Full text: 1931 (0009)

Meiner lieben Alten Oſterpuß. 
Eine alte Saarbrücker Frühlingsgeſhichte, die ewig neu bleibt. 
Von Screinermeiſter C. Schumann. 
Sdhließlim hat jeder Menſ< auf der weiten Welt ſein Steckenpferd und „jed 
ald Hieſig“ beim Oſterputz ihre eigene Liebhaberei, wenn ſie auch nicht immer bei 
ihrem „Familievadder“ Gegenliebe damit erweckt. UVleine malt! Was man hier 
ſo malen nennt! Keine Bilder, obwohl ich ſhon Werke ſogenannter ganz bedeuten- 
der Künſtler geſehen habe -- na, Sie wiſſen ja! 
Sagen wir richtiger: Sie ſtreit an! Alles! Türen, Fenſter, Bilderrahmen -- 
neulich hat ſie ſogar unſer mahagoni blankpoliertes Schlafzimmer gelb geſtrichen, 
ich kann Ihnen nur ſagen: einfac< „brülljant“! 
Im zeitigen Frühjahr beginnt s ſhon, wenn kaum unſereinem no<h eine 
Ahnung davon dämmert, da duftet plößlich das ganze Haus und ſie ſelbſt, wenn 
auch grade nicht nach Deilhen und Uarziſſen, ſo doh ſicher na< Lack und Oelfarbe, 
Wagolit und Glanzol. Dorher nah Seifenſchaum und Lauge. Der Beginn dieſes 
ihres jährlich wiederkehrenden Zuſtandes fällt in den Augenblick, in dem ſie meine 
ausgetretenen Laatſchen an ihre Füße ſtrippt, das Kleid ho<hſ<hürzt und in die 
Hände ſpukt. Dann fliegt dir das Wort Frühjahrspuß an den Kopf und dann, 
ich rate dir aut mein Lieber: verſchwinde! Erſ<oſſen biſte, wenn du es nicht tuſt! 
Da gibt's weder Gnad' nomH Erbarmen! Zunächſt ſteht ſie bis zum Knie im Seifen- 
ſj<aum, das ganze Haus ſchwimmt in einem Uleer von Sodawaſſer, Sheuerlappen 
fliegen in der Luft herum, Bürſten knirſchen, Shrupper ächzen unter der Wucht der 
ihnen verſetzten Stöße. Waſchfrauen ſ<neiden ſc<hmaßend ihre Wurſtſtullen auf dem 
grünen Tuch deines eichenmattierten Sdreibtiſches, ſhlappern in tiefgründigen 
SZügen andächtig zukergeſättiate Kaffeelöſungen, blättern mit buttergetränkten 
Fingern beifallnikend in deinen verſandfertigen Manuſkripten. Allmählich aber 
ebben die Waſſerfluten ab, ſanftſäuſelnde Wiſ<lappen vervollſtändigen den Trocken- 
prozeß, eine nah der anderen der Freundlichen verläßt ſhinken- und wurſtbeladen, 
abſchiedſ<arrend die Stätte ihres ungaſtlichen Wirkens. Plößlih iſt Ruhe im S<iff! 
Dein Weibchen fällt dir mit einem abgrundtiefen Seufzer der Erleichterung um 
deinen mit ſ<mudeligem Kragen bewehrten Hals: „Gott ſei Dank, das doh wäre 
mol widder geſchafft!“ Da freuſt du dich und bildeſt dir ein, auh deinerſeits end- 
lim dieſen Krempel hinter dir und wieder eine dauernde Bleibe in deinen vier 
Pfählen zu haben! Siehſte -- da öffnet dein Frau<en noh einmal ihre Kirſchen- 
hppen zum jubelnden Aufſ<rei: „Wohl, nun kann der Strich beginnen!“ Hoppla! 
a hajtes! 
Den ganzen lieben langen Tag, vom erſten Hahnſ<rei bis tief in die ſinkende 
Ua<ht hinein, wenn alle Sterne ſtrahlen in goldner Lichterpracht, läuft ſie mit Farb- 
topf und Pinſel treppauf und treppab, vom Speicher zum Keller, vom Salon zum 
W. C., klatſ<t hier ein biß<en und aud ein bißchen dort, verklekert dir den 
Bratenro>, kommſt du mit ihr auh nur entfernt in Berührung, ſpricht nur noh 
in dir fremben Zungen von Siccativ und derlei Dingen und ſimpelt Fah! 
Wieder aber kommt der Tag, an welchem Pinſel und Farbtopf auf das Fenſter- 
brett der Kellertreppe zum geruhſamen Uichtstun ſi<, abgearbeitet, niederlaſſen. 
Uun entpuppt deine beſſere Hälfte ſich aus ihrer grauen Ulalerhülle zum ſtrahlen- 
ven Sommerfalter, führt dic< an der Hand vom Speicher zum Keller, vom Salon 
zum W. T., zeigt dir hier ihre Kunſt, zeigt dir dort ihr Werk und wenn Gott 
den Sdaden beſieht, na ſiehſte, da hat die ganze Bude ein völlig neues Ausſehen 
bekommen. Gerührt leiſteſt du Abbitte für all die frommen Dinge, die du ihr 
-- heimlich zwar -- an den Hals gewünſc<t in der vergangenen ſc<recklichen Zeit, 
dankſt deinem Schöpfer und hältſt den Mund. 
Selbſt dann, wenn dir vom S<ickſal dasſelbe Leid beſchert worden ſein ſollte, 
wie mir. Denn als ſie ſo am Pinſeln war und i<h keine Stätte fand, mein müdes 
Gebein zu betten, zog ich kurzentſchloſſen mein ſonntägiich Gewand auf meinen 
vom Werkeltag gebeugten Ceib, gedenkend, meinen ſo ſ<nödbehandelten Vienſ<hen 
auf den gaſtlicheren Stühlen eines mit freundlic<eren Heben belebten WirtsShauſes 
niederzulaſſen.
	        
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