Tharakter der Saar verfälſcht werde, müſſe bei den ſjhwebenden Derhand- 
lungen abgelehnt werden. Das iſt die Forderung der geſamten Bevölkerung. Mit 
dem Uamen des Dölkerbundes darf nicht etwas gede>t werden, was eine Schande 
nicht nur für Europa, ſondern für die ganze Welt iſt.“ 
Abg. Sh<melzer (aus der Rede zu Mannheim am 22. März 1930). 
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